Geschichte aus dem TIozän

Die Gematik und TI sind ein leidiges Thema. Mehr oder weniger gezwungen sind die meisten Praxen dabei. Auch wir.
Unser Praxisalltag ist dadurch verändert. Meistens zum Negativen. Eine Mitarbeiterin ist immer mit diesem Thema beschäftigt.
Es gibt auch einen Teil, den ich persönlich gut annehmen kann. Das ist das KIM Postfach.

Wir bekommen einfacher Röntgenbilder übermittelt und viele Praxen nutzen dies nach der DSGVO Novelle.

Derzeit ist unser Konrektor defekt, seit 1 über Woche.
Nach einem Update ist das Gerät ausgefallen. Nicht nur bei uns, es soll einige Praxen erwischt haben. Jetzt gibt es laut Betreiber nicht genügend Austauschgeräte. Das Update sei Schuld.

Für jeden Kassen-Patienten drucken wir jetzt einen Erfassungsschein aus und fotografieren die Versichertenkarte. Digitale Beantragung und Anrechnung geht nicht.
Was wirklich ärgerlich ist, wir haben ein KIM Postfach, welches von unseren Überweiserpraxen gern genutzt wird um uns Röntgenbilder zuzusenden.
Nun sehen wir nicht ob eine Mail gekommen ist und wir können auch nicht zugreifen. Wir versenden Arztbrief und Befund, die liegen seit einer Woche im Postfach und können ebenso wenig nicht versendet werden.
Wann es wieder gehen wird? Alle vereinbarten Termine (2x) zum Konnektortausch wurden wieder gecancelt. Es gibt keine Geräte von der Compugroup…

Wenn man sich vorstellt, daß mit einem Update des Betreibers die Geräte geschrottet werden, dann entsteht ein ungutes Gefühl.

Aber das hat man ja inzwischen bei fast allen Neugeräten.
Das neu gekaufte Röntgengerät meldet sich am Montag morgen mit einer Fehlermeldung und piepst ständig. Zum Glück wurde am Freitag an dem anderen Gerät der Schalter getauscht.

Schmerzfall (2)

Das Röntgenbild zur Erstbefundung ist nicht optimal. Es sind an Hand dieses Bildes mehrere Verdachtsdiagnosen erkennbar:

  1. VD Mesiodens mit follikulärer infizierter Zyste
  2. VD 21 externe apikale Resorption (Konturveränderung der Wurzel), P. apicalis
  3. VD 11 P. apicalis
  4. 13 VD Wurzel / Kronenfraktur

Wir haben deshalb eine Aufnahme 11, 21 in Rechtwinkeltechnik angefertigt. Der Verdacht Mesiodens (follikuläre Zyste), 21 externe apikale Resorption, P. apicalis erhärtete sich.
Im nachfolgend erstellten DVT ist die Situation deutlicher dargestellt.

Im DVT ist ein Zahnstruktur ( Dentin/Schmelz)

periapikal 21 erkennbar, die Kontur der Wurzel des Zahnes 21 zeigt Veränderungen im Sinne einer P. apicalis mit externer Resorption, 11, 12 erscheint apikal o.p.B., 13 zeigt keine Wurzelfraktur.

Der Patient suchte uns Donnerstag abend auf. Am Montag beginnt seine 4wöchige Kur. Er wollte nur wissen ob er fahren kann…
Die Zähne 13,12, 21,11 zeigten klinisch Sekundärkaries. Die von uns präparierte Zugangskavität am Zahn 21 stellte einen vollständig kariösen Zahnstumpf ohne Erhaltungsmöglichkeit dar. In Zusammenarbeit mit einer kieferchirurgischen Praxis wurde folgende Planung erarbeitet:
Zahn 21 unterer Brücke entfernen, die Krone prov. verschließen mit operativer Entfernung des Mesiodens und ggf. Zystektomie, Antibiose und Abklärung ob Pat. danach reisefähig ist.

Eine Rückmeldung haben wir noch nicht erhalten.

Das Bild des Tages

Ein analoges Röntgenbild zu digitalisieren ist früher eine Kunst gewesen. Erst mit der Sanyo E6 gelang dies reproduzierbar. Diese Kammer (von Michael Logies empfohlen) hat uns bis heute begleitet. Nun werden die unzähligen Exemplare in unserer Praxis immer weniger.

Für eine uns überwiesene Jugendliche nach Frontzahntrauma baten wir die Mutter vorab um die Röntgenbildzusendung. Kein Problem hieß es und kurze Zeit später hatten wir dieses aussagekräftige Handybild.
Tolles Ergebnis für die erste Umwandlung von Analog zu Digital.

Heinrich Heine-Gedächtnis-Post 230302

Wer sich fragt, wie ist es bestellt um ein Land, welches einst für sein sprichwörtliches „Made in Germany“ bekannt und bewundert wurde, dem sei als Indiz diese Nachricht von heute zur Kenntnisnahme vorgelegt. Ganz ehrlich, ein trauriges und peinliches Bild, den status quo der Schul- und Allgemeinbildung betreffend. 

Und gibt es eigentlich niemanden mehr, der solche Dinge gegenliest ?
So, wie man es früher gemacht hätte ?
Vermutlich sind alle Strukturen, die  hier einst helfend, korrigierend, leitend eingegriffen hätten, längst von BWLern wegrationalisiert. Ganz ehrlich. Für einen VERLAG ein Armutszeugnis.

Mir begegnen täglich solche Negativbeispiele zwischenzeitlich verloren gegangener Unternehmenskultur. Verloren gegangener gesellschaftlicher und sozialer Strukturen. Geht es Ihnen auch so? 

Das einzig Gute an der Sache.
Wer seine Zahnarztpraxis nach „antiken“ Grundsätzen betreibt und führt, der wird vom Kultur-Exodus profitieren. Unter den Blinden ist der Einäugige König und der normal Sehende Kaiser…

Noch eine Anmerkung in merkwürdigen Zeiten: Da bereits die bloße Nennung eines Produktes auf einer Homepage als Werbung interpretiert werden kann, benennen wir diesen Blogbeitrag (wie auch jeden bereits geschriebenen sowie alle zukünftigen Beiträge, in denen Produkte benannt werden) als unbezahlte Werbung. Sollten wir (jemals) finanzielle Zuwendungen von Firmen erhalten, die Erwähnung bestimmter Produkte betreffend, werden wir die entsprechenden Blogbeiträge als „bezahlte Werbung“ ausweisen.

Klein, aber sehr fein.

Besser kann ich die Jahrestagung der französischen Gesellschaft für Endodontie (SFE), die dieses Mal in Saint Malo stattgefunden hat, nicht beschreiben.

Neben der hohen Qualität und der sehr starken klinischen Relevanz der Hauptvorträge (und hier waren nicht nur die üblichen Verdächtigen eingeladen) hat mich besonders der extrem freundschaftliche und respektvolle Umgang der Mitglieder untereinander beeindruckt .

Begünstigt wird dies sicher auch ein wenig durch den Umstand, dass es nur 470 Mitglieder sind, die miteinander umgehen müssen. Aber die brennen wirklich fast alle für Endodontie.

Das war besonders am Samstag zu merken, wo ein, wie ich finde, sehr interessantes Format als einziger Programmpunkt stattfand. Klinische Fallpräsentationen der Mitglieder.

Die Qualität der gezeigten Behandlungen? Herausragend. Von der Dekompression, über Dens invaginatus (die Behandlung desselben wurde an einem zuvor anhand des DVT im 3D-Drucker erstellten Modell geprobt) bis hin zu wirklich anspruchsvollen mikrochirurgischen Fällen war alles vertreten.

Bild des 3-D-gedruckten Zahnes

Von 9.00h-10.30h und von 11.00 bis 13.00 Uhr gab es für jede Fallvorstellung 5 Minuten und anschliessend 10 Minuten Diskussion. Für einen mit Literatur und ausführlicher Erläuterung der klinischen und radiologischen Befunde gespickten Fallbericht keine wirklich allzu lange Zeit, wie ich selbst am eigenen Leib erfahren durfte.

Noch nie habe ich in einer Diskussion in einem Kongress derart klar ausgesprochene, jedoch immer konstruktive Kritik erlebt, wie in Saint Malo. Dabei blieben alle immer respektvoll. Und freundlich. Eine geradezu familiäre Atmosphäre. Es ging um die Sache und das Persönliche stand hintenan.

Die Hauptvorträge drehten sich um den Sinus maxillaris und chirurgische Endodontie. Jérôme DeLattre, ein HNO-Kollege, brachte uns den Sinus näher. Endoskopische Videos zeigten eindrucksvoll, wie es im Inneren aussieht.

Roderick Tataryn aus den USA zeigte anhand vieler klinischer Fälle den gegenwärtigen Stand endodontischer Mikrochirurgie. Gestochen scharfe 3-D-Rekonstruktionen und exzellent ausgeführte apikale Chirurgie waren die Highlights seines Vortrages.

Und dann kam Byron Tvisos. Statisch und dynamisch geführte retrograde Chirurgie, die diese Behandlungen auf ein neues Niveau bringen. Schnell und extrem sicher. Interessant dabei, dass Byron nach Mobilisierung des Mukoperiostlappens die Reduktion des bukkalen Knochens und die Resektion mit einem Trepanbohrer in einem Arbeitsschrittund nicht mit einer Fräse ausführt. In einem Zug. Mit Tiefenanschlag. Eine, wie ich finde, überlegenswerte Vorgehensweise.

Nicola Grande und Gianluca Plotino rundeten den ersten Tag ab und zeigten, wie intentionelle Implantationen genutzt werden können, um komplexe endodontische Herausforderungen zu vereinfachen. Die Wurzelspitze wird um 2-3 mm gekürzt. Die retrograde Präparation erfolgt aus Zeitgründen (der extrahierte Zahn sollte nach 10 Minuten wieder replantiert sein) mit einem diamantierten rotierenden Instrument. Sind die unteren 3 mm retrograd gefüllt, erfolgt die Reposition und die Schienung. Der koronale Teil der Aufbereitung erfolgt dann 2 Wochen später, wenn die Schienung entfernt wird. Bei tiefen kariösen Defekten wird der okklusale Zahnanteil reduziert und der Zahn koronal versetzt reponiert und geschient.

Am Donnerstag Abend fand die wohl aussergewöhnlichste Mitgliederversammlung statt, die man sich vorstellen kann. In der Produktionshalle des Austernfischers, der 2022 die Medaille d’Or in Cancale gewonnen hat, wurde von Präsident und Schatzmeister, auf einer Bierbank stehend, Rechenschaft über die vergangenen 2 Jahre abgelegt. Dann begann die Verkostung. ;)

Mitgliederversammlung SFE
2022
Austern aus Cancale
Blick aus dem Kongresszentrum
Strand vor dem Kongresszentrum
Lunch am Strand

Nächstes Jahr wir die Jahrestagung in Lyon stattfinden. Ob ich hinfahren werde? Mais bien sûr!

Telematikinfrastruktur

Im änd – Ärztenachritenportal wird eine Bilanz zur TI gezogen.
Eine verheerende Zwischenbilanz zur Telematikinfrastruktur hat KBV-Vorstand Thomas Kriedel am Montag gezogen. In seiner Rede vor der VV war viel von „Wut“, „Ärger“ und „Enttäuschung“ die Rede. Es brauche jetzt so schnell wie möglich „tiefgreifende Kurskorrekturen“ und einen Neustart bei der Gematik.

Unglaublich was abläuft.
Für mich unverständlich, wo da Kurskorrekturen herkommen sollen. Vor allem durch wen?

Inkompetenz und Ignoranz wird systemrelevant.
Wird es Änderungen geben – wohl kaum.
Es gibt genug Geld dabei zu verdienen.

Und es gibt größere Probleme.

Die Zukunft macht Angst.

änd

der Ärztenachrichtendienst, ist eine Informationsquelle, welche immer wieder Informationen enthält die mir in meinem Praxisalltag nicht unwichtig sind.
Deshalb gebe ich die Empfehlung, welche ich durch Thomas Weber erhielt gerne weiter. Die Beiträge kann man lesen, wenn man sich kostenfrei beim and anmeldet.
Der Blick über den Tellerrand ist sicherlich

Die Beiträge, welche ich in letzter Zeit sehr interessant fand, stelle ich als Link hier ein. Lesen kann man diese nur, wie gesagt, wenn man sich anmeldet.

Interview – Kann sich eine gefährlichere Virusvariante gegen Omikron durchsetzen?

ePA-Opt-Out – Klammheimliche Einführung mit Impfpflichtgesetz gescheitert

IT-Sicherheit – Praxen sollen jederzeit mit einem Cyber-Angriff rechnen

Gematik nennt erstmals Zahlen – 130.000 Konnektoren müssen raus aus den Praxen

Kritik Orthopäden und Unfallchirurgen fordern TI-Betriebsstopp

Gesundheitsaktivitäten von Apple & Co Bertelsmann warnt vor Parallelstrukturen im Gesundheitssystem

Das neue Jahr fängt gut an …

Manchmal frage ich mich ob die Digitalisierung nicht uns beherrscht, statt andersherum.
Immer wieder mal verändert WordPress seinen Editor und dazugehörigen Module. Das führt zu plötzlichen nicht erwarteten Problemen bei der Beitragserstellung.
Da sich dadurch der Zeitaufwand zumindest bei mir stark erhöht, stört mich das sehr.

Keiner Ahnung warum man die Kunden verärgert und Frust erzeugt. Das scheint aber heute zum Geschäftsprinzip zu gehören. Oder man möchte die Leute so beschäftigen, daß diese keine Zeit haben, sich nach Alternativen umzuschauen. Ich möchte an dieser Stelle nur um Verständnis bitten, warum jetzt vielleicht das eine oder andere Bild, bzw. Erklärung nicht an der richtigen Stelle platziert ist.

So nun genug herumgenörgelt…

Im heutigen Fall stelle ich einen Fall mit einem Fehler vor, wie ich ihn bisher noch nicht hatte. Da man aus Fehlern mehr lernt, als von toll anzuschauenden Fällen halte ich diese Beiträge für nicht unwichtig.
Eigentlich lief bei der Patientin alles nach Plan.
Akute Beschwerden beginnend in der Adventszeit mit submukösem Abszess.
Der HZA schickte die Patientin umgehend zu uns und die Ursache war röntgenlogisch gut erkennbar. Distal apikal imponierte ein weiter Seitenknanal und ein ausgedehnte P. apicalis.

Die mesial unvollständige Wurzelfüllung ließ eine ausgeprägte Stufenbildung vermuten, was sich klinisch auch so darstellte. Die Überwindung der Stufen gelang mit vorgebogenen Handinstumenten in einer Balance Forced Technik. Die apikale Krümmung war sehr aprupt.
Die maschinelle Aufbereitung mesial erfolgte bis #35.04.
Im Kontrollbild der Wurzelfüllung dann plötzlich die Überraschung. Obwohl die Guttaperchapoints bis zur Markierung entsprechend der Masterpointaufnahme eingebracht wurden, fehlte ein erheblicher Teil der WF apikal.
Wir hatten die Downpackaufnahme eingespart. Es hätte uns Einiges an Arbeit erspart, nicht darauf zu verzichten. Nun erfolgte die Revision der mesialen Kanäle.
Wir verwendeten den Hitzeplugger der Obturation Unit und konnten die weitere GP mit Hedströmfeilen entfernen. Dabei zeigte sich, daß beide apikale Bereiche der GP-Points umgeknickt waren.
Um dies zu vermeiden, werden die Points von uns mit Alkohol benetzt und durch die dabei entstehende Verdunstungskälte etwas stabiler beim Einbringen mit dem Sealer.
Genau das haben wir in diesem Fall versäumt und wurden sofort bestraft. Durch die beschriebenen Fehler haben wir unsere Behandlungszeit um 60 Minuten verlängert.

Medizinprodukteverordnung – wird Geschichte fürs Endozän?

Nun ist  es da – MDR (Medical Device Regulation).

Die neue EU-Verordnung zu Medizinprodukten (Medical Device Regulation Nummer 2017/745) ersetzt zwei Medizinprodukte-Richtlinien, die
Richtlinie 93/42/EWG über Medizinprodukte (Medical Device Directive, MDD) und die
Richtlinie 90/385/EWG über aktive implantierbare Medizinprodukte (Active Implantable Medical Devices, AIMD).

Einige Kollegen, welche ich zu dem Thema ansprach zuckten nur mit den Schultern, ist mehr für die Labore interessant, meinten diese. Die Dentallabore schicken nun seit MDR ganzseitige Listen zu ihren Arbeiten.

Da täuschen sich die Kollegen sehr.
MDR schlägt bereits bei uns zu – gnadenlos.

In einem Gespräch mit einem Dentalhändler habe ich letztens erfahren, daß er fast täglich seitenlange Listen von ausgelitsteten Medizinprodukten erhält. Diese werden nicht mehr in die EU geliefert oder vorhandene nicht mehr repariert oder gewartet!
Wir wollten von einer unserer Sybronendo Obturation Unit’s den Extruder reparieren lassen. Das geht nicht mehr. Kerr hat den Service wegen MDR eingestellt.
Kerr ist jetzt mit KAVO ein Tochterunternehmen der Envista Corporation/ USA.

Auf deren Webseite kann man lesen:

Aufgestellt für anhaltenden Erfolg

2017 entsteht KaVo Kerr – zwei führende, globale Dentalunternehmen, synergetisch vereint, um dem Dentalmarkt ein komplementäres Angebot von der Praxisausstattung bis hin zu Verbrauchsmaterialien aus einer Hand zu bieten. KaVo Kerr verbindet eine gemeinsame Vision, die unsere Kunden, deren Patienten und unsere eigenen Mitarbeiter inspiriert und unterstützt, ihr gesamtes Potential zu verwirklichen.

Das hat nun ein schnelles Ende gefunden, mit dem Potential verwirklichen, weil die EU Bürokratie neue Regeln erstellt und die Firmen diese nicht umsetzen und lieber nicht mehr in die EU verkaufen. Dabei ist MDR eine Folge des Brustimplantateskandals (Die französische Firma Poly Implant Prothèse (PIP) hat Brustimplantate mit Industriesilikon befüllt.).

Und wenn man nun im Netz etwas zum MDR googelt, dann kommen auch solche Stimmen zu Wort, die uns nachdenklich lassen werden sollten.

Zitat Johner Institut:

  1. Kritik an der MDR

a) Gefahr für Patientensicherheit
Durch die erhöhten Anforderungen, die gestiegenen Kosten und die unzureichende Anzahl und Kapazität Benannter Stellen besteht zu befürchten, dass Medizinprodukte nicht mehr in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen.
Die Neue Zürcher Zeitung übertitelt einen Artikel zur MDR mit „Wenn die Politik ein Monster gebiert“. Die Zeitung hat leider Recht: „Es wird unweigerlich zu einer Konsolidierung kommen. Entweder werden die Kleinen aus dem Markt gedrängt oder zu Zulieferern der Grosskonzerne degradiert.„
In einem weiteren Artikel vom 12.02.2018 äußert die Zeitung sogar die Bedenken, dass notwendige Produkte nicht mehr im Markt verfügbar sein werden. Die Autoren schlussfolgern: „Das ursprüngliche Ziel der neuen Regulierung, die Patientensicherheit bei Medtech-Produkten zu erhöhen, dürfte verfehlt werden.„
b) Gefährdung der KMUs
Die Medical Device Regulation ist völlig an ihrem selbstgesetzten Ziel gescheitert, eine Regelung zu schaffen, die auch für kleine und mittlere Unternehmen beherrschbar ist.
Wie soll ein solches KMU ein 175-seitiges Werk lesen und verstehen können?
Woher soll ein KMU die Mittel nehmen, um eine weitere Rolle, den „Compliance Officer“ zu besetzen?
Weshalb werden die meisten Apps in die Klassen IIa und höher klassifiziert, was eine Benannte Stelle erfordert und die Kosten explodieren lässt? (Lesen Sie hierzu einen separaten Artikel)
Weshalb bedarf es neben den harmonisierten Normen nun zusätzlich der Common Specifications? Waren die Normen wirklich unzureichend? Oder wollte die Kommission sich nur ein Instrument schaffen, um lästige Diskussion mit den Normengremien mit Gewalt zu zu beenden? Weshalb maßt sich die Kommission ein besseres Fachwissen an? Dass Sie auf diese Weise quasi beliebig neue Anforderungen formulieren kann, verwundert. Alles vorbei an jedem parlamentarischen Prozess …
c) Wettbewerbsnachteile durch Kosten
Die Hersteller müssen mit höheren Kosten rechnen, die entstehen durch
gestiegenen Anforderungen an die Dokumentation,
die Pflicht zur erneuten Zulassung, d. h. ein erneutes Durchlaufen der Konformitätsbewertungsverfahren von bereits unter der MDD zugelassenen Produkten
die höheren Aufwände für die Marktbeobachtung (Post-Market Surveillance und Post-Market Clinical Follow-up),
zusätzliche Meldungen, z. B. an die EUDAMED,
Systeme zum Erstellen und Nachverfolgen der UDI,
die Pflicht zur Einführung eines Compliance Officers.
Die Komplexität der Materie zwingt viele Hersteller dazu, vor einer Inverkehrbringung externe Beratung in Anspruch zu nehmen.
Das Johner Institut ist sich dieser Problematik bewusst und bietet im Rahmen des Micro-Consultings in eingeschränkten Umfang sogar kostenlose Unterstützung an.
Die NZZ befürchtet 18 Mrd. EUR an Kosten für die Medizintechnikfirmen, um die Anforderungen der MDR zu erfüllen.
Auch der BVMed klagt in seinen „BVMedNews“ 41/17 und 42/17 gar von einem sinkenden Innovationsklima wegen der Regularien. Man schreibt zudem „in Kombination mit einer tiefen Verunsicherung hinsichtlich der MDR-Umsetzung für KMU eine tödliche Kombination, da sie mittel- und langfristig den Wirtschaftsstandort Deutschland schwächen, zu reduzierten Investitionen sowie dem Verlust von sozialversicherungspichtigen Arbeitsplätzen führen!“
Daher fordert der BVMED, dass der „kleine Mittelstand auch durch die umfassenden neuen klinischen Anforderungen […] besonders hart getroffen werde“ und „ein nationales Förderprogramm für diese KMUs ist für das Überleben des Klein-Mittelstandes dringend notwendig“ sei.
d) Es gab keinen Grund
Auch der BVMed, der Bundesverband Medizintechnologie, scheint Bedenken zu haben. In einer Pressemitteilung gibt der Verband seine Sicht der Dinge wider:
„Bei Medizinprodukten gibt es kein Regelungsdefizit, sondern eher ein Vollzugsdefizit. Daher sind bessere Kontrollen durch die Benannten Stellen und die zuständigen Aufsichtsbehörden bei Herstellern und im Markt sinnvoll.“
Dieser Aussage kann man absolut zustimmen: Wenn man sieht, welche Unterlagen bei Audits durchgewunken wurden, wie häufig und wie intensiv die Behörden prüfen, fragt man sich manchmal schon, ob da überhaupt eine Prüfung stattfand. Eben ein Vollzugsdefizit.
Den Beweis, dass wir ein regulatorisches Problem hatten, das die MDR lösen müsste, ist die EU-Kommission schuldig geblieben.
e) Fazit
Auch wenn wir als Beratungsunternehmen vielleicht von den neuen Regularien profitieren: Freuen können wir uns darüber nicht. Denn mit der MDR schaden wir den Bürgern mehr, als wir ihnen nützen. Die horrenden Kosten, die letztlich das Gesundheitswesen zu begleichen hat, die Toten, die es geben kann weil Medizinprodukte nicht verfügbar sind, all das zählt niemand.

Was man unbedingt hinzufügen muss. Es fehlen in den medizinischen Einrichtungen die MItarbeiter, die diese gutgemeinten Vorgaben umsetzen können.

Es ist an der Zeit in den politischen Entscheidungsgremien ein zertifiziertes QM System zu installieren, welches die praktische Umsetzung der eigenen Regelungen überprüft und in Testläufen kritisch begleitet.