Herodontics – Zahn 21 – Recall nach 7 Jahren

von Donald Becker

GJ21_2015-1Fast auf den Tag genau 7 Jahre post WF  (die Wurzelkanalfüllung  war am 14.05.2008) stellte sich Ende letzter Woche der Patient zur Kontrolle seines “Sauerbruch” – Zahnes 21 bei uns vor.

Ich hatte erstmalig  hier darüber berichtet.
Das war 2009.

Und 2012  ein Update des Falls hier eingestellt.

Sauerbruch- Zahn.
So nenne ich Zähne, die sich intraoperativ als infaust oder irreparabel präsentieren, allerdings dies aber erst zu einem Zeitpunkt offenbaren, da schon viel zu viel Zeit investiert wurde, um jetzt einfach resignierend aufzugeben, die Behandlung abzubrechen und den Zahn zu extrahieren.

Der “alte” Sauerbruch, so steht es in seinen Memoiren (“Sauerbruch – Das war mein Leben”)  hatte während einer Operation angesichts einer scheinbar ausweglosen Situation ausgerufen: “Dieser Patient verstirbt mir nicht auf dem Tisch !” und die Operation fortgesetzt. So war es letztendlich dem ausgeprägt großen Ego des Professors zu verdanken, dass der Patient wider Erwarten überlebte und  kurze Zeit später als geheilt aus dem Krankenhaus entlassen werden konnte.

Die Zeiten der “unfehlbaren” Medizin- Titanen a la Sauerbruch  sind lange vorbei.
Und im vorliegenden Fall ging es nicht um egomane Professoren-Psychen.

Sondern ganz pragmatisch nach Entdecken der palatinalen Resorption darum, angesichts der bereits investierten Anstrengungen und der reichlich verstrichenen Behandlungszeit den Fall zum Abschluss zu bringen, um ihm so überhaupt eine Chance geben zu können.

Wenn man dies tut, stellt man wie im vorliegenden Falle fest, das auch hoffnungslose Zähne “funktionieren” können.
Gut sogar.

Die vorhandene Fistel verschwindet.
Mit ihr die über ein Jahrzehnt sporadisch wiederkehrenden Beschwerden.
Die laterale Aufhellung bildet sich zurück.

Klinische Situation 7 Jahre post WF

Zwischenzeitlich wurden Zahn 21 und (obwohl ich vehement davon abgeraten habe) der Zahn 11 vom Hauszahnarzt überkront. Die PA- Situation ist stabil. Mesiopalatinal eine Tasche von 4 mm, palatinal und distopalatinal 3 mm, vestibulär jeweils an Zahn 21 2 mm. Der Zahn weist Lockerungsgrad wie auch Zahn 11 Lockerungsgrad 1 auf.

Im Moment spricht nichts dagegen, dass der Zahn 21 nicht auch noch ein paar Jahre im Mund verbleiben kann.

Und wer sich das Wirken Sauerbruchs in der  1954 von Bavaria- Film auf die Kinoleinwand gebrachten Sauerbruch – Biographie einmal  in Bewegtbildern anschauen möchte, der wird  auf der Website Archive.org fündig. Dort stehen tausende Filme bereit –  nicht nur Spielfilme, sondern auch Werbespots, Interviews oder Weiterbildungsfilme. Sie können kostenlos direkt im Browser angesehen oder heruntergeladen werden – sogar im DivX-Format, das bei hoher Komprimierung noch relativ gute Bildqualität liefern kann.

Das Angebot ist legal: Das Copyright der Filme ist abgelaufen oder von den Firmen freigegeben worden.

Sie können es ja rausmachen, wenn es Sie stört. – Auflösung

von Bodald Necker

Vor einiger Zeit hab ich hier schon diesen Fall vorgestellt. Mit der Frage, was denn das im Kanallumen sei. Gerne hätte ich die Auflösung schon eher vorgestellt, der Patient hatte aber – trotz Schmerzen – immer wieder seine Termin abgesagt.
Egal, nun war er da und wir haben den Kanal aufgemacht.

Was haben wir gefunden?

  • 2 Guttaperchastifte
  • viiiiiieeel Sealer
  • Eiter

Es war weder ein Stift jeglicher Form, noch ein abgebrochener Bohrer, es war einfach nur viel WK-Sealer, der sich apikal schön abgerundet auf dem Röntgenbild zeigte.

Nach der Trepanation zeigt sich im koronalen Bereich viel Guttapercha. Sobald an dieser manipuliert wurde, drang sofort Eiter an die Oberfläche. Die GP-Stifte konnten ohne Mühe mit Hedstrøm-Feilen entfernt, der Sealer konnte mit US-Spitzen von der Kanalwand “geschält” werden. Desinfektion erfolgte mit NaOCl und US, der Kanal konnte getrocknet werden, medikamentöse Einlage mit Ah-Temp. Verschluss adhäsiv.
Der Apex war weit geöffnet, so dass vom Vorbehandler schon GP in den periapikalen Bereich extrudiert wurde. Dieses konnte auf Grund der gegebenen Zeitknappheit noch nicht entfernt werden. Das wird aber in der nächsten Sitzung erste Aufgabe sein.

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Adventskalender 2012 (4) – VDW Ultra Maxi MPR


von Hans – Willi Herrmann

Auch bei diesem Instrument war ich anfangs sehr skeptisch. Und habe es nur benutzt, wenn ich mit meinen langjährig bewährten Kugelknöpfen (z.B. Maillefer START- X #4) nicht weiterkam.

Und jetzt ?
Erst letzte Woche habe ich wieder 2 Stifte damit rausgeholt, die mich erfahrungsgemäß (man kann es ja nicht beweisen, denn ein Stift geht immer nur einmal raus) mit anderen Ansätzen wesentlich hartknäckiger aufgehalten hätten. Für die Spitze spricht auf jeden Fall, daß, sobald sie in diesem Fall zum Einsatz kam, man fast schon zuschauen konnte, wie die Stifte anfingen, sich zu lockern. Und nach ein paar Minuten damit herausgeschraubt werden konnten, während zuvor, mit den anderen Spitzen sich nichts oder nur wenig getan hatte.

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Die Maxi MPR Spitze (die wir in 2 Größen in der Praxis haben, vermutlich wurde irgendwann einmal die Produktion diesbezüglich umgestellt, ich benutze zumeist die kleinere Größe) ist mittlerweile zum Standard- Instrument aufgestiegen, gleichberechtigt neben der oben schon erwähnten START-X # 4 (Feedback zu den START-X Spitzen  insgesamt im Übrigen in einem Extra- Blogbeitrag).

Die Kosten für den MAXI MPR- Ansatz sind überschaubar, zumal diese Spitze eigentlich unkaputtbar ist und somit ein Praxisleben lang hält. Ihr Nutzen im konkreten Fällen ? “Priceless”, weil sie den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg (Entfernen des Wurzelstiftes in akzeptablem zeitlichen Rahmen vs. entnervt ausgeben) ausmacht.

Von mir daher 5 “Wurzelspitzen”.

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saving hopeless teeth – Folge 29

von Bodald Necker

Auch hier wieder: Der Patient wollte partout diesen (stark angeschlagenen) Zahn nicht mit einer Implantatversorgung ersetzen lassen. Die Wurzel war bereits resiziert und mit einer retrograden WF versorgt, aber der Zustand der klinischen Krone war bedenklich.
Da aber die Wurzelspitze kein apikales Geschehen (zumindest im 2D-Röntgen) erkennen liess, wurde die Sache mit entsprechender Aufklärung (Gefahr der Längsfraktur, Notwendigkeit der chir. Kronenevrlängerung vor Kronenversorgung) angegangen.

Die bereits über den Wurzelrest eingewachsene Gingiva wurde mit dem hier empfohlenen CeraTip entfernt.
Nach Kariesexcavation war wahrlich nicht mehr viel von der Krone übrig.

Der obere Rand der Kavität wurde mit G-Bond von Morita beschickt und ein Aufbau mit Venus Flow Baseliner (zur optischen Abgrenzung) und mit Gradia Flow von Hand geschichtet, um eine Kofferdamklammer anbringen zu können.

Die WF war relativ schnell entfernt und die Retro-WF war in Sicht, diese war dem entströmenden Geruch nach aus Jodoromzement. Da diese röntgenologisch und klinisch (Sichtkontrolle unter DM) dicht erschien, wurde auf deren Entfernung von orthograd verzichtet.
Der ganze Wurzelkanal war bis zur Retro-Füllung einsehbar und liess sich schnell trocknen. Deshalb erfolgte keine klassische WF mit Sealer und Guttapercha. Der Kanal wurde mit Phosphorsäuregel geätzt, Bondig erfolgte mit Syntac Classic. Der unterste Bereich zur Retro-Füllung wurde mit Gradia-Flow abgedeckt und anschliessend zwei GF-Stifte auf die verbleibende Länge des Kanals verklebt. Der Aufbau wurde für ein Provisorium beschliffen.

Bei Beschwerdefreiheit für 12 Wochen wird eine chirurgische Kronenverlängerung angesetzt, um anschliessend das jetzt gefertigte LZ-Provisorium durch eine endgültige Krone ersetzen zu können.

Die Mutter aller WF – Revisionen – Recall nach 5,5 Jahren

von Donald Becker

Den nachfolgenden Fall habe ich immer “die Mutter aller WF – Revisionen” genannt, weil er eigentlich alle Schwierigkeiten, die es im Rahmen einer WF Revisionen geben könnte, auch wirklich enthält.

11 an der Zahl.

Der überwiesene Patient, GKV versichert, hatte , nachdem wir den Zahn 37 wurzelkanalbehandelt hatten, mehrmals nachdrücklich darum gebeten, den vor etwa 8 – 10 Jahren endodontisch behandelten und zeitweilig symptomatischen Zahn 36 mit

  • Fistel
  • Apikalen Aufhellungen
  • Lateraler Aufhellung
  • Interradikulärer Aufhellung
  • Wurzelstift
  • Via Falsa / Perforation
  • Vorhandenes Instrumentenfragment
  • insuffizienter Wurzelfüllung
  • Stufen, Verblockungen,Obliterationen
  • 9 mm Tasche

durch eine Wurzelkanalrevision zu erhalten.

Ich hatte dies, mit Hinweis auf ein Implantat als in diesem Fall vorhersagbarerer und sichererer Versorgungsform 3 mal nacheinander abgelehnt, aber der Patient kam immer wieder, so dass ich schließlich in den Versuch des Zahnerhaltes einwilligte.

Mittlerweile sind 5,5 Jahre seit WF vergangen.
Die Zähne 37 und 36 sind mit Metallkeramikkronen und der Zahn 35 ist mit einer direkten Kompositrestauration versehen.

Das aktuelle Kontrollröntgenbild von vorletzter Woche zeigt eine vollkommene knöcherne Ausheilung aller ehemals vorhandener Knochendefekte.

Ein schönes Ergebnis und ein wirklicher Grund zur Freude für Patient und Behandler.

Nur eines macht mich nachdenklich.
Wäre es nicht fair, wenn der Patient, der die gesamte endodontische Behandlung aus eigener Tasche gezahlt hat, von seiner Krankenkasse angesichts des Heilungserfolges den Teil der Kosten übernommen bekäme, der in der der GKV für die endodontische Behandlung eines solchen Zahnes vorgesehen ist ?

Abbitte

von Hans – Willi Herrmann

Vor einiger Zeit wurde ich gebeten, einen im Sortiment von  Acteon und VDW befindlichen Ultraschallansatz zu beurteilen, welcher der Entfernung von Wurzelstiften dienen soll.

Ich hab ihn interessiert zur Kenntnis genommen und anschließend zur Seite gelegt.
Was, ich muss gestehen, vermutlich vorrangig der Tatsache geschuldet ist, daß ich seit vielen Jahren mit den von mir verwendeten  Maillefer – Ansätzen (ProUltra Endo 1, Start-X 4) zur Wurzelstift – Entfernung sehr zufrieden bin. Und darüber hinaus vom martialischen Design des MAXI MPR- Ansatzes abgeschreckt wurde, zumal empfohlen wurde, den Wurzelstift am Stiftkopf von okklusal zu belasten, um so die Zementfuge aufbrechen zu können.

Da lag er dann, der neue Ansatz, im “Mohrschen Schrein” der Baischschrank- Schublade und fristete ein unbeachtetes Exotendasein.
Bis zu dem Tag, an dem ein renitenter Wurzelstift sich allen Entfernungsversuchen widersetzte, ich aber nicht zum Äußersten, sprich zum Einsatz des Ruddle PRS- Kits schreiten wollte.
Da erinnerte ich mich.  Holte den MAXI MPR aus der Versenkung hervor, liess  ihn vorbehaltlos, jedoch ohne konkrete Erwartungshaltung losvibrieren und – siehe da – innerhalb von weniger als 60 Sekunden war der Wurzelstift locker, der Rest  schnell durchgeführte Routine.

Und dann letzte Woche.
Gleiche Konstellation, der Wurzelstift in Zahn 25 will partout nicht raus.
Ich mühe mich ab mit den gewohnten Hilfsmitteln, dünne Ultraschallspitzen für die Zementfuge, intermittierend der Start-X Ansatz Nr. 4. Aber wider Erwarten will der Stift, der zunächst gar nicht so schwierig erschien, sich nicht lockern lassen.

Schließlich lasse ich mir den  MAXI MPR- Ansatz aus dem Schrein holen. Der Stift, individuell gegossen, mit Glasoinomerzement eingesetzt, scheint einen Versuch prinzipiell zuzulassen. Das Resultat: es gelingt nicht ganz so schnell wie beim ersten Mal, aber doch innerhalb von 1-2 Minuten, den Wurzelstift loszuvibrieren.

Moment, hör ich sie sagen: Hätte ich nicht vielleicht auch das gleiche Ergebnis erzielt, wenn ich den Start-X 4 – Ansatz noch 2 Minuten weiter eingesetzt hätte ?

Kann sein, ist aber – aus meiner langjährigen Erfahrung heraus mit den Kugelkopf – Ansätzen – eher unwahrscheinlich.
Ich glaube eher, dass ich auch noch weitere 10 Minuten mit den mir vertrauten Ansätzen hätte arbeiten können, ohne das sich was gerührt hätte.

Ich werde auf jeden Fall zukünftig bei nicht geschraubten Wurzelstifte den MAXI MPR – Ansatz intermittierend mit meinen gewohnten Kugelkopf- Ansätzen von Anfang an zum Einsatz kommen lassen.

Der Platz im Schrein ist leergeräumt, der MAXI MPR ein  neuer und zusätzlicher wertvoller Pfeil im Köcher der Stiftentfernungswerkzeuge.

Modifizierte Mischkanüle für adhäsive Eingliederung Wurzelstift

von Maik Göbbels

Die angebotenen Mischkanülen dualhärtender Komposite zur Befestigung adhäsiver SSA im Wurzelkanal eignen sich nicht in jedem Fall für blasenfreies Arbeiten bzw. das Erreichen des Kavitätenbodens.
In unserer Praxis verwenden wir zur Befestigung der DT Light SL Glasfaserstifte von VDW als Komposite Rebilda DC der Firma Voco. Voco liefert seit einiger Zeit schmalere Mischansätze für die Applikation im Wurzelkanal (Bild 1). Diese erlauben jedoch nur eine Anwendung bei einem entsprechend weit aufbereiteten Kanallumen (Stiftgröße 3). Um auch durchmesserreduzierte Stifte der Größe 1 und 2 sicher befestigen zu können, benutzen wir seit einigen Monaten einen modifizierten Mischansatz. Dabei wird vom vorhandenen Ansatz der vordere Teil bis zum Beginn der Konizität mit einem Skalpell entfernt (Bild 2). Auf der so veränderten Spitze (Bild 3) klemmt man eine Kapillarkanüle von Ultradent derart fest, dass bei vorsichtiger Anwendung kein Material seitlich austreten kann (Bild 4).

Jetzt ist es möglich, unter Mikroskopsicht Komposite kontrolliert in tiefere Bereiche des Wurzelkanals einzubringen.


Sehr ärgerlich !

von Hans – Willi Herrmann

Wie hab ich sie all die Jahre gelobt, die capillary tips von Ultradent. Wer meine Kurse besucht hat, kennt meine Empfehlungen diesbezüglich.

Und jetzt das.
Jörg hat es beschrieben. Und ich weiss nicht, ob ich mich freuen soll darüber oder nicht. Denn ich habe das Problem seit einiger Zeit ebenfalls.

Beim Applizieren von chemisch härtendem Komposit zur adhäsiven Befestigung eines Wurzelstiftes platzt die Kanüle kurz vor der Spitze auf. Mit dem Risiko der Blasenbildung im Wurzelkanal. Eigentlich genau das, was ich mit dem Einsatz der capillary tips und der skinny syringes grundsätzlich ausschalten möchte.  Denn genau das ist schließlich der Grund, warum ich soviel Geld für diese Kanülen – Spritzen – Kombi ausgebe. Das es eine absolut narrensichere Methode ist, eben keine voids zu produzieren.

Und  – mindestens genauso schlimm. Die Kanülen passen nicht mehr auf die Adapter für die Mikroabsaugung. Sie lassen sich nicht mehr auf den Luerlock der Adapter aufdrehen. Sind ein wenig zu groß. Man muss sie mit einem Diamanten in Form bringen, um sie dafür verwenden zu können. Hatte ich in all den Jahren nie zuvor.

Was ist los, Ultradent ?  Ist das die Toyota – Inzidenz ?

4 Jahres Follow up – apikale Aufhellung (14)

von Bodald Necker

Vor ca. 4 Jahren kam eine neue Patientin zu mir in die Praxis, sie wurde überwiesen vom MKG-Chirurgen zur Wurzelkanalbehandlung.

Die Patientin bekam von ihrem Hauszahnarzt im 4. Quadranten 5 neue Kronen eingesetzt. Soweit so gut. Doch sie konnte nie ohne Schmerzen darauf kauen. Nach einem halben Jahr empfahl ihr der Zahnarzt die Extraktion von 44 – 47 mit anschliessender Implantatinsertation.

Die Begeisterung der Patientin hielt sich in Grenzen. Selbständig suchte sie einen MKG-Chirurgen auf, und fragte, ob man mit einer Wurzelspitzenresektion noch etwas könne, oder ob es noch andere Alternativen gäbe.

Die Antwort war eine Überweisung zur Wurzelkanalbehandlung.

Nach der ersten Sitzung – Trepanation des 44  mit anschliessender WK und Med – war die Patientin für’s erste schmerzfrei. Aber auch die anderen neu überkronten Zähne schmerzten nach und nach. So wurden nach und nach die Zähne 44 bis 46 wurzelbehandelt und der 47 revidiert. Nach einer Wartezeit von ca. 6 Monaten wurden die Zähne wieder überkront.

Seitdem verrichten sie ihren Dienst ohne Probleme.

In meinem diesjährigem Urlaub konsultierte die Patientin die Vertretungspraxis wegen Schmerzen auf der rechten Seite. Röntgenbilder  vom 1. und 4. Quadranten wurden angefertigt. Der Verdacht fiel auf den 17. Dieser wurde – da er noch vital war – erst mal aus der Okklusion genommen.

Wieder bei mir in der Praxis folgte die Endo an 17.

Durch die Bilder vom Kollegen hatten wir wieder ein follow-up vom 4. Quadranten nach ca. 4 Jahren.

Seitenkanal

von Donald Becker

Gibt es eigentlich eine klinische Relevanz dafür, dass es sinnvoll wäre, in Wurzeln vorhandene Seitenkanäle abzufüllen ?
“Im Prinzip Nein”, würde Radio Eriwan antworten.

Denn jede Wurzel enthält eine Vielzahl von Seitenkanälen.

Wären ungefüllte Seitenkanäle die Ursache für einen klinischen Misserfolg, dann sollten eigentlich Misserfolge auf Grund dessen die Regel sein, denn nur in den seltensten Fällen werden Seitenkanäle abgefüllt und selbst dort, wo dies der Fall ist, kann man davon ausgehen, dass die betreffenden Zähne ebenfalls weitere, ungefüllte Seitenkanäle beinhalten.

Dass dem nicht so ist, lässt vermuten, dass gefüllte Seitenkanäle keine obligate Voraussetzung für einen Behandlungserfolg darstellen.

Nachfolgender Fall ist ein anschauliches Beispiel für  die berühmte Ausnahme von der Regel.

Bei einer Kontrolluntersuchung fiel an Zahn 21 eine diskrete Sekretentwicklung vestibulär auf. Eine Sondierung mit einer PA – Sonde zeigte eine isolierte Tasche von 6 mm.

Der Zahn ist mit einer Metallkeramikkrone und einem weit nach apikal reichenden Wurzelstift versehen und beide sind mehr als 15 Jahre in situ.

Bei einer singulären tief reichenden Tasche im ansonsten PA – unauffälligem Gebiss sollte man immer an einen devitalen Zahn, aber auch  an eine vertikale Wurzelfraktur denken. Im  vorliegenden Fall war Letzteres im Hinblick auf den endodontisch stiftversorgten Zahn sehr wahrscheinlich.

Die Prognose beim Vorliegen einer Fraktur ist infaust, selbst wenn der Patient wie bei diesem Zahn nichts von der Problematik der Situation bemerkt haben sollte.

Eine Inspektion des betreffenden Bereichs unter Zuhilfenahme des Dentalmikroskops (mit einem  Heidmann – Spatel wurde die Gingiva retrudiert) ergab keinen Hinweis auf eine Fraktur. Eine explorative Aufklappung sollte daher Klarheit schaffen und gegebenenfalls die Patientin davon überzeugen, den Zahn 21 entfernen zu lassen.

Nach der Aufklappung die Überraschung: Zwar zeigte sich ein tiefreichender vertikaler Knochenabbau, jedoch liess sich kein diesbezüglich korrespondierender Frakturspalt auffinden.
Vielmehr fand sich am unteren Ende des Knochendefekts ein bereits mit der Lupenbrille deutlich sichtbarer, relativ großer Seitenkanal.

Es wurde daher folgender Versuch unternommen, den Zahn 21 zu erhalten: Zunächst wurde minimal der Knochen rund um den Seitenkanal entfernt, bis sich ein Ultraschallansatz, wie er normalerweise im Rahmen einer WSR Retro  -Präp zum Einsatz kommt, in den Seitenkanal eingebracht werden konnte.
Es erfolgte die Präparation einer Retrokavität.
Diese wurde anschließend mit einem Flow – Komposit in Dentinadhäsiv -Technik verschlossen.

Der gingivale Heilungsprozess verlief schnell und unauffällig.
Röntgenaufnahmen nach 12,24 und 36 Monaten zeigten eine knöcherne Konsolidierung der ehemals vorhandenen Knochendestruktion.

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Noch eindrucksvoller war der klinische Attachmentgewinn im Bereich des verstibulären Knochendefektes. Die Sondiertiefe reduzierte sich von 6 mm auf 1 mm. 
Auch wenn davon auszugehen ist, dass im Bereich des Knochendefektes keine Knochenneubildung stattgefunden hat , so bedarf es einiger Kraftanstrengung, die PA – Sonde an dieser Stelle auch nur 1 mm einzubringen.

Seitenkanäle – Nicht immer, aber manchmal der Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg.