Überweite

Eigentlich wäre die Behandlung dieses traumatisch geschädigten Zahnes 11 unmittelbar nach Erstvorstellung des jungen Patienten vorhersagbar möglich gewesen.

Durch die Trennung der Eltern und deren unterschiedlichen Auffassungen hinsichtlich der Notwendigkeit einer Therapie geschah es, dass der Zahn zwar kieferorthopädisch bewegt wurde (mir fehlen heute noch die Worte), eine endodontische Behandlung blieb jedoch aus.

Und nicht nur das. Der temporäre Verschluss ging frühzeitig verloren und so blieb der Zahn über mehr als ein Jahr lang offen. Die periapikale Pathologie ist mittlerweile so groß geworden, dass ich in der Obturationssitzung – insgesamt habe ich 3 Behandlungssitzungen benötigt um eine Sistieren der putriden Exsudation zu erzielen – auf das Anlegen eines kollagenen Widerlagers verzichtet habe und stattdessen mit einer Guttaperchastange ISO 140 und unter Zuhilfenahme eines Lösungsmittels die Guttapercha apikal so dem Kanal angewärmt habe, dass ich am Ende eine warme vertikale Kompaktion wagen konnte, ohne die Guttapercha über das weite Foramen nach periapikal zu bewegen.

Der koronale Kanalanteil wurde nach adhäsiver Abdeckung der Obturationsmaterialien für das interne Aufhellen beim überweisenden Kollegen vorbereitet.

Das Recall-Bild erwarte ich mit großer Ungeduld.

Zeitpunkt verpasst!

Ich bin geneigt die Überschrift mit dem Zusatz “mal wieder” zu versehen.

Einen Tag nach der Kronenfraktur des 22 stellte sich der 9-jährige Patient beim HZA vor.

Die Risswunde der Oberlippe war im Krankenhaus nahtversorgt worden. Die durchschimmernde Pulpa und das weite Foramen hätten eine Pulpotomie sehr erfolgversprechend erscheinen lassen.

Stattdessen wurde zugewartet. Mal wieder. Und die Pulpa war zum Zeitpunkt der Erstbehandlung in unserer Praxis weitestgehend nekrotisch. Lediglich apikal schien ein sehr kleiner Bereich überlebt zu haben.

Die Behandlung erfolgte ungeplant zweizeitig, da die nekrotische Pulpa bereits nach der ersten Irrigation im Gesamten aus dem Zahn herausgespült werden konnte. Die sterile Papierspitze ließ apikal noch einen Gewebestumpf vermuten.

Nach Einlage von CaOH2 erfolgte in der zweiten Sitzung die Abdeckung des Pulpagewebes mit MTA. Von einer reparativen endodontischen Therapie habe ich aufgrund des geringen Foramendurchmessers abgesehen. Nun erwarte ich mit Spannung das Recallbild.

Hilfreich war den mit wenig Unterschnitt versehenen Zahn mit einer Butterflyklammer zu belegen, die -ein Tipp von Christoph Kaaden- mit RelyXUniCem befestigt wurde. Als Kippmeider wurden die Klammerflügel mit einem schnellhärtenden Bissregistrierungsmaterial unterfüttert.

Geplant bis ins Detail

Die präoperative Auswertung des DVT ermöglicht es, die Behandlung gedanklich im Vorfeld so zu planen, dass Überraschungen fast vollständig ausbleiben. Fast.

Im Falle dieses mit einer Teleskopkrone versorgten Zahnes 15 konnte ich am DVT die für die Revisionsbehandlung wichtigsten Schritte problemlos planen.

Der Kofferdam wurde mit einer durch ein schnell aushärtendes Bissregistratmaterial am Kippen gehinderte Butterfly-Klammer fixiert.

Da eine prothetische Neuversorgung geplant war, konnte ich die Zugangskavität etwas großzügiger als gewöhnlich gestaltet werden.

Der im DVT erkennbare Glasfaserstift konnte, wie geplant, mittels Munce-Bohreren entfernt werden. Das bukkal und lingual erkennbare Fremdmaterial hielt ich allerdings fälschlicherweise vollständig für Guttapercha. Das in der Guttapercha eingebettete Instrumentenfragment (Peeso-Bohrer oder Vorbohrer eines Stiftsystems) kam erst nach deutlicher Reduktion der Guttapercha zum Vorschein. Die Entfernung des Fragmentes erfolgte mittels Ultraschall.

Da das DVT in B nur eine Sealereinpressung erkennen ließ, wurde zuerst die Guttapercha aus P entfernt. Nach endometrischer Längenbestimmung und nach finaler Präparation von P konnte der weiter koronal gelegene Abzweig des bukkalen Kanals anhand eines beharrlich an der bukkalen Kanalwand anhaftenden Guttaperchrestes identifiziert werden.

Mittels vorgebogenem Microopener konnten die ersten 1,5 Millimeter instrumentiert werden. Da das Einfädeln rotierender Instrumente bei einem in der Kanalwand gelegenen Orifizium sehr schräg erfolgen muss, habe ich vor der rotierenden Aufbereitung den Eingang von B mittels Endsonore-Feile leicht nach koronal hin geöffnet.

Die in den Feilen eingepressten Späne, lassen eine Beurteilung zu, wo die Feile an der Kanalwand arbeitet. Nach erneuter endometrischer Kontrolle erfolgte die Obturation in warmer vertikaler Komparation (Schilder).

Da ich nicht sicher war, ob beide Masterpoints zeitgleich einzubringen wären, hatte ich mir vorsorglich schon die Distanz zwischen Aufgabelung und apikalem Ende des palatinalen Kanals ausgemessen, um im Falle des Falles die einzeln einprobierte Guttaperchastange dann genau auf dieses Maß zu reduzieren und sie, auf einen Microopener aufgesteckt, gezielt in P einbringen zu können, ohne den bukkalen Kanaleingang zu verlegen. Das Glück war jedoch auf meiner Seite und beide Masterpoints konnten aufeinander folgend eingesetzt werden.

Nun wird das Recall zeigen, ob die Mühen von Erfolg gekrönt sein werden.

2D vs. 3D

Im Jahr 2011 habe ich hier auf Wurzelspitze begonnen, unter dem oben genannten Titel Fälle vorzustellen, in denen der Vorteil der dreidimensionalen Diagnostik im Vergleich zum herkömmlichen Einzelbild hervorgehoben wurde.

Und habe dafür viel Kritik in Form von zum Teil recht ungehaltenen Kommentaren erhalten.

Unnötig, übertrieben und auf die Therapie wenig Einfluß habend, waren dabei noch die nettesten Bemerkungen.

Letzte Woche Freitag stellte sich dieser Patient mit Beschwerden im rechten Oberkiefer vor, die vom überweisenden Kollegen entweder dem Zahn 16 oder dem Zahn 14 zugeordnet wurden.

Klinisch bestand eine abgeheilte Fistelung exakt zwischen den Zähnen 14 und 16 und eine palpatorische Druckdolenz apikal an Zahn 14. Dort war eine narbig abgeheilte Schnittführung zu erkennen. Die parodontalen Sondierungstiefen waren unauffällig, eine Perkussiosnempfindlichkeit bestand nicht.

Meine Frage, ob er sich an einen chirurgischen Eingriff erinnern könne, wurde zunächst verneint. Im Laufe der weiteren Diagnostik konnte sich der 46-jährige Patient jedoch an die operative Entfernung des weit palatinal durchgebrochenen Zahnes 15 erinnern.

Angesichts der Spuren zahnärztlicher Tätigkeit innerhalb der Kanalsysteme des 14 erschien mir die im Überweiserschreiben berichtete schwache Reaktion auf den Kältereiz an Zahn 14 als eher unzutreffend.

Zahn 16 , mit einer keramischen Teilkrone versorgt, wies eine stark verzögerte, jedoch positive Reaktion auf den elektrischen Reiz von bukkal auf. Palatinal war keine Reaktion zu provozieren.

Für mich ist es wie so häufig: Übertrage ich die Erkenntnisse des kleinvolumigen DVT auf mein präoperatives Röntgenbild, so kann ich, bis auf die Aufgabelung in der mesialen Wurzel des 16 und dem verbreiterten Parodontalspalt an der bukkalen Wurzel des 14, alles andere erkennen. Und der Zahn 16 war als Ursache der Beschwerden rasch identifiziert.

Externe Resorption & Pulpotomie, Recall

Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht bedarf es bei einer Eröffnung der Pulpa im Rahmen einer Resorptionsbehandlung nicht zwingend einer vollständigen Wurzelkanalbehandlung.

Die Pulpotomie ist für mich in solchen Fällen immer die erste Wahl. Bei diesem 37 traten in der Vergangenheit immer einmal diffuse Beschwerden auf, die dann, nach Anfertigung eines Einzelbildes, auf die mesial gelegene externe invasive zervikale Resorption zurückgeführt werden konnten.

Das DVT ließ erkennen, dass der Portal of Entry von okklusal erreicht werden könnte, sodass die mesiale Schmelzwand erhalten werden konnte. Nach Reduktion der Kronenpulpa und Abdeckung der Pulpawunde mit MTA, wurde der Defekt dentinadhäsiv versorgt.

7 Monate nach Abschluss der Behandlung zeigt sich der Zahn frei von Beschwerden und zeigt gesunde periapikale Verhältnisse.

Kuriose Fraktur

Das DVT ist eine fast mittlerweile unverzichtbare Hilfe bei der Behandlungsplanung geworden.

Auch, wenn es darum geht, die Erhaltungsfähigkeit als nicht gegeben einzuschätzen.

Interessant, dass das zur Erstberatung mitgeschickte Einzelbild einen ungewöhnlichen Guttaperchaverlauf erkennen ließ, den ich persönlich jedoch nicht mit einem Frakturgeschehen in Verbindung gebracht hätte.

Aber versuchen Sie es selbst:

E

Externe Resorption & Pulpotomie

4 Jahre nach Abschluss der Behandlung werte ich das nachfolgende Ergebnis als ersten Zwischenerfolg.

Der über 70-jährige Patient stellte sich erstmals ca. 4 Jahre nach einem Frontzahntrauma in meiner Praxis vor. Zahn 31 zeigte alle Anzeichen einer externen investiven zervikalen Resorption.

Das präoperative DVT zeigte, dass eine erfolgreiche Behandlung im Bereich des Möglichen lag.

Klinisch war die Erreichbarkeit des Arbeitsfeldes gegeben, da sich der lingual an Zahn 31 gelegene Defekt im Spiegel gut darstellen ließ und die Schnittführung durch die 25 Grad abgewinkelten Microblades ermöglicht wurde.

Die Eröffnung der Pulpa war vorprogrammiert, jedoch entschied ich mich gegen die Pulpektomie und plante von vornherein eine Pulpotomie.

Dieses Vorgehen habe ich mittlerweile in Resorptionsfällen für mich zum Standard erhoben, wenn eine Pulpanekrose sicher ausgeschlossen werden kann.

Die Pulpa wurde hier mit einem CaOH2-Präparat abgedeckt und der größte Teil des Resorptionsdefektes mit Geristore aufgefüllt. Lediglich die Deckschicht erfolgte mit einem Flowable. Einziger Kritikpunkt: Das Einreißen des Lappens beim Abpräparieren der sehr dünnen Gingiva. Nach Nahtverschluss lässt sich dieses Missgeschick klinisch jedoch im Recall nicht mehr erkennen.

Musste das sein?

Das ist eine sehr komprimierte Zusammenfassung des Geschehenen, trifft den Nagel meiner Meinung aber auf den Kopf.

3 Jahre nach einem Trauma stellte sich der Patient nach einer nicht erfolgreichen endodontischen Therapie bei uns vor.

42 Monate nach der Revisionsbehandlung zeigt das Recall einen idealen Heilungsverlauf.

Anstelle meiner sonst üblichen ausführlichen Erklärungen lasse ich heute einmal die Bilder für sich sprechen.

Obturation tiefer Aufgabelungen

Nicht einsehbare Aufgabelungen obturiere ich mit der Squirting-Technik.

Tiefe Aufgabelungen die ich einsehen kann, obturiere ich, indem ich zunächst im geradliniger verlaufenden Abschnitt den Masterpoint einprobiere und denselben dann, nach Ausmessen der Wegstrecke im DVT, den Masterpoint um ca. 0,5 mm mehr kürze, als die apikale Strecke des geradliniger verlaufenden Kanals gemessen vom Abzweig bis zum Foramen lang ist.

So ist gewährleistet, dass der schräge Abzweig nicht versehentlich mit Guttapercha verlegt werden kann. Sodann wird das apikale Guttapercha-Stück auf einen verlängerten Microopener aufgespiesset und nach Benetzen mit einem Sealer in den ersten der beiden Kanäle eingebracht.

Wenn dieses Guttapercha-Stück perfekt eingekürzt werden konnte, ist das Einbringen des zweiten Masterpoints geradezu ein Kinderspiel, da der bereits gefüllte Abschnitt als Leitplanke dient.