Vor gut einem halben Jahr haben wir die damals 10-jährige Laura behandelt.
Das junge Mädchen hatte zwei Jahre zuvor ein Trauma in Form einer unkomplizierten Kronenfraktur an Zahn 21 erlitten. Die Dentinwunde war leider zu keiner Zeit (adhäsiv) abgedeckt worden.
Erst, als sich jetzt eine Fistel ausbildete wurde dem vormaligen Trauma wieder Beachtung geschenkt…
Fistel nach unkomplizierter Kronenfraktur vor 2 Jahren
Insbesondere das Röntgenbild zeigt die Folgen der damaligen “Nichtbehandlung”…
Ausgangssituation – Röntgenbild alio loco
Der Fall bekräftigt die aktuelle Studienlage…
Die durchgeführte MTA-Apexifikation erfolgte zweizeitig. Zu meinem Erstaunen kam es initial zu einer deutlichen Blutung aus dem Kanalsystem.
Klinische Situation mit Pulpanekrose und deutlicher initialer Blutung
Ferner fand sich in der Apikalregion noch scheinbar normal-vitales Gewebe, dass von uns als eine Art Widerlager für das MTA “belassen” wurde…
Aus diesem Grund erscheint das Abschlussröntgenbild und die Position des MTAs ungewöhnlich…
Abschlussröntgenbild
Die alio loco durchgeführte Röntgenkontrolle verdeutlicht, dass unsere Einschätzung jedoch “richtig” gewesen sein muss…
6 Monate post-op mit deutlicher apikaler Obliteration Prä-op vs. post-op
Es bleibt also dabei: “Trauma, man weiß nie was passiert”…
Eine diplomatischere Bezeichnung für das in folgendem Behandlungsfall Vorgefundene ist mir nicht eingefallen.
Bereits das vom überweisenden Kollegen – die “Erstbehandlung” war in einer weiteren Praxis erfolgt – zugeschickte Einzelbild ließ eine iatrogene Perforation nach mesial vermuten. Deutlich war der von der Zahnachse nach mesial abweichende Bohrschacht zu erkennen.
Unmittelbar nach Entfernung der medikamentösen Einlage kam es zu einer starken, hellroten Blutung, die erst nach intrakoronaler Anästhesie weitestgehend sistierte. In den kurzen blutungsfreien Intervallen konnte ich einen Blick auf eine kreisrunde Öffnung erhaschen, deren Lage mesial der gedachten Zahnmitte nicht dafür sprach, dass es sich um den palatinalen Kanaleingang handelte.
Anhand der Dentinfärbung und unter Nutzung der DVT-Bilder war der palatinale Kanal rasch gefunden und mittels rotierender Instrumente (Munce) initial erweitert.
Bei großen Perforationen bevorzuge ich, diese zeitnah zu verschliessen, um ein Verbringen potentiell kontaminierten Materials in dieselbe zu verhindern. Ausserdem besteht kein laterales Leakage, welches die Endometriemessung verfälschen könnte.
Da alio loco ein artifizieller Kanal in den knöchernen Halteapparat präpariert worden war, habe ich diesen zunächst mit einem kollagenen Widerlager gefüllt.
Nachfolgend konnte sowohl die Perforation des Pulpakammerbodens als auch die der mesialen pulpachsialen Wand mit MTA durchgeführt werden. Diffizil dabei einen ausreichend nach mesial wirkenden Druck auf die Seitenfläche des Pluggers aufzubringen. Inkrementweises Platzieren kleiner Plugs erleichtert das Verschliessen. Um den initial erweiterten Kanal nicht mit MTA zu verblocken, wurde in P eine Papierspitze Größe 25 platziert.
Nun mag man anmerken, dass es doch einfacher gewesen wäre, zunächst P final aufzubereiten, um dann den Eingang mittels Schaumstoff zu verschliessen. Ich habe dies bewusst vermieden, da dann der Rand des Orifiziums näher an den Rand der Perforation gerückt wäre.
Um das MTA vor den nachfolgenden Spüllösungen zu schützen – die Schichtstärke nach mesial ist klein und könnte ausgewaschen werden, zudem war ein einzeitiges Vorgehen geplant – habe ich das MTA mit Ultrablend und nachfolgend nach Dentinkonditionierung mit Scotchbond Universal mit einem Flow-Komposit abgedeckt.
Nun ging es daran, den im DVT koronal nur schwach und im weiteren Verlauf nicht mehr darstellbaren B zu suchen und aufzubereiten. Hierbei war die Dentinfarbe und die Symmetrie-Regel hilfreich. Ein Munce-Bohrer 1/4 half den stark obliterierten Eingang des B freizulegen. Es folgte die übliche Abfolge von rotierenden NiTi-Instrumenten (ProFile 15/04, 20/04 & 15/06 ) bis zum Erreichen des apikalen Endpunktes.
Interessant zu sehen, dass B deutlich vor dem radiologischen Apex endet. Zudem ein Paradebeispiel für den Nutzen von Vergrößerungshilfen.
Anfang 2011 haben wir die damals ca. achtjährige Laura behandelt, nachdem ihr Zahn 21 nach einem eigentlich milden Trauma (Kronenfraktur) nekrotisch geworden war.
Wir haben uns damals gemeinsam mit den Eltern auf den Versuch einer regenerativen endodontischen Behandlung (vormals Revitalisierung) verständigt.
Hier die Abfolge der Behandlung:
Ausgangssituation
1. Termin mit Einbringen der selbst angemischten Antibiotikum-Mischung (wie mehrfach beschrieben)
2. Termin: Blutung;Koagulum,Kollagen;MTA
Abschluss der Behandlung
Unglücklicherweise kam es durch das MTA zu einer unschönen Verfärbung im Zervikalbereich. Wir führten daraufhin ein mehrmaliges intrakoronales Bleaching durch, dass ein befriedigendes Ergebnis lieferte:
Dummerweise kam die MTA Verfärbung wieder zurück…
Erneute MTA Verfärbung nach vormaligen intrakoronalem Bleaching
Wie bewerten Sie den Fall aus endodontischer Sicht und was würden Sie Laura jetzt aus ästhetischer Sicht raten?
Am Montag dieser Woche stellte sich ein 31-jähriger Mann bei uns vor, der am vorherigen Freitag einen Radunfall hatte (durch Autofahrer beim Abbiegen übersehen)…
Neben einer offenen Fraktur der rechten Zeigefingers mit Teilverlust der Fingerkuppe erlitt er ferner ein dentales Trauma in der oberen Front. Hierbei wurde laut Patient Zahn 21 stark nach palatinal disloziert. Ferner brach ein Teil der Zahnkrone des rechten Schneidezahns ab…
Die Erstversorgung mit Repositionierung von 21, “direkter” Überkappung von 11 und Schienung erfolgte in einem kieferchirurgischen Notdienst. Eine Röntgendiagnostik erfolgte nicht.
Nachfolgend sehen sie die Eindrücke und Befunde der klinisch-radiologischen Untersuchung …
dabei hatte ich ein gewisses Déjà-vu und musste zwangsläufig an diese Situation denken…
Nachfolgend möchte ich Ihnen einen gestrigen Fall vorstellen und Ihre Meinungen dazu einholen…
kurz zur Vorgeschichte:
Der 18-jährige Lion stürzte in der Nacht von Samstag auf Sonntag letzte Woche auf dem Nachhauseweg mit seinem Fahrrad. Daraufhin suchte er mit seinen Eltern in den frühen Morgenstunden die chirurgische Notaufnahme einer Universität auf.
Hier erfolgte in erster Linie eine Untersuchung zum Ausschluss eines möglichen Schädel-Hirn-Traumas (u.a. Kopf-CT etc.)
Da keine allgemeinmedizinischen Besonderheiten vorlagen wurde der junge Mann wieder nachhause entlassen.
Da er am nächsten Morgen weiterhin beträchtliche Schmerzen im Mund-Kiefer-Gesichtsbereich hatte suchte er daraufhin auf eigene Initiative den kieferchirurgischen Notdienst der Universität auf.
Das dort angefertigte Orthopantomogramm sehen Sie hier:
Eine weitere Behandlung in irgendeiner Form erfolgte nicht.
Lion wurde gebeten sich Ende der nächsten Woche (also knapp 7 Tage nach dem Unfall) bei seinem Hauszahnarzt vorzustellen, um die betroffenen Zähne mit Kompositfüllungen restaurieren zu lassen.
Zur akuten Schmerztherapie wurde ihm die Einnahme eines nichtsteroidalen Antiphlogistikums empfohlen.
Aufgrund der weiter vorhandenen Schmerzsituation stellte sich Lion schliesslich am Mittwoch bei seinem Zahnarzt vor. Dort wurde diese Einzelzahnaufnahme angefertigt.
Eine weitere Behandlung erfolgte nicht. Dem Patienten wurde empfohlen sich zur “bestmöglichen” Behandlung bei uns vorzustellen.
Unsere Befunde vom Mittwoch (4 Tage post traumatisch) im Überblick:
Vipr 12 und 21 +++, 11 ++, 13,22,23 und UK Front ohne Besonderheiten
Perk 12-11 +, 13,22,23 und UK Front ohne Besonderheiten
12-11: LG I
Hier extra- und intraorale Impressionen der Situation:
Meine Fragen an Sie…
was geht Ihnen nach dem Lesen der Krankengeschichte spontan durch den Kopf?
Würden Sie die Kollegen kontaktieren um die Hintergründe der Nichtbehandlung zu besprechen ?…
Dieser im September 2016 in diesem Blog eingestellte Trauma-Fall erregte die Gemüter. 44 Kommentare zeugen davon.
Hier ein kurzes Update zum bisherigen Behandlungsverlauf.
Eine Woche nach Erstvorstellung wurde in lokaler Anästhesie und nach absoluter Trockenlegung, die palatinal subgingival gelegene Bruchkante freigelegt. Nachdem die vorhandene Restauration entfernt war, wurde der Defekt zunächst adhäsiv versorgt. Dabei wurde die Palatinalfläche zur Vorbereitung der absoluten Trockenlegung so verändert, dass eine Butterfly-Klammer sicher platziert werden konnte. Die Röntgenbilder zeigen, wo es Unterschiede zur Erstversorgung gibt.
Nach Eröffnung des Pulpakavums zeigte sich das mit der temporären Füllung in Kontakt befindliche Pulsahorn putride zerfallen. Daraufhin wurde das vitale Gewebe hochtourig mit einem diamantierten Instrument weit im Gesunden reduziert. Nach ausgiebiger Irrigation mit NaOCl erfolgte die Einlage eines Double-Mix-Antibiotikums in einer Dosierung von 1mg/ml. Da in der unteren Wurzelhälfte ausreichend vitales Gewebe vorhanden war, wurde die ursprünglich angedachte Revaskularisierungstherapie in eine tiefe Pulpotomie abgewandelt.
Nach adhäsivem Verschluss wurde der zweite Teil der Pulpotomie zwei Wochen später durchgeführt. Der Zahn war mittlerweile vollkommen symptomlos. Zum ersten Termin wies 21 noch eine deutliche palpatorische Druckdolenz und eine Perkussionsempfindlichkeit auf.
Das vitale Gewebe wurde nach erneuter Spülung und Entfernung der medikamentösen Einlage mit MedCem abgedeckt. Anschliessend konnte der Zahn adhäsiv verschlossen werden.
2 Monate später erfolgte die erste radiologische Kontrolle. Die periapikale Aufhellung zeigt sich bereits deutlich reduziert.
Und ich kann mir nicht helfen, aber das Wurzeldickenwachstum scheint bereits ein wenig zugenommen zu haben. Bleibt zu hoffen, dass die Nachkontrollen zeigen können, dass der Therapieansatz erfolgreich war.
Der nachfolgende Fall fällt sicher in die Rubrik “heldenhafte Bemühungen”…
das Röntgenbild der Ausgangssituation zeigt warum:
Es handelt sich um einen unteren zweiten rechten Prämolaren der circa sechs Monate nach endodontischer “Behandlung” und prothetischer Einbeziehung in eine dreigliedrige Brücke bei wiederauftretenden Beschwerden alio loco “reseziert” wurde.
Der nachfolgende Desktop-Mitschnitt des angefertigten DVTs zeigt die Gesamtsituation:
Trotz aller widrigen Umstände haben wir uns für einen orthograden Revisionsversuch entschieden. Hier einige Impression der Behandlung:
Entferntes WF-Material
Bei aller Freude über die bisher erzielte Heilung müssen weitere Nachuntersuchungen die Nachhaltigkeit unserer heldenhaften Bemühungen unterstreichen…
Zustand nach zweimaligem Versuch der endodontischen Behandlung an Zahn 36 mit nachfolgender Wurzelspitzenresektion und prothetischer Neuversorgung mittels Keramik-Teilkrone vor ca. 1 Jahr- aktuell neuerliches Beschwerdebild (u.a. Aufbissschmerz)