von Oliver Schäfer
Archiv der Kategorie: Life
Mehrfach-Trauma
von Ronald Wecker
Drei Tage nach einem Fahrradsturz stellte sich dieser 23-jährige Patient, bislang mit restaurationsfreien Zähnen gesegnet, in unserer Praxis vor.
In der MKG-Abteilung einer bekannten deutschen Universitätsklinik erfolgte die Erstversorgung der erheblichen Verletzungen des Gesichtsschädels, der umgebenden Weichgewebe sowie der Zahnhartsubstanz.
Im kurz nach dem Unfall angefertigten DVT wurde laut den Eltern des Patienten (beide Mediziner) diagnostiziert: Fraktur des Jochbeins links, Fraktur des Siebbeins links, Alveolarfortsatzfraktur in Regio 24-21 mit Dislokation nach palatinal, Fraktur der lateralen Sinusbegrenzung links und eine nicht dislozierte Nasenbeinfraktur. Hinzu kamen zwei perforierende Riss-/Platzwunden in Ober- und Unterlippe.
Der Zahn 11 war avulsiert, der Zahn 12 intrudiert, die Zähne 23, 22, 21,11 und 12 wiesen unkomplizierte Kronenfrakturen auf. Die Gingiva distal des 11 wies eine diagonale Risswunde auf. Zahn 11 wurde nach 4 Stunden Trockenlagerung replantiert. Das am Unfalltag angefertigte MRT wurde nicht ausgewertet. Dies ist insofern von Bedeutung, als der Patient einige Tage nach der Entlassung aus der Klinik über Schwindelgefühle berichtete und kurzfristig das Bewusstsein verlor.
Die kontaktierte Klinik schlug eine neurologische Untersuchung vor. Dabei wurde auch die Auswertung des am Unfalltages angefertigten MRT besprochen: Neben einer Dislokation eines cervikalen Wirbelkörpers wurde eine kleine Ruptur der Arteria vertebralis festgestellt, die als Ursache für den Schwindel und den Bewusstseinsverlust verantwortlich gemacht wurde. Wohlgemerkt einige Tage nach dem Erstellen des MRT!
Dass die Versorgung der Verletzungen an Zähnen und Halteapparat angesichts der Schwere der Verletzungen in den Hintergrund tritt, ist vielleicht noch zu verstehen.
Dass jedoch der intrudierte Zahn 12, nicht im frakturierten Alveolarfortsatzbereich gelegen, nicht chirurgisch reponiert wurde, dass die parodontalhygiensch ungeeigneste Schienungsvariante gewählt wurde und dass dem Patienten und den Eltern ein nicht korrekter Schienungszeitraum (2-3 Wochen) genannt wurde, wirft ein ungutes Licht auf den Kenntnisstand des Behandelnden, rundet aber das Gesamtbild ab.
Es wurden definitiv Chancen vergeben, mögliche Folgeschäden von Zähnen, Halteapparat und Alveolarfortsatz ohne großen Aufwand abzuwenden.
Ob einer der Behandelnden sein eigenes Kind in der beschriebenen Weise behandelt wissen möchte, darf stark bezweifelt werden.
Die klinischen Befunde waren: Die Zähne 15,14,13 und 25 reagierten reproduzierbar positiv auf elektrischen Reiz. Die Zähne 24-12 reagierten negativ auf elektrischen Reiz. Die Zähne 15-13 und 24 und 25 zeigten eine normale Beweglichkeit. Die Zähne 23-11 wiesen eine Beweglichkeit Grad 3 auf. Zahn 12 war nicht beweglich und zeigte als einziger einen ankylotischen Klopfschall.
Nach Entfernung der vorhandenen Schienung und nach absoluter Trockenlegung wurde als Erstmaßnahme die aus ästhetischer Sicht vorerst provisorische dentinadhäsive Versorgung der Dentinwunden durchgeführt. Anschließend wurde ein TTS-Splint von 24-15 adhäsiv befestigt.
Zum Abschluss der verzögerten Erstversorgung erfolgte die initiale endodontische Behandlung des avulisierten Zahnes 11 nebst medikamentöser Einlage.
In der Folge werden die Zähne 24-12 engmaschig klinisch und gegebenfalls radiologisch kontrolliert. Eine endodontische Behandlung des Zahnes 12 scheint unumgänglich, da die Pulpanekrose bei einer Intrusion diesen Ausmaßes so gut wie sicher ist.
Begleitend wird sowohl der behandelnde Kieferorthopäde, als auch ein in freier Praxis niedergelassener MKG konsultiert werden, um die für eine Wiederherstellung normaler funktioneller und ästhetischer Verhältnisse notwendigen Maßnahmen zu erörtern.
Ein fader Beigeschmack bleibt jedoch angesichts der Geschehnisse zurück. Ein Einzelfall? Ich befürchte nicht.
Neustart (XIII) – Erste Hilfe – AED
Von Christoph Kaaden
Obgleich medizinische Notfälle in einer Zahnarztpraxis (zum Glück) sehr selten vorkommen muss man bestmöglich auf einen solchen eventuellen Zwischenfall vorbereitet sein. Neben einer Erste-Hilfe-Ausstattung sind regelmässig besuchte Notfall-Kurse (so wie z.B. beim Team-Day 2013 in Salzburg für die WS-Praxisteams) hierfür unabdingbar.
Insbesondere ein Kreislaufstillstand (Herz-Kreislauf-Stillstand) stellt einen der dramatischsten Zwischenfälle dar. Dieser unmittelbar lebensbedrohliche medizinische Notfall (ausgelöst durch z.B. Herzinfarkt oder Herzrhythmusstörungen) erfordert umgehende Maßnahmen, wie insbesondere die Herz-Lungen-Wiederbelebung. In diesem Zusammenhang kann ein Automatisierter Externer Defibrillator (AED) helfen, die Überlebenschance der Betroffenen signifikant zu verbessern. Obgleich vom Gesetzgeber (bisher meines Wissens nach) für Zahnarztpraxen nicht zwingend gefordert, stellt dieser eine sehr sinnvolle Ergänzung zur praxisinternen Notfallausrüstung dar. Mit etwas Verspätung (weil eigentlich direkt zum Praxisstart als Inventar vorgesehen) habe ich mich in den letzten Wochen eingehender mit der Thematik beschäftigt, um ein für uns geeignetes Gerät auszuwählen.
Geholfen haben mir hierbei unter anderem folgende Internetseiten:
– Auswahl eines geeigneten AEDs
Meine Wahl fiel schliesslich auf einen LIFEPAK CR Plus Automatik, den wir nun gut sichtbar und zugänglich für Praxisteam und Patienten in der Praxis (mittels Wandhalterung) platzieren werden. Aufgrund von Empfehlungen und Ratschlägen einiger Notfallmediziner habe ich mich aktiv für einen “Vollautomaten” entschieden. Dieser nimmt dem Anwender die “Entscheidungen” bzw. das _aktive_ Auslösen des empfohlenen Schocks ab und hilft so, die Angst des (unerfahrenen) Ersthelfers vor Behandlungsfehlern zu reduziert.
Hier ein Schulungsvideo (leider nur auf Englisch verfügbar) zu diesem Gerät.
Auch wenn es gut zu wissen ist, dass wir so einen AED nun sofort verfügbar hätten, hoffe ich trotzdem sehr, dass dieser bei uns nie zur Anwendung kommen muss. Aber eines ist mir in den letzten Wochen leider wieder vor Augen geführt worden: Always “Be prepared” bzw. “Allzeit bereit”
Disclaimer: Es besteht beim Autor kein Interessenkonflikt in Form einer finanziellen oder persönlichen Beziehung zu Dritten, deren Interessen vom Beitragsinhalt positiv oder negativ betroffen sein könnten.
Eisbach Surfer
von Hans – Willi Herrmann
Im Sommer ist es lange hell und so nutzte ich den Abend meiner Anreise zu meinem letzten Münchner Curriculumskurs, um mir wieder einmal im Englischen Garten hinter dem Haus der Kunst die mittlerweile weltberühmten Eisbachsurfer anzuschauen. Mag sein, daß das Eisbachsurfen schon lange nicht mehr “underground” und vermutlich aus dem Sichtwinkel der Gründerväter von vor 20 Jahren längst “kommerzieller mainstream” geworden ist. Aber ich finde immer noch, das ist mit Abstand die coolste Sache, die München zu bieten hat. Ich kann dort jedes Mal stundenlang zuschauen, gäbe sehr viel darum, dies machen zu können und wenn es wirklich Idiotische Deppen geben sollte, die Müll in den Eisbach schmeissen, dann sollen diese in der Hölle schmoren.
Weitere Fotos der Surfer (alle gemacht ohne Autofokus) gibt es hier.
Brückentag 1
von Christian Danzl
Brückentage eignen sich hervorragend, den Laden zu schliessen und einen Kurztrip zu machen. Wir im Süd-Osten der Republik haben das Glück in 4 Stunden mit dem Auto in Venedig zu sein. Ab und zu muss man es auch machen. Hier ein paar Eindrücke.
Zitat des Tages
von Hans – Willi Herrmann
Das folgende Zitat habe ich durch Zufall kürzlich auf einer Foto- Homepage gefunden.
Es schrieb der mir bis dato unbekannte Scott Bourne, nach eigenen Beschreibung “Publisher Photofocus, Founder Netradio/First-TV, Owner Bourne Motoro Sports – photographer, social marketer, author, teacher, speaker, race car driver/team owner and guy with gray hair for rent.” in seinem Resumee “Five Changes For The Worse In Photography”:
5. The advent of naked aggression in the form of vicious critiques by anonymous cowards, attacks by trolls and general nasty behavior toward photographers online have driven many people out. It’s too bad because the Internet could have been used by these people to advance themselves. Instead they used it to destroy others.
It’s not too late to turn these trends around, but I don’t see that as my job. I am retiring so it will be up to whoever else is still standing to decide if they want to make this a better world for photography or not.
Und jetzt ersetzen wir “Fotografie” durch Zahnmedizin und bekommen so eine treffende Beschreibung des Status Quo des dentalen Internet – Universums.
Herzschlag eines schwarzen Loches
von Hans – Willi Herrmann
Ohne die Verdienste Darwins schmälern zu wollen, es gibt weitaus größere Mysterien unseres Seins, die nachwievor ungelöst sind.
Ganz gleich, ob es sich dabei um Schwarze Löcher oder um Mitochondrien handelt.
Video via Engadget.
[viddler id=4ad21a40&w=437&h=288]
Links
von Olaf Löffler
Das Internet prägt unser Leben.
Es begann vor mehreren Jahrzehnten, eigentlich 1965. 1990 wurde es durch einen Beschluss der US-amerikanische National Science Foundation öffentlich zugänglich, auch außerhalb der Universitäten.
Nun nach 2o Jahren ist es aus unserem Leben kaum mehr wegzudenken. Wir nutzen das Internet u.a. zur Informationsgewinnung, zum Austausch, zum Shoppen und um Informationen bereitzustellen.
Für alle diejenigen, welche das Internet gerne bereisen und neugierig sind, hier einige interessante nichtdentale Links. Fast alle sind mit dem Webby Award ausgezeichnet. Viel Spaß…
http://www.sensoproductions.com/
http://www.nawlz.com/
http://thinkingspace.economist.com/#/explore
http://www.tate.org.uk/modern/exhibitions/unilevermiroslawbalka/explore/
http://www.newyorker.com/
http://www.andreaslutz.com/
http://www.recordtripping.com/
http://www.moma.org/interactives/redstudio/popart/
Neulich bei Gericht …
von Jörg Schröder
Gelbe Fensterumschläge mit Amtssiegel und förmlicher Zustellung bereiten mir immer ein gewisses Unbehagen. Zu schnell gefahren? GEZ nicht bezahlt oder gar Schlimmeres? Wenn nach dem Urlaub drei Schreiben dieser Art im Poststapel liegen bewegt sich die Gemütslage sehr schnell auf den maximalen Tiefpunkt.
Nach dem Öffnen springt mir das Wort “Vorladung” entgegen. Schnell den weiteren Inhalt überflogen und:
Entwarnung. Ich sollte als Zeuge gehört werden. Zu einem Sachverhalt der mehr als 5 Jahre zurücklag.
Der Patient kam damals aufgrund funktioneller Beschwerden in meine Praxis. Bei der Befundung fielen, um es mit den Worten eines Freundes zu sagen, die “suboptimalen” Kronenränder an den Zähnen 23-12 auf. Auf Nachfrage war zu hören, dass diese Kronen gerade einmal 6 Monate im Mund waren. Ich hatte dem Patienten daraufhin empfohlen das Gespräch mit dem Vorbehandler zu suchen und bei der Krankenkasse das weitere Vorgehen zu erfragen.
Nach nun mehr als 5 Jahren sollte ich jetzt vor Gericht eine Aussage zur Qualität der Kronenränder im Jahr 2004 machen. Die drei Umschläge enthielten die erste Ladung sowie je eine Terminänderungsmitteilung. Alle förmlich zugestellt.
Der Gerichtstermin war praxisfreundlich: Montag Vormittag 11.00 am anderen Ende der Stadt. Kein Problem. Bei einem Terminvorlauf von vier Monaten geradezu ein Klacks einen kompletten Vormittag umzubestellen. Dazu eine ungewisse Dauer der Verhandlung.
Der Inhalt des Beratungsgespräches sowie die erhobenen Befunde waren gut dokumentiert. In einem Anflug unendlicher Kindsköpfigkeit rief ich bei Gericht an und schilderte den Sachverhalt: dass ich meine Aussage nur auf meine Behandlungsdokumentation stützen kann, da der Fall sehr weit zurückliegt und ich angesichts der mir entstehenden wirtschaftlichen Nachteile durch den Praxisausfall von einem Vorlesen aus meinen Behandlungsunterlagen absehen möchte, ich die vollständigen Unterlagen jedoch gerne zur Verfügung stelle.
Nicht unerwähnt soll bleiben, dass sich mittlerweile auch ein Gutachter mit dem Fall beschäftigt hatte, sodass auch noch eine gewichtigere als meine Aussage zur Verfügung stand.
Mein Ansinnen wurde abschlägig beschieden. Also auf zu Gericht. Nach 1,5 Stunden war es vorbei.
Ob ich einen Antrag auf Aufwandsentschädigung stellen möchte. Es gäbe etwas mehr als 17 Euro pro Stunde Aufenthalt bei Gericht dazu An- und Abreise sowie die Fahrtkosten. Zwei Etagen höher im Zimmer xxx. Dort nach Anklopfen eingetreten und mein Anliegen vorgetragen. Für 2,5 Stunden Aufwand inkl. An- und Abreise ein Formular ausgefüllt und dann Entsetzen in den Augen der Mitarbeiterin: “Mit dem Taxi ????”
Warum ich nicht mit den öffentlichen Verkehrsmitteln angereist sei? Da konnte ich nicht anders als ihr zu erläutern, dass mich der heutige Vormittag bereits eine vierstellige Summe gekostet hatte und ich mir nicht vorschreiben lasse wie ich zu Gericht anzureisen denke. Nach Hinzuziehung der unmittelbaren Vorgesetzten die dann wiederum für weitere 5 Minuten verschwand endlich die gute Nachricht. Man werde eine Ausnahme machen.
Geradezu betäubt von soviel Entgegenkommen machte ich mich mit einem dauerhaften inneren Kopfschütteln auf den Weg in meine Praxis.
Klar, warum es in diesem Land nicht rund läuft. Die Nachforschungen zum Thema “Taxifahrt” kosten mehr Geld als hinterher erstattet werden muss, Bürokratie geht vor Pragmatismus und es dauert 5 Jahre bis ich als Patient zu meinem Recht komme.
Kopfschütteln ist alles was geblieben ist.
Blogbewertung
von Hans – Willi Herrmann
Diese Woche war für mich nicht wie jede andere.
Und sie ist es immer noch nicht ganz.
Normalerweise messe ich den Blogbewertungen keine große Bedeutung bei.
Aber irgendjemand hat den RIP – Blogbeitrag, der ja nur aus 3 Buchstaben und einem Foto besteht, mit 5 Sternen bewertet.
Heißt ja eigentlich “Sehr interessant”.
Aber in diesem Falle gab es ja nichts, was man als interessante Message hätte bewerten können.
5 Sterne heißt also, wir haben Irgendjemandem aus der Seele gespochen.
Das hat mich sehr gefreut.