Ein deutscher Zahnarzt in Madrid (Teil 4)

von Alexander Knobel

Fortsetzung: Ein deutscher Zahnarzt in Madrid (Teil 4)

Bereits Ende April bin ich gebeten worden erneut ein kleines Update meiner Erfahrungen im Ausland und speziell über meine neue Heimat Madrid zu schreiben und selten ist es mir so schwer gefallen wie im Moment.

Seit Wochen versuche ich nun etwas vernünftiges aufs digitale Papier zu bringen und es quält mich. Es quält mich weil ich einfach ausgebrannt bin, kaum Zeit finde und überhaupt nicht weiß, an welcher Stelle ich anfangen soll zu berichten.

Ich denke, dass ich inzwischen behaupten kann, dass mein Strategie aufgegangen ist und das Projekt “Deutsche Zahnarztpraxis im Herzen Spaniens” definitiv aufgegangen ist.

Moderne Zahnheilkunde und nicht 08/15 Abfertigung. Nichts anderes, wie es wohl auch von den Lesern des Wurzelspitzen-Blog gelebt wird.

Zahnmedizinische Standards (QM von der Praxishygiene bis zum Eingliedern von Keramikinlays), High-End Dentistry (Mikroskop, DVT, CAD/CAM, T-Scan…), Fortbildungen, Freundlichkeit und permanente Präsenz in der Praxis haben zum Ziel geführt.

Aber sollte man nun auf die Idee kommen in einem fremden Land Fuß zu fassen, sollte man niemals außer Acht lassen, dass 100% nicht reichen. 100% bringen alle Anderen. Um sich also aus der Masse als Neuankömmling hervorzuheben muss es deutlich mehr sein.

Ich verbringe ca. 70h+ pro Woche in der Praxis und dann kommt noch das Wochenende mit Plänen, Auswertungen, Medical Reports … Papierkram dazu. Viel Freizeit bleibt da nicht!

Erfolg habe ich … aber der Preis ist doch sehr hoch. Besonders für meine Familie die mich leider viel zu selten zu Gesicht bekommt. Das war in Deutschland definitiv anders!

Der ewige Kampf, das “andere System”, andere Wertvorstellungen und Arbeitsweisen zu verstehen ist nicht immer einfach und extrem kräftezerrend. Ein komplett anders funktionierendes Gesundheitssystem, die Krise, ein brutaler Konkurrenzkampf, Praxisketten (Lowbudget und von Versicherungen), die wie Heuschrecken aus dem Boden schießen und die Preise ins bodenlose drücken, ….

Jeder dieser Punkte wäre im Einzelnen bereits mehr als abendfüllend und sicherlich auch für die meisten Leser uninteressante Kost. Aber damit muss man sich nun einmal auseinandersetzen, wenn man den Gedanken einer beruflichen Auswanderung in sich trägt.

Alle Versuche eine zahnärztliche Assistenz einzustellen sind bisher kläglich gescheitert.

Die universitäre Ausbildung junger Zahnmediziner ist extrem the­o­rie­las­tig und das selbstständige Arbeiten aufgrund fehlender bzw. minimalster praktischer Ausbildung fällt den Meisten direkt nach dem Studium dann auch extrem schwer.

Viele flüchten sich daher auch erst einmal in die postgraduierte Ausbildung (sofern sie es sich leisten können) und machen einen Master, welcher im Anschluss der Ausbildung für viel Geld direkt von den Universitäten angeboten wird. Dadurch ist der Markt von Spezialisten überflutet, die ihr Handwerk anschließend auch verstehen, allerdings auch nur einen Mikrokosmos der Zahnmedizin abdecken. Hier sieht man dann sehr schön, inwiefern sich eine reine Spezialisierung der Zahnmediziner auswirkt. Keiner hat mehr eine Ahnung vom Ganzen und der Patient wird herumgereicht.

Auf keine Fall jetzt aber falsch verstehen. Es gibt ganz tolle und extrem talentierte Zahnmediziner in Spanien, die ihr Handwerk meisterlich verstehen. Auch den Sinn einer Spezialisierung möchte ich nicht in Frage stellen.

Nur sollte die Aufgabe einer Universität wohl eher in der allgemeinen Ausbildung und dem praktischen Heranführen an den täglichen Bedarf eines jungen Zahnmediziners liegen.

Die schlechtesten Arbeiten, die ich bisher gesehen hatte waren übrigens deutscher Herkunft. Da wurden z.B. schlecht gemachte GIZ Füllungen als “Spezial Inlays” verkauft und teuer berechnet.

Nicht alles was glänzt ist nun einmal ist Gold.

Arbeiten im Ausland hat absolut nichts mit dem Erlebten im letzten Urlaub zu tun. Auch nicht, wenn die Kollegen dort einen relaxten Eindruck beim Bier an der Bar hinterlassen hatten.

Eines ist sicher: Kein Mensch hat hier auf mich gewartet bzw. nach mir geschrien. Es ging vor mir und wird auch ohne mich gehen.

Mein Fazit:

Mein Konzept ist aufgegangen. Und in naher Zukunft stehen auch noch einige gravierende Veränderungen an, welche mir endlich das erhoffte Maß an mehr Lebensqualität bringen sollen.

Nur hartes und zielorientiertes Arbeiten, ein hohes Maß an Opferbereitschaft und etwas Glück kann zum Erfolg führen. Der Standort macht dann nur noch eine kleineren Prozentsatz des Erfolges aus.

Garantien gibt es aber auch dann keine.

 

Halloween

von Olaf Löffler

Halloween – ein alter irischer Brauch. Manche sagen sogar keltischen Ursprungs. Wikipedia

Nun dieses Brauchtum blieb mir fremd. Zumal es heute wahrscheinlich kaum noch etwas mit dem Ursprung zu tun hat. im Mittelpunkt scheint heute das Erschrecken und die Geisterwelt zu stehen.

Erschreckend ist, was hier auf einer niederländischen Seite vorgestellt wird. http://dentidrill.nl.

Ein Video auf Youtube gaukelt dann noch den Wahnsinn in der Realität vor. Für mich der erste Schritt zur vorsätzlichen Körperverletzung.

 

 

Abenteuer Spanien: Bilanz nach 2 Jahren

von Alexander Knobel


Die Zeit rennt.
Vor 1 1/2 Jahren wurde ich von Wurzelspitze gebeten, etwas über meine Erfahrungen aus dem europäischen Ausland zu berichten. Jetzt sind bereits zwei Jahre in der Ferne vergangen und es ist an der Zeit, erneut Bilanz zu ziehen.

Kurz gesagt: das Auf und Ab meines Körpergewichts spiegelt die Höhen und Tiefen der letzten zwei Jahre (+/- 10kg) extrem gut wieder. Während man sich in Deutschland über das kostspielige QM, die neue GOZ oder immer mehr Bürokratie ärgern darf, sorgt in Spanien eine brutale Finanzkrise für leere Wartezimmer. Angestellte Zahnärzte werden schonungslos entlassen und sind froh, wenn sie als “Helferin” einen Job finden. Alternativ kann bei einer der Zahnarztketten wie z.B. Vitaldent, Unidental… für laue 5-8€/h angeheuert werden. Diese Ketten verhalten sich wie Heuschrecken und verbreiten sich übers komplette Land. Ist ein Gebiet abgegrast wird eingepackt und weitergezogen. Einzig der Aufwand und die Qualität des „product placements“ sind erstklassig und extrem hochwertig. Wirklich bemerkenswert, was da an gelungener Reklame in den Medien rausgehauen wird. Ansonsten ist die dort betriebene Zahnmedizin weder modern noch in vielen Fällen hygienisch. Dafür auf den ersten Blick billig. Auch sprießen immer mehr Versicherungen mit eigenen Praxen auf den Markt. Nicht sehr erfreulich für meine Kollegen, die der Reihe nach ihre Zusammenarbeit mit den Versicherungen aufgekündigt bekommen.

Andere Länder, andere Probleme.
In diesem Fall sind jedoch aus meiner Sicht die Lösungen identisch: Nur mit hochwertiger Zahnmedizin und großem Engagement kann diesem Strudel entkommen werden. Ansonsten sollte man sich den ganzen Aufwand und die vielen Arbeit einfach nicht geben. Im Media Markt ist man wenigsten gegen die drohende Arbeitslosigkeit versichert und kann sich auch mal bei einer Grippe schön umsorgen lassen. Niemand stört einen am WE, die Urlaube sind gesichert und es gibt geregelte Arbeitszeiten…

Meine Strategie ist relativ simpel.
Ich will besser als der Großteil der Zahnmediziner in Madrid sein.
Mich abheben von der breiten Masse Zahnarztpraxis. High-End-Dentistry und moderne Zahnmedizin zu einem angemessenen und fairen Preis.
Den deutschen Qualitätskriterien im Bereich der Hygiene und des Behandlungsmanagements unterwerfe ich mich freiwillig. Nach dem Motto: „form follows function“. Nur so kann ich mich abheben. Und nur so macht auch mir Zahnmedizin wieder Spaß. Kaum vorstellbar wie ich früher im Schnitt 18(+) Patienten pro Tag anständig versorgen konnte.

Täglich findet hier mein CEREC AC, der Laser, meine Lupenbrille und besonders mein wiederbelebter und geliebter Kofferdam Anwendung. Nicht immer schneller und mehr Patienten durchschleusen. Klasse statt Masse. Den Patienten wieder in den Mittelpunkt stellen. Sicherlich: ich wurde hier auch dazu gezwungen, da ich mich nicht auf Kassenpatienten mit der Motivation auf Zuzahlung ausruhen kann. Keiner kommt mal vorbei, nur um zu schauen wie der Deutsche so ist. Mein Patientenstamm wächst langsam, aber er wächst und 80% der Neupatienten kommen einzig durch ausgesprochene Empfehlungen. Meine Rechnung scheint aufzugehen, auch wenn ich hier locker eine 70-80 Stunden Woche habe und wenig vom milden Klima mitbekomme. Nach nur 2 Jahren bin ich hier in Madrid bekannter als ich es hätte jemals in meiner alten Wirkungsstätte hätte werden können. Referent für das CEREC System und Betatester für neue Soft- und Hardware für verschieden namenhafte Hersteller. Nur durch eine Standard- Zahnmedizin, die sich mit Zahnextraktionen und Zementfüllungen über Wasser hält, hätte ich hier keine Chance. Dieser Markt ist gesättigt. Spanien ist aktuell nicht wirklich ein guter Ort für Zahnmediziner. Speziell da zusätzlich zur Immobilien- und Bankenkrise südamerikanische Zahnärzte den Markt überfluten. Die Mentalität und Lebensweise ist eine komplett andere und darf auf keine Fall mit der deutschen Lebensweise verglichen werden. Es ist schwierig zu erklären, aber bereits zu Beginn meines Abenteuers hatte mir eine netter Kollege es versucht so zu erklären: Leben kann man in Spanien besser, aber zum Arbeiten (was die Professionalität und Qualität angeht), wäre man doch lieber in Deutschland geblieben.

Zumindest Eines habe ich aber bereits in Deutschland gelernt: Die Standortfrage wird maximal überbewertet und „wer aufhört, besser zu werden, hat aufgehört, gut zu sein.“ [Philip Rosenthal] Auch ich bin gespannt, was mir die nächsten Jahre bringen werden und ich bin gespannt was es in weiteren 2 Jahren zu berichten gibt.

Der Tag im Leben eines Endo-Teams…

von Bonald Decker

eigentlich wollte ich heute einen anderen Beitrag einstellen.

Eigentlich.

Aber im Laufe des Behandlungsabends habe ich mich umentschieden und möchte kurz einen Tag im Leben eines (bzw. unseres) Endo-Teams vorstellen…

Hierzu jeweils die Eckdaten und wichtigsten Informationen zu den einzelnen Situation in Kurzform…(leider war unsere Fotodokumentationsvariante heute umzugsbedingt nicht verfügbar; daher also leider keine klinischen Fotos…)

Behandlungsbeginn 14:00 (Dienstag ist “unser langer Tag” bis ca. 21:00 )

1. Patient: Nach erfolgter Beratung in Ersttermin über Diagnose, Therapie(optionen) und Prognose nun Behandlungsbeginn…

Lentulo-Entfernung

2. Patient: Zweiter Behandlungstermin (Diagnose: Z.n. Frontzahntrauma; jetzt apikale Parodontitis) nach initialer Trepanation und chemo-mechanischer Reinigung & med. Einlage (CaOH2)/ prov. Füllung. MTA-Plug (ohne Widerlager), Backfill mit Guttapercha / AH Plus; internes Bleaching für Beginn 2012 geplant.

 

MTA Apexifikation

3. Patient:

Z.n. Wurzelkanalbehandlung vor ca. 20 Jahren; Z.n. WSR vor ca. 8 Jahren, vor 2 Wochen beginnende Schwellung ausgehend von Zahn 46; Alio loco verordnete orale Antibiose; momentan Beschwerdefreiheit; Im Rahmen des Erstgesprächs Erläuterung der verschiedenen Therapien; Unsere Empfehlung: Entfernung des Zahnes 46 aufgrund von erheblicher Vorschädigung und parodontaler Situation; Patient (Orthopäde) wünscht Zahnerhalt mit allen Mitteln (da er aus eigenem Fachgebiet “Vorbehalte” gegen Implantate hat!)

Revision bei Z.n. WSR und aktueller apikaler Parodontitis

Eine mögliche Wurzellängsfraktur bestätigte sich intraoperativ nicht. Die geschätzte Resektionswinkel mesial beträgt ca. 45 Grad (!) Die Messaufnahme zeigt die Instrumentenposition im mes-ling. Kanalsystem…

weiteres geplantes Procedere: Verschluss der Neoapices mit MTA (bei kontinuierlicher Beschwerdefreiheit) und weitere WF mit Guttapercha&Sealer sowie Glasfaserstift distal.

4. Patient:

Die “grosse” Unbekannte…; Auf Wunsch des Vaters und der wohnlichen Situation der Patientin (im Ausland) Behandlungstermin _ohne_ “Erstkontakt”. Bei uns die _absolute_ Ausnahme! Unklarheiten über Ausgangsdiagnose (sowie Zahnart & Anzahl)…

die “Überraschung” erfolgt nach Erhebung der Anamnese sowie der klinischen und radiologischen Befunde (daher auch eigentlich immer bei uns vorab Befundungs-/Beratungstermin).

Während die Situation von Zahn 17 auf den ersten Blick ggf. aufwändiger erscheinen mag, lag die tatsächliche heutige Herausforderung in der Gestaltung der adhäsiven Aufbaufüllung des Zahnes 15, die gefühlte 2/3 der Behandlungszeit ausmachte.

Später als gedacht war unser Behandlungstag beendet…

morgen (Mittwoch) gehts um 9.00 weiter…

:-)

mal schauen, was der morgige Endo-Tag so bringt…

 

;-)

 

PS: Danke Franzi für Ihren Einsatz :-)))))

Ungarn. Gelobtes Land?

von Christian Danzl

Wenn man zum Zahnarzt muss, wird es teuer.

Die Zahnärzte verdienen zu viel.

Das sind hinlänglich bekannte “Wahrheiten”.
Auch etliche Krankenkassen springen auf diesen Zug auf und empfehlen ihren Patienten Zahnersatz aus den Ausland oder bezuschussen sogar Zahnbehandlungen im Ausland, um Kosten zu sparen.
Ich empfehle den Patienten, die mit so einem Schreiben zu mir kommen, sofort eine billigere Krankenkasse, denn da spart man sicher jeden Monat, und nicht nur im Falle einer aufwändigen Zahnbehandlung.

Ja, Zahnbehandlung im Ausland.

Wo?

Ungarn!

Genau. Für Österreicher immer schon der Geheimtipp, wenn’s um “Zahnsparen” geht. Auch für Deutsche nicht uninteressant. Ein 14 tätiger Urlaub in einem Hotel mit gehobenem Standard, eine Zahnarztpraxis ist gleich angegliedert, so dass man nicht noch lange suchen muss.
DAS all-in-one Paket. Man fährt in den Urlaub und kommt nach 14 Tagen mit einem neuen Lächeln zurück, ohne dass man sich in der Nachbarschaft mit Provisorien hätte blicken lassen müssen.

Und die neuen Zähne incl. der Implantate (sie wurden während des 14-tägigen Aufenthaltes gesetzt und auch mit dem endgültigen Zahnersatz versehen) sind so viel billiger als daheim in Deutschland, dass auch der Hotelaufenthalt finanziell nicht ins Gewicht fällt.

Sagenhaft!

Und jetzt die entscheidende Frage:

Ist das wirklich so?

Auszuschliessen ist es nicht.

Drei Dinge dazu:

  1. Ein befreundeter Zahnarzt südöstlich von München (also nicht im Grenzgebiet zu Tschechien), nähe Rosenheim, der viel und gut Implantiert wurde von einem Bekannten gebeten, er solle bitte den Zahnersatz seiner Frau reparieren. Dieser ist zwar aus Ungarn, aber als “Freundschaftsdienst” könne er das ja wohl machen, weil man wegen einer Reparatur nicht noch mal nach Ungarn fahren wolle (eigentlich der Klassiker).
    Er willigte ein. Aber nur unter der Bedingung, dass er Einsicht in alle Rechnungen aus Ungarn bekommt. Rein interessehalber.
    Ergebnis: Der Zahnersatz incl. mehrerer Implantate war in Ungarn lediglich um 500,- billiger als bei ihm.
  2. Ein langjähriger Patient kam zu mir in die Praxis, er brauche eine neue OK-Totale. Er war in Ungarn und hatte sich einen implantatgetragenen ZE machen lassen. Schon nach 3 Wochen waren die Implantate wieder draußen. Er bekam dann eine Totale im OK. Die sah aus, als hätte sie der ZA noch in der Schublade gehabt und passte auch so. Ihm war klar, dass ich ihm keine neue Totale umsonst machen würde.
    Im Unterkiefer sassen de Implantate noch.
    Noch.
    Aber auch denen gebe ich keine 2 Jahre. Dann kommt auch da die Totale. Insgesamt gesehen eine 28er für viel Geld.

    Verstehen sie mich nicht falsch: Ich sage nicht, dass die ungarischen Zahnärzte schlechter sind, auch nicht, dass die Deutschen besser sind.
    SO eine Implantatversorgung bekommen sie in Deutschland auch, aber da haben sie wenigstens einen Gewährleistungsanspruch vor Ort.

  3. Hier die Preisliste einer ungarischen Zahnarztpraxis.
    Machen Sie sich bitte selbst ein Bild.
    Bekommen Sie diese Honorare von der GKK in Deutschland? Verlangen Sie mal 40,- € von einem Kassenpatienten für eine “Erstbesprechung” mit dem Hinweis, er solle sich seinen Zuschuss danach von der Kasse holen.
    Versuchen sie es einfach nur einmal.
    In etlichen Praxen in Deutschland wird der Patient laut schimpfend die Praxis verlassen, und die Worte “Wucher” und “Abzocke” gebrauchen.

    “Analyse ästhetisch” 260,-
    Wurzelbehandlung, 3-Kanäle 500,-

    Verlangen sie es einfach nur mal, und schauen sie, wie die Patienten reagieren.

    KFO Keramikbrackets, selbstligierend, 2 Jahre Dauer, 4.800,-

    Viele Kieferorthopäden in Deutschland nehmen sie mit Kusshand.

    In Ungarn wird das gerne bezahlt, da ist es ja billiger……Krone und Brücken sind billiger als bei uns?
    Stimmt!
    Beziehen Sie aber die Zahntechnik zum selben Preis, wie der ungarische Kollege, werden sie keine Probleme haben die Preise zu halten.

Fazit:

Wenn die deutschen Krankenkassen weiterhin so mit den Behandlern umgehen, muss man die Praxis nicht immer die Schweiz verlegen, um in Ruhe und ohne Gängeleien seinem Beruf nachgehen zu können.
Auch Ungarn kann die Lösung sein.
Billiges Personal, billige Zahntechnik und Patienten, die während der Gewährleistungszeit mit relativer Sicherheit nicht mehr auftauchen, weil ihnen der Weg zu weit ist (und der “Preisvorteil” dann weg ist), aber dafür schon bar bezahlt haben. Und zwar einen Preis, der sich oft nicht deutlich vom deutschen Preis unterscheidet.
Und wenn mal was schief läuft, holt schliesslich der deutsche Kassenzahnarzt die Kohlen aus dem Feuer bzw. die Implantate aus dem Eiter. Muss er ja.

Zugegeben, diese drei Punkte sind nicht repräsentativ, zeigen aber, dass der billige Zahnersatz im Ausland nicht unbedingt billiger als in Deutschland sein muss

The Dentist Of Jaipur

von Hans – Willi Herrmann

Für Alle, die am Montagmorgen in eine Wochenbeginn-Depression zu fallen drohen,  ein Kurzfilm von Falk Peplinski.

Spätestens nach 4 Minuten sollte jeder von uns, sowohl Patient als auch im Gesundheitssystem aktiv Mitwirkender, mit großer  Demut zur Arbeit gehen, angesichts des Umstandes, auf dem richtigen Breiten – und Längengrad geboren worden zu sein.

 

Zahntourismus nach Ungarn

von Hans – Willi Herrmann

Ein Artikel in der “Zeit Online” zum Thema Zahntourismus nach  Ungarn findet sich hier.

Der Hinweis kam aus dem Schweizer Dentoforum.


0 – 800 – ENDO

von Hans – Willi Herrmann

Achtung.
Dieser Blogbeitrag ist kein vorgezogener Aprilscherz.
Besagte Anekdote habe ich letzten Freitag gehört, bei einem OPL – Treffen in der Schweiz. Der Kollege, der sie wiedergab, es ging bei unserem Gespräch um die in den letzten 5 – 7 Jahren sich verschärfende Situation der Endodontisten in USA,  hat lange Jahre dort gearbeitet und nachwievor gute Kontakte dorthin, die Story spielt in  Californien und geht so:

Ein Schmerzpatient sitzt im Behandlungsstuhl der Zahnarztpraxis, irgendwo im Raum Los Angeles.

Der Zahnarzt wählt 0- 800 – ENDO und kündigt bei der freundlichen Dame am Telefon den Patienten an, mit Angabe der Praxisadresse.

“Vielen Dank, dass sie mit uns zusammenarbeiten wollen. Wir rufen sie gleich zurück, sobald ich Genaueres weiss”, sagt die angenehm klingende Stimme am anderen Ende der Leitung.

Keine 5 Minuten später klingelt das Telefon.
“Dr. Muller ist auf dem Weg zu Ihnen , er wird in voraussichtlich 30 Minuten bei Ihnen sein”.

Der mobile Endodontist erscheint nur wenig später.
In seinem Van hat er alles dabei, was man für die Wurzelkanalbehandlung braucht, einschließlich Operationsmikroskop.

“Hello Mrs. Smith, I am your root canal specialist and will do the treatment right now.”

Los geht ´s.

Und weils so schön passt zum Thema, hier noch ein Ausschnitt aus einer Mail von Rob Kaufmann, als Endodontist niedergelassen in Winnipeg/Kanada, ebenfalls über die Änderung der Verhältnisse in den USA in den letzten Jahren.

“After many years on ROOTS, watching it wax and wane,  I am rapidly and sadly losing respect for what is happening on here.

The simplification of our specialty is killing us.  Combine that with the Christensen opinion of endodontics and what you get is “This Endo stuff is TOO HARD….lets just extract and place the implant. Or at LEAST make Endo simpler, faster and easier so that ANYONE can do it after a weekend at the Holiday Inn.” And as for retreatment?  Its a waste of time…that’s even HARDER ? Why bother? I can keep the money in MY office and not make the endodontist rich.”

Think this isn’t happening NOW?  Check what’s going on in Endo practices in the US. Retreatment practices are down, some as much as 40%. I know guys that have holes in there days that have NEVER had this happen in 20 years. Now Endodontists are scrambling to get into the implant biz. They see the writing on the wall.  And it sure as shit isn’t because they are part of any fancy ‘Endo-Implant Algorithm”. Its survival.”

p.s: Eigentlich sollte an dieser Stelle der Beitrag 69 Prozent (Teil 3) erscheinen.  Er ist leider nicht rechtzeitig fertig geworden, ich hoffe es ist nächste Woche soweit.

69 Prozent (Teil 2) – Força Barça

von Hans – Willi Herrmann

Eine Woche lang war der Kollege in unserer Praxis zu Besuch.
 Er  kommt aus Barcelona und arbeitet dort,  auf Wurzelkanalbehandlung spezialisiert, in 3 verschiedenen Praxen.

Nur in einer dieser Praxen steht ein Mikroskop, und auch das erst seit wenigen Monaten. In den anderen Praxen muss der Kollege ohne Vergrößerungshilfen auskommen.
Eine Lupenbrille nebst LED – Licht besitzt er  nicht, er  konnte sich diese bislang nicht leisten. Denn er verdient deutlich weniger als ein Kollege in Deutschland. Dafür schleppt er   jeden Tag eine ganze Reihe von  Dingen, die man essentiell für eine Wurzelkanalbehandlung braucht, im Koffer mit sich herum von Praxis zu Praxis. Aus eigener Tasche bezahlt: Drehmomentkontrollmotor und Apex- Lokator zum Beispiel und einen Röntgensensor nebst Laptop.

Sein  Gehalt ist rein umsatzabhängig.
Wenn ein Patient absagt, das kommt im Moment bei schlechtem Wetter immer  mal wieder vor,  erfährt er  das erst vor Ort.  Zu spät, um einen anderen Patienten einzubestellen.

Und dann das Krankenversicherungssystem in Spanien.
 Ich gebe mal auszugsweise wieder, was der Kollege erzählt hat, Dr. Knobel, unser  deutscher Zahnarzt vor Ort, der in Madrid seine Praxis eröffnet hat und hier hoffentlich noch mitliest, wird sicherlich eine ganze Reihe von Details ergänzen oder gegebenenfalls auch richtigstellen können.

Umsonst gibt es Extraktionen.

Für den Rest der Zahnmedizin muss sich der Patient privat krankenversichern.

Die Beiträge sind deutlich niedriger als bei uns, die Leistungserstattung der PKV´s allerdings auch. Gefühlsmäßig würde ich sagen, die bezahlten Leistungen liegt deutlich unter dem Niveau unserer gesetzlichen Krankenversicherung.

Eine freie Arztwahl gibt es nicht, wer z. B. bei der AXA versichert ist, muss einen Zahnarzt, der bei der AXA gelistet ist, aufsuchen. Gute Zahnärzte schliessen keine Verträge mit den PKV´s ab, da diese nur sehr wenig für die jeweilige zahnärztliche  Leistung zahlen.

Zahnärztemangel ?

Gibt es in Barcelona nicht.

Und das liegt nicht nur an der Attraktivität der Metropole Barcelona  für Patienten und Zahnärzte. Denn da sind zum einen Zahnärzte aus Südamerika, die für Dumpingpreise arbeiten,  zum anderen gibt es zwei Universitäten vor Ort, eine staatliche und eine private. Die staatliche bildet alleine rund 240 Zahnärzte jedes Jahr aus.

Das Zahnbewußtsein der Patienten scheint geringer entwickelt zu sein als bei uns in Deutschland.

Der Patient kommt weniger prophylaktisch orientiert und damit seltener von sich aus regelmäßig in die Praxis, als vielmehr zielorientiert, auf konkreten Anlass hin.

Lückenversorgungen und suboptimale Zahnersatzlösungen sind häufiger anzutreffen als bei uns. Anfallende Zahntechnik ist (über den Daumen und auf die Gesamtheit bezogen) kostengünstiger. Zahnärztliche Honorare sind nicht geringer als bei uns, zumindest nicht für die vom Patienten nachgefragten Leistungen.

Es fragen halt nur nicht so viele und so oft wie bei uns.

Unser QM – Massnahmen  hat der Kollege im Übrigen  erstaunt bis ungläubig zur Kenntnis genommen. Es scheint, dass dies  im EU – Land Spanien in dieser Form noch nicht bekannt ist oder sich dort noch nicht hat etablieren können.

Das war für mich im Übrigen die nachhaltigste Erfahrung der Woche. Das  Leuchten in den Augen des Kollegen   zu sehen, angesichts der für uns vielen Selbstverständlichkeiten zahnärztlichen Arbeitens, wie wir es in Deutschland haben.  Zu sehen, dass wir hier bei uns mit unserem Standard an Praxisstruktur und Versorgung immer noch weit vorne dabei sind. Mit dem, was unsere Patienten bekommen und mit den Arbeitsbedingungen, unter denen wir hier arbeiten. 
Ich glaube, besagter  Kollege würde sich freuen,  in Barcelona unter solchen Arbeitsbedingungen arbeiten zu können.

Über unseren Grad an notwendigem Bürokratismus z.B. beim Beantragen von Zahnersatz, bei der Mehrkostenvereinbarung bei Füllungstherapie oder im Hinblick auf die bis zu 12 Seiten Papier, die, je nach Situation,  vor einer Wurzelkanalbehandlung ausgedruckt und mit dem Patienten erörtert werden müssen,  hat der Kollege allerdings nur fassungslos den Kopf geschüttelt.

Fassen wir zusammen: Zahnärzteüberschuss, Patienten- bzw. Arbeitsmangel, keine freie Arztwahl, Knebelverträge der Versicherungen, Schwierigkeiten, sich eine eigene Praxis aufzubauen, Patienten mit geringem dentalen Bewußtsein und wenig Geld für die zahnärztliche Versorgung und das alles bei gleichen Materialkosten und in der Gesamtheit wesentlich geringeren Einnahmen.

Das ist genau das Szenario, auf das wir zukünftig in Deutschland in der Zahnmedizin hinsteuern.

Und darauf muss sich die Zahnärzteschaft einstellen. Jeder einzelne von uns. Die Zeichen sind da und sie zeigen nicht nur aussenpolitisch und währungstechnisch, nein, auch zahnmedizinisch auf die  PIGS – Staaten und damit nach unten.

Auf eine kompakte Weltformel gebracht: Es ist nicht mehr genügend  Geld da.  Und es wird zukünftig nicht mehr, sondern weitaus weniger Geld für/in der Zahnmedizin geben.

Das sind die Fakten.

Und jetzt ? Folgt zwangsläufig die Analyse der Ist – Situation:
Was wir Zahnärzte mit den Airbus – Piloten gemeinsam haben und was uns von ihnen trennt.
Was zukünftig aus uns  wird und warum wir es sind, die ohne Fallschirm aus dem Flugzeug geworfen werden,  während der Lufthansa – Kapitän die Maschine sicher landet und dafür den Applaus der Passagiere erhält.

Darüber mehr im dritten Teil der Beitragsreihe 69 Prozent, am nächsten Dienstag.

Made in PRC – fünfter und letzter Teil

von Boldald Necker

Mittlerweile ist der ZE aus Fernost eingesetzt. Verspätet. Nochmals. Es kam ein Anruf aus dem Vertragslabor, es täte ihnen fürchterlich leid, aber die Arbeit sei im falschen Flieger und nun in Dubai.

Da fiel es uns wie Schuppen von den Augen: Stimmt! Diese Panne hatten wir noch nicht! Sonst war ja schon alles schief gelaufen.

Jedenfalls kam die Arbeit dann doch noch und wurde nach leichten Korrekturen der Okklusion und Artikulation eingesetzt.

Der Patient kam aber bald wieder. Er wolle die Gaumenplatte im Oberkiefer nicht.
Nach einigen Besprechungen und Aufklärungen, Demonstration der Arbeit im 3D-Programm, mehreren Einproben (alles penibel dokumentiert), hat er plötzlich gemerkt, dass er keine Gaumenplatte will.

Der Bitte, die Gaumenplatte zu entfernen, konnten wir aus verständlichen Gründen leider nicht nachkommen.

Er meinte, dann wolle er sie selber entfernen. Wir haben ihm abgeraten, und ihm erklärt, dass die Arbeit dann kaputt sei. Er hat es uns nicht geglaubt.

Wir haben es jedenfalls dokumentiert.

Sollte er mit zerlegter Teilprothese ankommen werde ich es fotografieren und hier einstellen.