Geplant bis ins Detail

Die präoperative Auswertung des DVT ermöglicht es, die Behandlung gedanklich im Vorfeld so zu planen, dass Überraschungen fast vollständig ausbleiben. Fast.

Im Falle dieses mit einer Teleskopkrone versorgten Zahnes 15 konnte ich am DVT die für die Revisionsbehandlung wichtigsten Schritte problemlos planen.

Der Kofferdam wurde mit einer durch ein schnell aushärtendes Bissregistratmaterial am Kippen gehinderte Butterfly-Klammer fixiert.

Da eine prothetische Neuversorgung geplant war, konnte ich die Zugangskavität etwas großzügiger als gewöhnlich gestaltet werden.

Der im DVT erkennbare Glasfaserstift konnte, wie geplant, mittels Munce-Bohreren entfernt werden. Das bukkal und lingual erkennbare Fremdmaterial hielt ich allerdings fälschlicherweise vollständig für Guttapercha. Das in der Guttapercha eingebettete Instrumentenfragment (Peeso-Bohrer oder Vorbohrer eines Stiftsystems) kam erst nach deutlicher Reduktion der Guttapercha zum Vorschein. Die Entfernung des Fragmentes erfolgte mittels Ultraschall.

Da das DVT in B nur eine Sealereinpressung erkennen ließ, wurde zuerst die Guttapercha aus P entfernt. Nach endometrischer Längenbestimmung und nach finaler Präparation von P konnte der weiter koronal gelegene Abzweig des bukkalen Kanals anhand eines beharrlich an der bukkalen Kanalwand anhaftenden Guttaperchrestes identifiziert werden.

Mittels vorgebogenem Microopener konnten die ersten 1,5 Millimeter instrumentiert werden. Da das Einfädeln rotierender Instrumente bei einem in der Kanalwand gelegenen Orifizium sehr schräg erfolgen muss, habe ich vor der rotierenden Aufbereitung den Eingang von B mittels Endsonore-Feile leicht nach koronal hin geöffnet.

Die in den Feilen eingepressten Späne, lassen eine Beurteilung zu, wo die Feile an der Kanalwand arbeitet. Nach erneuter endometrischer Kontrolle erfolgte die Obturation in warmer vertikaler Komparation (Schilder).

Da ich nicht sicher war, ob beide Masterpoints zeitgleich einzubringen wären, hatte ich mir vorsorglich schon die Distanz zwischen Aufgabelung und apikalem Ende des palatinalen Kanals ausgemessen, um im Falle des Falles die einzeln einprobierte Guttaperchastange dann genau auf dieses Maß zu reduzieren und sie, auf einen Microopener aufgesteckt, gezielt in P einbringen zu können, ohne den bukkalen Kanaleingang zu verlegen. Das Glück war jedoch auf meiner Seite und beide Masterpoints konnten aufeinander folgend eingesetzt werden.

Nun wird das Recall zeigen, ob die Mühen von Erfolg gekrönt sein werden.

Keep it simple!

Endodontie ohne DVT? Für mich mittlerweile unvorstellbar.

Täglich erleben wir, welche enorme Sicherheit uns das DVT in Diagnostik (siehe der Beitrag von Christoph von gestern) und Behandlungsplanung gibt.

Der nachfolgend dargestellte Zahn 47 wurde alio loco initial behandelt. Nach Auswertung des DVT war klar, dass mesial zunächst ML bis zum gemeinsamen Foramen von ML/MB aufbereitet wird und erst danach der rechtwinkelig in ML einmündende MB. Letztgenannter eben auch nur bis zur Konfluation, da die dann folgende erhebliche Krümmung das Risiko einer Instrumentenfraktur erhöhen würde.

Das Erkennen der apikalen Aufgabelung hatte zur Folge, dass die Irrigation (schall- und laserunterstützt) noch länger als sonst üblich ausgeführt wurde, da mir ein maschinelles Bearbeiten der apikalen Kanalabschnitte nicht vorhersagbar möglich erschien.

Try-and-Error war gestern.

Tiefe Kreuzung

Das präoperative Einzelbild der überweisenden Kollegin lässt zwar eine apikale Pathologie erkennen, die wahre Ausdehnung wird noch nicht einmal ansatzweise klar.

Beeindruckend fand ich den riesigen, alle Kanalorifizien abdeckenden Dentikel, der nach betrachten des DVT in die Kategorie “Gefahr erkannt, Gefahr gebannt” einzuordnen war.

Kopfzerbrechen bereitete mir die tiefe Aufgabelung von MB1 und MB2 deutlich apikal der Krümmung.

Zumal die Überprüfung der Kommunikation nach der Methode von Prof. Castelucci (eine Guttapercha bis apikal, dann aus dem kommunizierenden Kanal ein NiTi-Instrument bis zum fühlbaren Kontakt mit der Guttapercha einbringen) keine Kommunikation, sondern eine Kreuzung anzeigte.

Nun gut, ein wenig Glück war dabei. Nach initialem Erweitern des deutlich gekrümmten MB2 (normalerweise starte ich mit dem größeren Kanal, zumeist also MB1) konnte ich auch den MB1 instrumentieren. Da MB1 bis 30/06 aufbereitet war, musste sich die händisch eingebrachte 15/04 im MB1 befinden, denn sie klemmte apikal ein wenig.

Dentikel aus Zahn 26

Nun bin ich gespannt, ob nicht nur die apikale Aufhellung, sondern auch die Verschattung des Sinus maxillaris abheilen wird.

Großer Dentikel, tiefer Split.

Für einen Oberkiefermolaren weist dieser Zahn 27 eine eher ungewöhnliche Anatomie auf.

Ein massiver Dentikel füllt einen schmal-ovalen Kanalquerschnitt aus. Es gibt immer wieder seitliche Aussackungen zwischen den unregelmässigen Dentinstrukturen, die jedoch keine nach apikal gerichtete Präparation zuließen.

Somit wurde der Dentikel mittels Endosonore-Feile zerkleinert und die einzelnen Partikel herausgespült. Nach einer Erweiterung mittels Gates-Glidden-Bohrern der Größe 1 und 2 konnte der apikale Kanalabschnitt visualisiert werden.

Wie im DVT erkennbar gabelte der weite Kanal dort in zwei kleine Kanalabschnitte auf. Diese wurden initial erweitert, sodass eine Obturation mittels Squirting-Technik durchgeführt werden konnte.

Welch ein Unterschied zum Behandeln ohne DVT. Die Hindernisse sind vorher bekannt und können zielgerichtet adressiert werden. Auch die Obturationstechnik kann vorher ausgewählt werden. Vorhersagbarkeit pur.

Tiefe apikale Aufgabelung

Solange tiefe Aufgabelungen unter dem Mikroskop visualisierbar sind, ist es nur eine Frage der Geduld, bis ich die einzelnen Kanalsysteme gezielt instrumentieren und nachfolgend desinfizieren und füllen kann.

In nachfolgendem Behandlungsfall lag die tiefe Aufgabelung weit jenseits einer deutlichen Krümmung nach distal.

Selbst nach Aufrichten der Zugangskavität gelang es nicht, die Teilungsstelle einzusehen oder sie mit vorgebogenen Handinstrumenten taktil zu erfassen.

Der mesiobukkale Kanal ließ sich bis zum Foramen instrumentieren. Die Aufbereitung des MB2 erfolgte mittels schall- und laserunterstützter Irrigation.

Schön zu sehen, dass es mit entsprechend aktivierten Spüllösungen und einer entsprechender Obturationstechnik möglich ist auch nicht einsehbare Kanalabschnitte zu reinigen und zu füllen.

Geometrische Herausforderung

von Jörg Schröder

Beim Betrachten des präoperativen Einzelbildes war ich zwischen Respekt und Begeisterung für die bevorstehende Aufgabe hin und her gerissen.

Respekt, weil nicht nur die Anatomie herausfordernd erschien, sondern ich auch der Zweite war, der sich an diesem Zahn versuchen durfte. Begeisterung, weil der Zahn eine Herausforderung darstellt.

Das DVT machte es nicht viel besser. Die Lage und Ausdehnung der apikalen Aufhellung um die distale Wurzel herum ließ einen Seitenkanal als sehr wahrscheinlich erscheinen. Zudem verengte sich der Kanalverlauf apikal deutlich und D gabelte in zwei apikale Abschnitte auf. Leider nicht sehr spitzwinkelig.

Aufgrund einer bukkal bestehenden aktiven Fistelung mit putrider Exsudation erfolgte die Behandlung zweizeitig. Nach initialer Aufbereitung der apikal konfluierenden Kanäle MB und ML wurde in D nach mechanischer Aufbereitung bis zur apikalen Verjüngung bei ca. 17 mm aufbereitet und nach ausgiebiger schall- und laserunterstützter Irrigation CaOH2 eingelegt.

Zu Beginn der zweiten Behandlungssitzung war die Fistelung abgeheilt und ich konnte mich der Erschliessung der apikalen Kanalanteile in D widmen.

Nachdem ich anhand des DVT die Krümmung des bukkalen Abschnittes des D als länger und weniger abrupt gekrümmt ermittelt hatte, konnte ich einen Microopener entsprechend vorbiegen und nachfolgend den ersten Gabelabschnitt erweitern. Vorgebogene ProTaper Handinstrumente halfen, den Kanalabschnitt so zu erweitern, dass vorgebogene Hyflexfeilen händisch eingeführt und dann mit dem Endomotor gekoppelt werden konnten.

Das linguale Kanalsystem konnte nur mit einem Micropener bearbeitet werden. Hier war die Idee, mittels Schall und Laser die Irrigationsflüssigkeit bestmöglich in diesen Abschnitt einbringen zu können, um anschliessend in warmer vertikaler Kompaktion zu füllen. Bewusst wurde hier AH 26 und warme Guttapercha eingesetzt und aus den hier schon mehrfach erwähnten Gründen auf einen biokeramischen Seller verzichtet. Die Extrusion mesial findet nicht wirklich meinen Gefallen, aber der von koronal nach apikal verlaufende Isthmus zwischen MB und ML verleiteten mich dazu, mehr Sealer als üblich zu verwenden.

Nun bin ich auf das erste Recall gespannt.

 

X-Bein final

von Jörg Schröder

Vor einigen Wochen hatte ich hier über die Herausforderung eines “X-bein-artigen” Kanalverlaufs  berichtet. Zudem galt es, deutlich extraradikulär gelegene Guttapercha orthograd zu entfernen.

Offensichtlich mit vorläufigem Erfolg, denn zum zweiten Behandlungstermin zeigte sich der 16 vollkommen beschwerdefrei. Die Obturation erfolgte in diesem Fall in warmer vertikaler Kompaktion mit AH26 und Guttapercha.

 

Herausforderung X-Bein

von Jörg Schröder

Tiefe Aufgabelungen bergen hinsichtlich der Aufbereitung und der Obturation besondere Herausforderungen und sind häufig ohne präoperatives DVT nur zu vermuten.

Die Behandlung des im Folgenden beschriebenen 46 war bereits also loco begonnen worden, musste jedoch wegen der Nichtauffindbarkeit der medialen Kanalorifizien abgebrochen werden.

Im Einzelbild fällt distal das abrupte Verschwinden der Kanalstruktur im unteren Wurzeldrittel auf. Neben einer nach bukkal oder lingual verlaufenden Krümmung, die hier eher unwahrscheinlich erscheint (keine knollenförmige Aussenkontur der distalen Wurzel), kommen konfluierende oder aber sich aufgabelnde Kanalsysteme als Verursacher dieses Phänomens in Frage.

Die mesialen Kanalverläufe hingegen waren von koronal nach apikal deutlich zu erkennen.

Das präoperative DVT zeigte klar, dass die beiden distalen Kanalsysteme koronal getrennt verliefen, sich im unteren Drittel vereinten um erneut und deutlich divergierend aufzugabeln.

Ein taktiles Beurteilen, in welchem der beiden apikalen Abschnitte man sich befindet, ist nur bei entsprechend weiter Konfluationsstelle denkbar. Insofern wäre zwar eine Instrumentierung denkbar, jedoch würde die Obturation am Umstand scheitern, dass der in eine der beiden Aufgabelungen eingebrachte Guttaperchstift den anderen Abzweig blockieren würde. Insofern war schnell klar, dass nach initialer Aufbereitung bis zu Konfluation die zwischen DB und DL vorhandene Dentinbrücke mittels feiner Endosonore-Feilen entfernt werden würde.

 

Das postoperative Bild lässt den dazu benötigten Hartsubstanzdefekt nur aufgrund der deutlich exzentrischen Projektionsrichtung als groß erscheinen.

 

 

Was wäre, wenn …?

von Jörg Schröder

Diese Frage stellte ich mir insgeheim, als ich das vom Patienten mitgebrachte Röntgenbild betrachtet hatte.

Was wäre gewesen, wenn ich nach vielen Jahren der endodontischen Tätigkeit und entsprechenden Misserfolgen nicht darauf trainiert gewesen wäre, in jedem auf den ersten Blick simpel erscheinenden Zahn, das Versteckte zu vermuten? Doppelkonturen und die Veränderung der Weite des Kanalsystems im Verlauf von koronal nach apikal waren die ersten Hinweise auf eine apikale Aufgabelung in diesem 15.

Was wäre gewesen, wenn ich nach Darstellung der beiden Kanalorifizien, sofern mir dieses ohne Mikroskop gelungen wäre, auf den gemeinsamen Kanalverlauf im mittleren Drittel gestossen wäre, ohne von der apikalen Aufgabelung zu wissen?

Hätte ich mir zugetraut, auf Verdacht hin die koronalen Eingänge zu vereinigen um dann das mittlere Drittel so zu erweitern, dass ich mit vorgebogenen Instrumenten die apikale Aufgabelung könnte? Ehrlich: vermutlich nicht.

Die Wahrscheinlichkeit, dass ich ohne das Wissen der vorhandenen Anatomie einen der beiden apikalen Kanalanteile nicht instrumentieren könnte, erscheint mir sehr groß.

Doch wir schrieben zum Zeitpunkt der Behandlung das Ende des Jahres 2020 und so waren die Hürden klar durch Einsatz dreidimensionaler Diagnostik erkennbar und konnten mit einer gut strukturierten Planung reibungslos überwunden werden.


DAS Hilfsmittel hierbei das DVT. Nicht nur die Aufbereitung konnte vorhersagbar ausgeführt werden, auch die Erweiterung des mittleren Drittels wurde so gestaltet, dass es am Ende gelang, jedes der beiden Kanalsysteme mit einem einzelnen Guttaperchapoint zu beschicken.

Und hier wird der Vorteil des Zusammenwirkens von DVT, Mikroskop und etwas handwerklichem Geschick besonders deutlich. Denn selbst wenn es mit Glück und höchster Handwerkskunst gelungen wäre, beide apikalen Verläufe ohne Entfernung der Dentinbrücke bis zum mittleren Wurzeldrittel zu instrumentieren, wäre die Obturation beider Kanalsysteme bei gleichzeitig hartsubstanzschonender Präparation aufgrund der Länge der Verläufe nach der Aufgabelung als mehr als unwahrscheinlich anzusehen.

So konnte selbst die Reihenfolge des Einbringen der Guttaperchapoints vorab festgelegt werden, um Komplikationen bei diesem Arbeitsschritt zu vermeiden.

Interessant, wie verändert die verschiedenen Projektionen der Einzelbilder die tatsächliche Anatomie darstellen.

 

35 mit tiefer Aufgabelung

von Jörg Schröder

Bereits das präoperative Röntgenbild liess zumindest ein linguales Kanalsystem vermuten.

Das DVT zeigte jedoch,. dass sich B in der Tiefe in MB und DB aufgabelte, wobei DB in Krümmung nach Distel und MB eher als eine Art Sackgasse und deutlich vor der Arbeitslänge des DB endete.

Trotz Erweiterung des B über das normale Mass hinaus – das PostOp-Bild zeigt dies deutlich – gelang es nicht die Aufgabelung in der Tiefe zu visualisieren. Vorgebogene ProTaper-Handinstrumente liessen sich in MB bis zu S1 auf Patency führen.

Der linguale Kanal war besonders initial sehr unangenehm aufzubereiten, da er zunächst auf deutlicher Strecke zunächst nach bukkal verlief.

Nach Insertion des Masterpoints in DB und thermisches Kürzen desselben bis kurz vor die Aufgabelung wurde MB in reiner Squirttechnik gefüllt.

Das Recall wird zeigen, ob laser- und schallaktivierte Spülung erfolgreich gewesen waren.