Große apikale Lyse?

Bei der Betrachtung des alio loco angefertigten Einzelbildes fiel mir sofort der Begriff “groß” für die apikale Aufhellung an Zahn 21 und Zahn 22 ein.

Betrachtet man die aktuelle Literatur zu diesem Thema, so wird ein solcher Defekt offensichtlich nicht als groß bezeichnet. Im 2D Bild ist dafür eine Ausdehnung von 200 mm2 also z.B. eine Ausdehnung von 10×20 mm erforderlich.

Der heute 35-jährige Patient hatte im Alter von 8 Jahren ein Frontzahntrauma erlitten. Die endodontische Behandlung wurde im Alter von ca. 10 Jahren durchgeführt. Zahn 22 wurde 2 Monate vor der Erstvorstellung bei mir erstmals endodontisch behandelt und war alio loco mit einer medikamentösen Einlage versehen worden.

Während sich das CaOH2 aus dem 22 sehr leicht entfernen ließ, stellte sich die Entfernung der erheblich kontaminierten Obturationsmaterialien aus 21 als etwas kniffeliger als erwartet dar.

Mein Standardvorgehen sieht so aus, dass ich zunächst am DVT ergründe, wo eine Passieren der WF-Materialien an der Kanalwand am wahrscheinlichsten sein wird. Dann sondiere ich dort mit einem Microopener, bis dieser nicht weiter nach apikal zu bewegen ist. Dann folgen Hedströmfeilen, beginnend mit ISO 20, die dann unter endometrischer Kontrolle bis zur 0,0-Anzeige der Endometrie eingebracht werden. Es sollte dabei vermieden werden, kürzer zu enden, da dann die Gefahr steigt, dass eine apikales Stück Guttapercha abreißen könnte. Ist dies der Fall, läuft man Gefahr, dieses apikale Stück über das sehr weite Foramen in den periapikalen Raum zu verbringen.

Bei einer sehr weichen Guttapercha lässt sich dieselbe meistens mit einer hineingeschraubten Hedströmfeile der Größe 30 sehr gut nach koronal entfernen.

Ist die Guttapercha, wie in vorliegendem Fall, eher hart, so variiere ich mein Vorgehen dahingehend, dass ich versuche an einer Stelle durch immer größer werdende Hedströmfeilen nach und nach einen Platz zu schaffen – hier ein halbmondförmiger Raum- in den ich dann die verbleibende Guttapercha hineinbewegen kann, um sie nachfolgend mit der Hedströmfeile zu entfernen.

Dabei ist es wichtig nach jeder Feile zu spülen, um eine Verbringen kontaminierter Materialien nach apikal zu vermeiden.

Hier hat es ungefähr 20 Minuten gedauert, bis die deutlich kontaminierte Guttapercha aus dem 21 entfernt werden konnte. Unmittelbar danach entleerte sich putrides Exsudat. Nach ausgiebiger Irrigation wurde dann CaOH2 eingelegt. Während dies beim eigentlich schwieriger zu handhabenden 21 sehr präzis gelang, weist der 22 apikal einen kleinen Lufteinschluss auf.

Die Obturation ist in 2 Wochen geplant. Welche Techniken kommen hier in Frage?

nachfolgend noch der Artikel zum Thema: “Große Lysen”.

Große Lyse

von Jörg Schröder

Eine ausgedehnte periapikale Pathologie kann die Endometrie falsch positiv beeinflussen, da es aus dem periapikalen Raum heraus zum Eindringen von Flüssigkeit in den apikalen Wurzelkanalabschnitt kommen kann.

In der Folge touchiert das zur Längenmessung eingebrachte Instrument die abkaue Flüssigkeitssäule und zeigt das Erreichen des apikalen Endpunktes an.

Ein Grund für mich, in diesen Situationen ein zweizeitiges Verfahren zu bevorzugen und zugleich immer eine Instrumentenaufnahme, oder, wie in diesem Fall, sogar zwei Instrumentenaufnahmen anzufertigen.

Die Frage des Verursachers der ausgedehnten apikalen Aufhellung war anhand des elektrischen Sensibilitätstestes schnell geklärt. Die Zähne 31 und 42 reagierten reproduzierbar positiv auf den elektrischen Reiz.

Da das DVT deutlich in 41 einen längeren Kanalverlauf anzeigte, habe ich nach der ersten Messaufnahme (ProFile 40/04) mit 35’er Papierspitzen bis zu der im DVT ermittelten Kanallänge so lange getrocknet, bis die Papierspitze vollkommen trocken bleib.

Und dann mit einer ProFile 35/04 die zweite Messaufnahme in der nunmehr neuen , endometrisch bestätigten Endposition angefertigt.

Wie so oft galt: Schön skeptisch bleiben, wenn nicht alle Puzzleteile perfekt zusammen passen.

Mikado

von Jörg Schröder

Mikado war in meiner frühen Jugend ein gern gespieltes Spiel. Holzstäbchen, die bei jedem neuen Spiel anders lagen. Und genau an dies Spiel musste ich beim Betrachten der Röntgenbilder denken. Leider.

Aber von Anfang an.

Die klinische Situation zeigte an diesem vor vielen Jahren endodontisch behandeltem 12 eine vestibuläre und palatinale Vorölbung der gingivalen Gewebe. Der im DVT zu erkennende durchgehende knöcherne Defekt erklärt dies mehr als deutlich.

Das apikal befindliche Instrumentenfragment befand sich präoperativ bereits in Teilen ausserhalb des Kanals, weshalb ich den Patienten, zum Glück, über die Möglichkeit einer Verlagerung des Fragmentes in den periapikalen Raum aufgeklärt hatte.

Und dieses Mal verwirklichte sich das Risiko. Leider.

Die Entfernung der Guttaperch erfolgte, wie immer in solchen Fällen, mit einer auf voller Kanallänge unter endometrischer Kontrolle eingebrachten Hedströmfeile. Was auch vorhersagbar gelang.

Unmittelbar danach entlud sich ein trübes gelbliches Exsudat in größere Menge. Ich spülte mit NaOCl und inspizierte den Kanal. Bis auf einen kleinen Rest von Guttapercha: Leer.

Wo war das Fragment geblieben? Die Antwort gab das Röntgenbild. Weit periapikal.

Ein orthograde Entfernung war in weite Ferne gerückt. Schlicht unmöglich. Nach kurzem Überlegen habe ich den Kanal apikal bis zu einer Weite von ISO 90 mit Handinstrumenten aufbereitet und sehr ausgiebig schall- und ultraschallunterstützt gespült.

Bei großen apikalen Prozessen mit weiten Foramina fertige ich immer ein Kontrollbild der medikamentösen Einlage an. Und war wieder “not amused”. CaOH2 extrudiert und das Fragment erneut verlagert.

Soweit der unerfreuliche Teil des Behandlungsberichtes.

Denn 4 Wochen später erschien ein sehr zufriedener Patient zur zweiten Behandlungssitzung. Die Schwellung war vollkommen abgeklungen und der Zahn 12 beschwerdefrei. Dass sich das Fragment bei der Messaufnahme erneut disloziert zeigte, hat mich ehrlich gesagt, nicht mehr aufgeregt.

Nun galt es, die Gutatpercha so zu individualisieren, dass eine korkenähnliche Passung entstand. Dazu habe ich Eukalyptol verwendet. Die Guttaperchaspitze sollte dazu etwas dicker sein, als der ermittelte Foramendurchmesser. Dann wird der Kanal mit NaOCl gefüllt und die zuvor in das Lösungsmittel “gedippte” Guttapercha bis auf Arbeitslänge eingebracht. Die so angepasste Guttapercha kann dann mit ausreichend Tug-Back im Kanal platziert und ein Überpressen der Guttapercha so wirksam verhindert werden.

Die Kontrolle ob Arbeitslänge und ermittelter Foramenquerschnitt zutreffen erfolgte wieder mit er hier schon einige Male erläuterten Papierspitzenmethode.

In sechs Monaten wird sich zeigen, ob das Fragment apikal belassen, oder am Ende dennoch chirurgisch entfernt werden muss.

 

 

 

DVT- (“Zufalls”)-Recall

von Jörg Schröder

15 Monate nach Abschluss der endodontischen Behandlung der Zähne 16 und 17 -beides Mal Erstbehandlungen nach Pulpanekrose- stellte sich die Patientin aufgrund weiteren Klärungsbedarf in den Quadranten 2, 3 und 4 zur Beratung bei mir vor. Vor prothetischer Neuversorgung sollten die periapikalen Verhältnisse an den beschwerdefreien Zähnen 25,26,35,36 und 45 geklärt werden, die allesamt endodontisch behandelt waren.

Zu den regulären Recall-Terminen 6 und 12 Monate postoperativ war sie nicht erschienen. Die prothetische Neuversorgung war jedoch im rechten Oberkiefer bereits erfolgt. Schön, wenn die überweisenden Kollegen Vertrauen haben. ;)

Neben den ausgedehnten periapikalen Aufhellungen an Zahn 17 mit begleitender aktiver Fistelung imponierte vor allem eine große Perforation des Pulpakammerbodens an Zahn 16.

Nach zweizeitiger Behandlung (präendodotischer Aufbau, Perforationsverschluss mit kollagenem Widerlager und MTA, schall- und laserunterstützter Irrigation, Obturation mit Guttapercha und biokeramischem Sealer) stellte sich die postoperative knöcherne Situation 15 Monate später an 17 geradezu überraschend gut dar. Nur apikal des 16 zeigt sich im Bereich der apikal konfluierenden Kanälen MB1 und MB2 der Parodontalspalt noch geringfügig verbreitert.

Erstaunlich in welch kurzer Zeit die knöcherne Regeneration ablaufen kann.

 

Große periapkale Lyse und CaOH2-Extrusion

von Jörg Schröder

Bereits häufiger konnte ich beobachten, dass es bei Zähnen mit ausgedehnten apikalen Aufhellungen und weiten Foramina bzw. Neoforamina (nach WSR) im Verlauf der Liegedauer der medikamentösen Einlage zu einem “Austreten” von CaOH2 kommt.

Nach den ersten dieser Beobachtungen, habe ich begonnen, die Lage der medikamentösen Einlage unmittelbar nach dem adhäsivem Verschluss der Zugangskavität zu dokumentieren.

So kann ein im Rahmen des temporären Verschlusses der Zugangskavität verursachtes Überpressen des CaOH2 ausgeschlossen, bzw. bewiesen werden.

Auffällig war nur, dass zwar das in der ersten Behandlungssitzung unmittelbar nach Verschluss erstellte Röntgenbild das CaOH2 klar innerhalb der Wurzelkontur darstellte, die in der zweiten Sitzung erstellten Aufnahmen jedoch eine Extrusion der medikamentösen Einlage zeigte, die nicht durch ein versehentliches Herausdrücken im Rahmen der maschinellen Aufbereitung oder mittels der schall- oder laserunterstützten Spülung erklärt werden kann.

Selbst vor Beginn der eigentlichen Behandlung erstellte Röntgenbilder zeigten dieses Phänomen, sodass eine iatrogene Ursache ausgeschlossen werden konnte.

Der nachfolgende Behandlungsfall bestätigt eine von mir in Erwägung gezogenen Ursache: ein im Gewebe entstehender Unterdruck “saugt” die anfangs noch fliessfähige medikamentöse Einlage in den Periapikalbereich hinaus. Dies könnte im Zuge der Reduktion der entzündlich veränderten apikalen Gewebe entstehen. Aufgrund des adhäsiven Verschlusses der Zugangskavität ist ein “Druckausgleich” nach koronal ausgeschlossen.

Die Behandlung der unvollständig resizierten Zähne 21 und 22 erfolgte an Zahn 22 einzeitig und aufgrund einer putriden Exsudation aus dem Periapikalbereich von 21 zweizeitig.

Was hat das mit meiner Unterdrucktheorie zu tun?

Nachdem ich in 21 die medikamentöse Einlage eingebracht hatte, verschloss ich vor der Obturation des 22 den 21 bereits adhäsiv. Während das Röntgenbild des Downpack im 22 die medikamentöse Einlage im 21 noch perfekt innerhalb der Wurzelkontur des 21 zeigte, war im Kontrollbild nach Obturation des 22 deutlich zu erkennen, dass das CaOH2 deutlich nach periapikal verbracht worden war. Und das, obwohl der 21 lange vor der Wurzelfüllung im 22 verschlossen worden war. Die einzige Manipulation war ein Palpieren der Periapikalregion des 21 nach Abschluss der Behandlung mit der Fingerbeere.

Haben Sie bereits ähnliche Erfahrungen sammeln können? Gibt es andere Erklärungsmöglichkeiten?

Immer schön skeptisch bleiben 4

von Ronald Wecker

Die periapikale Pathologie an diesem aufbissempfindlichen 16 erschien auf den ersten Blick nicht sonderlich ausgedehnt. Zugegeben, die Darstellung der Periapikalregion der palatinalen Wurzel ist schlecht.

Da aber die Ursache der der rundlichen, scharf abgegrenzten Aufhellung im mittleren Drittel der distobukkalen Wurzel per DVT nachgegangen werden sollte, wurde auf ein weiteres Einzelbild verzichtet.

Und ich staunte nicht schlecht, als ich neben der schon sicher erwarteten internen Resorption der palatinalen Wurzel die wahre Ausdehnung der periapikalen Lyse erkennen konnte.

Um eine Beteiligung der Zähne 15 und 17 ausschliessen zu können, wurde ein elektrischer Sensibilitätstest durchgeführt, der für 15 und 17 positiv ausfiel. Das DVT zeigte zudem im Bereich der Foramina der Zähne 17 und 15 keine Aufhellungen, sodass das Geschehen einzig der Pulpanekrose in Zahn 16 zuzuschreiben war.

Die Behandlung erfolgte zweizeitig. Dabei war das Auffinden der Kanaleingänge recht diffizil, da Pulpakavum und Kanalorifizien sehr stark obliteriert waren.

Im DVT konnte der Verlauf von MB1 und MB2 in den oberen zwei Dritteln der Wurzel gut verfolgt werden. Nach gemeinsamen Beginn gabelten sich die Kanäle im mittleren Drittel auf. Klinisch schien es nach initialer Aufbereitung so zu sein, dass sich MB1 und MB2 nach der Aufgabelung wieder vereinten, da es zu einem reproduzierbaren und raschen Austausch der Spülflüssigkeiten zwischen beiden Kanalsystemen kam. Patency konnte in allen Kanälen erzielt werden und so wurde die erste Behandlung mit medikamentöser Einlage und adhäsivem Verschluss der Zugangskavität abgeschlossen.

Die Obturation erfolgte in einer zweiten Sitzung. Bei zweizeitigen Behandlungen fertige ich die Messaufnahme in den meisten Fällen erst in der zweiten Sitzung an, da hier die Wahrscheinlichkeit einer Flüssigkeitsansammlung im apikalen Kanalanteil, die nachfolgend die endometrische Längenmessung beeinträchtigen kann, nach meiner Erfahrung deutlich geringer ist.

Dabei fiel auf, dass die Lage des Instrumentes im vermeintlich “vereinten” apikalen Kanalverlauf alles andere als mittenzentriert erschien. Aber die Spülflüssigkeit tauschte sich doch rasch aus! Also mittels Endosonore-Feile den Dentin-Steg zwischen MB1 und MB2 abgetragen. Und siehe da: MB1 zweigte nach der Kommunikation mit MB2 erneut ab und mündete in eigenem Foramen.

Dabei schien anfangs alles sonnenklar zu sein.

Nach Obturation in warmer vertikaler Kompaktion hoffe ich nun auf erste Anzeichen einer apikalen Ausheilung beim Röntgen-Recall.

 

Saving Hopeless Teeth (XXXIII)

von Ronald Wecker

Die Überschrift sagt eigentlich schon alles. Es wäre sicher keine falsche Therapieoption gewesen, den Zahn zu entfernen. Andererseits zeigt das Zwischenergebnis nach etwas mehr als 2 Jahren, zu welchen Dingen die Natur in der Lage ist, wenn wir sie entsprechend unterstützen.

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Nach zweimaliger WSR und während der laufenden Multiband-Behandlung stellte sich der Patient vor etwas mehr als 2 Jahren bei mir vor. Neben der bereits im 2D-Röntgenbild beeindruckend erscheinenden periapikalen Lyse imponierte die palatinal gelegene aktive Fistel.

Da der Zahn klinisch keine erhöhten Sondierungstiefen aufwies, wurde mit dem Patienten vereinbart die Machbarkeit durch die Erstellung eines DVT zu beurteilen. Dabei war insbesondere zu klären, ob die potentiell kontaminierten retrograden Füllmaterialien auf orthogradem Weg zu entfernen wären.

Die Behandlung wurde zweizeitig durchgeführt. Bereits in der zweiten Sitzung war die Fistelung verschlossen und die Obturation erfolgte nach Anlegen eines Widerlagers aus Kollagen mit MTA.

Heute dann, 26 Monate postoperativ, das mehr als erfreuliche Recall.

Ausgeprägte Lyse

von Ronald Wecker

Angesichts der Ausdehnung der apikalen Lyse war im Vorfeld der Behandlung durchaus  zu erwarten, dass eine Kommunikation der Kanalsysteme von 11 und 12 über die apikale Lyse bestehen könnte.

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Dass der Austausch der Spülflüssigkeit dann doch so eindeutig und rasch erfolgte lässt erahnen, wie wenig Weichgewebe innerhalb der knöchernen Krypte verblieben war.

Interessant zudem, dass sich der Periapikalbereich nach reichlichem Abfluss putriden Sekretes aus Zahn 11 und intensiver ultraschallunterstützter Irrigation deutlich weniger röntgendicht darstellt als zu Beginn der Behandlung. Das zweite Röntgenbild zeigt den Zustand nach medikamentöser Einlage.

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