von Jörg Schröder
Bereits häufiger konnte ich beobachten, dass es bei Zähnen mit ausgedehnten apikalen Aufhellungen und weiten Foramina bzw. Neoforamina (nach WSR) im Verlauf der Liegedauer der medikamentösen Einlage zu einem “Austreten” von CaOH2 kommt.
Nach den ersten dieser Beobachtungen, habe ich begonnen, die Lage der medikamentösen Einlage unmittelbar nach dem adhäsivem Verschluss der Zugangskavität zu dokumentieren.
So kann ein im Rahmen des temporären Verschlusses der Zugangskavität verursachtes Überpressen des CaOH2 ausgeschlossen, bzw. bewiesen werden.
Auffällig war nur, dass zwar das in der ersten Behandlungssitzung unmittelbar nach Verschluss erstellte Röntgenbild das CaOH2 klar innerhalb der Wurzelkontur darstellte, die in der zweiten Sitzung erstellten Aufnahmen jedoch eine Extrusion der medikamentösen Einlage zeigte, die nicht durch ein versehentliches Herausdrücken im Rahmen der maschinellen Aufbereitung oder mittels der schall- oder laserunterstützten Spülung erklärt werden kann.
Selbst vor Beginn der eigentlichen Behandlung erstellte Röntgenbilder zeigten dieses Phänomen, sodass eine iatrogene Ursache ausgeschlossen werden konnte.
Der nachfolgende Behandlungsfall bestätigt eine von mir in Erwägung gezogenen Ursache: ein im Gewebe entstehender Unterdruck “saugt” die anfangs noch fliessfähige medikamentöse Einlage in den Periapikalbereich hinaus. Dies könnte im Zuge der Reduktion der entzündlich veränderten apikalen Gewebe entstehen. Aufgrund des adhäsiven Verschlusses der Zugangskavität ist ein “Druckausgleich” nach koronal ausgeschlossen.
Die Behandlung der unvollständig resizierten Zähne 21 und 22 erfolgte an Zahn 22 einzeitig und aufgrund einer putriden Exsudation aus dem Periapikalbereich von 21 zweizeitig.
Was hat das mit meiner Unterdrucktheorie zu tun?
Nachdem ich in 21 die medikamentöse Einlage eingebracht hatte, verschloss ich vor der Obturation des 22 den 21 bereits adhäsiv. Während das Röntgenbild des Downpack im 22 die medikamentöse Einlage im 21 noch perfekt innerhalb der Wurzelkontur des 21 zeigte, war im Kontrollbild nach Obturation des 22 deutlich zu erkennen, dass das CaOH2 deutlich nach periapikal verbracht worden war. Und das, obwohl der 21 lange vor der Wurzelfüllung im 22 verschlossen worden war. Die einzige Manipulation war ein Palpieren der Periapikalregion des 21 nach Abschluss der Behandlung mit der Fingerbeere.
Haben Sie bereits ähnliche Erfahrungen sammeln können? Gibt es andere Erklärungsmöglichkeiten?
Am liebsten würde ich manchmal CaOH2 komplett weglassen.
Besonders nach dem Vortrag von David Sonntag auf der letzten DGET Tagung.
Denn zum Beispiel Ledermix lässt sich viel einfacher entfernen und manche Kollegen nehmen auch CHX Gel als med.
Mich würde mal interessieren was die anderen darüber denken – es passt zwar jetzt nicht genau in das CaOH Unterdruck Thema …
Ledermix benutze ich seit über 10 Jahren nicht mehr und es fehlt mir nicht. Ich möchte etwas haben, was den Raum füllt. Meine CHX-Gel-Phase ist noch länger zurück. Eine extrem schlechte Erfahrung mit vielen Reinfektionen. Nach 4 Wochen sieht das in den Kanälen nicht sauber aus. Woher weißt Du, dass das Ledermix weg ist? Und warum ein Lokalantibiotikum einsetzen? Mit dem Einsatz des Lasers zur Desinfektion habe ich zudem eine weitere Möglichkeit, CaOH2 zu entfernen. erstaunlich was alles nach Eddy und PUI noch an Partikeln hochschiebt. Ob alles herauskommt? Ich weiß es nicht. Und Evidenz hin oder her: Meine Langzeiterfahrungen sind gut, meine Misserfolge halten sich in sehr engen Grenzen. Ich bleibe die CaOH2. Auch wenn’s oldschool ist. LGJ
10 Endodontologen = 12 Meinungen … deshalb liebe ich Endo :)
Beim Vortrag von David Sonntag ging es vor allem um den Einsatz von Kortisonpräparaten und deren Wirkung gegen Schmerzen. Ich verwende es in bestimmten Situationen mittlerweile auch.
Back to topic: ausgetretenes CaOH2 hab ich schon beobachtet, es ist mir jedoch nicht aufgefallen, dass es vom Gewebe „rausgesaugt“ worden wäre. Bin nun aber sensibilisiert für dieses Thema
Bestimmte? Welche konkret? Wenn die Zeit für die Behandlung vorhanden ist, was zu organisieren sein sollte, habe ich keine schlechten Erfahrungen mit PostOp Beschwerden. Nichts weshalb die Patienten sich melden würden. Übersehe ich da etwas?
Ich hatte mal eine gewissen Flare up Phase die ich echt doof fand. Da haben wir immer nur in einem kurzem Termin das CaOH entfernt und CHX Gel dafür eingesetzt.
Subjektiv hat das ganze am outcome nichts verändert.
Mischst du das CaOH frisch an oder nimmst du ein bestimmtes Produkt Jörg?
Nein, du übersiehst sicherlich nichts. Es führen viele Wege nach Rom.
Ich verwende Ledermix in folgenden Situationen:
1. wenn vitale Pulpa vorhanden ist; bei irreversibler Pulpitis bzw. bei Weiterbehandlung wenn ich sehe, dass noch blutendes Gewebe vorhanden ist
2. Traumabehandlung – wenn nach Dislokationen eine Endo notwendig wird
3. bei akuter apikaler Parodontitis um der Entzündung etwas Wind aus den Segeln zu nehmen. In der zweiten Sitzung kommt dann CaOH2 rein… vor WF möchte ich sehen, dass alles auch ohne pharmakologisches Zutun ruhig bleibt
Ich verwende Ledermix nicht um Zeit zu sparen, es erfolg immer eine chemo-mechanische Aufbereitung. Irgendwie reinbohren und Irgendwas reinschmieren um in drei Minuten beim nächsten Patient zu sein gibt es bei mir nicht. Das ist nicht meine Auffassung zeitgemäßer Zahnmedizin
Jetzt bin ich aber neugierig. ;) Ich möchte nur das Prinzip verstehen und mir geht es nicht um wer hat Recht!
Wenn Du vitales Gewebe bei irreversibler Pulpitis vorfindest und den Kanal initial bis zum apikalen Endpunkt aufbereitest, sagen wir einmal ISO 25-30 und einem 6’er Taper, dann hast Du in vielen Fällen kein Gewebe mehr im Kanal. OK. Palatinate oder distale Wurzelkanäle beim Polaren oder Frontzähne. Dort ist es aber einfach, auch größere apikale Durchmesser zu bearbeiten. Es ist also kein Gewebe mehr da. Worauf wirkt dann das Medikament? Für mich wäre klar, es kann nur noch auf die periapikalen Gewebe wirken, oder? Wo liegt jetzt der Vorteil des Ledermix gegenüber dem CaOH2? Ich habe früher auch so verfahren und seit vielen Jahren umgestellt. Meine Flare-Ups sind in meiner eigenen Beobachtung auf Extrusion von kontaminieren Material oder unvollständige Desinfektion zurückzuführen. Seit ich darauf reagiert habe (Immer vollständige Aufbereitung in der ersten Sitzung, Arbeitslängenbestimmung häufig wiederholen, gerade bei Vito ist die Endometrie zu Beginn oftmals zu kurz, alle Instrumente/Papierspitzen immer auf AL minus 0,5 mm) sind die FlareUps pro Jahr weniger als ich Finger an einer Hand habe.
wi
Andreas Filippi empfiehlt nach Dislokationen die zwingend eine vollständige endodontische Behandlung (WKB) nach sich ziehen, eine wenn zeitlich möglich sofortige WKB um eine infektionsbedingte externe Resorption, die beim verzögerten Vorgehen folgen kann, zu vermeiden.
Bei Punkt 3 vertrete ich dieselbe Meinung wie bei vitalen Fällen und erlebe in der täglichen Praxis keine negativen Folgen.
Wie hoch ist das NaOCl konzentriert?
LGJ
Frisch anrührbares habe ich für bestimmte Traumafälle (bei komplizierten Kronenfrakturen mit Fragmentreposition). Standard ist Ultracal appliziert mit NaviTip Gauge 30.