Manchmal ist es schwer nach zu vollziehen, was Patienten über sich ergehen lassen.
Dies ist ein Patientenfall von letzter Woche. Die Patientin erlebte in den letzten 2 Jahren 6 Resektionen an den Zähnen 15,16, 25, 26 und einige Zeit davor eine Resektion am Zahn 21. 25, 26 wurden 2 mal reseziert, der Grund war eine persistierende Fistelbildung. 25, 26 zeigen keine ernsthaft vollständig abgeschlossen Wurzelbehandlung. Die Wurzelbehandlungen an den Zähnen 44, 46 sind revisionsbedürftig.
Dein Arzt, dein Schicksal fällt mir dazu ein… Nur entscheiden zwei zahnärztliche Behandler/innen über die Indikationen zur zahnärztlichen Therapie.
Jetzt bittet die Patientin uns um Einschätzung zum Erhalt der Zähne. Sie hatte den HZA gewechselt. Das sind keine einfache Entscheidungen bei einer 35 jährigen Patientin.
Die Betrachtung der gesammelten Röntgenaufnahmen dieses in der Vergangenheit laut 32-jährigem Patienten schon zweimal resizierten Zahnes 32 dokumentiert das interessante Verschwinden der retrograden Füllungen.
Übrig geblieben sind die kreisrunden Kavitäten und eine sich zunehmend ausdehnende apikale Aufhellung.
Klinisch imponiert eine deutliche labile Schwellung, die bereits von extraoral zu erkennen ist. Eine Fistelung besteht nicht. Der Zahn weist eine gering erhöhte Beweglichkeit auf und verursacht keine spontanen Beschwerden. Die Perkussionsempfindlichkeit ist achsmal und lateral gering erhöht. Die Sondierungstiefen liegen innerhalb physiologischer Grenzen. Der elektrische Sensibilitätstest des 31 ist reproduzierbar positiv.
Das DVT zeigt Beeindruckendes.
Was tun?
Wer seine grauen Zellen anstrengen möchte, nutze bitte die Kommentarfunktion.
Wer schon im Urlaub ist, schaue ab 18.00 Uhr noch einmal vorbei.
Nachdem ich heute morgen den Beratungsfall mit seinen 2D-Bildern vorgestellt habe, schildere ich im Folgenden die Ergebnisse der dreidimensionalen Diagnostik, meine Empfehlungen an den Patienten und füge die Dokumentation der durchgeführten Behandlung bei.
Das alio loco angefertigte Einzelbild liess bereits einige Rückschlüsse auf die vorliegenden Probleme zu.
Das DVT bestätigt die oben eingezeichneten Vermutungen und erleichterte die Planung des konkreten Vorgehens:
Die distale Wurzel zeigt eine korrekt platzierte retrograde Füllung. Eine apikale Aufhellung besteht nicht. Die Verknöcherung der Resektionskrypte kann als vollständig bezeichnet werden. Sollten die koronalen Anteile der Obturationsmassen keine Anzeichen einer Kontamination erkennen lassen, kann von der Revision der distalen Wurzelfüllung abgesehen werden.
Das mesiolinguale Kanalsystem ist unaufbereitet. Die retrograden Füllungen dichten weder das Neoforamen an MB noch an ML ab.
Eine Revisionsbehandlung der neiden mesialen Kanalsysteme wurde empfohlen. Es wurde darüber aufgeklärt, dass ein orthogrades Entfernen der retrograden Füllungen nicht vorhersagbar möglich sein wird, da die Lage der retrograd eingebrachten Materialien eine Visualisierung derselben unwahrscheinlich erscheinen lässt.
Zahn 24 zeigt im DVT trotz technisch nicht optimaler Ausführung der Wurzelkanalbehandlung einen perfekten durchgehenden Parodontalspalt.
Ist hier eine Revisionsbehandlung zwingend indiziert? Nicht unbedingt. Zweifelsfrei ist die ideale Lösung die Revision vor prothetischer Neuversorgung des 24. Da die finanzielle Situation eine zeitnahe Behandlung beider Zähne nicht zulässt, besteht jedoch auch die Möglichkeit die Präparation nebst adhäsivem Aufbau von Zahn 24 unter Kofferdam durchzuführen und den Zahn mit einer Teilkrone zu versorgen. Der Patient ist über die Möglichkeit einer zu einem späteren Zeitpunkt notwendigen endodontischen Intervention aufgeklärt. Das Restrisiko hat er selbst zu tragen. Ein fauler Kompromiss? ich glaube nicht. Sollte der Zahn aufgrund nicht erfolgter Höckersicherung eine Vertikalfraktur der Wurzel erleiden, ist er verloren. Schlimmstenfalls muss die neue Teilkrone eines Tages trepaniert werden. Sicher kein den Erhalt des Zahnes gefährdender Umstand.
Würden Sie die nach Beurteilung der 2D-Bilder getroffenen Entscheidungen aufrecht erhalten, nachdem sie die “ganze” Wahrheit gesehen haben?
In Abweichung vom ursprünglich geplanten Vorgehen an 36 – der distale Kanal sollte aufgrund des Fehlens einer periapikalen Pathologie im DVT bei gleichzeitig optimal platzierter retrograder Füllung nicht revidiert werden – habe ich mich angesichts der intraoperativ zu beobachtenden massiven Kontamination der Obturatiosnmassen dazu entschlossen, die orthograden Wurzelfüllmassen aus allen Kanalsystemen zu entfernen.
Da sich das retrograde Füllmaterial im distalen Kanalsystem unverfärbt und randdicht darstellte – ich staune immer wieder aufs Neue, was mit einer guten Beleuchtung fotografierbar ist – habe ich auf das Entfernen der retrograden Füllung in D verzichtet.
Die retrograden Füllmaterialien in MB und ML waren nicht visualisierbar. Daher habe ich nach Entfernung der deutlich kontaminierten Obturationsmassen in MB nur bis zur retrograden Füllmasse instrumentiert. Das mesiolinguale Kanalsystem konnte bis zum apikalen Endpunkt aufbereitet werden.
Interessant zu sehen, dass die Lage des nach distal austretenden Sealers mit der im DVT zu erkennenden Aufhellung distal der medialen Wurzel korreliert.
Noch vor einigen Jahren wurde die Notwendigkeit einer dreidimensionalen Darstellung der zu behandelnden Strukturen im Rahmen endodontischer Behandlungen als unnötig und lediglich umsatzorientiert eingeschätzt.
In spezialisiert arbeitenden Praxen ist das DVT auch aufgrund der mittlerweile verfügbaren kleinen Volumina und der erreichbaren Darstellungsqualität als diagnostisches Hilfsmittel mittlerweile nicht mehr wegzudenken.
Nachfolgender Beratungsfall zeigt geradezu exemplarisch, wie das DVT die Entscheidungsfindung “Behandeln – oder nicht?” unterstützt und hilft, die zur Erzielung eines optimalen Behandlungsergebnisses optimale Vorgehensweise zu bestimmen.
Gerade im Vorfeld geplanter prothetischer Neuversorgungen erreichen uns immer wieder Anfragen von überweisenden Kolleginnen und Kollegen zum Vorliegen einer apikalen Pathologie.
Die Zähne 24 und 36, beide endodontisch vorbehandelt, sollen mit, die Höcker fassenden, laborgefertigten Restaurationen versorgt werden.
Zahn 36 zeigt einen Zustand nach WSR vor 2,5 Jahren. Zahn 24 wurde vor 4 Jahren endodontisch behandelt. Klinisch zeigt nur 36 eine zeitweilige geringe Aufbissempfindlichkeit. 24 ist vollkommen beschwerdefrei.
Bereits das präoperative Einzelbild des 36 der überweisenden Kollegin lässt einiges ahnen. Was soll der Patientin empfohlen werden? Wie ist die Notwendigkeit einer endodontischen Revisionsbehandlung einzuschätzen. Welches Vorgehen sollte, wenn eine Revision erfolgen würde, präferiert werden? Und Zahn 24?
Lassen Sie uns diskutieren!
Zunächst anhand der analogen Röntgenbilder.
Die relevanten Screenshots des DVT meine Empfehlungen an den Patienten und die gesamte Behandlung sind heute ab 18.00 Uhr hier zu lesen und zu sehen.
Das präoperative Röntgenbild liess neben der ausgedehnten periapikalen Aufhellung bereits weitere “Eckpunkte” erkennen. Zustand nach Wurzelspitzenresektion, alio loco erfolgter Versuch der orthograden Revision und mindestens zwei verschiedene Fremdmaterialien periapikal.
Was jedoch verwunderte war die Röntgenopazität und die Form des unmittelbar am Neo-Foramen gelegenen Fremdmaterials.
Nach Auswertung des präoperativ angefertigten DVT konnte Licht ins Dunkel gebracht werden. Die regelmässige Form und die Achsausrichtung des Fremdmaterials in der Mitte der Wurzelkontur liess auf einen keramischen, retrograd eingebrachten Verschlusskegel schliessen.
Da es angesichts der Größe des Kegels und der Weite des Kanalsystems unwahrscheinlich erschien, den Kegel nach orthograd zu entfernen, wurde mit dem Patienten ein kombiniert orthograd/retrogrades einzeitiges Vorgehen geplant.
Nach Entfernung der vorhandenen Obturationsmaterialien und ausgiebiger Desinfektion konnte der Keramikkegel visualisiert und auch hin und her bewegt werden. Um ihn nach orthograd zu entfernen hätte jedoch sehr viel Zahnhartsubstanz entfernt werden müssen.
Daher wurde nach der Füllung des Wurzelkanals mit MTA Angelus die Periapikalregion chirurgisch dargestellt und der Retro-Kegel entfernt.
22 Monate nach der endodontischen Intervention zeigt sich klinisch und radiologisch ein sehr erfreuliches Ergebnis. Der Zahn (mittlerweile prophetisch neuversorgt) ist vollkommen symptom- und beschwerdefrei. Die periapikale Aufhellung knöchern durchbaut.
Bei Revisionsbehandlungen resezierter Zähne mit retrograden Wurzelfüllungen zeigt sich in der überwiegenden Mehrheit der Fälle, dass die retrograden Wurzelfüllmaterialien auf der gewebezugewandten Seite deutliche Kontaminationsspuren aufweisen.
In unserer Praxis wird daher immer eine vollständige Entfernung dieser Materialien nach orthograd angestrebt.
Zu den aus Sicht des Entfernenden unbeliebtesten Materialien zählt neben Amalgam seit dieser Woche auch Ketac Silver, ein Material, mit dem ich bisher noch nicht konfrontiert gewesen war.
Neben der besonderen Härte des Materials – die Wirkung der Endosonore-Feilen sind hier, selbst im modifizierten, weil an der Spitze geschärften Modus , recht überschaubar – stellte die räumliche Ausdehnung des retrograden Füllmaterials eine besondere Schwierigkeit dar.
Solange der retrograde Verschluss nur unwesentlich größer als der Kanalquerschnitt ist, muss es nur in kleine Teile “zerlegt” werden, um nach orthograd entfernt werden zu können.
Schwierig wird es, wenn die mesio-distale oder vestibulär-orale Ausdehnung deutlich größer ist als der Kanalquerschnitt und die periradikuläre knöcherne Krypte ein “Wegtauchen” des gelösten Materials begünstigt.
Mein Vorgehen in solchen Fällen sieht zunächst eine durchgehende Reduktion der Schichtstärke des Materials von orthograd bis deutlich unter 1 Millimeter vor. Ein vorzeitiges Ablösen von den Kanalwänden oder eine primäre Perforation lateral versuche ich zu vermeiden.
Im vorliegenden Fall habe ich die Reduktion des Ketac Silver “No-Look”, das heisst ohne direkte Sicht auf den Instrumentenkopf, mit Hilfe eines überlangen Munde-Rosenbohrers durchgeführt, dessen Durchmesser deutlich kleiner war als der Querschnitt des retrograden Füllungsmaterials. Dabei habe ich alleine mit taktiler Rückmeldung unter visueller Kontrolle des langsamen Eindringen des rotierenden Instrumentes arbeiten können. Aufgrund der Arbeitslänge von 20 mm war eine direkte Sicht nicht geggeben.
Intermittierend wurden die entfernten Ketac-Silver-Teile herausgespült und überprüft, ob die angestrebte zentrale Perforation bereits erzielt werden konnte.
Sobald diese realisiert war, konnten nun die verbleibenden Ränder mit Hilfe der Endosonore-Feilen “abgeklopft” werden.
Der zentral vorhandene Raum wurde dabei genutzt, um den “überhängenden” Teil des retrograden Füllmaterials in die Mitte des Kanallumens hinein zu bewegen, zu drehen und dann nach koronal heraus zu lösen.
Das angefertigte Einzelbild liess noch einen winzigen Krümel erkennen, der erst nach intensiver Spülung unter einem Weichgewebsvorhang entdeckt und nachfolgend entfernt werden konnte.
Im Anschluss erfolgte, nach Einbringen eines kollagenen Widerlagers, die Obturation mittels MTA und der dentinadhäsive Verschluss der Zugangskavität.
Der Blick auf das präoperative Bild liess mich grübeln:
Zustand nach zweimaliger Resektion, apikale Aufhellung, aber eine merkwürdige Anordnung der retrograden Füllmaterialien. Klinisch imponierte eine druckdolente Schwellung im Bereich der Resektionsstelle und eine Perkussionsempfindlichkeit. Die Sondierungstiefen lagen innerhalb physiologischer Grenzen.
Das präoperative DVT brachte Licht ins Dunkel der eingesetzten Materialien.
Als retrograder Verschluss wurde bei der letzten chirurgischen Intervention offensichtlich ein vorgefertigter stumpfer Verschlusskegel eingesetzt. Die Einbring-Achse sitzt zwar rechtwinkelig zur nicht mehr empfohlenen schrägen Resektionsfläche, dichtet aber das Neo-Foramen nur unzureichend ab.
Im Vorfeld der Revisionsbehandlung wurde mit dem Patienten besprochen, dass es sich intraoperativ als notwendig erweisen kann, in der gleichen Sitzung den Verschlusskegel chirurgisch zu entfernen. Die Möglichkeit, den Kegel durch den orthograden Zugang entfernen zu können, wurde nicht ernsthaft in Betracht gezogen.
Allerdings wurde auch ein zweizeitiges, zunächst orthogrades und in einer zweiten Sitzung dann retrogrades Vorgehen erörtert. Dies könnte in Erwägung gezogen werden, falls der Verschlusskegel lagestabil war und das orthograde Vorgehen zunächst nicht kompromittieren würde.
Aus praxisorganisatorischer Sicht hätte ich dem zweizeitigen Vorgehen den Vorzug gegeben, da das Vorbereiten eines mikrochirurgischen Eingriffes unmittelbar nach einer orthograden Revision am gleichen Patienten einen stärkeren Personalaufwand erfordert.
Die Zeit- und Personalplanung des ersten Termins erfolgte jedoch so, dass ein kombiniert ortho- und retrograder Behandlungsansatz durchgeführt werden könnte.
Nach Abnahme des von der überweisenden Kollegin angefertigten Provisoriums und nach absoluter Trockenlegung wurde zunächst das orthograde Füllmaterial entfernt. Der retrograde Verscjusskegel konnte daraufhin visualisiert werden. Er war nicht lagestabil und konnte durch Manipulation bewegt werden. Um ein bestmögliches Abdichten des Neo-Formens zu ermöglichen, wurde daraufhin zunächst nach intensiver ultraschallunterstützter Spülung ein temporäres kollagenes Widerlager eingebracht. Somit konnte das anschliessend eingebrachte MTA Angelus optimal verdichtet werden. Zudem wird ein Verbringen des MTA in den Raum der periapikalen Lyse verhindert. Nach adhäsivem Verschluss und Wiederbefestigten der provisorischen Krone erfolgte dann die Vorbereitung des Behandlungszimmers für den chirurgischen Eingriff.
Die Schnittführung erfolgte innerhalb der alten Resektionsnarbe und gleicht einer Schnittführung nach OCHSENBEIN-LÜBKE.
Die Reduktion des vestibulären Knochens erfolgte so, dass der Kegel in Querlage entfernt werden konnte. Da das MTA Angelus aufgrund der mittlerweile verstrichenen Zeit bereits deutlich ausgehärtet war, erfolgte nach Inspektion der alten Resektionsfläche eine Anfrischung derselben, eine kleine retrograde Präparation mittels Ultraschall und eine Abdeckung mittels Total Fill. Die Nahtentfernung wurde 4 Tage postoperativ durchgeführt.
7 Monate nach dem Eingriff stellt sich die Periapikalregion bereits deutlich in Abheilung befindlich dar.
Vergangene Woche habe ich an dieser Stelle die Ausgangssituation dargestellt.
Zahn 26 mit Zustand nach WSR und palatinaler und bukkaler Fistelung.
Die Behandlung erfolgte zweizeitig mit einer medikamentöser Einlage mit CaOH2 für 8 Tage. Ein eher kurzer Zeitraum, aber aufgrund terminlicher Restriktionen (Urlaub Patient, Urlaub Behandler) konnte der üblicherweise in unserer Praxis gewählte Abstand von 14 Tagen nicht realisiert werden.
8 Tage nach dem ersten Behandlungstermin zeigte sich sowohl die bukkale als auch die palatinale Fistelung verschlossen. Der Zahn war nach mehr als 2 Jahren erstmalig beschwerdefrei.
Am heutigen Tag erfolgte nach erneuter schallunterstützter Irrigation die Obturation. In P und MB1 wurde ein kollagenes Widerlager angelegt. MB2 konfluierte am Neo-Apex mit MB1 und hatte eine ca. 1mm lange rinnenförmige Fortsetzung nach distopalatinal. Diese sieht man auf den Kontrollbildern als kleinen dünnen Ausläufer der mesialen Wurzelfüllung. Da die distobukkale Wurzel unvollständig resiziert worden war und die belassene Wurzelspitze keine Pathologie erkennen ließ, wurde DB bis zum Neo-Apex in warmer vertikaler Kompaktion obturiert.
Das Recall in 6 Monaten wird zeigen, ob auch der Defekt apikal der mesialen Wurzel Tendenzen der Ausheilung zeigt, oder ob ein chirurgischer Eingriff indiziert sein wird.
Ein Fall für die Freunde der radiologischen Diagnostik.
Zahn 26 nach WSR, aktive Fistelung bukkal und palatinal seit ca. 2 Jahren. Keine isolierten Sondierungstiefen, Taschentiefen zwischen 2 und 3 mm. Keine erhöhte Zahnbeweglich-keit.
Mich hat insbesondere der Befund an der distobukkalen Wurzel überrascht. Die nicht entfernte Wurzelspitze ist für mich auf dem Einzelbild selbst nach der DVT-Auswertung so nicht zu erkennen.
Die klinische Relevanz? Mit dem Wissen aus dem DVT kann in DB nunmehr bis zum Neo-Foramen aufbereitet werden, ohne sich über die angezeigte Arbeitslänge zu wundern.
Der Patient wurde präoperativ darüber aufgeklärt, dass nach der Revisionsbehandlung ein chirurgischer Eingriff notwendig sein kann, da die mesiale Wurzel ebenfalls unvollständig residiert worden ist und eine Desinfektion des palatinalen Wurzelanteils u.U. nicht möglich ist.
In vorliegendem Fall wurde an Zahn 16 zweimal eine Resektion der bukkalen Wurzeln vorgenommen. Eine Revision der inhomogenen Wurzelfüllung – ich persönlich finde damit das Erscheinungsbild der mesialen Wurzelfüllung mehr als wohlwollend beschrieben – war zu keiner Zeit in Betracht gezogen worden. Erst der patientenseitig angestrengte Behandlerwechsel brachte diese Option ins Spiel.
Klinisch imponierte eine auf Höhe der Furkation befindlich aktive Fistelung, die seit mehr als einem Jahr persistierte. Das präoperativ angefertigte DVT zeigte, dass mesial nur ein Kanalsystem aufbereitet worden war. Die Wurzelfüllung zeigte sich nicht mittenzentriert, sodass ein unaufbereitetes MB2-System zu vermuten war. Auch die palatinale Wurzel weist eine apikale Aufhellung auf.
Das die chirurgische Intervention mesial nicht erfolgreich war, verwundert angesichts der Lage der retrograden Füllung distal der Foramina nicht. In der mesiobukkalen Wurzel zeigt sich zusätzlich distopalatinal eine intraradikulär gelegene, rundliche, scharf abgegrenzte, homogene Aufhellung im Apikalbereich.
Die Behandlung erfolgte zweizeitig. Nach Entfernung der Krone und präendodontischem Aufbau konnten in der ersten Sitzung zwar die orthograden Obturationsmassen vollständig, die retrograden Materialien hingegen nur teilweise entfernt werden. Nach ausgiebiger ultraschallunterstützter Irrigation wurde CaOH2 eingelegt und der Zahn adhäsiv verschlossen.
Zum zweiten Behandlungstermin war die Fistelung zwar nicht mehr aktiv, zeigte aber noch eine halbkugelige Vorwölbung.
Um das retrograde Material vollständig entfernen zu können, wurde die Dentinbrücke über dem schmalen apikalen Isthmus zwischen MB1 und MB2 mittels U-File aufgezogen. Das Foramen an DB wurde dazu tropfenförmig erweitert.
Nach Anlegen eines kollagenen Widerlagers erfolgte die Obturation in DB und MB mittels MTA. Bei der ultraschallgestützten Kompaktion des MTA in MB wurde leider MTA nach periapikal extrudiert. P wurde in warmer vertikaler Kompaktion obturiert. Das in 6 Monaten geplante Recall wird zeigen, ob die Behandlung zumindest initial erfolgreich gewesen war.