von Ronald Wecker
Durch meinen Praxispartner bin ich kürzlich auf drei Artikel eines als Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK), sowie als Berater bei den Privaten Krankenversicherungen tätigen Kollegen hingewiesen worden, die in einem kostenfrei erhältlichen, eher als unwissenschaftlich zu bezeichnenden, aber mit hoher Auflage an die deutschen Praxen verteilten Printmedium erschienen sind.
Die in den Artikeln getätigten Aussagen spiegeln die profunde Unkenntnis des Autors zum Einsatz des DVT in der Endodontie wider.
Unter anderem wird hier geschrieben:
“Unerwähnt blieben die Endodontologen, denen gleichwohl ein neues Indikationsgebiet eröffnet wurde. Gerade bei endontischen Fragestellungen, die zur diagnostischen Klärung ihres eng umschriebenen Arbeitsfelds einer hohen Ortsauflösung mit hoher Strahlendosis ohne die Darstellung von Artefakten bedürfen, ist die DVT-Diagnostik objektiv kaum jemals zu rechtfertigen.”
Und:
“Endodontie: Die „möglichen“ Indikationen für einen DVT-Einsatz in der Endodontie sind mit einer seltenen Ausnahme letztlich ohne medizinische Relevanz. Die Indikation zur „Beurteilung der Qualität von eingebrachten Wurzelfüllungen“ beispielsweise kann nur als zweifelhafter Ausdruck der Förderung der Geräteamortisation gewertet werden. Das komplexe Kanalsystem mit seiner großen Anzahl für die Instrumentierung nicht erreichbarer, das heißt persistierender infizierter/nicht instrumentierter Räume, und die bis heute nicht abgeschlossene Diskussion über zu verwendende Desinfektionsmaterialen sowie die Häufigkeit ihrer Anwendung lassen den Einsatz hoher Strahlendosen als kontraindiziert erscheinen. Die meisten der „möglichen Indikationen“ werden um eine Zehnerpotenz besser durch hochauflösende zweidimensionale Röntgenverfahren erfasst.”
Dazu passend ein Behandlungsfall aus dieser Woche. Nach zweimaliger WSR klagt die Patientin weiterhin über eine palpatorische Druckdolenz labial , sowie über eine Perkussionsempfindlichkeit. Das hochauflösende zweidimensionale Röntgenbild zeigt einen eher unauffälligen Befund.
Die retrograde Füllung hätte unter Umständen etwas länger ausfallen können. Angesichts der zwei adhäsiv befestigten Glasfaserstifte ein von retrograd eher schwierigeres Unterfangen.
Zum Befund im DVT unter besonderer Berücksichtigung der Ausführungen des oben erwähnten Kollegen mache sich der geneigte Leser seine eigenen Gedanken.
Und hier handelt es sich hier “nur” um einen einwurzeligen und gemeinhin als “einfach” zu behandelnd eingeschätzten Zahntyp.
Schick doch diesen Fall mal an den Kollegen und konfrontiere ihn mit der Wirklichkeit. Auf die Stellungnahme bin ich gespannt..
LG Bernard
Da hat Ronald keine große Hoffnung auf das Aufglimmen einer Art von Erkenntnis.
Hallo Ronald,
ich kann verstehen, dass Dich das aufregt, inbsesondere ist die Kombination aus “unwissenschaftlich, aber mit hoher Auflage” als ärgerlich zu bezeichnen. Wie wäre es denn, mit dem herausgebenden Verlag in Kontakt zu treten und anzubieten, einen anderen Beitrag zu veröffentlichen, der eben fachlich fundierter wäre und gleichzeitig eine zutreffendere Darstellung im Hinblick auf den Nutzen von DVT in der Endodontie beinhaltet? Weiterhin wäre zu überlegen, ob man auf den medizinischen Dienst der Krankenkassen und auf den Verband der Privatversicherer zugeht und bezüglich dieses Sachverhalts, inbesondere der einseitigen Darstellung aufklärt, da der Autor sich hier ja quasi auch als Vertreter dieser Meinung geriert.
Herzliche Grüße
Haya
Hallo Haya,
Aufregung gab es bei Ronalds Praxispartner. Ronald selbst hat nur den Kopf geschüttelt.
Deine Anregungen sind richtig, nur fehlt Ronald der Glaube, dass sich der Verlag für seine Meinung und derartige Beispiele interessiert. Wir betreiben hier “Spartenzahnmedizin”, die einem Großteil der Kolleginnen und Kollegen immer noch weitestgehend unbekannt ist. Wie sonst sind die hohen Fallzahlen an resizierten Zähnen zu erklären, die zur Revision überwiesen werden?
Das PKV-Interesse an einer optimalen Diagnostik steht nach Ronalds Meinung im diametralen Gegensatz zum PKV-Interesse an einer betriebswirtschaftlich positiven Bilanz. Wie sonst erklärt sich das geradezu gebetsmühlenartig Verneinen der medizinischen Indikation eines DVT durch den mit dem Behandlungsfall nicht vertrauten und nicht approbierten Sachbearbeiter einer PKV, dem zudem auch noch die zur Beurteilung eines DVT notwendige erweiterte Fachkunde fehlt?
Herzliche Grüße
Jörg
Hallo Jörg,
aber gerade weil ihr eine “Nische” belegt, solltet Ihr dann nicht auch bemüht sein, Eure Erkenntnisse einem größeren Fachpublikum bekannt zu machen? Käme es nicht auf einen Versuch an? ;-)
Auch die PKV befindet sich im Wettbewerb um Kunden und -klar- bemüht sie sich auch um Wirtschaftlichkeit. Ist es denn – von der medizinischen Indikationsfrage einmal abgesehen- auch von der wirtschaftlichen Gesamtbilanz her nicht sogar so, dass eine frühe WKB mit DVT bei Zahnerhalt sogar wirtschaftlicher sein könnte als eine ewige Odyssee mit WSR, Zahnersatz / Implantat etc.?
Herzliche Grüße
Haya
Ich stimme Dir für den ersten Absatz zu. Aber dafür bin ich schon zu alt. Das werde ich in meinen letzten 10 Berufsjahren nicht mehr erleben und ich verbringe lieber Zeit mit meinen Lieben, als zu “missionieren”. Bequem, ich weiß.
Zustimmung auch hier, aber seit wann gehen PKV / GKV und Logik Hand in Hand? Was und wie in der Mehrzahl behandelt wird, das gibt die Richtung vor. Und der Präventionsgedanke wird zwar öffentlichkeitswirksam auf die Fahne geschrieben, aber wo ist die konsequente Umsetzung? Siehe Zahnreinigung/Individualprophylaxe. Zuerst ab 12 LJ, dann ab 6. LJ und ab 18 LJ ist Schluss. Schlau? Nicht die Bohne. Aber billiger.
LGJ
Bei http://www.dvt-abrechnung.de steht effektiv das gleiche.
DVT im Prinzip nur für Impl indiziert und bei Endo angeblich nicht indiziert. Selbst die SK II Leitlinie wird dort als übertrieben dargestellt. Schon komisch das sogar ein DVT Hersteller der früher mal Kodak hieß diese Seite auch noch unterstützt.
Zum Fall:
Eine schöne überhaupt nicht mehr zeitgemäße 45 Grad Abschrägung und ein retrograder Füllungskrümelverschluss der nicht einmal richtig dem Wurzelkanalverlauf folgt.
Der typische BEMA Triathlon vor einer Ex: Krone – WKB – WSR
Inklusive einer schönen Narbe im Vestibulum.
Hier: 3x Krone, 2x WSR und 2x Glasfaserstift. Endodontischer Siebenkampf.
Die Frage ist doch nur … wann kommt die Iron Endo?
Ich kann Ronald nur zustimmen. Es gibt keinen Grund sich über all’ die Herren, die sich teils sehr unsachlich und emotional und überwiegend unwissenschaftlich über die Indikationen der Digitalen Volumentomographie echauffieren und darüber hinaus in unkollegialer Art und Weise mit bösartigen Unterstellungen arbeiten, aufzuregen.
Eine kritische Auseinandersetzung mit der Materie ist notwendig und sinnvoll und war im übrigen ein integraler Bestandteil in jedem Schritt und jeder Konsensuskonferenz innerhalb der Leitlinienarbeit zu besagter S2k-Leitlinie.
Hierzu ist es aber erforderlich, dass man sich mit der Materie, das heißt mit vorhandener Literatur und bereits existenten Leitlinien umfassend auseinandersetzt. Dies ist offenkundig bei dem ein oder anderen Verfasser solcher Artikeln nur im Sinne selektiver Wahrnehmung erfolgt.
Ferner fällt auf, dass aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse durchweg gar keine Berücksichtigung finden, weil sie diesen Herren vielleicht nicht bekannt sind.
Maßstab sind die derzeit existenten Leitlinien nebst references der internationalen Fachgesellschaften und Boards, die tendenzielle Unterschiede und Interpretationen erkennen lassen, jedoch indikationsbezogen im diametralen Gegensatz zu den persönlichen und opportunistischen Meinungsäußerungen stehen, die jüngst in der dentalen Yellowpress publiziert wurden.
LGM
1. Noffke CE, Farman AG, Nel S, Nzima N. Guidelines for the safe use of dental and maxillofacial CBCT: a review with recommendations for South Africa. Sadj. 2011;66(6):262, 4-6.
2. European Commission. Radiation Protection No 172. Cone beam CT for dental and maxillofacial radiology (Evidence-based guidelines). 2012:1-154.
3. Schulze R, Ahlers O, Appel T, Bargholz C, Betz W, Beuer F, et al. S2k-Leitlinie Dentale Digitale Volumentomographie [Guideline]. Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF); 2013 [cited 2013 October 18, 2013]. Available from: http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/083-005l_S2k_Dentale_Volumentomographie_2013-10.pdf.
4. American Association of Endodontists, American Academy of Oral Maxillofacial Radiology. AAE and AAOMR Joint Position Statement: Use of Cone Beam Computed Tomography in Endodontics 2015 Update. Journal of endodontics. 2015;41(9):1393-6.
5. Dula K, Benic GI, Bornstein M, Dagassan-Berndt D, Filippi A, Hicklin S, et al. SADMFR Guidelines for the Use of Cone-Beam Computed Tomography/Digital Volume Tomography. Swiss dental journal. 2015;125(9):945-53.