OK Prämolar – 3 Kanäle einmal anders

von Jörg Schröder

Prämolaren mit drei Kanalsystemen stehen in unseren Breitengraden sicher nicht jede Woche auf der Tagesordnung. Üblicherweise – sie werden mitunter auch als Mini-Molaren bezeichnet – weisen sie im Oberkiefer zwei bukkal und ein palatinal gelegenes Kanalsystem auf.

Dass der im Folgenden gezeigte 24 überhaupt drei Kanäle besitzt, fiel zuerst im präoperativ erstellten DVT auf. Mittig zwischen bukkalem und palatinalem Kanal zweigte der dritte Kanal nahezu rechtwinkelig abrupt von palatinal nach bukkal ab, um dann in großem Bogen nach apikal zu verlaufen.

Mittels Endosonorefeile wurde die koronale Dentinschicht über dem hier fast horizontal verlaufenden Kanal abgetragen, bis ein stark vorgebogener Microopener eingeführt werden konnte.

Mit etwas Mühe, viel Geduld und nach dem Entfernen einer bei der Katheterisierung des sehr engen Kanalsystems frakturierten Gleitpfadfeile (Behandlerpuls nahe 200) konnten schliesslich alle Kanäle aufbereitet und in gleicher Sitzung obturiert werden.

Interessant für mich, dass ich beim Durchfahren des Zahnes im DVT den im axialen Schnitt immer wieder aufpoppenden dunklen Punkt zunächst irritiert zur Kenntnis nahm und die Geometrie erst ernst genommen habe, als ich den Abzweig im frontalen Schnitt darstellen konnte.

Enger Dreier

von Jörg Schröder

Prämolaren mit drei Wurzeln sind aufgrund der zum Teil beengten intrakoronalen Platzverhältnisse immer eine Herausforderung.

Besonders schwierig jedoch, wenn die Kanalsysteme lang und besonders eng sind. Die Arbeitslänge des in der Erstintervention nicht aufgefundenen MB betrug 27 mm.

Die in der Furkation gelegene, sehr kleine Perforation, war da eine eher kleine Hürde, jedoch der Grund zur Überweisung.

Die ausgeprägte periapikale Pathologie lässt den Schluss zu, dass die Pulpanekrose bereits einige Zeit bestanden haben muss.

Als erstes galt es die vorhandene Zugangakavität so zu modifizieren, dass der bislang nicht aufbereitete MB sicher einzusehen war.

Nach initialem Spülen waren die zwischen MB und DB gelegene Perforation und das noch weiter mesial gelegene MB-Kanalsystem deutlich zu erkennen.

Die Erschliessung der engen Kanalabschnitte erfolgte in bewährter Weise mit ProFile 15/04, 20/04 und 15/06 bis etwas weiter als zum Beginn des unteren Wurzeldrittels. Dann konnten die apikalen Abschnitte mit Path Files bis zum Foramen aufbereitet werden (13,16,19). Die Behandlung erfolgte aufgrund der Komplexität zweizeitig.

Dabei wurde bewusst auf den sonst immer zuerst durchgeführten Perforationsverschluss verzichtet, da diese sehr klein war und das Manipulieren des MTA die Möglichkeit des Verbringen desselben in die bereits erweiterten Kanäle geboten hätte. Das mühsame Abdecken der sehr kleinen Orifizien mittels Schaumstoff konnte so ebenfalls umgangen werden.

Nach Obturation der Kanalsysteme mit BC Sealer und formkongruenter Guttapercha in der zweiten Sitzung wurde die Perforation mit Total Fill Putty verschlossen und beide bukkalen Orifizien mit warmer Guttapercha überdeckt.

Kleine Anmerkung zu den klinischen Bildern. Ich habe dieses Mal die Fotos bewusst nicht anders ausgerichtet, als sie während der Behandlung entstanden sind.  Kein Drehen oder Vergrößern. Nur Drag & Drop aus dem Dateiordner in das Keynote-Template.

Interessant, dass der Blickwinkel mit etwas Übung identisch einzuhalten (Spiegelausrichtung) und nur bei den palatinalen Details eine abweichende Angulation zu bemerken ist.

 

Schöner Dreier


von Jörg Schröder

Warum diese Behandlung mir als „schön“ in Erinnerung bleiben wird? Weil sie von A-Z exakt so verlief, wie ich es anhand des präoperativen DVT geplant hatte. In jedem Detail.

Die Abfolge der Massnahmen, welche Instrumente wann und wie eingesetzt wurden.

Wenngleich auch ein wenig Glück dabei war, dass die von mir bei der Guttaperchaentfernung eingesetzte ProFile 20/06 nach der Entfernung aus P nur deutliche Ermüdungszeichen zeigte.

Warum die 20/06? Weil sie gutmütig und steif ist. Und keine schneidende Spitze aufweist. Der Trick dabei? 450 bis 500 U/min und ein niedriges Drehmoment. Was allerdings wichtig ist: die taktile Rückmeldung der Feile zu erfassen. Sonst  kann es nicht nur zum Aufdrehen kommen, sondern auch zur Fraktur.


Die apikale Aufhellung war nach der alio loco durchgeführten Erstbehandlung – DB wurde erst in der Röntgenkontrolle als nicht behandelt erkannt – zwar rückläufig, jedoch nicht vollständig ausgeheilt.

Interessant dabei, dass auch 4 Monate nach Abschluss der Behandlung die apikale Aufhellung nicht an DB, sondern apikal des P imponierte.

Was war mein Plan?

Zunächst die Aufgabelung zwischen P und den beiden bukkalen Kanalsystemen darzustellen. Als nächstes die Konsistenz der Guttapercha zu erfassen. P als der weiteste Kanal ist dabei die erste Wahl gewesen: Mehr Guttapercha im koronalen Drittel vereinfacht das Tunnelieren derselben mit rotierenden NiTi-Instrumenten. Das DVT zeigt eine deutliche Krümmung nach bukkal im palatinalen Kanal. Daher wurde als nächstes die Zugangskavität nach palatinal erweitert um im nächsten Zug mittels der bekannten Kombination ProFile 15/04, 20/04 und 15/06 Patency zu erzielen.

Nach dem Proof-of-Concept folgte die Entfernung der Guttapercha im MB und die Erschliessung der apikalen Krümmung. Danach hatte das NaOCl  bereits soviel Gewebe aus dem Orifizium des DB entfernt, dass dieser trotz großer Enge nach rotierend erstelltem Gleitpfad mit der bekannten ProFile-Kombi auch bis zum apikalen Foramen aufbereitet werden konnte.

Als wir am 1.3.2011 das erste DVT in der Praxis erstellt hatten, habe ich die Möglichkeiten, die mir dieses Tool einmal in der Behandlungsplanung eröffnen wird, noch nicht einmal ansatzweise erahnen können. Umso schöner die späte Erkenntnis.

Immer schön skeptisch bleiben. Das Recall.

von Ronald Wecker

Vor etwa einem halben Jahr hatte ich hier über diesen anatomisch interessanten Prämolaren berichtet.

Gestern nun das erste Recall. Der Zahn ist seit der Behandlung beschwerdefrei und radiologisch ist die diffuse Aufhellung bereits reduziert. Einer prothetischen Neuversorgung steht somit nichts mehr im Wege.

Tiefe Teilung

von Bonald Decker

Zähne mit aussergewöhnlicher Anatomie haben wir im Laufe der Jahre sicherlich schon einige behandelt… dazu zählen auch einige Oberkiefer-Prämolaren mit drei Wurzeln…

 Aber jeder Zahn ist bekanntlich anders und man lernt mit jeder Behandlung hinzu. Wie in dem nachfolgenden Fall, der mich aufgrund der (für mich zunächst) verborgenen Anatomie „überraschte“…

Ich hatte vorab schon die Vermutung, dass es sich bei diesem Thermafil-Revisionsfall um einen Mini-Molaren handeln könnte.

Meine erste „Verwunderung“ ergab sich, nachdem wir den Pulpakammerboden von diversen Füllungsmaterialien befreit hatten. Entgegen meiner Erwartungen lieferte die „anatomische Landkarte“ des Bodens zunächst keinen wirklichen Anhalt für das Vorhandensein zweier bukkaler Kanalsysteme.

Bei der weiteren Interpretation der klinischen Situation haben uns dann jedoch kleine Details weitergeholfen; ziemlich unscheinbare Details, um genau zu sein. Solche, die man ohne weiteres übersehen kann… schliesslich kann das Auge nur das sehen, was das Gehirn auch weiss… in unserem Fall war es ein kleiner Guttapercharest an der lateralen Kanalwand, der den weiteren Verlauf des disto-bukkalen Kanalsystems maskierte. Nachdem diese „Hürde“ genommen war, stellte die weitere Therapie kein unüberwindbares Problem mehr dar…

Eine solch tiefe (und unscheinbare) Teilung zweier bukkaler Kanalsysteme eines OK-Mini-Molaren hatten wir auf jeden Fall bis dato noch nicht behandelt…

PS: In diesem Zusammenhang passt es ferner gut, dass Dr. Antonis Chaniotis hier einen weiteren Beitrag zu dieser Thematik veröffentlicht hat…