Mitt-mesiale & distale Kanäle (III)

von Christoph Kaaden


Klinisches Erscheinungsbild und Vorgehen

Bei der Inspektion des Pulpakammerbodens gilt es ein besonderes Augenmerk auf evtl. vorhandene Dentinüberhänge oder Kalzifikationen zwischen den Kanalorifizien zu richten. Diese sollten gezielt entfernt werden (mittels Rosenbohrern oder diamantierten Ultraschallansätzen), um somit eine Sondierung mittels grazilen Handinstrument (ISO 010 oder kleiner) zu erlauben.

Als Faustregel gilt ferner, dass, je weiter die beiden regulären Kanaleingänge voneinander entfernt liegen, desto wahrscheinlicher ist das Vorhandensein eines zusätzlichen mittleren Kanals.

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Mitt-mesialer Kanaleingang nach initialer Darstellung

Nach initialer Sondierung des Kanalverlaufs sollte beim Preflaring von einem übermässigen Instrumenteneinsatz (z.B. Gates-Glidden-Bohrer) Abstand genommen werden, da hierbei eine erhöhte Strip-Perforationsgefahr (zur Furkation hin) besteht.

Ferner sollte vor der Präparation der Wurzelkanäle auf eine mögliche Konfluation der Kanalsysteme hin geprüft werden. Sollte diese bestehen, darf nur ein Wurzelkanal (zumeist der “leichter gängige” mesio-linguale) bis zur vollen Arbeitslänge bearbeitet werden. Der andere Kanal (bzw. die anderen Kanäle) hingeben dürfen nur bis zu dem Konfluationspunkt bearbeitet werden, um eine mögliche Instrumentenfraktur aufgrund einer evtl. abrupt auftretenden Krümmung und der damit verbundenen Torsionsbelastung des Instrumentes zu umgehen.

Bei der Aspiration der Spüllösung verdeutlicht sich die bestehende Konfluation der drei mesialen Wurzelkanalsysteme

Mitt-mesiale & distale Kanäle (II)

von Christoph Kaaden


Entstehungsmechanismus


Als möglicher Entstehungsmechanismus für überzählige Kanäle wird diskutiert, dass es durch Sekundärdentinbildung während der Zahnentwicklung zur vertikalen Dentinaufteilung innerhalb des Wurzelkanalsystems kommt, wodurch separate Kanäle entstehen. Diese (dritten) Kanäle sind in der Regel zentral zwischen bukkalem und lingualem Kanal lokalisiert. Sie weisen einen deutlich geringeren Durchmesser auf, der aufgrund von Dentinapposition außerdem altersabhängig ist. Als eigenständiger Wurzelkanal wird der mitt-mesiale (oder mitt-distale) Kanal dann angesehen, wenn er ein eindeutiges Kanalorifizium aufweist und im weiteren Verlauf in einem eigenen apikalen Foramen mündet bzw. mit einem der beiden anderen „Hauptkanäle“ konfluiert. Sollte es allerdings möglich sein, ein endodontisches Instrument zwischen den betreffenden Kanälen hin- und her zu bewegen, so handelt  es sich definitionsgemäß um eine transversale Anastomose und nicht um einen eigenständigen Kanal.

Der dritte Teil dieses Beitrages wird sich mit dem klinischen Erscheinungsbild & Handling dieser anatomischen Variationen beschäftigen…

Mitt-mesiale & distale Kanäle (I)

von Christoph Kaaden


Ich habe in vorherigen Beiträgen (I & II), wenn auch mit einem kleinen “Augenzwinkern”, über das Vorhandensein zusätzlicher Wurzelkanäle bei unteren Molaren berichtet.

Heute möchte ich diese Thematik mit mehr “Ernsthaftigkeit” angehen und weitere Informationen zu diesen anatomischen Besonderheiten liefern.

Es gilt als Allgemein anerkannt, dass die Mehrzahl kaukasischer erster und zweiter UK-Molaren zwei Wurzeln mit zwei mesialen und einem distalen Wurzelkanal besitzen. Eine Untersuchung zur Anzahl der zu erwartenden Wurzelkanäle zeigte, dass 8% zwei, 56% drei und 36% vier Kanäle aufwiesen. Allerdings sind in der Literatur auch eine Vielzahl anatomischer Variationen unterer Molaren beschrieben worden zu denen u.a. drei mesiale bzw. distale Wurzelkanäle zählen.

In einer röntgenologischen Untersuchung extrahierter erster Unterkiefermolaren fanden sich in 13,3% aller Zähne drei und in 3,3% des Untersuchungsgutes sogar vier mesiale Kanäle. Ferner zeigte diese Studie, dass in 30% ein mesiales apikales Foramen vorlag, zwei in 60%, drei in 6,7% und vier in 3,3% der Fälle.

In einer klinischen Erhebung von 145 ersten Unterkiefer Molaren wurde von vier Molaren (2%) mit fünf Wurzelkanälen (drei mesiale und zwei distale) berichtet. Hervorgehoben wurde hierbei, dass in keinem dieser Fälle ein separates apikales Foramen des mittleren Kanals vorlag. Einige andere Fallberichte konnten jedoch belegen, dass neben der zumeist zu erwartenden Konfluation der Kanalsysteme auch das Auftreten vollständig separat verlaufender Wurzelkanalverläufe mit apikalem Foramen möglich ist.

Das Vorhandensein dritter mesialer Kanäle ist bei Unterkiefer 6-Jahr-Molaren häufiger, als bei zweiten Molaren und wird mit 2% bis 12% angegeben. Als noch unwahrscheinlicher ist das Auftreten dieser Besonderheit in distalen Wurzeln zu erwarten und wird mit einer Häufigkeit von lediglich 1,7% angegeben.

UK-Molar mit drei distalen Kanalorifizien

Der zweite Teil dieses Beitrages wird sich mit dem Enstehungsmechanismus dieser anatomischen Variationen beschäftigen…

PS: Die Literaturliste kann beim Autor angefordert werden ;-)