„Rote Liste forte“

von Christian Danzl

Zahnärzte sind – im Gegensatz zu Allgemeinärzten und Internisten – nicht Helden des Rezeptblockes. Meist beschränkt sich das Rezeptieren auf Antibiotika und Analgetika oder auch mal ein Fluoridpräparat. Somit ist der normale Zahnarzt nicht immer der erste Ansprechpartner, wenn es um Fragen von Wirkung und Nebenwirkung bei Arzneimitteln geht.

Trotzdem ist das Wissen um die Medikamente, die der zu behandelnde Patient einnimmt, hin und wieder von großer Wichtigkeit für die Therapie beim Zahnarzt.

Eine große Hilfe ist hierfür die Rote Liste, oder auch das hier von Olaf Löffler vorgestellte iPhone App, besonders, wenn es darum geht sich einen schnellen Überblick ber Dosierung und/oder Wechselwirkung mit anderen Medikamenten zu Verschaffen.

Hin und wieder sind jedoch auch Hintergrundinformationen zu Medikamenten für den Zahnarzt interessant. Diese sind zu erfahren auf den Homepage der Arzneimittelkomission der deutschen Ärzteschaft AkdÄ.

Hier finden sich Informationen über Arzneimittelsicherheit (Drug Safety Mail, Rote Hand Briefe), Arzneimitteltherapie (neue Arzneimittel, Therapieempfehlungen…), Stellungnahmen von BMG, der europäischen Kommission, des G-BA und des IQWiG, sowie ein Online-Formular zum Melden von UAW.

Sehr interessant ist auch das Archiv des AVP-Bulletins.
Zitat:
„Arzneiverordug in der Praxis (AVP).
Besondere Schwerpunkte bilden kritische Übersichten über den therapeutischen Stellenwert von Arzneimitteln, Belange der Arzneimittelsicherheit im Sinne unerwünschter Arzneimittelwirkungen (UAW) und Preisvergleiche für ausgewählte Wirkstoffe.“

Die Seite ist für den Zahnarzt nicht absolut unverzichtbar, aber sie liefert gelegentlich schöne Hintergrundinformationen.

Menschen sind nicht nur Nutzenmaximierer

von Hans – Willi Herrmann

Es passt zum Thema der letzten zwei Tage.
Und zum heutigen Tag der Arbeit, den ich in der Praxis verbringe.

Denn ich habe Notdienst an diesem Wochenende von Freitag bis Montag.
Die Bilanz des Freitagvormittag.
12 Patienten bis 12.50 Uhr.

21 Patienten bis 19.20 Uhr.

Zuletzt ein lautstark, zwei Querstrassen hörbar, schreiendes vierjähriges Kind (es war im Auto eingeschlafen und wurde für die Behandlung aufgeweckt), dass um kurz nach  22.00 Uhr die Praxis betritt und auch die nächsten 20 Minuten nicht damit aufhört und sich natürlich nicht behandeln lässt.

Aber das nur am Rande.

Kommen wir zum eigentlichen Gegenstand unserer Betrachtungen der letzten Tage.

Es geht um die Menschen im Gesundheitswesen.

Und wie die Politik mit ihnen umgeht.

Ich zitiere Professoer Birger P. Priddat, Lehrstuhlinhaber für Politische Okönomie im Studium fundamentale der privaten Universität Witten / Herdecke:

Er schreibt unter anderem in einem lesenwerten Artikel in der  Süddeutschen Zeitung vom 30.04.2009 unter dem Titel: Vorbild Chef.

„Menschen sind keine Nutzenmaximierer.“

Moral ist eine selbstverständliche Resource der Gesellschaft.

Natürlich sind die Menschen nicht alle moralisch – aber sie sind auch nicht lediglich Nutzenmaximierer.  Sicher wollen sie ihr Einkommen steigern, aber in Grenzen: den Grenzen des Anstandes, der Gesittetheit, der Gerechtigkeit. Moral ist eine gesellschaftliche Institution – und wenn ein Unternehmen systematisch dagegen verstößt, entstehen ihm dadurch Kosten, weil Ungerechtigkeit und mangelnde Anerkennung die Mitarbeiter motiviert.

… Hohe Ungerechtigkeit gegenüber Mitarbeitern senkt deren Leistungsbereitschaft, umgekehrt motiviert Anerkennung.

Dem gegenüberstellen möchte ich auszugsweise eine aktuelle Mail an  Frau Ministerin Schmidt, Herrn Ministerpräsidenten Seehofer und  Herrn Minister Söder.

Geschrieben am 29.04.2009 von Frau Dr. med. Barbara Liechtenauer, veröffentlicht bei facharzt.de.

„Sehr geehrte Frau Ministerin Schmidt,
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Seehofer,
Sehr geehrter Herr Minister Söder,

in Sorge wende ich mich an Sie, wenn ich die aktuellen Meldungen über die „Schweinegrippe“ verfolge.
-29.4. 10Uhr45: inzwischen haben wir in Deutschland 3 bestätigte H1N1-Fälle (NTV)
-29.4. 9Uhr:  in Apotheken in Norddeutschland sind antivirale Medikamente z. Teil vergriffen (NTV)

nach Pandemieplan Bayern:
für ca. 20% der Bevölkerung seien antivirale Medikamente vorhanden

Frage: für eine einmalige Behandlung für 20% der Bevölkerung? Für welchen Zeitrahmen? Für die gefährdeten Gruppen, die die Erkrankten behandeln sollen?

Im Norddeutschen Raum seien nur für 10% der Bevölkerung entsprechende Vorräte da! Wer bekommt diese?

Ebenfalls steht im Pandemieplan, daß die Therapiekosten von den KK übernommen werden:

was heißt das?
– sind sie im Falle einer Pandemie budgetrelevant?
– werden die Mehrkosten durch eine Pandemie im Anschluß als Argument einer weiteren Honorarreduktion hergenommen, da dadurch die Kosten immens gestiegen sind?
– was ist mit den Behandlungskosten?“

„Entschuldigen Sie bitte, Frau Schmidt, Sie verleumden und diskriminieren uns Ärzte seit Jahren und seit Monaten im Besonderen und nun erwarten Sie von uns kompromißlose Hingabe für unsere Berufung? Sie Herr Seehofer
äußerten vor Jahren, daß Sie das Fachärztepack schon noch weg bekommen!
Und nun sollen wir vielleicht die Kartoffeln aus dem Feuer holen?
Erwartungen können nur dann erfüllt werden, wenn man im Vorfeld entsprechenden Respekt und Achtung unserer Berufsgruppe entgegengebracht hätte!
Seit Monaten versuchen wir unsere Praxen am Laufen zu halten, um unsere Patienten in gewohnter Qualität zu versorgen. Wir stopfen mit Rücklagen die entstandenen finanziellen Löcher, da die Kasseneinnahmen nicht
reichen, um die laufenden Kosten zu decken! Perfide ist, daß Sie genau dies wissen und trotzdem  verteufeln und verleumden Sie uns, nur um beim Wähler entsprechend dazustehen!?“

Soweit die Zitate aus der Mail.

Ich bin sicher, Frau Dr. Liechtennauer geht es nicht  primär ums Geld, nicht um  Nutzen – oder Gewinnmaximierung.
Ich vermute sie ist einfach nur enttäuscht und desillusioniert.
Seit Jahren werden Ärzte und viele andere Leistungserbringer im Gesundheitswesen systematisch demotiviert.

Ich zitiere noch einmal Professor Priddat aus oben genanntem Artikel:

„Arbeitnehmer“  (und nichts anderes sind Ärzte, Anmerkung von mir) „verzichten eher auf Geld wenn die Fairness gewahrt bleibt. Verstösse senken aus Sicht der Arbeitnehmer die Reputation der Firma. Sie achten ihre Vorgesetzten“ (die Politiker, Anmerkung von mir) “ nicht mehr und leisten weniger.“

„Die Anerkennung der Mitarbeiter ist eine Führungsaufgabe. Wenn das obere Management eine Wertesystem nicht ausdrücklich und vorbildlich vertritt, lässt es sich auch kaum durchsetzen.“

Ob es wohl Politiker gibt, die über all das nachdenken und die richtigen Schlüsse aus diesen Zusammenhängen ziehen ?
Ich bin skeptisch.