Hartnäckig

Dieses Attribut kann in vorliegendem Fall gleich zweimal vergeben werden.

Zum einen an die Vorbehandlerin/den Vorbehandler.

Um in einem Kanalsystem 5 Instrumente zu fakturieren bedarf es einer großen Portion Hartnäckigkeit. Denn die jeweils vorangegangenen Instrumente mit weiteren Instrumenten entfernen/passieren zu wollen macht niemand, der schnell aufgibt.

Zum anderen an des letzte der fünf Fragmente.

Diese lag zunächst einladend vor mir, um nach dem nächsten Eddy-Einsatz in Teilen nach periapikal zu rutschen und sich dorthin meinen Bemühungen zu widersetzen, es aus dem MB1 herauszulösen. Bis es dann mittels Microopener zurecht gelegt und nachfolgend mit der Drahtschlinge im ersten Anlauf entfernt werden konnte.

Die Anzahl der Fragmente hatte ich nach 2D- und 3D-Bildauswertung auf mehr als zwei, aber niemals auf fünf eingeschätzt. Umso erstaunter war ich, als ich bei der allfälligen Röntgenkontrolle ein Fragment sah, welches klinisch nicht visualisierbar war. Ich hatte geglaubt, dass das letzte Fragment aus dem MB1herausgeschleudert worden war und ich es nur nicht gefunden hatte. Merke: Immer schön skeptisch bleiben, solange das Fragment nicht gefunden wurde.

Unzufrieden bin ich am Ende nur mit der deutlichen Sealerextrusion im palatinalen Kanal. Der stellte eigentlich so überhaupt keine Schwierigkeit dar. Um so ärgerlicher die Extrusion, die sich trotz sehr gutem Tug-Back ereignete.

 

Multitasking

von Ronald Wecker

In nachfolgend gezeigtem Behandlungsfall galt es vor der vom Überweiser geplanten prothetischen Neuversorgung mehrere Hürden zu nehmen.

Bereits das präoperativ angefertigte Röntgenbild lässt erahnen, dass neben der inhomogenen Wurzelfüllung auch eine iatrogene Perforation zu versorgen ist.

Nach Entfernung der Langzeitprovisorien und absoluter Trockenlegung wurde zunächst der vorhandene gegossene Stiftaufbau mittels rotierender Instrumente soweit reduziert, dass eine Visualisierung des Zementspaltes möglich war. Dieser wurde anschliessend unter Verwendung feiner Ultraschallfeilen (Endosonore) desintegriert. Nach weiterem Einwirken mittels Ultraschall konnte der gegossene Stiftaufbau problemlos entfernt werden.

Mesial zeigte sich eine deutlich kontaminierte Perforation. Nach intensiver Irrigation und Reduktion des eingedrungenen Weichgewebes konnte die supraossäre Perforation mittels hochviskösem Flow-Komposit vorhersagbar verschlossen werden. Unmittelbar benachbart fanden sich weiter Spuren zahnärztlicher Tätigkeit. Eine in das Dentin eingebolzte Exstirpationsnadel sowie  ein weiterer „Perforationsversuch“.

Nach Entfernung der inhomogenen Wurzelfüllung und chemomechanischer Aufbereitung wurde der Wurzelkanal obturiert und der Zahn dentinadhäsiv aufgebaut.

Bemerkenswert war, dass das ansonsten sehr verlässlich arbeitende Endometriegerät Dentaport ZX in diesem Fall eine Überinstrumentierung mit einer 15/04 nicht korrekt anzeigte. Nach Korrektur anhand der Längenmessfunktion der Röntgensoftware zeigten die dann auf die „neue“ Arbeitslänge eingebrachten Instrumente verlässliche Endometrie-Ergebnissen.

Erstaunlich wie viele Komplikationen in einem doch im Allgemeinen als „einfach“ bezeichneten oberen Eckzahn zu „realisieren“ sind.

Never trust the white lines

von Ronald Wecker

Die Betrachtung des Röntgenbildes von Zahn 12 lässt eine endodontische Revisions-behandlung vor der geplanten prothetischen Neuversorgung aufgrund der inhomogenen Obturation sicher notwendig erscheinen.

Bei Zahn 21 könnte man sich aufgrund der fehlenden Aufhellung für ein Belassen des Wurzelfüllmaterials entscheiden, obwohl die Wurzelfüllung zu kurz erscheinen mag.

Da bei der geplanten vollkeramischen Neuversorgung von der überweisenden Kollegin ein Glasfaserstift nebst adhäsivem Aufbau vorgesehen war, birgt das Vorbohren innerhalb einer vorhandenen Wurzelfüllung das Risiko, dass bei Vorliegen einer Kontamination Bakterien und deren Stoffwechselprodukte nach apikal verbracht oder gar extrudiert werden.

Dass das Vorliegen einer homogenen Wurzelfüllung selbst bei den im Allgemeinen als „einfach“ empfundenen endodontischen Behandlungen oberer Frontzähne nicht Garant für eine suffiziente Obturation sein muss, zeigt der Blick ins mittlere Wurzeldrittel.

Nach offensichtlich lateraler Kompaktion blieben große Anteile nicht gefüllten Kanalhohlraumes mit deutlich erkennbaren Kontaminationspuren zurück.

In 12 konnte das offensichtlich bei der Erstbehandlung extrudierte Obturationsmaterial aufgrund des deutlich lateral gelegenen Foramens nicht vollständig entfernt werden. Die Obturation erfolgte mittels MTA. 21 wurde nach chemomechanischer Aufbereitung in warmer vertikaler Kompaktionstechnik gefüllt.

Nach 18 Monaten zeigen sich unauffällige klinische und radiologische Verhältnisse.