Saving hopeless Teeth – Grenzfall

von Jörg Schröder

Dieser 11 wurde durch mehrere endodontische Behandlungsversuche und die nachfolgenden restaurativen Massnahmen in seiner Hartsubstanz sehr stark reduziert.

Nach der Neuversorgung mit einer vollkeramischen Krone und der in diesem Zusammenhang erfolgten Insertion eines Glasfaserstiftes entwickelte die Patientin eine palatinal gelegene Schwellung und eine bukkale Fistelung.

Nach der Auswertung der klinischen und radiologischen Befunde sprach ich die Empfehlung aus, den Zahn aus Gründen der besseren Vorhersagbarkeit entfernen zu lassen und eine implantologische Behandlung durchführen zu lassen. Die Frage der Patientin, ob den nicht irgendeine Möglichkeit bestünde den Zahn zu erhalten, beantwortete ich à la Radio Eriwan: Im Prinzip ja, aber … .

Die bei der Präparation des Stiftbettes aufgetreten Perforation nach palatinal lag subcrestal und wäre mit MTA vorhersagbar zu verschliessen.

Die Obturationsmassen sollten angesichts der Weite des Kanalsystems zu entfernen und die nachfolgende Desinfektion problemlos möglich sein.

Unter Umständen liesse sich das kranial und palatinal der Wurzelspitze gelegene Fremdmaterial orthograd entfernen. Falls nicht und würde sich beim Reclam eine fehlende Ausheilung im Periapkalbereih zeigen, so wäre das Fremdmaterial durch einen mikrochirurgischen Eingriff zu entfernen.

Die Empfehlung meinerseits lautete jedoch : implantologische Versorgung.

Nach einer Woche teilte uns die Patientin mit, dass sie den Erhaltungsversuch wünsche.

Derselbe erfolgte zweizeitig. Zu meiner großen Überraschung fehlte intrakanalär jegliches Obturationsmaterial. Stattdessen gab es zwei Glasfaserstifte, die beide bis ins Parodont reichten. Während sich der palatianl perforierende Stift noch recht angenehm entfernen liess, war das Reduzieren des bis apikal reichenden Stiftes mittels Muncebohrern und Endosonore-Feile schon ein blutdrucksteigerndes Unterfangen.

Aus der palatinalen Perforation trat spontan Pus aus. Apikal kam es nur zu einer kurzfristigen Blutung. Nach ausreichender Irrigation wurde CaOH2 eingelegt und der Zahn adhäsiv verschlossen.

Zu Beginn der zweiten Sitzung zeigte sich der Zahn 11 beschwerdefrei. Somit stand der Obturation nichts mehr im Weg. Zunächst wurde die apikale Perforation nach Anlegen eines kollagenen Widerlagers mit MTA verschlossen. Nachfolgen wurde die palatinale Perforation in gleicher Weise versorgt. Das Entfernen des periapikalen Fremdmaterials gelang weder in der ersten, noch und er zweiten Behandlungssitzung. Die Patientin wurde daher nochmals auf die mögliche Notwendigkeit eines chirurgischen Eingriffs hingewiesen und angehalten, sich mit dem behandelnden Kieferorthopäden in Verbindung zu setzen, um den palatinalen Retainerdraht erneuern zu lassen.


Mehr als drei Jahre nach Abschluss der Behandlung stellte sich die mittlerweile ins Ausland gezogene Patientin erneut in unserer Praxis vor. Während das 2D-Kontrollbild nur das mittlerweile lageverändete Fremdmaterial, jedoch keine apikale Aufhellung erkennen liess, zeigte das kleinvolumige DVT eine deutliche Aufhellung um das Fremdmaterial herum und eine vollständige knöcherne Ausheilung im Bereich der palatinalen Perforation. Klinische ar der Zahn vollkommen beschwerdefrei, hatte sich jedoch – ein Retainerdraht wurde von kieferorthöpädischer  Seite als nicht notwendig erachtet – mangels Retention um ca. 1mm elongiert.

Beim kurz auf das Recall durchgeführten mikrochirurgischen Eingriff wurde, um das palatinal des Apex vorhandene Fremdmaterial zu erreichen, die Wurzelspitze um ca. 1 mm gekürzt. Zusammen mit der Breite der Free ergab sich ein ausreichend weiter Zugang, um mittels feiner Handinstrumente die periapkal vorhandenen Fremdmaterialien zu entfernen.

Hierbei handelt es sich nicht, wie von mir vermutet um Guttapercha, sondern um ein anthrazitfarbenes zementähnliches Material, vielleicht ein MTA-ähnliches Material.

Beeindruckend finde ich den Umstand, dass im postoperativen Einzelbild vom im OP-Situs deutlich sichtbaren knöchernen Defekt so gut wie nichts zu erkennen ist. Und jetzt beurteile jeder für sich selbst, wie verlässlich die Beurteilung der periapikalen Knochenstrukturen im Einzelbild ist.