Am seidenen Faden…

von Sebastian Riedel

Eine gewissenhaft arbeitende Überweiserin schickte uns einen Revisionsfall, bei dem sie die angestrebte Patency nicht etablieren konnte.

Dieser Fall erschien relativ vorhersagbar lösbar: mesial war eine Konfluation der beiden Kanalsysteme tastbar, auch am Austausch der Spülflüssigkeiten beim desinfizierenden Spülen und Absaugen mittels Minisauger merkte man es. Im distalen Kanalsystem stieß die 10er C-Pilot in ca. 18 Millimetern Tiefe erstmal gegen eine Wand oder Stufe. Nach erneuter Inspektion der Anatomie auf dem Röntgenbild konnte durch Vorbiegen der Feile  und vorsichtiges Tasten, selektiv in bukkaler und mesialer Richtung, der weitere Kanalverlauf erschlossen werden – Fall gelöst !

Manchmal gehört aber auch eine Portion Glück dazu, das Richtige zu tun – durch ständige und intensive Schall- und Ultraschallaktivierung der Spülflüssigkeiten sah man plötzlich einen dunklen sehr feinen Faden, der im Pulpakavum in der Flüssigkeit aufschwamm.

Nach dem erfolgreichen Abschluss der Behandlung erinnerte sich die Patientin, angesprochen auf den Faden, dass dieser Zahn vor vielen Jahren mal von einem Kollegen offen gelassen wurde. So ist erklärbar, wie es zur Verschleppung der eingefärbten Fasern kommen konnte.

Nun mache ich mir Gedanken: Wie viele unserer kompromisslos behandelten Zähne und dazugehörige Periapikalregionen werden ein solches oder ähnliches Geheimnis bergen?

„Pathway of the Pulp“ weiß, dass viele Fremdmaterialien, zum Beispiel und vor Allem auch Watte, unverändert im Gewebe verbleiben und eine Fremdkörperreaktion provozieren können, da entsprechende Enzyme zu deren Auflösung fehlen.

Weder diagnostisch noch therapeutisch lässt sich etwas variieren, diesem potenziellen Problem immer Herr zu werden. Aber die genaue Anamnese kann Hinweise liefern, vor allem wenn ein Zahn über längere Zeit offen gelassen wurde.

Wir verwenden zum temporären Abdecken der Kanalorifizien gegenüber den darüber liegenden Verschlussmaterialien die Schaumstoff-Pellets „Pele Tim“ von VOCO. Man erhält sie in verschiedenen Größen. So können keine Zellulosefasern in die Kanalsysteme verschleppt werden. Dies erhöht die Chance eine vollständige Heilung herbei zu führen.

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