Neuzugang 2014 (2) – Biodentine

von Hans – Willi Herrmann

 

Welle-1-2Wie schrieb Christoph Kaaden letzte Woche – die nächste Welle (an Perforationen) rollt an. Genau zu diesem Zeitpunkt saß eine Patientin bei uns auf dem Stuhl mit der wohl größten Perforation, die jemals den Weg in unsere Praxis gefunden hat. Und ich muss gestehen, dass – obwohl ich ein großer Fan des (Original) MTA bin, ich in solchen Fällen – also bei größeren Perforationen am Pulpakammerboden – froh bin, stattdessen auf Biodentine der Firma Septodont zurückgreifen zu können. Weil – es sich (zumindest an besagter Lokalisation) besser verarbeiten lässt. Nämlich in etwa so, wie wir es von einem Zinkoxid-Eugenol – Zement her gewohnt sind. Am Anfang sehr knatschig- pastig-plastisch, aber noch gut positionierbar und vorsichtig stopfbar, ist das Material nach ca. 15 Minuten soweit ausgehärtet, das man es mit Bohrern bearbeiten, in Form bringen, Überschüsse entfernen kann oder aber – sofern es sich punktgenau platzieren ließ, man nach besagter Viertelstunde direkt mit der Wurzelkanalbehandlung weitermachen kann.

Biodentine besteht aus einem Pulver und einer Flüssigkeit. Das Pulver enthält hauptsäch- lich Tri- und Dikalziumsilikat, die Hauptbestandteile von Portlandzement, sowie Kalziumcarbonat. Als Kontrastmittel dient Zirkondioxid. Die Flüssigkeit ist eine wässrige Lösung von Kalziumchlorid, der ein Polycarboxylat zufügt wurde.  Bei der Abbindung des Zements entsteht Kalziumhydroxid.

Biodentine-1Das Material kommt in Kapselform, 5 Tropfen aus dem beiliegenden Dispenser werden zugegeben, dann das Ganze im „Amalgam“- Kapselmischer 30 Sekunden lang gemischt. Die entstandene teigige weiße Masse wird mit kleinen Plastikspateln entnommen und von mir mit dem vom MTA bekannten „Lee“-  Carver platziert, danach mit den großen „Dovgan“- Pluggern kompaktiert. Dann heißt es warten, 15 Minuten sind nach meiner Erfahrung das Minimum, das man zur Bearbeitung mit Bohrern/Diamanten vergehen lassen sollte, auch wenn der Hersteller optimistisch  kürzere Wartezeiten benennt. Nicht jede Mischung gelingt im Übrigen trotz Kapselmischer. Immer mal wieder erhält man eine krümelige Konsistenz, die man verwerfen sollte. Ein Umstand, den man angesichts des im Vergleich zum MTA deutlich geringeren Preises gut oder zumindest wesentlich besser ertragen kann. Blieben noch die Langzeitergebnisse. Nicht ohne Grund halte ich eisern am „Original“ Pro Root MTA fest, arbeite ich doch mit sehr guten Ergebnissen seit 2000 mit diesem Material (kleine Kuriosität am Rande – die erste Fuhre bekam ich in einem zu drei Vierteln gefüllten Filmdöschen, Material und Preis waren damals unbekannt. Die angelieferte Menge hätte mein für gesamtes weiteres Berufsleben gereicht, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass für das Material solch hohe Grammpreise aufgerufen werden würden und – einem geschenkten Gaul schaut man nichts ins Maul – dementsprechend großzügig bin ich beim Anmischen damit umgegangen). Weit über 1000 Studien zu MTA sind ein gewichtiges Argument, für Biodentine gibt es  nichts auch nur annähernd Vergleichbares, was man in die Waagschale werfen könnte.
Ich beschränke also den Einsatz gegenwärtig auf die klinischen Situationen, in denen MTA eindeutig verarbeitungstechnische Nachteile aufweist, die für Erfolg oder Misserfolg entscheidend sein könnten und habe in diesen Fällen bislang mit Biodentine sehr gute Erfahrungen gemacht.

 

Disclaimer: Die Firma Septodont hat zum Ausprobieren des Materials eine Packung mit 15 Kapseln Biodentine kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

Comeback nach Perforationsdeckung

Von Bonald Decker

Unbeabsichtigte Zahn- beziehungsweise Wurzelperforationen stellen eine artifizielle Verbindung vom Endodont zum Desmodont oder zur Mundhöhle dar. Sie treten bei bis zu 12 Prozent aller endodontischen Maßnahmen auf und stellen somit keine Ausnahme dar. Wie in dem nachfolgenden Fall. Es handelte sich hierbei um eine Perforation des Pulpakammerbodens bei der vergeblichen Suche nach dem mesio-bukkalen Kanalsystem.

Ausgangssituation: iatrogene Perforation des Pulpakammerbodebs bei erfolgloser Suche des meist-bukkalen Kanalsystems

Ausgangssituation: iatrogene Perforation des Pulpakammerbodens bei erfolgloser Suche des mesio-bukkalen Kanalsystems

Ferner entwickelte sich einige Tage nach dieser ungewollten Komplikation eine zusätzliche vestibuläre Schwellung.

Comeback nach Perforation_Dämmer.001

Trotz dieser multiplen Befunde entschieden wir uns gemeinsam mit dem Patienten (Internist) für einen Versuch der Zahnerhaltung.

Der tatsächliche Eingang zu dem mesio-bukkalen System war mittels Dentalmikroskop schnell identifiziert und lag in unmittelbarer Nähe zu der vermuteten Lokalisation des Vorbehandlers. 

Perforation und tatsächliche Position des meist-bukkalen Kanaleinganges

Perforation und tatsächliche Position des mesio-bukkalen Kanaleinganges mit Micro-Opener

Da es sich um eine knöchern begrenzte Verletzung handelte entschieden wir uns zum Verschluss des Defektes mittels MTA und nachfolgendem chemo-mechanischen Debridement. Obgleich die Lokalisation der Perforation schwieriger zu versorgen war, (da lateral gelegen) als eine direkt am Pulpakammerboden befindliche, (so wie hier) verlief die weitere Therapie (in zwei Terminen) reibungslos.

Abschluss der Behandlung nach MTA-Perforationsdeckung und Wurzelkanalfüllung mit Gutspreche&Sealer

Abschluss der Behandlung nach MTA-Perforationsdeckung und Wurzelkanalfüllung mit Guttapercha & Sealer

Vorgestern erfolgte nun knapp zwei Jahren nach Behandlungsende ein Recall. Zur Freude von Patient und Behandlerteam stellte sich die Situation aufgrund einer deutlichen Remission der ehemals erkennbaren apikalen und interradikulären Aufhellungen sehr erfreulich dar.

Recall 22 Monate nach Behandlungsabschluß mit Remission der apikalen und intraradikulären Aufhellungen

Recall 22 Monate nach Behandlungsabschluß mit Remission der apikalen und intraradikulären Aufhellungen

 

Ein tolles Comeback nach Perforationsdeckung welches Mut zu zahnerhaltenden Massnahmen in solchen Fällen machen sollte…

:-)

wenn man unsere „jüngste“ Zuweisung die unter die Problematik Perforation fällt betrachtet schadet etwas frisch gewonnener „Mut“ sicher nicht…

Überweisung vom 10.Februar 2015 mit Bitte um Perforationsdeckung nach tiefer intrakanalärer Perforation

Überweisung vom 10.Februar 2015 mit Bitte um Perforationsdeckung nach tiefer intrakanalärer Perforation (und Füllung!)

P.S.:Hier noch ein wenig Lektüre zu der Thematik Zahn- und Wurzelperforation.

;-)