Letzte Möglichkeit WSR?

von Jörg Schröder

Ein betrüblicher Klassiker: die endodontische Erstbehandlung an einem Zahn 21 schlägt fehl. Als letzte Möglichkeit den Zahn zu erhalten, wird sofort chirurgisch interveniert.

Ob sich jemand vor dem Eingriff wohl die Frage gestellt hatte, warum die Erstbehandlung fehlschlug? Ein einfaches Einzelbild und die Anamnese hätten zur Erhellung beigetragen. Die Wurzelfüllung ist alles andere als homogen. Die mittlerweile 30 jährige Patientin erlitt im Alter von 9 Jahren eine Frontzahntrauma in dessen Folge die endodontische Erstbehandlung erfolgte.

Das weite Kanallumen wurde, wie die klinischen Bilder zeigen, mit mehr als 15 verschiedenen Guttaperchastangen im Sinne einer kalten lateralen Kompaktion gefüllt. Vor 2o Jahren mitunter noch das Vorgehen der Wahl. Das Verhältnis Sealer zu Guttapercha betrug in etwa 1:1 mit kleinen Vorteilen für den Sealer.

Ungefähr 8 Jahre nach der Erstbehandlung traten erste klinische Symptome in Form rezidivierender Fistelungen auf, sodass eine Resektion der Wurzelspitze empfohlen und durchgeführt wurde. Ein retrograder Verschluss erfolgte, wies jedoch stark unterschiedliche Materialstärken auf. Nach einer weiteren Dekade traten erneut Beschwerden an Zahn 21 auf.

Radiologisch imponiert an der dünnsten Stelle der retrograden Wurzelfüllung eine distolabial gelegene Aufhellung.

Die vorhandenen Obturationsmassen waren deutlich sichtbar kontaminiert. Nach ultraschallunterstützter Entfernung derselben (ET 25 Ansatz im mit NaOCl gefluteten Kanal) konnte die retrograde Wurzelfüllung visualisiert werden.

Bei der Entfernung des retrograden Verschlusses gab das DVT wertvolle Hinweise. Die apikale Lyse war labil stärker als palatinal ausgeprägt. Die dünnste Stelle des Verschlusses lag ebenfalls eher labial. Mittels Endosonorefeile wurde daher zunächst der retrograde Verschluss im labilen Querschnittsdrittel entfernt und die gelösten Zementfragmente durch intensives Spülen entfernt. Ich achte darauf, möglichst größere Teile herauszulösen, da diese besser herausgespült oder mittels Micropener bzw. Microdebrider an der Kanalwand hoch gerollt werden können. Nachdem etwa die hälfte der retrograden Füllung entfernt war, habe ich die verbleibende Masse in der Mitte in oro-vestibulärer Richtung getrennt.

Aus DVT war ausserdem ersichtlich, dass ein Teil der retrograden Füllung (mesial und etwas palatinal gelegen) nicht direkt einsehbar sein würde. Das intraoperativ angefertigte Einzelbild (wichtig um eventuell vagabundierende Partikel zu erkennen) zeigt dies deutlich.

Um die Lage dieses Restes zu ermitteln bediene ich mich der optischen Eigenschaften der klaren Spüllösung. Ich flute den Kanal und reduziere das Flüssigkeitsniveau mittels Mikroabsaugung bis der Pegel etwas oberhalb des retrograden Füllungsmaterials steht. Dabei wirkt die Spüllösung aufgrund ihrer Oberflächenspannung wie ein gekrümmter Spiegel, sodass ich den hellen Zement deutlich an der palatinalen Wand der retrograden Präparation erkennen kann. Anschliessend wird die Streckenlänge von der Kanalsenkrechten bis zur Rückwand im DVT ermittelt und eine Endosonore-Feile so vorgebogen, dass diese „No-Look“ bis an die palatinale Kanalwand geführt werden kann. Dabei muss der Anteil nach der Krümmung so groß sein, dass die Wand des Kanals sicher erreicht werden kann und die Feile nicht an der senkrechten Kanalwand gedämpft wird.

Nun wird der Kanal trocken gesaugt, die vorgebogene Endosonore-Feile auf Kontakt (mit dem Rest der retrograden Füllung) gebracht und kurz aktiviert. Nach 2-3 kurzen Impulsen zeigte sich die halbierte retrograde Füllung im Sichtfenster und konnte anschliessend problemlos heraus gespült werden.

Das kollagene Widerlager anzulegen war aufgrund der schrägen Resektionsfläche ein wenig kniffelig, scheint aber, wie das Kontrollbild zeigt, gut gelungen zu sein. Die Obturation des Kanals wurde mit grauem MTA Angelus durchgeführt. Der Zahn wurde zur Aufhellung bei der überweisenden Kollegin vorbereitet ( tiefe adhäsiver Abdeckung der Obturationsmasse)  und abschliessend temporär, mit der Möglichkeit zum einfachen Reentry, verschlossen.

Ketac Silver retrograd

von Ronald Wecker

Bei Revisionsbehandlungen resezierter Zähne mit retrograden Wurzelfüllungen zeigt sich in der überwiegenden Mehrheit der Fälle, dass die retrograden Wurzelfüllmaterialien auf der gewebezugewandten Seite deutliche Kontaminationsspuren aufweisen.

In unserer Praxis wird daher immer eine vollständige Entfernung dieser Materialien nach orthograd angestrebt.

Zu den aus Sicht des Entfernenden unbeliebtesten Materialien zählt neben Amalgam seit dieser Woche auch Ketac Silver, ein Material, mit dem ich bisher noch nicht konfrontiert gewesen war.

Neben der besonderen Härte des Materials – die Wirkung der Endosonore-Feilen sind hier, selbst im modifizierten, weil an der Spitze geschärften Modus , recht überschaubar – stellte die räumliche Ausdehnung des retrograden Füllmaterials eine besondere Schwierigkeit dar.

Solange der retrograde Verschluss nur unwesentlich größer als der Kanalquerschnitt ist, muss es nur in kleine Teile „zerlegt“ werden, um nach orthograd entfernt werden zu können.

Schwierig wird es, wenn die mesio-distale oder vestibulär-orale Ausdehnung deutlich größer ist als der Kanalquerschnitt und die periradikuläre knöcherne Krypte ein „Wegtauchen“ des gelösten Materials begünstigt.

Mein Vorgehen in solchen Fällen sieht zunächst eine durchgehende Reduktion der Schichtstärke des Materials von orthograd bis deutlich unter 1 Millimeter vor. Ein vorzeitiges Ablösen von den Kanalwänden oder eine primäre Perforation lateral versuche ich zu vermeiden.

Im vorliegenden Fall habe ich die Reduktion des Ketac Silver „No-Look“, das heisst ohne direkte Sicht auf den Instrumentenkopf, mit Hilfe eines überlangen Munde-Rosenbohrers durchgeführt, dessen Durchmesser deutlich kleiner war als der Querschnitt des retrograden Füllungsmaterials. Dabei habe ich alleine mit taktiler Rückmeldung unter visueller Kontrolle des langsamen Eindringen des rotierenden Instrumentes arbeiten können. Aufgrund der Arbeitslänge von 20 mm war eine direkte Sicht nicht geggeben.

Intermittierend wurden die entfernten Ketac-Silver-Teile herausgespült und überprüft, ob die angestrebte zentrale Perforation bereits erzielt werden konnte.

Sobald diese realisiert war, konnten nun die verbleibenden Ränder mit Hilfe der Endosonore-Feilen „abgeklopft“ werden.

Der zentral vorhandene Raum wurde dabei genutzt, um den „überhängenden“ Teil des retrograden Füllmaterials in die Mitte des Kanallumens hinein zu bewegen, zu drehen und dann nach koronal heraus zu lösen.

Das angefertigte Einzelbild liess noch einen winzigen Krümel erkennen, der erst nach intensiver Spülung unter einem Weichgewebsvorhang entdeckt und nachfolgend entfernt werden konnte.

Im Anschluss erfolgte, nach Einbringen eines kollagenen Widerlagers, die Obturation mittels MTA und der dentinadhäsive Verschluss der Zugangskavität.

 

 

 

Revision nach Resektion

von Ronald Wecker

Während die Revision bereits resizierter Seitenzähne noch vor einigen Jahren eher eine rare „Behandlungsaufgabe“ war, haben die Überweisungen derart vorbehandelter Zähne in letzter Zeit deutlich zugenommen.

Im vorliegenden Fall war erfreulich, dass die resizierten Wurzeln DB und MB retrograd gefüllt worden waren. Und auch das Vorhandensein eines MB2 wurde in Erwägung gezogen, wie der zweite retrograde Verschluss in der mesialen Wurzel zeigte.

Dennoch war die Behandlung nicht erfolgreich. 2 Jahre nach der Resektion trat eine bukkal gelegene Fistelung und einen palatinale Vorwölbung im Bereich des Apex der palatinalen Wurzel auf. Klinisch wies der Zahn keine erhöhten Sondierungstiefen auf, sodass eine Vertikalfraktur eher unwahrscheinlich erschien.

Nach Anlegen der Zugangskavität konnte zunächst das auf dem Pulpakammerboden gelegene Pulpakammerdach und die dazwischen befindlichen Gewebereste entfernt werde. MB2 war nicht aufbereitet. Nach der Entfernung der Guttapercha aus P entleerte sich spontan putrides Exsudat.

Anhand des präoperativ angefertigten DVT konnte die Lage der im Periapikalraum gelegenen Obturationsmassen, sowie die Lage der retrograden Füllungsmaterialien bestimmt werden. Dennoch gelang es in der ersten Behandlungssitzung nicht, alle retrograden Materialien vollständig zu entfernen. Über die Jahre bin ich davon abgekommen, das Glück erzwingen zu wollen und verlege derart „fummelige“ Tätigkeiten nach intensiver chemo-mechanischer Aufbereitung in die zweite Sitzung. Und ich fahre gut damit.

Mein Kopf ist freier, die Anzahl der zu nehmenden Hürden ist deutlich kleiner als beim ersten Termin und die Entfernung periapikal gelegener Fremdmaterialien gelingt in der Regel wesentlich geschmeidiger.

Während das 2D-Röntgenbild vor medikamentöser Einlage noch deutliche Reste von Obturationsmaterial in P zeigte, war das klinische Bild völlig anders. Nach distopalatinal hin war in P nur ein kleiner , gelber Materialkranz zu sehen.

Mittels vorgebogener Microopener und -debrider wurde jedoch im Anschluss ein erstaunlich großes und deutlich kontaminiertes Stück Sealer zu Tage gefördert. Die retrograden Massen unter MB und DB wurden mittels vorgebogener Endosonore-Feilen zerstäubt und dann herausgespült.

Da, wie erhofft, die bukkale Fistelung zu Beginn der zweiten Sitzung abgeheilt und die palatinale Vorwölbung abgeklungen war, erfolgte die Obturation nach bewährtem Standard:

Nach Anlegen eines kollagenen Widersachers unter MB1, DB und P kam MTA zum Einsatz. MB2 wurde, da sehr eng, in warmer vertikaler Kompakten obturiert.

Nun erwarte ich gespannt das erste radiologische Recall nach 6 Monaten.

Doppelt hält besser.

von Ronald Wecker

Aber offensichtlich nicht immer.

In vorliegendem Fall wurde an Zahn 16 zweimal eine Resektion der bukkalen Wurzeln vorgenommen. Eine Revision der inhomogenen  Wurzelfüllung  – ich persönlich finde damit das Erscheinungsbild der mesialen Wurzelfüllung mehr als wohlwollend beschrieben – war zu keiner Zeit in Betracht gezogen worden. Erst der patientenseitig angestrengte Behandlerwechsel brachte diese Option ins Spiel.

Klinisch imponierte eine auf Höhe der Furkation befindlich aktive Fistelung, die seit mehr als einem Jahr persistierte. Das präoperativ angefertigte DVT zeigte, dass mesial nur ein Kanalsystem aufbereitet worden war. Die Wurzelfüllung zeigte sich nicht mittenzentriert, sodass ein unaufbereitetes  MB2-System zu vermuten war. Auch die palatinale Wurzel weist eine apikale Aufhellung auf.

Das die chirurgische Intervention mesial nicht erfolgreich war, verwundert angesichts der Lage der retrograden Füllung distal der Foramina nicht. In der mesiobukkalen Wurzel  zeigt sich zusätzlich distopalatinal eine intraradikulär gelegene, rundliche, scharf abgegrenzte, homogene Aufhellung im Apikalbereich.

Die Behandlung erfolgte zweizeitig. Nach Entfernung der Krone und präendodontischem Aufbau konnten in der ersten Sitzung zwar die orthograden Obturationsmassen vollständig, die retrograden Materialien hingegen nur teilweise entfernt werden. Nach ausgiebiger ultraschallunterstützter Irrigation wurde CaOH2 eingelegt und der Zahn adhäsiv verschlossen.

Zum zweiten Behandlungstermin war die Fistelung zwar nicht mehr aktiv, zeigte aber noch eine halbkugelige Vorwölbung.

Um das retrograde Material vollständig entfernen zu können, wurde die Dentinbrücke über dem schmalen apikalen Isthmus zwischen MB1 und MB2 mittels U-File aufgezogen. Das Foramen an DB wurde dazu tropfenförmig erweitert.

Nach Anlegen eines kollagenen Widerlagers erfolgte die Obturation in DB und MB mittels MTA. Bei der ultraschallgestützten Kompaktion des MTA in MB wurde leider MTA nach periapikal extrudiert. P wurde in warmer vertikaler Kompaktion obturiert. Das in 6 Monaten geplante Recall wird zeigen, ob die Behandlung zumindest initial erfolgreich gewesen war.

2D vs. 3D (XXVI)

von Ronald Wecker

Die Anfertigung eines DVT vor der Durchführung einer endodontischen Revisionsbehandlung hat sich besonders bei Zähnen die bereits eine Resektion mit retrogradem Verschluss „erlebt“ haben als sehr hilfreich erwiesen.

In der Mehrzahl der Fälle ist eine  in Länge oder Weite unvollständig Aufbereitung der Kanalsysteme die Ursache für den Misserfolg. Nicht selten finden sich, insbesondere bei oberen Moralen, zusätzlich unaufbereitete Kanalsysteme, in der Regel handelt es sich um MB2.

In solchen Fällen muss auch von einer Kontamination der retrograden Füllmaterialien ausgegangen werden, die zum Teil nicht unmittelbar unter dem Foramen, sondern häufig „versetzt“ eingebracht wurden.

Um eine Lagebestimmung im Raum , die die Voraussetzung für eine vorhersagbare orthograde Entfernung ist, durchführen zu können, wird in unserer Praxis in diesen Fällen immer ein präoperatives DVT durchgeführt, wenn der Verdacht auf eine apikale Pathologie besteht.

In vorliegendem Fall nach orthograder Revision mit Entfernung aller ortho- und retrograd eingebrachter Füllmaterialien war gleich zu Beginn der Behandlung eine deutliche Reduktion der klinischen Symptomatik zu verzeichnen . Eine vollständige „Missempfindungsfreiheit“ trat jedoch erst kurz vor dem 1-Jahres-Recall auf. Sobald eine erkältungsähnliche Erkrankung vorlag, war Zahn 26 zumindest fühlig. Um vor definitiver prothetischer Neuversorgung eine Aussage zu den apikalen Verhältnissen ermöglichen zu können, wurde 1 Jahr nach Revisionsbehandlung ein hochauflösendes DVT der Region angefertigt.

Bei der Betrachtung der verschiedenen Schnittebenen fällt der allseitig durchgehende Parodontalspalt positiv ins Auge. Lediglich bukkal der mesialen Wurzel ist dieser noch geringfügig erweitert. Insofern kann eine dentogene Ursache der vom Patienten beschriebenen Missempfindung bei Erkältung als unwahrscheinlich erachtet werden.

Und wenn mein einziges Werkzeug ein Hammer ist, …

von Ronald Wecker

… dann ist alles, was ich bearbeite ein Nagel!

Dieser von einem Kollegen stammende Ausspruch kommt mir immer wieder in den Sinn, wenn sich Patienten mit folgendem Befund „selbst überweisen“.

Zustand nach WSR vor 8 Jahren und anschließender prothetischer Versorgung. Seit einer Woche rasch zunehmende Beschwerden an Zahn 26 mit starker palpatorischer bukkaler Druckdolenz und immer geringerem Ansprechen auf gängige Schmerzmittel.

Therapieempfehlung des behandelnden Zahnarztes: erneute WSR beim MKG und der Beisatz: “ Da kann auch ein Endodontologe nichts mehr machen“. Wohlgemerkt,so geschehen im Jahre 2013.

Bereits der Blick auf das präoperativ angefertigte Röntgenbild und das Zählen bis „Drei“ liess den Verdacht auf ein nicht behandeltes MB2 System entstehen.

Das in solchen Behandlungsfällen (Zustand nach WSR mit retrograder WF) angefertigte DVT zeigte neben der Lage der retrograden Füllmaterialien eine deutliche Stufe im palatinalen Kanalsystem sowie enge räumlich Beziehungen zum Sinus maxillaris.

In symptomatischen Behandlungsfällen erfolgt die endodontische Therapie in unserer Praxis immer zweizeitig.

In der ersten Behandlungssitzung wurden alle orthograden und große Teile der retrograden Füllmaterialien entfernt und nach großvolumiger Irrigation eine medikamentöse Einlage mit CaOH2 eingebracht. Das Kontrollbild zeigt noch geringe Reste des retograden Materials die in der zwei Wochen später  statt gefundenen Obturationssitzung entfernt werden konnten.

Die Obturation in MB1 wurde dadurch erschwert, dass MB2 kurz vor dem Neoforamen in MB1 mündete. Um ein unvollständiges Ausfüllen von MB2 durch MTA zu verhindern, wurde nach Anlegen des kollagenen Widerlagers in MB2 eine den Kanalquerschnitt apikal gut ausfüllende Papierspitze eingebracht. Die Papierspitze wurde zunächst gut sichtbar bis in den Hohlraum des MB1 vorgeschoben und anschliessend soweit zurück gezogen, dass ein Platzhalter-Effekt für MB2 gegeben war.

Nach Einbringen des MTA in MB1 wurde die Papierspitze in  entfernt und MB2 in Squirtingtechnik obturiert. DB wurde ebenfalls mit MTA verschlossen. Das palatinale Kanalsystem wurde in modifizierter Schilder-Technik gefüllt.

Die Beschwerden waren bereits zwei Tage nach der Erstbehandlung vollständig abgeklungen. Die nachfolgenden Recalls werden zeigen, ob die durchgeführte Behandlung auch langfristig erfolgreich war.

Muss die Empfehlung zur erneuten WSR durch den Vorbehandler  als seltener Einzelfall betrachtet werden? Ist das Wissen um die Möglichkeiten der modernen Endodontie ausreichend weit im Kollegenkreis verbreitet?

Angesichts meiner eigenen Erfahrungen und der von Bonald Decker vorgestern und letzte Woche hier vorgestellten Behandlungsfälle kann die Antwort leider nur lauten: „Nein“.

Traurig, aber wahr.

WSR ohne WF

von Ronald Wecker

Immer wenn ich denke, schon alles gesehen zu haben, übertrifft die Realität das theoretisch Vorstellbare.

Die rechtfertigende Indikation für die Durchführung dieser Wurzelspitzenresektion hat sich für mich auch nach sehr langem Nachdenken nicht erschlossen.

Nach dentinadhäsivem Aufbau und Anlegen der Zugangskavität zeigten sich die Kanalorifizien in uneindeutiger Größe. Das Entfernen der retrograden Füllungsmaterialien war nicht vollständig möglich. Nach Obturation mit MTA wurde der Zahn adhäsiv verschlossen.

2 Jahre nach Abschluss der endodontischen Behandlung kann bis auf eine am distalen Aspekt der mesialen Wurzeln zu erkennende geringfügige Aufhellung von einer deutlcihen  Ausheilung der apikalen Parodontitis sprechen. Eine definitive prothetische Versorgung wird zeitnah angestrebt.

2D vs. 3D (XVIII)

von Ronald Wecker

Die erste endodontische Erfahrung musste dieser mittlerweile 22- jährige Patient mit 13 Jahren machen. Aufgrund des ausbleibenden Behandlungserfolges  und rezidivierender Schwellungen erfolgte dann vor ca. 4 Jahren die chirurgische „Intervention“ im Sinne einer Wurzelspitzenresektion mit retrogradem Verschluss in DB und MB.

Das zweidimensionale präoperative Bild lässt eine ausgedehnte knöcherne Lyse an Zahn 26 erkennen. Klinisch imponiert eine palpatorische Druckdolenz und eine Perkussionsempfindlichkeit. Eine Fistelung lag nicht vor.

Nach Entfernung der Verschlussfüllung zeigten sich im Pulpakavum große Reste nekrotischen Gewebes. Die Guttaperchaspitze in P schwamm in einer Mischung aus Sealerresten und Sekret und war durch einmaliges Spülen zu entfernen. Der apikale Durchmesser des ovalen Foramen in P betrug an der schmalsten Stelle ISO 60.

MB2 war nicht aufbereitet. Die Wurzelfüllmassen in MB und DB deutlich undicht. Nach Entfernung der Guttapercha konnte in DB das retrograde Material , welches leicht ausserhalb der Kanalmitte eingebracht worden war, visualisiert, mittels Microopener, Microdebrider und Endosonore-Feilen mobilisiert und anschliessend entfernt werden.

Aus DB entluden sich daraufhin spontan große Mengen einer klaren, viele kleine Kristalle enthaltende Flüssigkeit. Nach Spülung mit CHX konnten große Mengen einer putriden Flüssigkeit entfernt werden. Da das unter MB gelegene retrograde  Material nicht visualisiert werden konnte und die Art der sich aus DB entleerenden auf ein zystische Geschehen schliessen liess wurde ein intraoperatives DVT angefertigt.

Die große Ausdehnung des entzündlichen Prozesses wird erst hier deutlich. Die knöcherne Begrenzung fehlt nach bukkal. Zum Sinus scheint eine, wenn auch nur sehr dünne Begrenzung vorhanden zu sein. Das retrograde Material unter MB liegt distal und palatinal des Foramens von MB1.

Nach großvolumiger CHX-Spülung des Hohlraumes mit vorgebogenen 29 mm langen Navitip-Spülansätzen konnten erneut größere Mengen von putrider Flüssigkeit entfernt werden. Die Spülungen wurden solange durchgeführt, bis weder kristalline noch putride Flüssigkeit austrat. Die Trocknung des Hohlraumes erfolgte ebenfalls mittels Navitip-Kanülen.

Nach einer medikamentösen Einlage mit CaOH2 wurde der Zahn adhäsiv verschlossen.

Über den zweiten Teil der Behandlung wird an dieser Stelle berichtet werden.