Revision nach Resektion mit einigen Extras

Revisionen nach Resektion sind häufige Realität und nichts Ungewöhnliches mehr.

Der nachfolgende Behandlungsfall enthielt jedoch ein paar Besonderheiten.

Da wäre zunächst das verwendete Füllmaterial zu nennen. Es handelt sich in den Zähnen 12 und 11um apikale Verschlusskegel aus Titan die von Materiaux Precieux Mitte der 1990’er angeboten wurden.

Nach der Resektion erfolgte die orthograde „Aufbereitung“ mittels genormtem konischen Vorbohrers so, dass anschliessend ein exakt passender Titankegel in das apikale Wurzeldrittel eingebracht wurde. Das herausragen aus dem apikalen Wurzelende wurde billigend in Kauf genommen.

Als Zufallsbefund zeigte sich im DVD ein Mesiodens palatinal des Zahnes 21.

Beim Entfernen dieser Stift-Rarität wird der kleine Schacht im koronalen Teil des Kegels genutzt, der ursprünglich für die Aufnahme des Kegels mit einer Einbringhilfe vorgesehen war. Hier habe ich mir bei meinem ersten derartigen Fall ein ausgemustertes, ursprünglich diamantiertes Ultraschallinstrument so zugeschliffen, dass dieses exakt in die vorhandene Vertiefung des Kegels passt.

Nach Aktivieren des Ultraschallinstrumentes beginnt der Kegel in der Regel recht rasch zu rotieren, verbleibt aber nur selten am Instrument verklemmt (hier im Falle des 11 so geschehen) sondern verbleibt gelöst im Zahn. Die Entfernung ist dennoch unkompliziert, da ein Capillary-Tip von Ultradent Products im Durchmesser perfekt in die Kegelvertiefung passt. So kann der Kegel angesaugt und nachfolgend entfernt werden.

Der Rest ist wieder Routine. Kollagenes Widerlager, Obturation mit MTA und adhäsiver Verschluss.

Und der Mesiodens? Wird zunächst belassen und erst dann entfernt, wenn das Recall nach 6 und 12 Monaten keine Resolution der apikalen Pathologie zeigen würde. Erst danach wird die bis dahin eingeliederte langzeitprovisorische in eine definitive Versorgung überführt.

Verdachtsdiagnose Resorption?

Mit der alio loco erstellten Einzelaufnahme und der Verdachtsdiagnose einer Wurzelresorption stellte sich dieser männliche Patient zur Beratung vor.

Trotz der Qualität der Einzelaufnahme (unscharf, Sensorfolie verbogen, projektionsbedingte Verzerrung) ließ mich die Auswertung derselben die vom Überweiser gestellte Verdachtsdiagnose in Zweifel ziehen.

Das eigene Einzelbild erlaubte eine genauere Diagnose, die durch das anschliessend erstellte DVT bestätigt wurde. Anstelle einer Wurzelresorption lag eine unvollständige Wurzelfüllung und eine unvollständige Wurzelspitzenresektion mit fehlender retrograder Füllung vor.

Und der Grund für die Resektion war, wie häufig, dass der gegossene Stiftaufbau als nicht entfernbar angesehen wurde.

Interessant war, dass sich der Stift bereits beim Bearbeiten mit dem Hartmetallinstrument löste. Das sonst gerne von mir genutzte Thomas-Post-Puller-System blieb in seiner Sterilverpackung.

Nach initialer Spülung konnte ich sehen, dass eine im Querschnitt viel zu kleine Guttaperchaspitze in einem sehr weiten Wurzelkanal im Sealer schwamm.

Die Behandlung erfolgte einzeitig und die Obturation in bewährter Weise nach Anlegen eines kollagenen Widerlagers mit MTA.

7 Monate nach Abschluss der Revisionsbehandlung war der Zahn bereits vom Überweiser mit einer definitiven Krone versorgt worden. Die präoperativ bestandenen Beschwerden (Druckdolenz vestibulär, Perkussionsempfindlichkeit) waren vollkommen abgeklungen. Das Recall-Bild zeigt eine erkennbare knöcherne Regeneration.

Wenn schon, dann bitte richtig!

von Jörg Schröder

Immer wieder sehen wir Zähne nach Wurzelspitzenresektion die keine retrogradeFüllung aufweisen, deren retrograde Füllung nicht den Kanalquerschnitt abgedeckt, oder bei denen, aufgrund eines nicht aufbereiteten Wurzelkanals, die Resektion ins Leere zielt.

Nachfolgend ein Klassiker.

Offensichtlich hat sich die Variantenvielfalt der Wurzel- und Kanalanatomie unterer Prämolaren noch nicht flächendeckend herumgesprochen. Zweiwurzelige untere Vierer? Gibt es nicht. Und dann nimmt das Unglück seinen Lauf.

Die initiale Wurzelkanalbehandlung wurde von einer massiven Wurzelschraube im bukkalen Kanalsystem gekrönt. Nachdem die Behandlung nicht erfolgreich war – der nicht aufbereitete linguale Kanal blieb unentdeckt –  wurde die Resektion bis zur Wurzelschraube durchgeführt. Ohne retrograden Verschluss.

Ich warte auf den Tag, an dem vor endochirurgischer Intervention es „best practice“ ist, zunächst ein DVT zu erstellen, um präoperativ die Ursache des primären Misserfolges zu ergründen.

Revision zweizeitig:

  1. Sitzung: Ekr, präendodontischer Aufbau, Entfernung der Wurzelschraube, Aufbereitung des lingualen Kanalsystems, Entfernung periapikalen Fremdmaterials aus B, medikamentöse Einlage, temporäre Krone.

2. Sitzung: Kollagenes Widerlager in B, Obturation mit MTA, Obturation L in warmer vertikaler Kompakten, adhäsiver Verschluss.

Nun bleibt das Recall abzuwarten.

 

Saving Hopeless Teeth – ein Recall

von Jörg Schröder

Die Durchführbarkeit endodontischer Revisionbehandlungen nach erfolgter Wurzelresektion wurde hier schon oft gezeigt.

Solange eine retrograde Wurzelfüllung noch nicht eine Selbstverständlichkeit, sondern eher eine Seltenheit darstellt, sind Misserfolge nach Resektion nicht verwunderlich.

Denn die Ursache der periapikalen Pathologie, die bakterielle Kontamination des Kanalsystems/der Kanalsysteme und eine Kommunikation zwischen Kanalhohlraum und periapikalem Gewebe, sorgen für das Fortbestehen der apikalen Aufhellung auch nach respektiver Massnahme.

Dass die Resektion bis zum apikalen Teil eines Wurzelstiftes die Etablierung einer retrograden Füllung geradezu artistisch werden lässt, in der Regel aber verunmöglicht, kommt in nachfolgendem Beispiel noch hinzu.

Erfreulich, dass 8 Jahre nach Durchführung der endodontischen Revisionsbehandlung das Recall-DVT klar zeigt, dass die Behandlung ein voller Erfolg gewesen war.

Und bevor ob der Tatsache, dass ich zu Recallzwecken ein DVT angefertigt habe, eine Empörungswelle entsteht, sei erwähnt, dass  der überweisende Kollege aufgrund ab und zu auftretender Missempfindungen an Zahn 21 eine Vertikalfraktur der Wurzel vermutete. Diese konnte sicher ausgeschlossen und die apikale Ausheilung deutlich gemacht werden.

Der Grund für die Beschwerden lag in einer über die Jahre hinweg zunehmenden Rotation des Zahnes 31, sodass es in der Folge zu  protrusiven Frühkontakten und den entsprechenden Missempfindungen kam. Die für eine Vertikalfraktur typischen klinischen Befunde – insbesondere palpatorische Druckdolenz, Schwellung oder isolierte Sondierungstiefen – fehlten.

Hätte ich den Patienten 8 Jahre nach erfolgter Behandlung wiedergesehen, wenn es keine Beschwerden gegeben hätte? Vermutlich nicht.

Warum nur?

Dass das Wissen um die Behandlung von Zahntraumata nicht weite Verbreitung gefunden hat, ist eine traurige Tatsache, wie der von Christoph gerade eingestellte Fall leider einmal wieder zeigt.

Dass es um das Wissen der Ursache einer periapikalen Pathologie nach erfolgter endodotischer Behandlung mindestens genauso schlecht bestellt ist, zeigen die allwöchentlichen Vorstellungen von Patienten mit Zähnen, die einen Zustand nach erfolgloser Resektion aufweisen.

Wird es jemals möglich sein, dass die eine Resektion ausführenden Kolleginnen und Kollegen vor dem Eingriff ganz kurz nachdenken, warum die Erst- oder Zweitbehandlung fehlgeschlagen ist? Und dass das einfache Abschneiden der Wurzelspitze vollkommen an der Ursache vorbeigeht, die selten in einer extraradikulären, sondern vielmehr in einer intrakanalären bakteriellen Kontamination zu suchen ist.

Und dass es sinnvoll ist eine retrograde Wurzelfüllung anzufertigen, die einen dichten apikalen Verschluss ermöglicht. Auch wenn das heisst, dass die retrograde Füllung eine Schichtstärke von mehr als 0,5 mm aufweisen sollte? Standardwissen. Eigentlich. Und dennoch immer wieder dasselbe Bild:

Die Inhomogenität der Obturation, die hier eher mit dem Glasfaserstift, als mit Guttapercha erfolgte ist bereits im 2D-Bild zu erkennen. Und dass die retrograde Präparation hier eher als anspruchsvoll bezeichnet werden kann, führte wohl zur Abkehr vor derselben.

Da schäme ich mich fremd und wünsche mir am Ende meiner beruflichen Laufbahn, dass es irgendwann einmal in einem Semester des Zahnmedizinstudiums einen Kurs geben wird, der das Erkennen der eigenen Grenzen und den lösungsorientierten Umgang mit der Tatsache vermittelt, dass einfach nicht Jede und Jeder alles machen machen sollte, wozu er qua Approbation berechtigt ist. Und zur ständigen Frage animiert: Kann ICH das Problem vorhersagbar lösen? Und am Ende des Kurses nehmen alle, die teilgenommen haben eines mit: Es ist keine Schande, sondern Größe, zuzugeben, dass man nicht jede Behandlung so ausführen kann, wie es der jeweilige Fall erfordert.

Alio loco war bereits ein DVT erstellt worden, welches jedoch zeigt, wie wichtig die Expositionsparameter für ein hochpräzises Ergebnis sind und was passiert, wenn diese vom Optimum abweichen. Für ein X800 M ein eher mässiges Bild.

Zurück zum Behandlungsfall. Die Behandlung erfolgte aufgrund der klinischen Symptomatik zweizeitig. Eine wenig kniffelig war die Entfernung des apikalen Teils des Glasfaserstiftes. Grundsätzlich entferne ich Glasfaserstifte mittels Munce-Rosenbohrer. Sehr vorhersagbar, wenn es apikal der Stifte noch Obturationsmaterial gibt.

Wenn, wie hier, apikal des Stiftes nur apikale Lyse vorhanden ist, besteht die Gefahr, den apikalen Stiftanteil in den periapikalen Raum zu verbringen. Daher setzte ich hier U-Files ein, deren Arbeitsende ich mit einem Seitenschneider ca. 0,5 mm kürze. Das so geschärfte Arbeitsende zerlegt die Glasfaser erheblich besser, als die nichtmodifizierten U-Files.

Dabei gehe ich vom Rand des Stiftes aus und arbeite ich mich allmählich im Randbereich kreisförmig so lange um den Stift herum, bis sich dieser von der Kanalwand im Stück löst. In der Regel ist ein Freilegen von 240- 270 Grad notwendig, um die Klebung aufzubrechen.

Die Obturation erfolgte aufgrund des weiten Neo-Formens und der apikalen knöchernen Krypte nach Anlegen eines Kollagenen Widerlagers mit MTA.

Der Schein trog!

Betrachtete man sich das mitgebrachte DVT erschien die vorhandene Obturation dicht, wandständig und in der Länge optimal. Dennoch ist der Zahn nunmehr fast 2 Jahrzehnte nach dem Trauma im Kindesalter immer noch/wieder beschwerdebehaftet.

Nach dem Frontzahntrauma mit ca. 12 Jahren erfolgte zunächst eine nicht erfolgreiche endodontische Primarbehandlung und mit im Alter von ca. 20 Jahren einen Resektion der Wurzelspitze. Eine Ausheilung der chirurgischen Zugangskavität erfolgte jedoch nicht.

Zudem imponierten wiederkehrende Schwellungen labial und palpatorische Druckdolenzen.

Nach Anlegen der Zugangskavität zeigte sich eine Obturation des sehr weiten Kanalquerschnittes mittels mehrerer eingebrachter Guttaperchaspitzen.

Die gesamten Wurzelfüllmassen wiesen zwischen Kanalwand und Obturationsmaterial deutliche Kontaminationsspuren auf.

Bereits nach Abschluss der ersten Behandlungssitzung war der zuvor schmerzempfindliche Zahn 21 beschwerdefrei gewesen. Die mechanische Bearbeitung der Kanalwände wurde mit einem XP-Finisher durchgeführt. Nach ausgiebiger Irrigation wurde die Obturation nach Anlegen eines kollagenen Widerlagers mit MTA durchgeführt.

Bleibt zu hoffen, dass das Recall eine Ausheilung der apikalen Pathologie zeigen kann.

Fremdschämen

von Jörg Schröder

Wir alle sind fehlbar. Behandlungen laufen nicht immer so komplikationsarm wie vorab gewünscht oder geplant. Aber der nachfolgende Fall löst bei mir das sehr starke Gefühl des Fremdschämens aus.

Hier wurde von Hauszahnärztin und Oralchirurg dafür „gesorgt“ dass in einem Karies- und restaurationsfreiem Gebiss ein Zahn (25) so „behandelt“ wurde, dass aufgrund persistierender Beschwerden schliesslich die Extraktion bei dieser 32-jährigen Patientin empfohlen wurde.

Auf die erste Kompositfüllung (klein) folgte eine zweite. Dann die endodontische Behandlung. Die interessierte Patientin fragte nach Internetrecherche nach, ob die nun anstehende endodontische Behandlung unter Kofferraum erfolgen würde. So etwas sei in diesem Fall nicht notwendig, war die Antwort der Kollegin.

Nachdem die endodontische Behandlung nicht zum Erfolg führte, wurde der Zahn ein erstes Mal residiert. Ohne Erfolg, da genau wie beim zweiten Mal, eine retrograde Wurzelfüllung fehlte.

Und die Ursache allen Übels, ein nicht gefüllter palatinal der Guttapercha gelegener Raum, immer noch kontaminiertes Gewebe enthielt.

Die Revisionsbehandlung erfolgte einzeitig. Nach Darstellung des nicht aufbereiteten Kanalabschnittes wurde die vorhandene Obturationsmasse mittels U-File zerkleinert und schliesslich durch Passieren mittels Micro-Debrider nach koronal entfernt.

Um das kollagene Widerlager daran zu hindern, in den palatinalen Kanalanteil hineingedrückt zu werden, wurde als Platzhalter eine Papierspitze ISO 40 in eben jeden Kanalanteil platziert.

Die Obturation wurde mit MTA Angelus durchgeführt und der Zahn adhäsiv verschlossen.

Der schwierigste Teil dieser Behandlung? Die Aufklärung über die Zusammenhänge und Ursachen ruhig und neutral zu gestalten.

Apical Fishing

von Jörg Schröder

Irgendwie haben es mir extraradikulär gelegene Materialien, wie man sie vor Revisionsbehandlungen häufig antreffen kann, angetan. Genau genommen, der Versuch, sie orthograd zu entfernen.

Und klar: Häufig wäre der chirurgische Weg auch unter Umständen einfacher. Und schneller.

Andererseits haben gerade Patienten, deren zu revidierende Zähne (und sie selbst) bereits eine Wurzelspitzenresektion durchgemacht haben, oftmals kein gesteigertes Interesse an einem erneuten chirurgischen Eingriff.

Im vorliegenden Fall traten mehrere Jahre nach der resektiven Massnahme zunächst Berührungsempfindlichkeiten und später dann eine aktive Fistelung labial des 21 auf.

Das präoperative Einzelbild lässt bereits vermuten, dass der zum Zeitpunkt der Erstbehandlung sehr weite Kanalquerschnitt mittels lateraler Kompakten „gefüllt“ wurde. Typisch dafür die feinen Trennlinien zwischen den einzelnen Guttaperchastangen. Die retrograde Wurzelfüllung erscheint disloziert und die Ätiologie der apikalen Pathologie somit klar.

Aber erst das DVT zeigt das eigentliche Problem. Das retrograde Material liegt labial des Neoforamens und kann nicht visualisiert werden. Was tun?

In diesem Fall war ich auf zwei Szenarien vorbereitet und hatte diese im Vorfeld mit dem Patienten besprochen. Da sich die Lage des retrograden Verschlusses im DVT genau bestimmen ließ, sollte nach Entfernung der Wurzelfüllmassen zunächst versucht werden, den Retro-Plug ins apikale Sichtfenster zu bewegen. Nur im Falle des Nichtgelingens war vorgesehen dieses Material in der zweiten Sitzung nach der Wurzelfüllung mit MTA chirurgisch zu entfernen.

Glücklicherweise gelang das erste Vorhaben. Zu diesem Zweck hatte ich einen Microopener so individualisiert, dass ich ihn nach Entfernung der Obturationsmassen zunächst in mesio-distaler Richtung, sozusagen quer, in den Kanal einbringen konnte.

Eine Längenmarkierung per Edding zeigte mir, wann ich mich apikal des retrograden Verschlusses befand. Dann war der Plan durch eine 180-Grad-Rotation des Microopeners von distal nach mesial die Masse ins Sichtfenster zu bewegen. Was nach dem 3. oder 4. Versuch auch gelang.

Nun galt es nur noch, das Verschlussmaterial, da größer als das Neoforamen, mittels Ultraschallfeilen zu zerkleinern, um die dann transportablen Stücke nach orthograd zu entfernen.

Der Rest war dann gute Routine: Med CaOH2. Erneute Irrigation, kollagenes Widerlager und MTA Obturation in Sitzung zwei.

Letzte Woche dann das sehr erfreuliche Recall.

Dazu ein Bonmot von Henry Ford:

„Es gibt mehr Menschen die kapitulieren, als solche die scheitern.“

Es geht sicher nicht alles. Aber manches Mal mehr, als wir ursprünglich für möglich erachten.

Letzte Möglichkeit WSR?

von Jörg Schröder

Ein betrüblicher Klassiker: die endodontische Erstbehandlung an einem Zahn 21 schlägt fehl. Als letzte Möglichkeit den Zahn zu erhalten, wird sofort chirurgisch interveniert.

Ob sich jemand vor dem Eingriff wohl die Frage gestellt hatte, warum die Erstbehandlung fehlschlug? Ein einfaches Einzelbild und die Anamnese hätten zur Erhellung beigetragen. Die Wurzelfüllung ist alles andere als homogen. Die mittlerweile 30 jährige Patientin erlitt im Alter von 9 Jahren eine Frontzahntrauma in dessen Folge die endodontische Erstbehandlung erfolgte.

Das weite Kanallumen wurde, wie die klinischen Bilder zeigen, mit mehr als 15 verschiedenen Guttaperchastangen im Sinne einer kalten lateralen Kompaktion gefüllt. Vor 2o Jahren mitunter noch das Vorgehen der Wahl. Das Verhältnis Sealer zu Guttapercha betrug in etwa 1:1 mit kleinen Vorteilen für den Sealer.

Ungefähr 8 Jahre nach der Erstbehandlung traten erste klinische Symptome in Form rezidivierender Fistelungen auf, sodass eine Resektion der Wurzelspitze empfohlen und durchgeführt wurde. Ein retrograder Verschluss erfolgte, wies jedoch stark unterschiedliche Materialstärken auf. Nach einer weiteren Dekade traten erneut Beschwerden an Zahn 21 auf.

Radiologisch imponiert an der dünnsten Stelle der retrograden Wurzelfüllung eine distolabial gelegene Aufhellung.

Die vorhandenen Obturationsmassen waren deutlich sichtbar kontaminiert. Nach ultraschallunterstützter Entfernung derselben (ET 25 Ansatz im mit NaOCl gefluteten Kanal) konnte die retrograde Wurzelfüllung visualisiert werden.

Bei der Entfernung des retrograden Verschlusses gab das DVT wertvolle Hinweise. Die apikale Lyse war labil stärker als palatinal ausgeprägt. Die dünnste Stelle des Verschlusses lag ebenfalls eher labial. Mittels Endosonorefeile wurde daher zunächst der retrograde Verschluss im labilen Querschnittsdrittel entfernt und die gelösten Zementfragmente durch intensives Spülen entfernt. Ich achte darauf, möglichst größere Teile herauszulösen, da diese besser herausgespült oder mittels Micropener bzw. Microdebrider an der Kanalwand hoch gerollt werden können. Nachdem etwa die hälfte der retrograden Füllung entfernt war, habe ich die verbleibende Masse in der Mitte in oro-vestibulärer Richtung getrennt.

Aus DVT war ausserdem ersichtlich, dass ein Teil der retrograden Füllung (mesial und etwas palatinal gelegen) nicht direkt einsehbar sein würde. Das intraoperativ angefertigte Einzelbild (wichtig um eventuell vagabundierende Partikel zu erkennen) zeigt dies deutlich.

Um die Lage dieses Restes zu ermitteln bediene ich mich der optischen Eigenschaften der klaren Spüllösung. Ich flute den Kanal und reduziere das Flüssigkeitsniveau mittels Mikroabsaugung bis der Pegel etwas oberhalb des retrograden Füllungsmaterials steht. Dabei wirkt die Spüllösung aufgrund ihrer Oberflächenspannung wie ein gekrümmter Spiegel, sodass ich den hellen Zement deutlich an der palatinalen Wand der retrograden Präparation erkennen kann. Anschliessend wird die Streckenlänge von der Kanalsenkrechten bis zur Rückwand im DVT ermittelt und eine Endosonore-Feile so vorgebogen, dass diese „No-Look“ bis an die palatinale Kanalwand geführt werden kann. Dabei muss der Anteil nach der Krümmung so groß sein, dass die Wand des Kanals sicher erreicht werden kann und die Feile nicht an der senkrechten Kanalwand gedämpft wird.

Nun wird der Kanal trocken gesaugt, die vorgebogene Endosonore-Feile auf Kontakt (mit dem Rest der retrograden Füllung) gebracht und kurz aktiviert. Nach 2-3 kurzen Impulsen zeigte sich die halbierte retrograde Füllung im Sichtfenster und konnte anschliessend problemlos heraus gespült werden.

Das kollagene Widerlager anzulegen war aufgrund der schrägen Resektionsfläche ein wenig kniffelig, scheint aber, wie das Kontrollbild zeigt, gut gelungen zu sein. Die Obturation des Kanals wurde mit grauem MTA Angelus durchgeführt. Der Zahn wurde zur Aufhellung bei der überweisenden Kollegin vorbereitet ( tiefe adhäsiver Abdeckung der Obturationsmasse)  und abschliessend temporär, mit der Möglichkeit zum einfachen Reentry, verschlossen.

Herausgeangelt!

von Jörg Schröder

Ein häufiger Nebenbefund bei Zähnen, die bereits erfolglos orthograd endodontisch und nachfolgend endo-chirurgisch behandelt wurden, stellen im Periapikalbereich befindliche Fremdmaterialien dar. Nicht selten sind die retrograden Füllungsmaterialien ganz oder in Teilen disloziert und erfüllen ihre abdichtende Funktion nicht mehr.

Während unmittelbar unter dem Neo-Foramen gelegene Materialien sehr vorhersagbar über den zuvor „beräumten“ Kanal entfernt werden können, sieht es bei nicht unter dem Foramen gelegenen Fremdkörpern bereits deutlich schwieriger aus.

Conditio sine qua non für eine orthograde Entfernung ist hier die präoperative 3D-Diagnostik per DVT. Nur so lässt sich die Position der zu entfernenden Materialien in Relation zum Foramen erfassen und geeignete Entfernungstechniken ausgewählt werden.

Warum sollten diese Materialien entfernt werden? Weil sie in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle deutliche Spuren bakterieller Kontamination aufweisen.

Wie gelingt es, das nicht Sichtbare sicht- und entfernbar zu machen?

Im DVT können die Abstände der Materialien zum Rand des Neo-Formens und die Position im Raum recht genau bestimmt werden.

Nachfolgend ist ein wenig Geduld gefragt, um das zur Entfernung ausgewählte Instrument, hier ein Microopener, so zu individualisieren, dass es zum einen durch den in der Weite weitgehend unveränderlichen Kanalquerschnitt passt und zugleich geeignet ist, dass Material zu hinterfahren und in das foraminale „Sichtfenster“ zu bewegen.

Da die retrograde Präparation weiter ist, als der Kanalquerschnitt, gilt es dann, die retrograden Füllungen per Ultraschall-Feile zu zerkleinern. Nur so kann das Material orthograd entfernt werden. Auch hier ist Vorsicht geboten, um es nicht unbeabsichtigt in den zum Teil großen periapikalen Entzündungsbereich zu verschieben.

Der nachfolgende Behandlungsfall zeigt das oben Beschriebene.

Anamnestisch gab der Patient an, im späten Jugendlichenalter ein Frontzahntrauma erlitten zu haben. Die durchgeführte endodontsiche Behandlung schlug fehl, weil offensichtlich die dritte Dimension des Kanals deutlich unterschätzt wurde. Die Obturation erfolgte in lateraler Kompaktion, wie die Bilder eindrucksvoll zeigen.

Die Behandlung erfolgte zweizeitig. Nach Entfernung aller Fremdmaterialien wurde CaOH2 eingelegt und die Zugangskavität adhäsiv verschlossen. Zu Beginn der zweiten Behandlungssitzung, 3 Wochen später, war die zuvor bestehende vestibuläre Fistelung bereits abgeheilt.

Die Obturation erfolgte nach Anlegen eines kollagenen Widerlagers mittels MTA.

Interessant zu sehen, wie die Obturation auch die noch verbliebenen apikalen Anteile der retrograden Präparation ausgefüllt hat.