vor 7 Jahren

von Bodald Wecker

Vor 7 Jahren kam der Junge mit der Schneidekante seines 11 in der Hand zu mir in die Praxis. Sein Blick war etwas betrübt, der der Mutter eher verzweifelt.

Diagnose: Schneidekantenfraktur, keine Plupabeteiligung
klinisch nur eine minimale Lockerung, röntgenologisch keine Fraktur zu erkennen.

In der Praxis mit vollen Terminplan freut man sich dann nur bedingt, wenn solche Fälle dazwischengeschoben werden müssen. Das Schöne allerdings war, dass es nur ein Fragment war, und das liess sich exakt reponieren.

Also das Fragment gewässert, Anästhesie (im Foramen infraorbitale ein kleines Depot, dann springt indem der 12-jährige nicht an die Decke, wenn man direkt am oberen Einer infiltriert), Kofferdam, Zahn und Fragment am Schmelz geätzt, mit Syntac (jetzt classic, damals nur Syntac) Primer, Adhesive, Heliobond und einem Tropfen Tetric Flow beschickt und zusammengeführt, was zusammen gehört.
40 sek. Licht und die Überschüsse entfernt und poliert.

Nach der Behandlung hat der Junge wieder gestrahlt, die Mutter war noch skeptisch.

Und heute, nach 7 Jahren, sieht es so aus:

Die Klebestelle ist nach Lufttrockung und guter Beleuchtung eindeutig zu erkennen.
Aber auch nur da, im normalen Leben ist nichts davon zu erkennen. Ich schätze, das eine oder andere Jahr wird es noch halten.

Mittlerweile dufte der skeptische Blick der Mutter wieder vergangen sein ;-)

Kleines Trauma

von Bodald Necker

Junge,  12 Jahre. Schwimmbad. Irgendwo war es glatt.
Die komplette Schneidekante am 11 war abgebrochen, die Pulpa gerade nicht eröffnet, Gott sei Dank.
Und die Mutter war so gut, und hat das abgebrochene Fragment gesucht, gefunden, mitgenommen und ist gleich mit ihrem Sohn in die Praxis gekommen.

Wir haben das abgebrochene Stück gewässert, mit Syntac und Tetric-Flow wieder angeklebt.
Die Mutter war überglücklich. Der Sohn auch.

Nach 5 Jahren sieht es so aus.

Der Zahn ist immer noch vital.
Und hält.

Wir sind zufrieden.
Von Sohn und Mutter kamen bis jetzt auch keine Beschwerden.

Retro ist angesagt

von Stefan Verch

Schon in den 1920ern waren erstaunliche Grundlagen zur Parodontitis bekannt. Da muß man nur mal die alten Schinken wälzen… War alles schon mal da?

Naja, ich bin auch retro.

Zumindestens , was das Zementieren von Vollkeramiken angeht.

Was habe ich nicht alles genommen: Rely X, Multilink und ach ja – unbedingt Panavia!

Ich habe bei allen diesen Systemen ein riesiges Problem: Wie kontrolliere ich die Überschüsse? Wie nehme ich sie weg? Anhärten, brechen? Aushärten, brechen? Wegwischen – verwischen…

Ich durfte an der FU Berlin Prof Roulet kennenlernen, damals , in den Steinzeit 80ern. Roulet war sicher einer der Adhäsivpäpste, mein heutiges Wissen basiert auf der guten Ausbildung durch Roulets Abteilung.

Roulet propagierte damals – vielleicht erinnert sich noch einer: die Vollkeramiken hießen DICOR und waren aus Glas… – eine neue Art des Zementierens. Ob er es erfunden hat? Weiß ich so nicht mehr. Aber er propagierte es. Statt irgendwelcher flüssigen dualhärtenden Zemente auf Kompositbasis, nahm er auf einmal ein hochvisköses Paste-Paste Kompositgemisch, das als Zement ohne Hilfsmittel nicht anwendbar war. Er wollte so für die Fuge einen hochgefüllten Kompositzement, der sich nicht so leicht auswusch. Mittels einer gummierten Ultraschallspitze , die er auf das zu zementierende Keramikteil setzte, rüttelte er den Zement ein. Dies ging erstaunlich gut. Problem war für mich, dass die Ultraschallaktivierung die oftmals retentionsarmen Teilkronen irgendwohin schwimmen ließ oder der Zement gar durch Wärme, die eigentlich gar nicht von der Gummispitze entstehen konnte (….) vorzeitig erstarrte. Auch die Anmischung der zwei pastösen Komponenten war nicht einfach…

Alles in allem  – nach der ein oder anderen Bisserhöhung durch eingefrorenen Zement oder ungenauen Sitz der Teilkrone – wechselte ich wieder zu den niedrigviskösen Zementen.

Anfang dieses Jahres hatte ich  das Zemententfernen satt: unter der Lupe oder dem Mikroskop konnte einem nur schlecht werden, was Überschüsse anging, die zahnsubstanzschädigend entfernt werden mussten – mit viel Zeit! Irgendwie kam mir der Fortschritt irrwitzig vor: das Zementieren dauerte länger, die Überschussentfernung war ein Graus und die Frage, ob es denn das bessere Zementieren wäre, konnte ich auch nicht beantworten. Harvard Zement hielt ja auch jahrzehntelang und ist erstklassig und substanzschonend zu entfernen!

Da stieß ich auf mein Uraltwissen: warum nicht ein hochvisköses Komposit nehmen? Paste-Paste? Nein, das nun nicht wieder… aber warum nicht ein Hybridkomposit wie Micerium Enamel HFO?

Micerium Enamel HFO ist selbstglättend ( dafür schätze ich es als Dentinkern, der sich anschmiegt) und ist fast flüssig, wenn ich es auf meine Spezialwärmeplatte bei 55 ° Grad lege. Andere Komposite sind ungeeigneter. Dieses hier jedoch fließt unter Druck hervorragend.

Gedacht, gemacht: eine 2-3 mm dicke grobe Schicht ins Lumen ( die silanisierte Keramikkrone oder Teilkrone benetze ich vorher noch mit Optibond FL Bondig hauchdünn) und dann mit gleichmäßigem Fingerdruck das Zementieren beginnen. Schon fließt unter dem alleinigen Fingerdruck eine schöne Fahne aus der Fuge. Die kann man sehr kontrolliert mit der Sonde oder einer Endonadel wegpuhlen – ohne Reste!!!

Zum Anfang hatte ich auch noch die gummierte Zementierhilfe fürs Sonicsys System benutzt. Aber der alleinige Fingerdruck reicht aus, um die Krone richtig in situ zu bringen. Nach dem finalen letzten Überschussentfernen – ich drücke immer noch einmal nach – bleibt der Finger auf dem Werkstück, bis die Lampe die erste Härtung gemacht hat. So kann nichts mehr verrutschen, denn beim Überschussentfernen zwischendurch kann es durchaus zu einem kleinen „Verschwimmen“ des Werkstückes kommen.

Angst , dass die reine Lichthärtung nicht ausreicht? Nein!

Erstens habe ich zwei Valo LED Lampen… und zweitens leiten die EMAX  Keramiken das LED Licht bis in die Tiefe, auf jeden Fall… ich glaube man könnte noch palatinal Härtung erzielen, wenn man bukkal an der EMAX Keramik die Valo ansetzt…

Der Zahn wird übrigens so konditioniert, wie ich es hier im Blog schon mal beschrieben habe: mit Syntac classic und ausgehärtet- sage einer, Retro sei nicht angesagt!!!!

Im Falle eines Falles klebt Pattex wirklich Alles… (Teil 2)

von Stefan Verch

Adhäsives Zementieren im Hinblick auf  Bondingsysteme: Meine Empfehlungen.

 

2. Indirekte Restaurationen – Vollkeramik

Veneers setze ich mit lichthärtenden Flowkompositen (Tetric Flow) ein. 
Tiefere Onlayversorgungen aus Sinterkeramik oder Empress setze ich adhäsiv mit dualhärtenden Kompositzementen ein ( Rely X ARC ,  ohne Amine  und „vergilbt“ daher nicht mit der Zeit).
In beiden Fällen benutze ich Syntac Classic, das ein Adhäsivsystem der Dinosaurierklasse ist, aber weiterhin Goldstandard bietet.
Zudem ist es sehr gut geeignet, wenn man das Adhäsiv VOR dem Zementieren aushärten will. Dies hat den Vorteil, daß man die Schrumpfung schon vorher abschließen kann in der Hybridschicht und die Kavität provisorisch herkömmlich versorgen kann.
Durch die Sandstrahlung und Pulverstrahlung erfolgt zudem eine Reinigung der Kavität, so daß die Klebung auf sauberem, nicht kontaminiertem Dentin erfolgt.
Ätzen und Vorbereitung der Kavität ist daher entsprechend dem obigen Vorgehen – aber Vorsicht beim Sandstrahlen! Dies sollte sehr, sehr kurz pro Fläche erfolgen.

Am besten sieht man die richtige Vorgehensweise, wenn man adhäsive Unterfüllungen/Aufbauflächen sehr präzise von visuell „glatt mit Finierspuren“ in visuell „matt ohne Finierspuren“ überführt.

So erreicht man eine optimale Anrauhung und Säuberung der Kompositflächen UND des verunreinigten Dentins. Passungsprobleme ergeben sich nicht, auch wenn man natürlich auch die Ränder anrauht und dort kleine Ungenauigkeiten erzeugt. Ich messe dem Säubern eine größere Bedeutung bei.
Das Befeuchten ist obigen Vorgehen analog.
Primerauftrag ( auch hier wird mittels Microbrush gezielt und nicht pfützenbildend, sondern präzise glanzbildend auf all e Kavitätenflächen aufgetragen; dadurch vermeidet man die Benetzung kavitätenferner Dentinwände, auf die der Dualzement ansonsten ggf. haften könnte )und Einwirkung (30 sec!) entsprechen dem obigen Vorgehen, die Verdunstung des acetonhaltigen Syntac – Primers ist jedoch einfacher.
Die Zwischenstufe des dreistufigen Syntac , das Adhäsiv in der weißen Flasche, wird ebenso aufgetragen und nach 30 Sekunden analog vom Lösungsmittel befreit.
Vor dem Bonding ist die Kavität überall glänzend (das Adhäsiv bringt im Gegensatz zum Primer eine glänzende Schicht nach der Lösungsmittelverblasung)und die Finierspuren im Dentin sind im Profil zu erkennen.
Das Bonding wird genauso präzise, dünn und gezielt (kein Bonding über die Präpgrenze!!) aufgetragen und nach dem Verblasen (Puster und kleiner Sauger) eventueller zu dicker Auftragsstellen (wo man die Finierspuren nicht mehr sieht)schließlich kontrolliert, ob alle Stellen der Kavität glänzen, aber keine Pfützen aufweisen. Die Finierspuren im Dentin müssen als Profil zu sehen sein! Dann kann die Kavität lichtgehärtet werden. 
Es kam noch nie zu einem Passungsproblem durch einen zu dicken Bondingfilm! 
Nach dem separaten Lichthärten wird der dual härtende Zement oder der lichthärtende Zement mit der Restauration eingesetzt; auch die rein chemisch aushärtenden Gruppen des Dualzementes finden Bindungen zu den nicht ausgehärteten Molekülen der Inhibitionsschicht des Syntac classic. Zudem erreicht man heutzutage mit guten LED Aushärtungsgeräten fast alle Bereiche der Kavität durch langangesetzte Aushärtezeiten und Lichtfortleitung; dadurch ist eine zusätzliche Lichtaushärtung möglich.

Im Falle eines Falles klebt Pattex wirklich Alles (Teil 1)

von Stefan Verch

Adhäsives Zementieren im Hinblick auf  Bondingsysteme: Meine Empfehlungen.

Allgemein: Ich verwende Optibond FL für direkte Restaurationen und Syntac Classic für indirekte Restaurationen im Vollkeramikbereich.
Beide Materialien kosten zwar etwas mehr Zeit und Aufwand als One Bottle Systeme, bieten aber weiterhin Goldstandard und klinische Bewährung. Zudem ist Ihr Handling zu den beschriebenen Verfahren sehr gut passend und kontrollierbar.

1. Direkte Restaurationen

Alle Kavitäten werden gesandstrahlt (Haftungsflächenvergrößerung, Smearlayer –  Entfernung, sklerosiertes Dentin wird mechanisch angerauht) und pulvergestrahlt.
Ich wende das Total Etch – Verfahren an: 30 Sekunden Schmelz- und 20 Sekunden Dentin –  Ätzung. Es folgt die Trocknung des gesamten Gebietes, auch der Nischen in den Matritzenräumen und am Keil usw.
Um eine Austrocknung (Spaghettiklebeeffekt) zu verhindern, wird das Dentin danach wieder befeuchtet. Ein weißer Microbrush wird in Wasser getaucht und einmal kurz am Traypapier aufgestoßen; dann wird das Dentin betupft. Schmelz und Dentin sind danach glänzend naß, aber nicht überflutet. Diese Feuchtigkeit wird nun reduziert, so daß der Schmelz nicht kalkweiß erscheint, aber nicht mehr glänzend ist. Es ist eine bestimmte Lichtbrechung, die man schnell in Erfahrung bringt. Das Dentin ist entsprechend matt, aber nicht so trocken wirkend wie nach dem ersten Trockenpusten.
Ich benutze einen Speichelsauger ohne Abdeckkappe, den ich -kurz sehr nahe- oder -länger und mit Abstand- (über Matritzenrändern) ansetze. Sollten doch noch kleine glänzende Stellen sein, dann puste ich ganz vorsichtig mit sanftem Strahl diese Stellen matt, jedoch nie  trocken.
Der Primer wird auf die weiße Microbrush gegeben, frisch, nicht aus einem Dappenglas und gerade nur so viel, daß die brushes vollgesogen sind.
30 sekündiges Einbürsten bringt höhere Haftwerte. Der Alkohol als Lösungsmittel muß dann verblasen werden; dies geschieht mit dem oben genannten sanftem Strahl. Man sieht richtig, wie das Glänzende weicht und ein seidenmatter Glanz auf Dentin und Schmelz bleibt. 
Das Adhäsiv wird auf einen separaten Zettel gegeben, und zwar eine sehr feine Menge, in die der Microbrush getupft wird, so daß die Fasern vollgesogen sind, aber nicht gesättigt.
Diese Beschickung hat den Vorteil, daß man sehr gezielt Schmelz und Dentin „betupfen“ kann und eine dünne, suffiziente Bondingschicht aufbringen kann, die danach nicht mehr „verblasen“ werden muß.
Diese Schicht wird 20 Sekunden lichtgehärtet.