Dens invaginatus reloaded

von Ronald Wecker

Vor mehr als einem Jahr wurde dieser Fall hier auf Wurzelspitze erstmals vorgestellt.

Nach Entfernung der Invagination unter dem Dentalmikroskop wurde aufgrund des noch weit offenen Formens ein regenerativer Behandlungsversuch unternommen.

Das radiologische Recall nach etwas mehr als einem Jahr zeigt, dass sowohl Wurzellängen- als auch Wurzeldickenwachstum fortgeschritten sind.

Es besteht somit die Hoffnung, dass das zu Behandlunsgbeginn formulierte Ziel, den Zahn bis ins implantationsfähige Alter zu erhalten, erreicht werden kann. Jedes darüber hinaus erreichte Jahr des komplikationslosen Verbleibens ist als  willkommenes Geschenk zu sehen.

State of the Art

von Ronald Wecker

Das ist das Behandlungsniveau das man als Patient in einer deutschen Universitäts(zahn)-Klinik erwarten sollte. Finde jedenfalls ich.

Und wenn die behandelnden (Zahn)-Ärzte ein Krankheitsbild nicht oder nicht sicher diagnostizieren können, sollten sie, zum Wohle des Patienten, zumindest an mit dem nötigen Wissen ausgestattete Behandler überweisen oder solche hinzuziehen. Zumal die im konkreten Fall beteiligte Hochschule im Bereich der Endodontie eine Kooperation mit einem versiertern Endodontologen unterhält. Dass diese Kooperation den dortigen Kollegen der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie offensichtlich unbekannt gewesen sein muss, zeigt nachfolgender Behandlungsfall.

Der 9-jährige Patient stellte sich mit einer deutlichen Schwellung im Bereich des Zahnes 22 in besagter Klinik vor. Nach Anfertigung eines OPG wurde die apikale Aufhellung an 22 diagnostiziert. Die Frage nach einem vorangegangenem Zahntrauma wurde von Patient und Eltern verneint.

Die Sensibilitätsprüfung an Zahn 22 zeigte keine Reaktion auf Kältereiz. Nachfolgend wurde in Lokalanästhesie die Regio 22 chirurgisch „dargestellt“. Es kam nach Ablösung der Gingiva zu einer deutlichen Pusentleerung. In den folgenden Tagen wurde parallel zur systematischen Antibiose mehrfach ein Streifen eingelegt/ gewechselt.

10 Tage nach Inzision stellte sich der junge Patient erstmals in unserer Praxis vor. Die Beschwerden waren fast vollständig abgeklungen. Deutlich sind im klinischen Bild die Inzisionen sowie der Verlust der angewachsenen Gingiva an 22 zu erkennen.

Das angefertigte digitale Einzelbild lässt eine Invagination nach Oehlers Typ II erkennen. Bei genauer Betrachtung des alio loco angefertigten OPG sind im Bereich der Zähne 12-22 bereits auf eine Invagination hinweisende Schmelzstrukturen zu erkennen.

Die bei uns durchgeführte Therapie bestand, nach Anlegen der palatinalen Zugangskavität, in der Entfernung der im Originalpulpakavum gelegenen Invagination sowie der chemo-mechanischen Desinfektion des Wurzelkanalsystems. Mittels Ultraschall und Munce-Rosenbohren konnten nach initialem Scouten unter dem Dentalmikroskop die Schmelz und Dentinanteile der Invagination zerkleinert und nach koronal entfernt werden.

Die ultraschallunterstützte Irrigation förderte noch große Mengen putriden Sekrets aus dem weiten Wurzelkanalsystem zu Tage. Als medikamentöse Einlage wurde nach Aufklärung der Eltern im Erstgespräch eine Mix aus Ciprofloxacin und Metronidazol eingesetzt, da zumindest der Versuch einer Revitalisierung der für das weitere Wurzelwachstum verantwortlichen Stammzellen unternommen werden sollte. Der Abschluss der Behandlung wird in etwa 2 Wochen erfolgen.

Bleibt der etwas betrübliche Eindruck, dass man auch als Patient einer deutschen Universitätszahnklinik nicht sicher sein kann, mit etwas vom Normalen abweichenden Erkrankungsbildern eine zeitgemässe Behandlung zu erfahren.