Quiz du jour (II)

von Bonald Decker

Als erstes möchte ich mich an dieser Stelle herzlich für die zahlreichen Kommentare (16 um genau zu sein) , (Verdachts-) Diagnosen und Therapievorschläge im gezeigten Fall bedanken.

Hier einige der geäusserten Diagnosen:

  •  „Wurzelrest bzw. Milchzahnrest“
  • „Riss in mp Wurzel 46 mit Fistel“
  • „nekrotischer Knochensequester“
  • „Fremdkörper (Abformmaterial)“
  • „nekrotisierende Sialometaplasie einer kleinen Speichdrüse am Gaumen“
  • „accessorisches Epithelkörperchen“

Als mögliche Therapie wurde wiederholt die diagnostische chirurgische Eröffnung unter Anästhesie genannt, um dann den „Wurzelrest, oder worum es sich auch immer handelt“ zu entfernen.

Den heutigen Beitrag möchte ich dazu nutzen etwas „Licht ins Dunkel“ dieses Falles zu bringen.

Erschwerend für die Diagnosestellung war in dem vorliegenden Fall, dass die Patientin eine ganz wichtige Information zu Ihrer medizinischen Anamnese nicht angab.

Weil sie diese schlicht für nicht (mehr) wichtig erachtete.

Die Tatsache nämlich, dass sie in der jüngeren Vergangenheit für einige Zeit ein Bisphosphonat-Präparat einnehmen musste.

Auch in unserem ganz aktuell erhobenen Anamnesebogen fehlte dieses Detail. Was insbesondere in den Augen der Patientin nicht ganz unlogisch ist, da sie ja schliesslich aktuell dieses Medikament nicht mehr einnimmt…

Erst der von der Hauszahnärztin „eingeschaltete “ Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurg (der uns in der weiteren Folge die Patientin überwies) konnte die genaue Anamnese erheben.

Hier ein Auszug aus seinem Arztbericht:

Quiz.001

Wären Sie darauf gekommen?

…“Verdacht auf Bisphosphonat-assoziierte Kiefernekrose“…

Ein sehr gutes Beispiel dafür, wie wichtig die genaue Erhebung der Anamnese sein kann…

Als mögliche Ursache der Osteonekrose wurde der endodontisch insuffizient behandelte Zahn 26 angeführt. Unsere Untersuchungen ergaben ferner eine Behandlungsnotwendigkeit von Zahn 25, die jüngst im zweiten Termin abgeschlossen werden konnte.

Die Revision von Zahn 26 folgt demnächst.

Ich halte Sie über den weiteren Verlauf dieses Falles gerne auf dem Laufenden und hoffe Sie finden diesen nicht ganz alltäglichen Fall so interessant und lehrreich wie wir …

P.S.: @ Axel Blohme:  Bei der vermeintlichen Leukoplakie handelt es sich um das beschlagene Glas unseres Intraoral-Spiegels

P.P.S: @ Markus Thiele: Welchen Fall meinen Sie bei dem “Nashorn-Artefakt”?

Routineextraktion

von Hans – Willi Herrmann

Es war vollkommen harmlos.

Zahn 25 mit Wurzelkaries, weit subgingival, nicht erhaltungswürdig.

Extraktion 25.

Vollkommen unkomplizierte Abheilung.

14 Tage später ist der Patient wieder bei uns in der Praxis.

2 kleine Knochensequester, stecknadelkopfgroß durchbohren die Gingiva.

Ich entferne die Sequester und bestelle den Patienten zur Nachkontrolle ein.

1 Woche später. Erneut zwei Mini – Sequester, vom Patienten vollkommen unbemerkt.

1 Woche später, Nachkontrolle.
Die Durchtrittsstellen der Sequester sind immer noch offen.
Als hätte jemand mit kleinen Nadeln die ehemaligen Durchtrittsstellen der Sequester ständig offengelassen. Notmalerweise heilt so was nach 2 Tagen ab.
Hier jedoch nicht.

Frage an den Patienten. „Nehmen Sie Bisphosphonate ? Medikamente gegen Osteoporose ?“

„Ja, die nimmt er“, sagt er ansatzlos und beiläufig.
„Aber nur alle 3 Monate“. Am Anfang hatte er ein Mittel täglich genommen, aber das hat er nicht vertragen, jetzt ein anderes Mittel mit Depotwirkung, dass er nur einmal im Vierteljahr nehmen muss.

Blick in den Anamnesebogen. Kein Eintrag.

Wie heißt das Medikament ?

Ich verstehe Vorsamax, eine GOOGLE – Schnellsuche findet nichts, meine Assistentin hörte Vosamax heraus, was letztendlich zum Erfolg führt. Das Präparat heißt Fosamax und  enthält als Wirkstoff Alendronsäure, die zur Gruppe der Bisphosphonate gehört.

Weitere 2 Wochen später. Keine Sequester mehr. Aber immer noch Irritationen der Gingiva. Miniperforationen. Kommen neue Sequester hoch ? Keine Ahnung, aber ich bin erst mal froh, dass die Heilung überhaupt soweit vorangeschritten ist.  Nachfolgend noch ein Zitat aus einem Artikel des Wallstreet Journal von dieser Woche, in dem Kieferosteonekrosen nachBisphosphonateinnahme als sehr seltene Komplikation beschrieben werden. Im Übrigen aus einem Artikel, der die Einnahme von Bisphosphonaten als sehr sinnvoll einstuft.

Cases of osteonecrosis of the jaw (ONJ)—in which parts of bone become exposed during dental work and don’t heal—are more serious but very rare. No one knows the exact incidence. Estimates range from 1 in 1,000 to 1 in 100,000 patients taking bisphosphonates for osteoporosis. (It’s far more common in cancer patients on much higher doses.) Merck and other manufacturers say there is no evidence that the drugs cause ONJ at doses used for osteoporosis, but some dentists have become wary of doing invasive dental work on women taking bisphosphonates.