50 gute Gründe, sich auf Endodontie zu spezialisieren (33) I-Preis, M-Preis, K-Preis

Eine kurze Begriffsdefinition.
Es geht um Honorare, zahnärztliche Leistungen betreffend.

Ist-Preis, Muss-Preis, Kann-Preis.

Der Ist-Preis, nachfolgend auch I-Preis genannt: Der Preis, den die Krankenkassen (PKV,GKV) für eine zahnärztliche Leistung zu zahlen bereit sind.

Der Muss-Preis, nachfolgend auch M-Preis genannt: Der Preis, der nach betriebswirtschaflicher Bestimmung des für die Praxis notwendigen Stundenhonorars sich für die benötigte Zeit der Durchführung einer zahnmedizinischen Leistung praxisspezifisch ergibt.

Der Kann-Preis, nachfolgend auch K-Preis genannt: Der Preis, den der Behandler für eine Behandlung nimmt, weil er es (die bestimmte besondere Behandlung) kann wie kein anderer oder wie nur wenige andere es könnten.

Warum ist diese Unterscheidung sinnvoll und wichtig?
Wir alle wissen, dass in den letzten Jahrzehnten die Anpassung der zahnärztlichen Honorare der allgemeinen Kostenentwicklung nicht gefolgt ist. Heisst de facto. Es gibt heute unterm Strich deutlich weniger für eine bestimmte Behandlungsleistung als dies früher der Fall war. Das dies in der Vergangenheit durch „mehr arbeiten“ und „schneller arbeiten“ von Behandlerseite versucht wurde zu kompensieren, ändert nichts an der Tatsache, das die Krankenkassen nicht bereit sind, Leistungen proportional besser zu bezahlen als in der Vergangenheit. Marginale Anpassungen haben reinen Alibi-Charakter und ändern am prinzipiellen Missstand nichts.

Jeder Ist-Preis heutzutage ist eine Unterbezahlung des Leistungserbringers.

Ein Beispiel aus dem Alltag gefällig ?
Der Taxifahrer, dessen Taxameter bis auf kleine Cent-Beträge pro Fahrt den gleichen Betrag wie vor 30 Jahren anzeigt, auch wenn der Benzinpreis, die Werkstattkosten und der Kaufpreis des Autos sich in dieser Zeit verdreifacht haben.

Würde kein Taxifahrer machen ? Natürlich nicht.
„Seid ihr nicht ganz klar im Kopf !“ würden diese sagen.

Aber die Dentisten.
Willkommen in der Zahnmedizin 2024.

Und man stelle sich den medialen Aufschrei vor, wenn in der Zahnärzteschaft eine seit Jahrzehnten nicht erfolgte Erhöhung der Gehälter unserer Praxismitarbeiter mit dem Satz niedergeschmettert werden würde: Wer mehr Geld wolle, könne doch schneller und länger in der Praxis arbeiten. Und so schlimm sei die Lage wohl nicht, schliesslich gäbe es ja immer noch genügend Mitarbeiter, die bereit seien, unter den gegenwärtigen Bedingungen zu arbeiten.

Willkommen in der Zahnmedizin.
2024.

Natürlich hatten und haben etliche ZahnärztInnen auch heute noch ein überdurchschnittliches Auskommen. Wenn viele Faktoren zusammenkommen und überdurchschnittlich viel und/oder schnell gearbeitet wird. Aber personenzentrierte Work-Life-Balance ? 4 oder gar 3 Tage-Woche in eigener Praxis? Unvorstellbar. Und Home-Office schon gar nicht.

Der klassische Fehler der zahnärztlichen Standespolitik ist es, das Horrorszenario des am Hungertuch nagenden Zahnarztes an die mediale Menetekel-Wand zu werfen. Der Patient blickt auf den Praxisparkplatz und konstatiert angesichts von Zahnarzt-Autos jenseits der 50.000 Euro Marke, dass es wohl SO schlimm nicht sein kann. Die üblichen in schöner Regelmäßigkeit gestreuten Pressemeldungen von geldgierigen Zahnärzten, die sich perfide am Leid der Patienten bereichern, tun ein Übriges. Autos unterhalb der 50.000 Euro Marke werden geflissentlich nicht beachtet. In den nunmehr über 30 Jahren in eigener Praxis habe ich es nur ein Mal erlebt, dass ein Patient mitleidig an mich herangetreten ist mit dem Hinweis, dass es wohl nun endlich Zeit sei, mir nach 26 Jahren Nutzung unseres VW Golfs (Kaufpreis 1994 umgerechnet 19.800 Euro) ein neues Auto zuzulegen. Fakt ist, die Patienten haben genug mit ihren eigenen Problemen zu tun, da wäre es in naiver Weise zuviel verlangt, von dieser Seite auf Unterstützung und Solidarität zu hoffen.

Mal sehen, wie heute, am 18.06.2024 TV-Nachrichten, soziale Medien und morgen dann die Zeitungen berichten werden. Über die grosse Demo der Zahnärzte, die auf ihre prekäre Situation aufmerksam machen wollen. Ich vermute mal – und freue mich, wenn ´s ganz anders kommt – das sich nichts grundlegend ändern wird.

Was also tun ?
Hausaufgaben machen.

Wer dem Burnout ein Schnippchen schlagen möchte und auch nicht pleite gehen will, der muss was ändern. Dem Mutigen hilft Gott. Wer hat´s gesagt ? Die Schweizer. Genauer gesagt eine Schweizerin. Gertrud Stauffacher. Im Schillers´chen Wilhelm Tell.

Auf´ geht´s.
Am Anfang steht die betriebswirtschaftliche Analyse.
Was genau muss ich an Honorar pro Arbeitsstunde generieren, um ein adäquates Einkommen zu haben. Adäquat? Bedeutet, dass das Honorar die von mir erbrachten zahnmedizinischen Verrichtungen in angemessener Weise honoriert. So dass ich ein gutes Auskommen habe. Kein Luxus. Weder Ferrari noch Hermes-Birkin Bag oder Patek Phillipe-Uhr, aber ich kann mein Leben, also Essen, Kleidung, Miete oder Eigenheimkredit davon bestreiten, ohne wegen über Arbeitsüberlastung mit BurnOut in der Psychatrie zu landen. Auch der Urlaub (nicht Hawaii, aber Gran Canaria) und das neue Auto, wenn das alte seinen Geist aufgibt, müssen locker drin sein, ohne das man die Bank als Bittsteller in Anspruch nehmen muss.

Was nicht sein kann – das ich für bestimmte zahnmedizinische Leistungen weniger Geld bekomme, als wenn ich in der gleichen Zeit einen Fahrgast im Taxi herumchauffiere.
Und von diesen Leistungen gibt es in der Zahnmedizin einige.

Zukünftig bitte nicht mehr.
Keine Ist-Preise mehr!


Stattdessen kommt der Muss-Preis zur Anwendung.
Der sich als Behandlungsstuhlzeit-Stundensatz aus der Auflistung ergibt: Eine endodontische Behandlung, die x Minuten dauert, ist dem Patienten mit dem Muss-Preis/60*X in Rechnung zu stellen.

Es ist wie im richtigen Leben.
Was solange dauert, wie es braucht, kostet soviel, wie es Zeit in Anspruch genommen hat.

Das ist logisch und wenn man es auf diese Weise erklärt auch für Jeden nachvollziehbar.
Es sei denn der Gegenüber möchte es nicht verstehen. Das gibt es, aber dann weiss man auch von vorne herein, dass hier zwei Menschen nicht zusammenkommen werden. Wie hat Jörg Schröder am letzten Wochenende bei DIE3 HERRMANN KAADEN SCHRÖDER II den Teilnehmern mit auf den Weg gegeben: „My Way or the Highway!“ Abgelutschter Spruch. Der aber trotzdem nichts an Sinnhaftigkeit eingebüsst hat.

Und dann gibt es noch der Kann-Preis.
Für alle Behandlungen, die nur der Behandler so richtig kann.

Besonderheiten.
In Qualität und Ausführung.

Dann ist doch nur recht und billig, wenn man dafür den Preis in Rechnung stellt, der dieser Besonderheit Rechnung trägt. In der Nordsee brennt ein Ölfeld? Red Adair kommt mit seiner Mannschaft an tollkühnen Männern , verlegt Dynamit und BUMMS KAWUMM das Feuer ist aus. Dann Ka-Ching. Her mit der Kohle, liebeTexaco. Adäquate Honorierung und ab ins Flugzeug und wieder ab nach Hause. Was würde der Feuerlöschmeister aus Texas sagen, wenn nach getaner Arbeit jemand käme, um ihm mitzuteilen, das er „Einsatz ist Einsatz“ wie ein Feuerwehrmann der Berufsfeuerwehr Norderney entlohnt wird, welcher gerade die Katze der Nachbarin mit der Drehleiter vom Baum geholt hat.

Zu wirklichkeitsfremd das Beispiel?
Wie wärs damit: Wer wie Christoph Kaaden unfallgeschädigte Frontzähne von kleinen Kindern in stundenlanger Präzisionsarbeit und mit sehr viel Einfühlungsvermögen (ohne das geht es nämlich nicht) dem kleinen Patienten erhält, der sollte nicht mit Almosen abgespeist werden.

Kann-Preis heisst also.
Womit gehe ich gut gelaunt aus der Behandlung heraus, weil diese sich nicht nur für den Patienten, sondern auch für mich als Behandler gelohnt hat.
Auch das muss jeder für sich selbst entscheiden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen – errechnet eure Muss-Preise.
Definiert eure Kann-Preise.

Funktioniert in der Endo sehr gut im Übrigen.
Auch ein schönes Argument für die Spezialisierung.