Zusätzlicher Kanal

von Bodald Necker

Der Patient hat sich zum wiederholten Mal selber zu uns überwiesen.
Er hat vor kurzem den HZA gewechselt. Der neue HZA wollte Zahn 34 überkronen. Und er war der Meinung, die Endo müsse vorher revidiert werden. Da stand der Patient auf und sagte, er wisse, wo er dies machen lassen würde…

Zahn 34, eine schön mittenzentrierte WF, die auf dem Röntgenbild gar nicht so schlecht aussah. Allerdings war sie eher dünn, im oberen Drittel nicht unbedingt randständig, Voids waren erahnbar, etwas zu kurz und es sah verdächtig nach apikalem Granulom aus.

Der Zahn machte zwar keine Beschwerden, aber eine Revision war sicher keine Übertherapie.
Das zeigte sich auch nach der Trepanation. Im Kanal war es eindeutig feucht, die GP löste sich schnell. Ein länglicher, mittiger Kanal.

Aufbereitung bis 35/06, 20 mm ab buccalem Höcker, ausgiebige Spülung mit CHX, EDTA und NaOCl, Calyxl-Einlage, Cavit.

Beim nächsten Termin wurde Patency hergestellt und aufbereitet bis 40/06. Vor dem letzten Desinfizieren des Kanals wurden die restlichen Überhänge der Trepanations-öffnung nochmals überprüft und mit dem Munce-Bohrer versäubert. Lingual zeigte sich ein relativ großer Überhang. Zu groß. Zumindest für einen Zahn mit nur einem Wurzelkanal.

So war es auch. Unter dem lingualen Bereich des Pulpadaches zeigte sich ein kleinerer unberührter Wurzelkanal.

Er zweigte stark nach lingual ab, er war mit 006er, 008er und 010er K-Feilen einigermassen zu katheterisieren, Patency konnte hergestellt werden. Aufbereitung ebenfalls bis 40/06, jedoch 24 mm Länge.
Nächstes Mal die WF.

Dass der Vorbehandler diesen Kanal wegen seiner “exponierten” Lage übersehen hat, wundert mich nicht, zumal ja auch auf den Röntgenbildern wenig Hinweise auf einen zweiten Kanal oder eine zweite Wurzel erkennbar waren. Im Nachhinein würde ich die apikale Region des Ausgangsbildes wie folgt interpretieren:

Somit lässt sich auch konstatieren, dass die buccale WF durchaus nicht zu kurz war, sondern, dass sie durch die linguale Wurzel auf dem 2D-Röntgenbild nur “optisch verlängert” wurde.

Nicht nur Molaren und untere Frontzähne, sondern auch “einfache” Zähne haben hin und wieder eine Überraschung in der Hinterhand.

Wäre ein DVT hier Vorteile gebracht?

Ja. Die genaue Anatomie (2 Wurzeln, unterschiedliche Länge) wäre schneller erkannt worden. Auch die apikale Lyse wäre schöner dargestellt.

Wäre es notwendig gewesen?

Nein. Die zweite Wurzel (bzw. Wurzelkanaleingang) war klinisch durch das DM nicht zu übersehen. Desweiteren ist auf dem Ausgangsbild im koronalen Wurzeldrittel ein zweiter PA-Spalt erkennbar und dass ein pathologisches Geschehen an der Wurzelspitze ist, lässt sich auch auf dem 2D-Bild erahnen.

3 Gedanken zu „Zusätzlicher Kanal

  1. Bin sowieso der Meinung, dass UK-Prämolaren aus endodontischer Sicht zu den anspruchsvollsten Zähnen gehören

  2. Lieber Bodald,

    über den Sinn und Unsinn, Notwendigkeit oder Luxus, eines DVT´s in diesem speziellem Fall kann man sicher vortrefflich streiten. Das UK-Prämolaren öfter zwei Kanäle anbieten ist Fakt. Fies wie die Natur ist, versteckt sie diese oft als tiefen Split, nach dem man gezielt suchen muss. Ein DVT vor der Behandlung hätte eine Sicherheit in der Behandlung ergeben (Dimensionen, Wurzelkonfiguration, und dem Desinfektionsmittel sicher auch noch eine ausreichende Einwirkzeit zugestanden, vor allem in der Länge von 24mm. Auch Du hast diesen Kanal erst kurz vor Ende aufgefunden, wenn ich Deine Fallbeschreibung richtig gelesen habe. DVT hin oder her, Du schreibst richtig, die Aufhellung lässt sich erahnen. Ist es von Vorteil, die Grösse der Aufhellung zu kennen? Ich weiss es nicht. Ich bin mir aber sicher, dass mit einer exzentrischen Aufnahme vorab hier schon mehr Informationen gewonnen wären, im Gegensatz zu manchen Molaren ;-) Und was die schönen Zeichnungen auf dem Rö angeht: Hinterher ist man immer schlauer, ich glaube, das lernt man Erfahrung…
    Nichtsdestotrotz, toller Fall. Danke für´s Einstellen.

    LGO

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