von Hans – Willi Herrmann
Die Patientin war vor einiger Zeit umgezogen.
Ihr neuer Zahnarzt überwies sie nun wegen einer Fistel in Regio 47.
Neuer Zahnersatz steht an.
Im Oberkiefer und eventuell auch im Unterkiefer.
Im angefertigten Zahnfilm zeigte sich eine apikale Aufhellung.
Kann der Zahn 47 erhalten werden ? Das war die Frage des Überweisers.
Die Chancen dazu stehen gut.
Dann der Blick auf das mitgeschickte OPG.
9 Zähne sind wurzelkanalbehandelt. Nur zwei davon, von ihrem röntgenologischen Erscheinungsbild her, akzeptabel.
Was nichts heißen muss.
Fakt ist jedoch, daß die anderen 7 Wurzelfüllungen den Richtlinien zur Versorgung mit Kronen bei einer bei der Patientin anstehenden Zahnersatzversorgung nicht entsprechen.
Wie also verfahren ?
Sollten, nein müssten nicht diese Wurzelkanalfüllungen vor ZE – Neuversorgung allesamt revidiert werden ?
Falls ja, wer trägt die Kosten ?
Die GKV ? Wie sind die Therapierichtlinien der gesetzlichen Krankenkassen ?
7 mal Wurzelspitzenresektion ?
Mit welcher Erfolgsprognose ?
Oder doch 7 mal Extraktion und ein herausnehmbarer Zahnersatz im Ober- und Unterkiefer für eine 29 jährige Patientin, die im Übrigen nicht den Eindruck macht, dass sie ihre Zähne gedankenlos hat verkommen lassen, sondern möglicherweise lediglich einem subqualifizierten Behandler ihr Vertrauen geschenkt hat.
Wie also verfahren ?
Ich frage dies, weil aus zahnmedizinischer Sicht die Revision indiziert und die Erfolgswahrscheinlichkeit zwar nicht 100%ig vorhersagbar, aber deswegen nicht schlecht sein muss.
Besagte Zähne sind definitiv erhaltungswürdig. Ob sie erhaltungsfähig sind, hängt davon ab, was wir im Zahn vorfinden und ob wir diese Situationen meistern können.
Sollte man diesen Versuch also wagen ? Auf jeden Fall.
Und jetzt nehmen wir einmal an, die Behandlung hätte Erfolg.
Man würde erwarten, dass die Krankenkassen ihrem erfolgreich behandelten Mitglied, welches jeden Monat einen nicht unerheblichen Geldbetrag zur Finanzierung des Solidarsystems überweist, im Erfolgsfalle eine Kostenübernahme einräumen würden. Dass im Falle eines Misserfolges nichts gezahlt wird, ist klar.
Aber wie sieht es aus, wenn die Behandlung nachgewiesenermaßen erfolgreich verläuft. Im Falle des 47, bei vollständiger Rückbildung der apikalen Aufhellung.
Volle Kostenübernahme ?
Keineswegs.
Der Patient versteht die Welt nicht mehr.
Die Kosten der 9 Wurzelkanalbehandlungen, die alio loco durchgeführt wurden, wurden vollständig übernommen.
“Da stimmt doch was nicht”, sagt die Patientin.
Ich kann ihr nicht widersprechen.
Dieses Problem stellt sich bei uns in der Praxis jeden Tag.
Hallo, ein Aspekt fehlt noch. Wie sage ich dem Überweiser, was noch zu tun wäre. Offensichtlich war ihm die Behandlungsbedürftigkeit der anderen Zähne vor ZE gar nicht aufgefallen. Nur eine Fistel konnte man wahrscheinlich schlecht übersehen.
Jacqueline
Dem ist nicht so. Der Überweiser gehört zur kleinen Minderheit ortsansässiger Zahnärzte, der Endo- Fälle überweist. Da alle anderen Zähne gegenwärtig klinisch unauffällig sind, wurde der Patient zunächst für die Revision von Zahn 47 überwiesen.
Das, mit den Überweisern ist auch das geringere Problem. Da gibt es viel Vertrauen und auch die Bereitschaft zu Gesprächen. Manchmal wird dann nach Absprache auch ein Zahn – der sehr fraglich ist – nicht mit Gewalt erhalten oder die Planung geändert.
Mein erster Kommentar “Dieses Problem stellt sich bei uns in der Praxis jeden Tag.” sollte aufzeigen, dass das Problem der Kostenübernahme der GKV fast jedem Patienten erklärt werden muss und auf Unverständnis stößt.