Die nächste Welle (I) – drüber

Von Bonald Decker

Kaum scheinen die Drei-Strikes-Phase und die Perforationswelle in unserem Praxisalltag etwas abzuebben, häufen sich aktuell die (drunter&) drüber Fälle.

Wie in den ersten beiden Szenarien gut zu sehen war hier alio loco bei der Wurzelkanalfüllung versehentlich Guttapercha (und ggf. Sealer) extraradikulär verbracht worden. Auch wenn das Material in der Regel nicht der Grund für den endodontischen Misserfolg ist, wäre es bei einer orthograden Revisionsbehandlung wünschenswert dieses in toto entfernen zu können. Hierbei ist der Einsatz eines Hedström-Instruments u.a. aufgrund des Schneidekantenwinkels gegebenenfalls hilfreich und führte in den gezeigten Fällen zu der gewünschten Entfernung des überextendierten Materials.

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Endodontischer Misserfolg u.a. bei unbehandeltem 2. mesio-bukkalem Kanalsystem mit separatem For. apicale

Endodontischer Misserfolg u.a. bei unbehandeltem 2. mesio-bukkalem Kanalsystem mit separatem For. apicale

Etwas kurioser hingegen ist der nachfolgende Fall, denn wir gestern begonnen haben… auch hier spielt ein Hedström-Instrument eine zentrale Rolle:

Alio loco frakturiertes Hedström-Instrument

Alio loco frakturiertes Hedström-Instrument

Aufgrund der Fragmentbeschaffenheit (und weiterer Gründe) entschied ich mich für einen Entfernungsversuch mittels Hülsentechnik. Davon versprach ich mir u.a., dass ich das Fragment nicht nur ziehend, sondern bei Bedarf auch drehend entfernen könnte.

Klinische Situation

Klinische Situation

Hierzu war es nach Fragmentdarstellung vorab notwendig den an der Kanalwand anliegenden Instrumentenkopf in Richtung Kanalmitte zu verdrängen. Dies gelang mittels “Feilenkissen”. Hierzu platzierte ich sehr kleine Stückchen eines feuchten (!) Wattepellets solange zwischen Instrument und Kanalwand, bis die gewünschte Lage erreicht war.(Den Tipp zu diesem klinischen Vorgehen verdanke ich Dipl. stom. Michael Arnold vor vielen Jahren)

Fragment vor und nach "Feilenkissen"

Fragment vor und nach “Feilenkissen”

Die tatsächliche Entfernung erfolgte dann mittels Kanüle, Rely X-Unicem und etwas Geduld…

Entferntes Hedströmfragment

Entferntes Hedströmfragment

Ich freue mich u.a., dass wir der zuweisenden MKG-Chirurgin (bisher) “gerecht” werden konnten. Diese hatte dem Patienten vor einer möglichen WSR zunächst eine orthograde Revision mit (möglicher) Fragemententfernung  ans Herz gelegt hatte.

Die erste Hürde wäre in diesem “drüber-“Fall erfolgreich genommen… ich werde berichten wie es weitergeht…

P.S.:Dauer des ersten Behandlungstermins heute 1:20h

7 Gedanken zu „Die nächste Welle (I) – drüber

  1. Respekt! Mit was stopfst Du die Wattestückchen zwischen Fragment und Kanalwand? Ich finde das ja extrem “fummelig”, spreizt Du das Fragment dazu mit irgendwas ab von der Wand?

    LG Bernard

    P.S. Wie lange wartest mit dem RelyX? Hast Du damit bessere Erfahrungen als mit Core-Material (finde ich bei dünnen Kanülen schwierig) oder Sekundenkleber ?

    • Ich habe eine endosonde genommene, die ich aber noch wie ein Paddel platt geschliffen habe. Fummlig bleibt es trotzdem 😉 ich habe zunächst vorsichtig versucht das Fragment von der Wand wegzubiegen, hatte aber Angst es erneut zu frakturieren. Daher das Kissen. Rely x hat 4 Minuten von mir bekommen. Ist in meinen Händen besser als Kleber oder Komposit. Vgc

    • Nein, noch nicht. Habe mich hier bewusst für Hülse entschieden, da mir Zug alleine zu unsicher erschien. Hättet du Schlinge genommen?
      Hier war durch die vorbehandlung und die kanalmorph. Platz nicht das große Problem…

      • Wirklich toll gelöst.
        Ich hätte in diesem Fall die Schlaufentechnik angewandt. Die Zugkraft die man aufbringen kann ist so enorm , daß man nicht unbedingt drehen muß . Aber auch eine Drehbewegung ist mit der Schlaufentechnik unproblematisch möglich.
        Der Hauptbeweggrund bleibt aber der ( mit großer Wahrscheinlichkeit ) wesentlich geringere Zeitaufwand.

        Danke für das Einstellen des tollen Falls !

        LG Nils

          • Hallo Christoph,

            ich denke es wäre ohne Kissen möglich gewesen. Man kann die Schlaufe mit etwas Geschick über das Ende des Fragmentes ziehen , auch wenn dieses an der Kanalwand anliegt.
            Aber ich bin vorbelastet, da ich sicherlich mehr mit dem Gerät mache als jeder andere. Es bleibt lediglich eine Ergänzung zur US- Technik , mit der sich sicherlich immer noch sehr viel schnell und erfolgreich lösen läßt.
            Ich werde nach meinem Urlaub alle Fälle die ich mit der Schlaufe gelöst habe mal auf der FragRemover -Seite einstellen.

            LG Nils

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