von Ronald Wecker
Hoffnungslos, das war das Wort das mir spontan beim Betrachten des Röntgenbildes von Zahn 45 einfiel. Ein Wort das auch sehr gut zu 46 und 47 passen würde.
Zahn 47 wies eine Vertikalfraktur der mesialen Wurzel auf, 46 war tief zerstört und Zahn 45 ….
Zustand nach WSR vor ca. 8-9 Jahren. Seitdem beschwerdefrei, nun aber seit 2 Wochen eine Fistelung mesial von 45 . Das retrograde Verschlussmaterial war deutlich disloziert. Der Zahn zeigte nur eine geringe Lockerung jedoch eine deutliche Aufbissempfindlichkeit. Meiner Empfehlung einer implantologischen Lösung des Problems wollte der fast 80-jährige Patient nicht folgen ohne vorher einen Erhaltungsversuch unternommen zu haben.
Nach Entfernung der prothetischen Krone konnte der massive Stiftaufbau mit Hilfe des Thomas-Systems problemlos entfernt werden. Nach großvolumiger Spülung mit CHX gelang es das dislozierte retrograde Verschlussmaterial unter dem Dentalmikroskop zu visualisieren.
Da die Zementpartikel größer als der apikale Kanaldurchmesser waren, wurden die Zementpartikel mittels Ultraschall zerteilt. Trotz hartnäckigem Bemühen gelang es nicht alle Partikel aus dem Periapikalbereich zu entfernen.
Die Idee einer adhäsiven provisorischen Versorgung des Zahns um eine medikamentöse Einlage zu ermöglichen wurde nach kurzem Abwägen der Vor- und Nachteile verworfen. Der ausgedehnte knöcherne Defekt birgt die Gefahr einer Verschleppung von CaOH2 in das periapikale Gewebe, das erneute Anlegen der Zugangskavität führt zu, wenn auch geringfügigem, erneutem Hartsubstanzverlust. Daher wurde die Behandlung in einer Sitzung durchgeführt.
Nach Erstellen eines kollagenen Widerlagers erfolgte die Obturation mit MTA Angelus. Anschliessend wurde der Zahn unter Verwendung eines Quarzfaserstiftes dentinadhäsiv aufgebaut und mit einer provisorischen Krone versorgt.
In weiteren Behandlungssitzungen wurde Zahn 46 adhäsiv aufgebaut und endodontisch versorgt, die mesiale Wurzel von Zahn 47 entfernt, die distale Wurzel ebenfalls endodontisch behandelt und laborgefertigte Langzeitprovisorien eingegliedert.
Das 14 Monatsrecall zeigt eine deutliche Reduktion der apikalen Aufhellung. Der Zahn zeigt keine erhöhte Beweglichkeit und normale Sondierungstiefen. Die Fistelung war 1 Woche postoperativ verschlossen.
Sicherlich kein Behandlungsfall aus dem geschlossen werden kann, dass stark kompromittierte Zähne in jedem Fall erhalten werden können. Darüber hinaus ist die Nachbeobachtungszeit als kurz zu bezeichnen und das Risiko einer Längsfraktur sicherlich hoch.
Aber der Fall zeigt zu welchen regenerativen Leistungen unser Organismus in der Lage ist, wenn wir die entsprechenden Umgebungsbedingungen schaffen können.
Und ich hoffe der Patient erscheint regelmässig zum Recall.
Lieber Ronald,
natürlich erst einmal wieder ein sehr schöner Fall. Es ist vorteilhaft, nicht zwei linke Hände zu besitzen:-))))
Nun zur Diskussion:
1. Das Thomas Set hast Du hier ziehend eingesetzt, korkenzieherähnlich?
2. Keine Angst vor zu viel Hebelkräften dabei gehabt?
3. Warum hast Du nicht einen schnellen Lappen geschaffen und über die bukkale Fenestration des Defektes apikal kürettiert? Orthograder Ehrgeiz?
Habe gerade einen Fall von einem Kollegen (…), der den Stift einfach freundlich rausgebohrt hat. Ohne eine Hebelkraft. Anstrengender, aber schonender. Und nur was für ruhige Hände:-)) Und im gezeigten Fall von Dir hätte mein Kollege sicher apikal kürettiert und ein ein wenig Kollagen hineingetan… Schönen Nachvatertag wünsche ich, Stefan
Hallo Stefan,
Ronald hat auf Nachfrage Folgendes geantwortet:
1.a vielen Dank für die Blumen
1.b. der Stift zeigte bereits beim Aufschrauben des Gewindeschneiders eine kleine Bewegung. Hätte der Stift sich nicht bewegt, wäre die Spreize , die den Stift korkenzieherähnlich entfernt zum Einsatz gekommen.
2. Der Trick ist, die Stiftachse richtig einzuschätzen und den koronal reduzierten zylindrisch präparierten Stiftanteil parallel dazu zu gestalten.
3. Wie die Bilder deutlich zeigen gab es ein nicht unerhebliches Leakage entlang des Stifts. Die apikale Kürettage wäre zwar in der Lage gewesen das Fremdmaterial zu beseitigen, hätte jedoch weiterhin eine bakterielle Kontamination zugelassen. Der Misserfolg wäre vorprogrammiert. Das Fremdmaterial hat wahrscheinlich recht wenig mit der Entzündung zu tun.
4. Kollagen ist jede Menge drin. Beim Rausbohren besteht oft die Gefahr dass das rotierende Instrument den einfacheren Weg sucht und unbeabsichtigt Hartsubstanz mitnimmt. Bei einem TriHawk Hartmetallinstrument ist man dann ganz schön schnell durch den Zahn durch.
Lieber Ronald,
orthograd ist gut – das ist ausser Rage stehend.
Nein, ich hätte orthograd revidiert; aber das Fremdmaterial hätte ich dann per apikaler Kürettage über einen lappen rausgeholt. Nur retrograd macht überhuapt keinen Sinn, wie Du schon sagst.
Den Korkenzieher muß ich mir mal bei Deinem Freund Jörg anschauen. Vielleicht kann man aj auch Flaschen damit im gleichen Zug öffnen?!
Herzliche Grüße und danke für die tolle Präsentation!
Stefan
Das heisst aber auch dass am Anfang jede Menge MTA über den Apex schiesst, welches es dann zu entfernen gilt. Mit Angelus sicher möglich. Aber mit dem Material von DentSpy?
Korkenziehertermin wird sich sicher finden.
Gibt es Fotos dieses ominösen Thomas-Sets?
Herzliche Grüsse
Oscar
Klar gibt es die . Sind doch im Beitrag enthalten, oder nicht?
LGJ