von Donald Becker
Gleich der erste Endo -Patient des Notdienstes stellt eine Besonderheit dar.
Nicht was den Fall angeht, der wäre für uns Routine.
Es geht um die Richtlinien, die in einem engen Korsett vorgeben, wie bzw. was genau im Rahmen eines Notdienstes an zahnärztlichen Behandlungsschritten durchgeführt werden darf. Und was nicht, um nicht als unwirtschaftlich eingestuft zu werden oder als unkollegial zu gelten.
Im vorliegenden Fall müsste ich (folgte ich den Anweisungen der Kammer, die sogar auf ein LSG – Gerichtsurteil verweist) den Zahn des Patienten, einen Oberkiefereckzahn, ziehen. Der Zahn ist devital und die Pulpakammer ist bereits eröffnet. Eigentlich dürfte der Patient, dies wurde in einer jüngsten offiziellen Stellungnahme der Zahnärztekammer impliziert, gar keine Zahnschmerzen haben, daher sind weitere Massnahmen zur Wurzelkanalbehandlung nicht notwendig und dürfen nicht durchgeführt werden.
Der Patient weiss nichts von diesem Schreiben und stellt sich daher trotzdem mit starken Zahnschmerzen bei uns vor.
Der Eckzahn steht sehr gut im Knochen, dass angefertigte Röntgenbild ergibt ausserdem, dass nicht einmal eine über das Maß einer Vermutung hinausgehende apikale Aufhellung an diesem Zahn im Röntgenbild festzustellen ist. Eine stärkere gingivale oder gar extraorale Schwellung, die eine Inzision rechtfertigen würde, ist ebenfalls nicht aufzufinden.
Es gibt aus medizinischer Sicht keinen Grund, diesen Zahn zu entfernen, ganz abgesehen davon, dass diese Extraktion hohe Folgekosten mitsichbringen würde. Schließlich müsste die entstandene Lücke, die im deutlich sichtbaren Bereich ist, mit einem Zahnersatz gleichwelcher Art verschlossen werden.
Aus medizinischer Sicht sieht die Behandlung folgender Maßen aus: Versorgung des vorhandenen kariösen Defektes mit einer Füllung. Trepanation des Zahnes, Kofferdam, Wurzelkanalaufbereitung, zusätzliche desinfizierende Maßnahmen, medikamentöse Einlage, Verschluss der Trepanationsöffnung mit einer bakteriendichten und die Zahnrestsubstanz stabilisierenden Füllung.
Es erhebt sich die Frage: Darf die Art einer Behandlung davon abhängig gemacht werden, ob der Patient einen Zahnarzt während der Woche oder am Wochenende aufsucht ?
Darf die Art einer Behandlung davon abhängig gemacht werden, ob diese vom Hauszahnarzt oder von einem Zahnarzt im Rahmen des Notdienstes durchgeführt wird, wenn das Ergebnis im Zweifelsfall dem Patienten zum Nachteil gereicht ?
Ist es zulässig, dass eine Behandlungsmaßnahme, die vom Hauszahnarzt ohne Erfolg durchgeführt wurde und diesem erstattet wurde, einem Zahnarzt, der durch adäquate Massnahmen eine Schmerzbeseitigung erreicht, vorzuenthalten ?
Passt gut zu Weihnachten…
…. die Kammer hat einmal in einem Rundschreiben auch vor Extraktionen im Notdienst abgeraten………..
Da ist tuter Gat reuer! ;-)
Und hat Donald Becker den Zahn gezogen, wie es ihm aufgetragen ward?
Gruß Stefan
das gleiche problem hatte ich in meinem letzen notdienst auch…lauter schwere entscheidungen eingeengt von richtlinien, unwirtschaftlichkeit, unkollegialität und hilfsbereitschaft und menschlichkeit…hätte das verschreiben eines medikamentes mit neuem termin gleich am montag beim ZA geholfen?
Das Problem, daß sozialgerichtlich die Trepanation eines Zahnes zur Schmerzbeseitigung ausreichen soll, erreichte auch mich (rechnerische und gebührenordnungsmäßige Richtigstellung durch die KZV WL). Hat jemand neuere wissenschaftliche oder juristicshe Meinungen zu diesem Thema gefunden?