2D vs. 3D (XII)


von Ronald Wecker

Die Ursache für die Vorstellung in unserer Praxis war eine deutliche Missempfindung während eines Tauchganges. Zahn 26 zeigte klinisch keine Symptomatik. Die Patientin berichtete über eine zeitweilige palpatorische Druckdolenz vestibulär.

Das 2D-Röntgenbild zeigt eine diffuse Aufhellung im Bereich der distalen Wurzel. Das 2. mesiobukkale Kanalsystem ist nicht obturiert. Die Wurzelfüllung mesial verläuft apikal nicht mittenzentriert. Es besteht der Verdacht auf ein begradigtes Kanalsystem mit apikaler Perforation.

Das DVT zeigt (einmal wieder) das wahre Ausmass der knöchernen Destruktion. Zudem können die bei der vorangegangenen endodontischen Behandlungen eingetretenen Komplikationen eindeutig diagnostiziert werden.  Neben der bereits vermuteten Begradigung des mesiobukkalen Kanals mit apikaler Perforation nach mesial, zeigt sich ausserdem eine Strip-Perforation im Furkationsbereich mit asoziierter interradikulärer Lyse.

Die mesiale Wurzelfüllung liegt nicht mittenzentriert. Ein MB2 ist mehr als wahrscheinlich. Ob die apikale Aufhellung ihren Ursprung im nicht aufbereiteten MB2 oder auch in einem kontaminierten DB hat, wird die klinische Inspektion unter dem Mikroskop zeigen.

Angesichts der Vielzahl der endodontischen Herausforderungen wurde der Patientin allerdings empfohlen, sich vor der endodontischen Revision implantologisch beraten zu lassen, da die Vorhersagbarkeit der Implantatversorgung vom Autor höher eingeschätzt wird.

2 Gedanken zu „2D vs. 3D (XII)

  1. Sehr geehrter Herr Wecker,
    ich denke, dass das vielmehr ein Fall ist, bei dem das DVT die Lage in einer Weise dramatisiert, dass man sogar zu dem Schluss kommen könnte, dass die Patientin mit einem Implantat besser versorgt wäre. Dabei ist die Aufhellung ganz im Gegenteil ja ziemlich klein (und betrifft nur eine schmale Schicht des Knochens), ansonsten wäre sie auf dem Einzelfilm deutlicher zu sehen. Ich denke, dass ich keinerlei Problem damit hätte, diesen Zahn auszuheilen, wenn sich die technisch sehr ordentlich ausgeführte WF gut entfernen lässt, um Zugang zum Entzündungsherd zu schaffen.

    Was mir an diesem Fall auffällt ist Folgendes: Natürlich sieht man häufug schlecht ausgeführte WFs. Was man in letzter Zeit allerdings auch sehr häufig sieht, sind technisch einwandfrei oder zumindest ausreichend ausgeführte WKBs, die nichtdestotrotz klnisch oder rötgenologisch (oder beides) auffällig werden, ganz einfach weil sie die bakterielle Infektion betreffend nicht lege artis behandelt wurden.

    Ich hätte aber noch eine ganz andere Frage. Sie zeigen hier ja ab und zu einen Fall, von dem Sie meinen, dass erst das DVD die entscheidenden Anhaltspunkte für die Therapieentscheidung geliefert habe. Machen Sie bei jedem Zahn ein DVT? Anders gefragt: Wie ist denn das Verhälntnis zuwischen der Zahl der DVTs, die Sie anfertigen, zu derjenigen, die Sie (anschließend) als unverzichtbar einschätzen?

    Herzlichen Dank und Grüße

    Rüdiger Osswald

    • Sehr geehrter Herr Osswald,

      nachfolgend die Antwort von Herrn Wecker.

      “Sie verwenden den Begriff “dramatisiert”. Die hier wohl zutreffende Deutung findet sich nachfolgend unter [2][b]

      Bedeutungen:
      [1] sich auf ein Drama beziehend, das Drama (in seiner Eigenart) beschreibend, darstellend; zum Drama gehörend
      [2]
      [a] in Erregung geratend, in Erregung versetzend; voller Spannung; oft im Bezug auf Sport
      [b] der Sache eine höhere Bedeutung geben, als ihr zusteht

      Ich finde nicht dass das DVT hier einer Sache mehr Bedeutung gibt als ihr zusteht, sondern nur die Limitationen veranschaulicht, die die zweidimensionale Darstellung eines dreidimensionalen Objektes naturgemäss mit sich bringt. Das DVT gibt schlicht die Realität präziser wieder.

      Die von Ihnen im Konjunktiv formulierte Schlussfolgerung ” dass man sogar zu dem Schluss kommen könnte, dass die Patientin mit einem Implantat besser versorgt wäre” trifft den Nagel auf den Kopf. Es geht darum der Patientin aufgrund einer fundierten Befunderhebung und sich daraus ableitender Diagnose die in Frage kommenden Therapieoptionen vorzustellen damit sie sich unter Berücksichtigung der Vorhersagbarkeit der jeweiligen Behandlungsoption für oder gegen eine Therapie entscheiden kann.

      Sie schreiben “Dabei ist die Aufhellung ganz im Gegenteil ja ziemlich klein (und betrifft nur eine schmale Schicht des Knochens)” und begründen dies mit der geringen Sichtbarkeit im zweidimensionalen Einzelbild. Die im DVT deutlich zu erkennende interradikuläre Lyse sowie die Lyse im Bereich der bukkalen Wurzelspitzen (im übrigen mit Verlust der Kontinuität der bukkalen Lamelle) ist Zeichen einer Pathologie. Egal ob groß oder klein.

      Auch bei der Bewertung der technischen Schwierigkeiten einer etwaigen Revisionsbehandlung ist das DVT von Vorteil: Nur so lässt sich der Behandlungsaufwand, die damit verbundenen Kosten und die Vorhersagbarkeit der Behandlung einschätzen. Ein nicht unwichtiger Aspekt, wenn es für die Patientin darum geht Ihre finanziellen, zeitlichen und auch emotionalen Ressourcen optimal einzusetzen.

      Ich bin fest davon überzeugt, dass sich das DVT für komplexe endodontische Ausgangssituationen in der nahen Zukunft als Standard etablieren wird, auch wenn viele Kolleginnen und Kollegen sich dies zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorstellen können. (was ich im übrigen verstehen kann, wenn man den Unterschied nicht Tag für Tag sehen kann).

      “Machen Sie bei jedem Zahn ein DVT?” Nein.

      “Wie ist denn das Verhälntnis zuwischen der Zahl der DVTs, die Sie anfertigen, zu derjenigen, die Sie (anschließend) als unverzichtbar einschätzen?” Da wir die Indikation sehr eng stellen 1:1.

      In einem Punkt stimme ich Ihnen zu: Die Beurteilung der technischen Qualität einer Wurzelfüllung, egal ob in 2D oder 3D dargestellt, sagt gar nichts über ihre biologische “Güte” aus. ”

      Soweit die Stellungnahme von Herrn Wecker

      Herzliche Grüße

      Jörg Schröder

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