Hätt´s dafür ein DVT gebraucht ?

von Donald Becker

In der letzten Woche erreichte mich eine private Email zu diesem DVT, dass der WURZELSPITZE- Autor Ronald Wecker hier im Blog vorgestellt hatte.

Der Schreiber fragte: „hallo hawi, wäre das vorgehen auch ohne dvt nicht das gleiche gewesen? ohne zusätzliche strahlung, ohne extra-kosten?“

Wenn es nicht er eigene Fall ist, dann ist es schwierig, diese Frage erschöpfend zu beantworten. Ich versuchs trotzdem.
Hätte man diesen Zahn ohne DVT  behandeln können ?
Ich denke schon.

Hätte ich gerne hier ein DVT gehabt ?
Vermutlich.
Weil ich weiss, was mir das DVT in einem solchen Falle an zusätzlichen Informationen bringen könnte.

Und ich fühle mich zurückerinnert.
An die Zeit vor gut 10 Jahren.
Mit dem Aufkommen des Dentalmikroskops hatten wir nämlich eine ähnliche Situation. Dem fertigen Röntgenbild nach einer WF sieht man nämlich nicht an, dass der mit dem Mikroskop entdeckte 4. Kanal ohne dieses nicht gefunden worden wäre.

Das Endergebnis, die Wurzelfüllung, mutet unspektakulär an.
Der Weg dort hin war trotzdem steinig.

Auch damals wurde der Ruf laut, für diese Dinge brauche man doch kein Mikroskop.
Der Behandler, der  beide Verfahren (mit und ohne Mikroskop)  aus eigener Praxis kannte, er wusste, dass dies ein Irrglaube war, dass er den Zahn ohne Dentalmikroskop nie in gleicher Form hätte behandeln können.

Und jetzt das DVT ?
Geht es nur mit oder doch ohne ? Das ist hier die Frage.

Anbei ein Fall von letzter Woche, wo mir das DVT eine entscheidende Hilfe war.
Ohne DVT wäre es mir schwergefallen, diesen Fall so zu behandeln, wie ich es dann letztendlich getan habe.

Die Situation: Symptomatischer Zahn 17,  Palatinaler Fistelgang in Regio 16,17. Der Zahn 15 war vor circa einem Jahr wurzelkanalbehandelt worden, der Zahn 16 irgendwann danach  auf Grund eines eitrigen Entzündungsprozesses verloren gegangen.
Drohte dem Zahn 17 jetzt das gleiche Schicksal ?

Nach Trepanation zeigen sich die bukkalen Kanäle 18,5 mm bzw. 19 mm lang.
Im palatinalen Kanal ( alio loco vorbehandelt ?) zeigt das ROOT ZX -Gerät ebenso wie das Raypex 6- Gerät bei 14,5 mm Apex.
Vermutet hätte ich hier  eher 19 – 21 mm.
Was war hier los ?
Via Falsa ?
Großer Seitenkanal ?

Keine Ahnung ???
Das Kanalumen, mit dem DM gut zu sehen,  war ziemlich  groß. Überdurchschnittlich groß.
In den Röntgenbildern, die vorlagen, und die im Laufe der Behandung hinzukamen, gab es keine Hinweis auf die Ursache dieses Phänomens.
Auch ein Paperpoint – Test blieb unbefriedigend.

Das durchgeführte DVT (mit röntgenopaker Calciumhydroxid- Einlage nach definitiver Aufbereitung) zeigte dann, dass in der Tat die palatinale Wurzel deutlich kürzer war als die beiden bukkalen.

Vermutlich ein Resorptionsprozess, dessen Knochendestruktion auch in diesem Falle von den Zahnfilmen her in seinem wahren Ausmaß nur zu erahnen gewesen und definitiv in dieser Grösse von mir nicht vermutet worden wäre.

Nachdem feststand, dass die palatinale Wurzel in der Tat deutlich kürzer war als die beiden anderen, wurde in der auf das DVT folgenden Behandlungssitzung die WF durchgeführt.
Der Zahn war seit unserer Erstbehandlung beschwerdefrei, die Fistel war zwischenzeitlich verschwunden.

Ein Gedanke zu „Hätt´s dafür ein DVT gebraucht ?

  1. Vorab muss ich sagen, dass der erste Fall auch bei mir ein Kribbeln in den Fingern erzeugte, mich doch dazu zu ussern- ich habe es dann gelassen.

    Warum?

    Es wird immer Kollegen (zahnmedizinische und medizinische), die die gewählte Diagnostik oder Behandlung in Frage stellen. Zurecht. Denn nur durch Argumentation und sachliche Diskussion kann evidence based medicine funktionieren, denn das Vorstellen von Studien unterschiedlicher Evidenz in Fachblättern ist nicht der Gipfel medizinischer Erkenntnis, sondern hat eine breite Basis in den Praxen quer durchs Land. Das es da einige gibt, die mehr machen, weil sie mehr können ist genauso ein Fakt, wie der, dass es welche gibt, die hier den Zahn ziehen und einen Modellguss zur Lückenversorgung vorschlagen- die Gauss´sche Normalverteilung.

    Sich deshalb aber gegenseitig in Abrede stellen zu wollen, man habe zu viel oder zu wenig getan, geht am Ziel der Weiterentwicklung der zahnmedizinischen Versorgung vollkommen vorbei und zeigt manchmal nur den begrenzten Horizont der eigenen Sichtweise- man müsste nicht jeden fehler selbst machen…

    Hut ab für die Offenheit, mit der hier Erfolge und Misserfolge diskutiert werden, denn aus meiner Sicht war der Beitrag vom Auswanderer in die Schweiz richtungsweisend: in der Frage, wie medizinisch versorgt werden soll geht es nicht um Wettbewerb und Konkurrenz, sondern um unsere Patienten und um eine optimale Versorgung selbiger. Dies kostet Patienten sicher Geld, weil sich gutes Equipment nicht in der Ramschecke finden lässt und weil Weiterbildung kostet, aber entlastet langfristig Kassen und private Geldbeutel.

    Schöne Weihnachten!

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