Fata Morgana?

von Jörg Schröder

Neben dem Fehlen von klinischen Symptomen steht bei der Einschätzung des Behandlungserfolges die radiologische Untersuchung der periradikulären Strukturen im Vordergrund. Ein durchgehender Parodontalspalt sowie das Fehlen radiologischer Transluzenzen wird dabei als Ausdruck vollständiger Heilung und somit als Behandlungserfolg angesehen. Sollte eine präoperative vorhandene Transluzenz  nicht innerhalb eines 4-jährigen Beobachtungszeitraumes rückgebildet sein, so ist der Fall als Misserfolg zu werten. So steht es im Konsensus-Report der ESE. Die Grundlage unserer Bewertung bildet dabei in erster Linie ein zweidimensionales Röntgenbild.

Das die Realität oftmals von dem im Röntgenbild vermittelten Eindruck erheblich abweicht kennt sicher jeder von der elektronischen Bestimmung der Arbeitslänge mit Hilfe eines Foramenlokatorgerätes.

Wie stark jedoch die zweidimensionale Darstellung das tatsächliche Geschehen verschleiert zeigt nachfolgender Fall:

Zahn 27 wurde alio loco vor 3 Monaten endodontisch behandelt. Der Zahn zeigt keinerlei klinische Symptomatik. Die Wurzelfüllung im distobukkalen Kanal erscheint deutlich überextendiert. Mesial zeigt sich eine knöcherne Struktur, ein dezenter Sealer-Puff, sowie eine geringe Transluzenz. Die palatinale Periapikalregion ist projektionsbedingt nur unzureichend zu beurteilen.

Anlässlich der Frage ob die Schaltlücke in regio 26 implatologisch versorgt werden kann wurde ein digitales Volumentomogramm (DVT) angefertigt. Darauf sind an allen Wurzeln ausgedehnte knöcherne Lysen zu diagnostizieren, deren Existenz 3 Monate postoperativ zwar nicht beunruhigend sind, deren Ausdehnung mich bei der Betrachtung des Einzelbildes jedoch stark verwundert hat.


Die zur Zeit auf einer internationalen Newsgroup fast täglich eingestellten DVT-Befunde zeigen ein ähnliches Bild: ausgedehnte knöcherne Läsionen die im zweidimensionalen Röntgenbild nicht oder nur mit viel Phantasie zu erkennen sind.

Es scheint so zu sein, dass die knöcherne Regeneration periapikaler Parodontitiden deutlich mehr Zeit benötigt und unsere bisherige Röntgendiagnostik nicht in der Lage ist das wahre Geschehen darzustellen. Unter Umständen müssen wir angesichts dieses Sachverhaltes die Kriterien für den endodontischen Behandlungserfolg neu definieren.

4 Gedanken zu „Fata Morgana?

  1. Hallo Jörg.

    Ich verfolge die Diskussion über die Diagnose und Beurteilung mittels DVT auch schon lange.
    Ich fand es erst übertrieben. Neue Technik >>neues Spielzeug.
    Aber die Ergebnisse sprechen für sich. Schon präendodontisch zu wissen wieviele Kanäle vorhanden sind, welche Komplikationen zu erwarten sein könnten, würde unsere Arbeit noch etwas verbessern und auch erleichtern.
    Doch welche Indikationen rechtfertigen die höhere Strahlenbelastung, den höheren finanziellen Aufwand? Ist es wirklich ein unbedingt notwendiges Hilfsmittel, oder nur ein zusätzliches Tool?

    Kommt evtl. sogar die Abkehr von der konventionellen Rö-Technik, hin zum DVT.
    Das würde doch in letzter Konsequenz Sinn machen, sofern es zukünftiger Technik gelingt, die Strahlenbelastung noch weiter zu verringern.

    Vorstellbar ist dies meiner Meinung nach.

    Und würde dieser neue Einblick nicht auch unsere endodontischen Konzepte verändern?

    In einigen Beiträgen der Newsgroup könnte man doch den Eindruck gewinnen, dass selbst nach längerer Zeit (Monate, Jahre??) keine wirkliche Heilung stattfand, obwohl klinisch symptomlos.

    Lieben Gruß

    Stefan Klinge

  2. Ich teile diese Gedanken; ich bin jedoch unsicher, wie wir klinisch akzeptable heilungszustände dann beurteilen werden. Eine Aufhellung muß ja nicht per se eine nicht hinzunehmende apikale Entzündung sein…
    Ansonsten würde es mich sehr freuen, wenn die DVT Technik in Riesenschritten auf geringere röntgenolog. + finanz. Belastungen hinausliefe und die Artefacte minimierbar wären. Viele Grüße Stefan

  3. Pingback: Erstaunlich … | Wurzelspitze

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