Pick (3.1)

Vielen Dank für die Kommentare.

Auf Grund der zu erwartenden massiven Stufenbildung haben wir der Patientin zum Erhaltungsversuch des Zahnes mit der Prognose günstig-kritisch geraten.
Im angefertigten DVT haben wir den Kanalverlauf nach der Stufe im mb Kanalsystem erruieren können. Trotzdem war ich zurückhaltend mit der Prognose. Ich hatte bereits einige „dieser vorbehandelten Zähne“ in der Revision und es war jedesmal extrem schwierig und zeitaufwendig diese Fälle zu lösen.

Die im DVT erkennbare Kanalverlagerung war schon deutlich, ließ uns aber die Revision nicht aussichtslos erscheinen.

In der Behandlung konnten wir nach dp vorgebogenen Handinstrumenten nichts sondieren, bzw. nachverfolgen. Innerhalb einer Stunde konnten wir keinen Erfolg erreichen.
In der angefertigten Kontrollaufnahme waren Reste der Einlage eines unbekannten Materials oder die Spitze eines Eddy zu vermuten. Wir konnten dies mittels Schall- und ultraschallgestützter Spülungen nicht entfernen.
Die Instrumentenspitze traf immer wieder auf einen harten Widerstand in der Stufe.
Nach dieser Stunde hatten wir das Limit erreicht und brachen weitere Versuche ab.
Die Patientin wurde von uns über diesen erfolglosen Versuch informiert.
Wir hatten im Vorfeld vereinbart, daß wir bei erfolgloser Suche nach der ersten Sitzung die Behandlung abbrechen.

Auf mein Anraten und der Hoffnung doch noch über den mb2 Kanal etwas zu erreichen, haben wir einen weiteren Termin vereinbart um noch einen weiteren Versuch der Erschließung ggf. über mb2 zu unternehmen. Auch hier gelang uns nachweiteren 30 Minuten im mb1 Kanal kein Fortschritt.

Der unbehandelte mb2 Kanal konnte mittels der Balanced-force-Technik initial instrumentiert werden und wurde anschließend maschinell weiterentwickelt bis zur #25.
( Niti-K-Feilen werden mit geringem Druck in den Wurzelkanal bis zum Widerstand eingeführt und um ca. 90 Grad im Uhrzeigersinn rotiert. Danach wird unter forciertem Druck die Feile ca. 180° in die Gegenrichtung  nach apikal das Instrument gedreht und aus dem Kanal entfernt. )
Leider war keine Konfluation mit dem Kanal mb1 zu erkennen. Es lag eine Vertucci Klassifikation Typ IV vor.

Die Erweiterung und Behandlung des gesamten restlichen Kanalsystems konnte nur eine dezente Beschwerdeminderung erreichen.
Die Palpation in Höhe der mesiobukkalen Wurzelspitzeentsprach den Schmerzen und verstärkte die Beschwerden.

Die Patientin hatte sich nach Beratung gegen eine apikale Resektion der unbehandelten mesialen Kanalbereiche und leider für die Extraktion entschieden.

In unserer Praxis treten diese Fälle nicht selten auf. Zumeist in Folge von vorbehandelten schwierigen Kanalsystemen, welche ein gezieltes und bewusstes Vorgehen erfordern.

Die Röntgenbilder zeigen erhebliche Krümmungsradien. Diese erfordern ein geplantes Vorgehen ( siehe oben, Erschließung mb2 ).
Die Hoffnung auf einen Zugang zum mb1 über den mb2 Kanal war leider illusorisch.
Hedströmfeilen gehören nicht in in die Erschließung und Sondierung derartiger Kanalsysteme. Zur Differenzierung übereinander projezeirter Kanäle in Messaufnahmen oder zur Entfernung von Guttapercha sehe ich eine Indikation dafür.

Schade. In diesem Fall hätte ich der mikroinvasiven Resektion der mb nicht behandelten Wurzelbereiche eine Chance gegeben.

 

 

7 Gedanken zu „Pick (3.1)

  1. Schade das es via mb2 nicht geklappt hat Olaf,

    Ich hatte vor kurzem eine Diskussion mit jemanden bekannten aus der Endo Welt über WSR. Er meinte man brauche so gut wie keine mehr – dabei wäre das ein klassischer Fall von der Indikation her.

    Geirg

    • Hallo Georg,
      WSR im klassischen Sinne wie allgemein oft gehandhabt, entgegen der Leitlinie, hat für mich keine Indikation. Allerdings sehe ich die apikale Kürettage und auch die Entfernung unbehandelter, infizierte Bereiche unter mikrochirurgischen Aspekten als sinnvoll an. Natürlich sollten alle Alternativen mit betrachtet werden.
      Bei dieser Patientin kam noch ein Teil-Deckbiß mit großen Attritionensdefekten hinzu. Da ist die Implatation auch nicht ganz ohne.
      Gruß
      O.

  2. Danke für den schönen Fall, leider ohne Happy End(o).

    Wie rechnest du in diesen Fallen ab? Bzw. wie wird das im Vorfeld mit den Patienten vereinbart?

    LG
    Tomas

  3. Innerhalb kürzester Zeit ist hier während der Vorbehandlung aus einem schwierigen Fall ein (im Prinzip) unmöglicher Fall geworden. Eine Resektion hätte sicherlich mit hoher Wahrscheinlichkeit den Zahn erhalten können, schade drum. Vielen Dank für die Vorstellung dieses „Nicht-Poster-Falls“!

  4. Das ist wirklich schade. Meine Idee wäre auch gewesen, zunächst den MB2 zu erschliessen. Aber bei getrennten Foramina bleibt die Schwierigkeit im MB2 unverändert. Und bei der vorhandenen Krümmung ist auch das Verlagern der Zugangskavität nach mesial ohne massiven Hartsubstanzdefekt nur begrenzt möglich. Danke für’s Einstellen. LGJ

  5. Vielen Dank für diesen Fall, den man sonst aufgrund des Resultats nur hinter vorgehaltener Hand hört / sieht. Wie wärst du bei einer Entscheidung für die Resektion vorgegangen? Ich hatte einen ähnlichen Fall (starke Krümmung mb-Wurzel, Fragment im Krümmungsbereich, über mb1 und mb2 Fragment / Krümmung nicht passierbar) und habe 1 Tag nach WF die mb-Wurzel reseziert, retrograd aufbereitet und dann mit MTA gefüllt.
    Deinen Ablauf fände ich sehr interessant.
    Vielen Dank, uli

    • Hallo Ulli,
      es werden oftmals gut gelöste Fälle gepostet. Aus diesem Grund stelle ich auch diese Fälle ein. Zumal man schnell mal eine gewisse Demut verliert… ;)
      Wie machen wir das mit der WSR?
      Ich schreibe wir, da ich in der Praxis mit einer spezialisierten Parodontologin zusammen arbeite. Ich werde an Hand eines Falles unser Vorgehen beschreiben.
      Gib mir noch etwas Zeit, weil noch so viele Dinge in der Pipline sind.
      Herzliche Grüße
      O.

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