von Christian Danzl
Absolute Trockenlegung bei der Wurzelkanalbehandlung ist in meinen Augen nicht zwingend notwendig.
Jeder muss selber wissen, wes er will und tut. Will ich bei einer Endo 50 oder mehr Watterollen durch den Mund des Patienten schleusen? Macht es mir etwas aus, wenn in einem kurzen Moment der Unachtsamkeit Speichel in den trepanierten Zahn fliesst? Kann der Patient damit umgehen, wenn ihn während der Behandlung hin und wieder ein Desinfektionsmittel am Zäpfchen kitzelt?
Das muss jeder selber wissen und verantworten.
Ich jedenfalls will o.g. nicht. Ich bin froh, wenn ich mich nicht auf die „Nebenschauplätze“ konzentrieren muss, sondern auf die eigentliche Belange der Endo.
Man kann das ganze schon irgendwie ohne Kofferdam handeln. Irgendwie geht es immer. Es ist zwar mehr Stress und Arbeit ohne Kofferdam, aber es geht schon, wenn man sich gegen dem Kofferdam sträubt.
Aber nur solange, solange man ohne Vergrößerung arbeitet.
Solange man alles im Blickfeld hat: Die Zunge des Patienten, die Watterollen, die Helferin und ihr Engagement an diesem Tag, den Speichelzieher, den Spiegel mit dem man selber abhält…….
Kommt aber jetzt eine vergrößernde Sehhilfe zum Einsatz (Lupenbrille, Mikroskop) wird das Blickfeld sehr eingeengt.
Dann ist man ohne Kofferdam auf Gedeih und Verderb auf die Helferin angewiesen, dass diese das Arbeitsfeld trocken hält, und den Patienten nichts verschlucken lässt, was er nicht soll.
Das funktioniert in meinen Augen definitiv nicht.
Diesmal hier eine (bei uns) neue Errungenschaft im Bereich der absoluten Trockenlegung:
Latexfreier Kofferdam, bereits auf einem flexiblen Rahmen aufgespannt. Nennt sich „Flexi-Dam framed“, von Hygienic. Das Tuch selber erinnert sehr an den Flexi-Dam von Roeko (wer welche Firma und deren Produkte in letzter Zeit wen übernommen hat, weiss ich nicht) mit all seinen Vor- und Nachteilen. Also die Löcher mindestens eine Nummer kleiner stanzen als bei Latex.
Es ist sicher kein „must have“, schadet aber nicht, wenn mal ein latexfreier KD gebraucht wird und dieser schon aufgespannt ist.
sehr geehrte damen und herren,
die verwendung von kofferdamm bei einer wurzelbehandlung stellt gerade bei patienten mit angst vor dem zahnarzt ein absolutes problem da. ich denke, dass hier die relative trockenlegung und die behandlung im tiefschlaf die beste kombination ist, den patienten zufriedenzustellen. desweiteren empfiehlt sich die wurzelbehandlung mit einer lupenbrille duchzuführen und die wurzelkanäle mit einer entsprechenden, rationiellen technik aufzubereiten bzw. abzufüllen.(thermoplastische kondensation)
Sehr geehrter Herr Kollege Seidel,
Ihr Vorschlag deckt sich nicht mit unseren Erfahrungen. Wir haben keine Probleme mit dem Legen von Kofferdam und verwenden ihn bei allen Patienten bei allen endodontischen Behandlungen (und auch sonst). Gerade die ängstlichen Patienten sind am meisten begeistert von der Lösung mit der „Folie“.
Grüße
Andreas Habash
sehr geehrter kollege,
patienten mit angst vor dem zahnarzt lassen sich ausgewiesenermaßen solche behandlungsformen ausschließlich im tiefschlaf oder mit lachgas durchführen. hier ist die anwendung des kofferdamms obsolet.(siehe sauerstoffsättigung)
ansonsten befürworten wir die anwendung deskofferdamms und sichern alle instrumente. das ist doch wohl selbstverständlich.
mfg dr.seidel. frank- fachzahnarzt für oralchirurgie
Hallo Herr Kollege,
wir haben bei unseren Angst-Patienten weder Probleme mit Sauerstoffsättigung noch mit Kofferdam. Für die bessere „Atmung / Belüftung“ unter dem Kofferdam gibt es ja einige Möglichkeiten. Für besondere Fälle darf ich sogar das „Pulsoxy“ meiner Frau (Oralchirurgin) ausleihen und auch da beobachten wir keine Probleme. Sicher ist Ihr Vorgehen möglich aber wohl nicht zwingend erforderlich.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Andreas Habash – „Landzahnarzt“
sehr geehrter kollege,
ein pulsoximeter ist bei der behandlung von angstpatienten in sedierung zwingend notwendig. ein kofferdamm allerdings nicht, denn er verlegt zusätzlich die atemwege.
mfg dr.seidel, frank
Lieber Kollege Seidel,
ich verfüge nur über limitierte Erfahrung in der Behandlungen in Narkose, respektive in Ausnahmefällen in Analgosedierung. Was sich mir nicht erschließt, das ist der von Ihnen beschriebene Umstand, der Kofferdam verlege die Atemwege. Zudem zusätzlich; zusätzlich zu was?
Herzliche Grüße
Marc Semper
sehr geehrte kollege,
beschreiben sie mir doch mal bitte, in welcher form sie die analgosedierung durchführen und in welcher abfolge sie dann noch zusätzlich bei einer solchen massnahme einen kofferdamm applizieren.
dann kann ich ihnen eine konrekte antwort geben.
mfg dr.seidel, frank
fachzahnarzt für oralchirurgie, tsp implantologie
Sehr geehrter Kollege,
ich denke, daß in dieser Diskussion die Begrifflichkeiten durcheinandergeraten und und es zu Mißverständnissen kommt. Beim narkotisierten oder analgosedierten [tiefe Sedierung] Patienten – diese führte ich an – haben wir es mit intubierten und beatmeten Patienten zu tun. Kofferdam habe ich hier in dem Sinne als hilfreich empfunden, als daß mir die relaxierte Muskulatur „abgehalten“ wurde. Aus Gründen der Kontamination nahezu irrelevant, da Speichelsekretion in diesen Fällen keine Rolle spielt. Sie heben aber eher auf die Sedierung [schlafend aber kooperativ] ab und hier kommt es natürlich auf die Wahl des Sedativums an. Nicht alle Sedativa führen zu einer relativen Atemdepression. Sie schreiben: „die behandlung in sedierung ist mit einer deutlichen atemdepression verbunden. wer hier noch einen kofferdamm überstülpt dem kann wohl nicht mehr weitergeholfen werden.“ Auf welche Sedativa beziehen Sie sich hier – das interessiert mich theoretisch – und sind Ihnen Techniken geläufig, die die Patientenatmung auch in solchen Fällen nahezu nicht beeinträchtigt?
Herzliche Grüße
Marc I Semper
Sorry falls ich mich nicht genau genug ausgedrückt hatte.
Kofferdam ist notwendig.
Pulsoxy kann in bestimmten Fällen notwendig sein.
Die Sedierung in Ihrer Vorgehensweise halte ich für „möglich“ aber nicht für zwingend notwendig.
Wir behandeln nicht in Sedierung und Sie haben gute Ergebnisse damit.
Wunderbar.
Grüße
A. Habash
sehr geehrter kollege,
zur erinnerung: es ging um die wurzelbehandlung von angstpatienten. diese lassen solche behandlungsformen ausschließlich im tiefschlaf oder gar narkose durchführen. eine diskussion ob dann ein pulsoxymeter erforderlich ist – muß so denke ich, nicht gefühert werden. dennoch empfehle ich ihnen bei risikopatienten in kombination mit länger andauerneden eingriffen unbedingt ein pulsoximeter zur überwachung der herz-kreislauffunktionen. diese(pulsoximeter) gibt es schon als „fingerclip“ im handel und würde sie auch nicht bei einer invasiven wurzelbehandlung mit einem kofferdamm behindern. außerdem können sie sich dann das gesamte monitoring von der behandlung ausdrucken, was u.u. aus forensischen gründen sehr wichtig ist.
also fohes schaffen
dr.seidel, frank
fachzahnarzt für oralchirurgie tsp implantologie
Danke für Ihre Rückmeldung.
Wir nutzen Kofferdam und wenn nötig Puloxy, wie bereits geschrieben.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Habash
Sehr geehrter Herr Dr. Seidel,
ja es gibt Patienten die sich nur in Sedierung oder Narkose behandeln lassen.
Darunter sind sicherlich auch der ein oder andere Angstpatient. Dass Angstpatienten „solche Behandlungsformen ausschließlich im Tiefschlaf“ durchführen lassen kann ich so auch nicht bestätigen – vom Nutzen für den Patienten mal abgesehen.
Von welchem Pulsoximeter sprechen Sie genau. Mir ist nicht bekannt dass ein Pulsoxymeter die Herz-Kreislauffunktionen überwachen kann, lediglich die Sauersoffsättigung – meist am Finger – und den dort ankommenden Puls.
Was dies für die Wurzelkanalbehandlung eines Angstpatienten an Mehrwert für Patient und Behandler bringt hätte ich gerne gewusst.
Viele Grüße
Frederic
sehr geehrte kollege,
leider liegen sie mit ihrer aussage nicht richtig. es sind gerade die patienten mit angst vor dem zahnarzt, die sich im tiefschlaf oder in vollnarkose behandeln lassen. nach einer solchen behandlungsform verlieren sie die zahnarztangst. wir haben in der standardanwendung das Pulsoxymeter Dynamap* im Einsatz. der name pulsoxymeter setzt sich aus den begriffen puls und oxymeter zusammen. wir wissen alle , dass mit der pulsmessung die herzfrequenz überwacht werden kann – zusätzlich wird natürlich auch die sauerstoffsättigung gemessen. ich empfehle ihnen hierzu einen entsprechenden notfallkurs. ps mit diesem pulsoxymeter kann man auch zusätzlich den blutdruck bei der behandlung messen. haben sie das schon mal gemacht ?
frohes schaffen dr.seidel, frank
ps : In der Anästhesie (ein Patient bekommt eine Narkose), in der Intensivstation und bei der Notfallmedizin ist die dauerhafte Überwachung des Herzschlages (Puls) sehr wichtig. Damit der Arzt nicht ständig den Puls am Handgelenk oder an der Halsschlagader fühlen muss, gibt es Geräte die dies für ihn übernehmen. (Pulsoxymeter )Neben der Messung der Herzfrequenz dient ein Fingerclip meistens auch zur Ermittlung der Sauerstoffsättigung des Blutes. Man nennt das Gerät dann Pulsoximeter.
Sehr geehrter Herr Kollege Seidel,
wo sehen Sie die Vorteile der Lupenbrille bei tief schlafenden Patienten im Vergleich zum Mikroskop?
Ziel der endodontischen Behandlung ist sicher die Verhinderung oder die Ausheilung einer apikalen Parodontitis. Ob die rationellste Methode dabei in jedem Fall die erfolgversprechendste, wage ich angesichts meiner täglichen Behandlungsfälle zu bezweifeln.
Wie sichern Sie Instrumente und Kleinteile gegen Verschlucken oder Aspiration?
Unsere Erfahrungen decken sich mit denen des Kollegen Habash: Gerade die ängstlichen Patienten sind geradezu erleichtre, dass keiner bei Ihnen mit viel Werkzeug im Mund arbeitet und einen ständigen Kampf gegen Speichel und Weichgewebe führen muss. Ausnahme sind sicher Patienten mit klaustrophobischen Angstzuständen.
Herzliche Grüße
Jörg Schröder
Vielleicht kann den beiden Kollegen dieses abstract weiterhelfen:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22864529
Wer Kofferdam schon mal im Mund hatte, weiß aber eigentlich auch, dass dies bei Nasenatmung gut funktioniert, bei Mundatmern tendenziell schlechter, bei Erkältung fast gar nicht.
VG,
KT
Danke für die Info.
… Kofferdam ist nach den entsprechenden Modifikationen auch bei Mundatmern und auch häufig bei Erkältung möglich … zeigen zumindest unsere Erfahrungen.
Dies ist sicher Praxisbezogen und Patientenbozogen vom jeweiligen Behandler zu entscheiden.
Frohes Schaffen weiterhin – mit Kofferdam.
Grüße
Ah
sehr geehrte kollegen,
es ging bei dieser diskussion um die behandlung im tieschlaf mit einem kofferdamm. die behandlung in sedierung ist mit einer deutlichen atemdepression verbunden. wer hier noch einen kofferdamm überstülpt dem kann wohl nicht mehr weitergeholfen werden.
also augen zu und durch
mfg dr.seidel, frank
Hallo Herr Habash,
die Erkenntis, dass es jeder Behandler os machen soll, wie er und sein Patient es gemeinsam absegnen können, ist ein guter Abschluss.
Um Risiken zu minimieren finde ich Kofferdam auch sinnvoll, trotzdem würde ich mich eine Studie, die Kontamination von jeglichen Stoffen, die ganz praktisch bei einer Wurzelbehandlung Anwendung finden, durchaus interessieren, denn den „sterilen“ Wurzelkanal halte ich für eine Illussion.
VG,
KT
aus Patientensicht kann ich nur sagen, dass ich durch meine erste Behandlung mit dem Kofferdamm die erste Panikattacke meines Lebens hatte. Bisher hatte ich keinerlei Probleme bei Zahnarztbesuchen, habe auch Behandlungen, die von Anderen als schmerzhaft bezeichnet wurden lediglich als lästig empfunden. Ich habe keine Angst vor Spritzen, vor Bohrern etc. Allerdings habe ich Klaustrophobie, und wurde von meinem Zahnarzt weder aufgeklärt dass er eine Wurzelbehandlung macht, noch wie lange eine Sitzung dauern kann, noch dass er mit einem Kofferdamm arbeiten würde. Dieser wurde nicht in einen Rahmen gespannt, reichte mir bis weit über die Nase fast bis zu den Augen. Ich hatte das Gefühl überhaupt nicht atmen zu können zumal das ganze auch noch schön eng am Gesicht anlag. Die Folgen: Würgereiz, Atemnot , Schweißausbruch. Versuch dem Zahnarzt zu signalisieren, dass eine kurze Pause nötig war. Kommentar: Sie sehen nicht glücklich aus! Tue ich Ihnen weh? Nein, war ja nicht der Fall, also wurde ohne Unterbrechung zu Ende gearbeitet. Bisher habe ich mich nicht als Angstpatienten gesehen und bin auch schon während Behandlungen fast eingeschlafen. Die o.g. Wurzelbehandlung muss aber noch fortgesetzt und abgeschlossen werden. Obwohl sich mir die Vorteile dieser Behandlungsmethode sicherlich erschließen, frage ich mich doch was das kleinere Risiko ist, Behandlung unter Vollnarkose ‚ ohne Kontamination des Wurzelkanals‘ oder wie gewohnt mit keiner oder örtlicher Betäubung ohne Kofferdamm. Meinen Zahnarzt hat das jedenfalls völlig überrascht, das konnte er überhaupt nicht nachvollziehen, ich wäre doch sonst nicht so. Stimmt. mfg. A. Schönberger