2D vs. 3D (XIV)

von Ronald Wecker

Die Frage nach der Ursache der trotz zweimaliger Resktion persistierenden Beschwerden an diesem 26 schien nach der Auswertung des zweidimensionalen Röntgenbildes klar:

Das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorhandene zweite mesiobukkale Kanalsystem ist unbehandelt. Die seit langer Zeit bestehenden Beschwerden im Bereich des Sinus maxillaris können also eine dentogene Ursache haben.

Im DVT zeigt sich ein viel größeres Problem: Die knöcherne Begrenzung zum Sinus maxillaris links fehlt im Bereich der palatinalen Wurzel und auch distal davon völlig.

Die periapikalen Strukturen erscheinen apikal der Resektionsflächen völlig unauffällig. Ob die Beschwerden alleine durch eine endodontische Revisionsbehandlung beseitigt werden können erscheint daher fraglich. Ein HNO-Konsil ist zu empfehlen.

Hinsichtlich der Erfolgsaussichten einer endodontischen Behandlung konnte die Auswertung des  DVT einmal mehr dazu beitragen, den Patienten im Vorfeld der Behandlung  ohne invasive Therapie bestmöglichst über die Prognose, den zu erwartenden Behandlungserfolg, aber auch über die Notwendigkeit der Hinzuziehung anderer Fachbereiche zu informieren.

9 Gedanken zu „2D vs. 3D (XIV)

  1. ich möchte Folgendes zu bedenken geben:
    “ohne invasive Therapie” ist korrekt, allerdings nur, weil es sich beim DVT um ein diagnostisches Hilfsmittel handelt, das aber sehr wohl invasiv ist, da es im Körper einen Strahlungsschaden hinterläßt. Gerade da man i.M. in der Presse einige Artikel zu folgender Veröffentlichung findet: http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/cncr.26625/abstract sollte die Diskussion nicht einseitig erfolgen.
    Trotzdem erscheint das DVT hier sehr hilfreich gewesen zu sein.
    M.H.

    • Die Möglichkeit eines Strahlungsschadens ist theoretisch gegeben. Wie immer gilt abzuwägen zwischen Nutzen und Risiko; in Diagnostik und Therapie.

      Zum erwähnten Artikel: “The main outcome measure for the study was the association between a diagnosis of intracranial meningioma and self-reported bitewing, full-mouth, and panorex dental x-rays.” Self-reported heisst für mich, dass die Bestrahlungsparameter unbekannt sind. Zudem ist die Anzahl der tatsächlich durchgeführten Aufnahmen unklar. Bitewings mehr als einmal im Jahr entspricht sicher nicht der Häufigkeit solcher Aufnahmen in Deutschland. Wer einmal die Zahl der prä- und postoperativen Aufnahmen eines amerikanischen Endodontologen sieht, weiss, dass die dortige Realität sehr weit von der unseren entfernt ist. (3-5 Aufnahmen prä- und noch einmal postoperativ, dazu die Aufnahmen während der Behandlung).

      Dass Kinder und Jugendliche ein deutlich höheres Risiko eines Strahlungsschadens nach radiologischer Diagnostik haben ist nichts Neues.

      Die Veröffentlichung nimmt auf solche “Kleinigkeiten” keine Rücksicht. Damit wird eben auch keine Auflage generiert. Die Zusammenfassung des Abstracts ist schon ein arges “Eindampfen”.

      Herzliche Grüße

      Jörg Schröder

  2. Ich frage mich, inwieweit die DVT im von Ihnen benannten Fall wirklich sinvoll war.
    Nach zweimaliger, chirurgischer Intervention stellt sich imho die Frage einer endodontischen TH nichtmehr unbedingt. Darüberhinaus bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass insbesondere die “Spezialisten”, zu denen ich mich übrigens auch zähle, kritisch reflektieren sollten, inwieweit Therapien zum Selbstzweck und nur weil es möglich ist durchgeführt werden.
    Ich will nicht den grundsätzlichen Nutzen der DVT in Frage stellen, stelle jedoch fest, dass sich aus der Anschaffung bereits Zwänge hinsichtlich der Indikationsstellung ergeben.
    Und dies insbesondere ohne, dass sich hinsichtlich eines Infektes oder der Präsenz evtl. vorhandenen Restgewebes eine konkrete Aussage treffen liesse, wie man an der in den Befundberichten teils sehr wagen Formulierungen erkennen kann.

    • Hallo Hr. Pittrof,

      nur für mein Verständnis: Sie würden den Zahn aufgrund der Tatsache, dass dieser bereits zweimal chir. behandelt wurde, nicht mehr zwangsläufig behandeln?
      Aufgrund welcher diagnostischen Massnahme würden Sie diese Entscheidung für den Patienten treffen? Ronald hat die Prognose dieses Zahnes doch völlig korrekt als nicht ausschliesslich odonotgen abhängig beschrieben. DAS wird auf den 2D-Bildern nicht völlig klar. IMHO ein klassischer Fall von: ” wir haben nun alles versucht, Fr. Müller, es bleibt nur die Entfernung…. aber bevor wir das Implantat anfertigen, hätte ich gerne ein DVT. Nur machen wir den Racker zuerst raus… Oh, sehen Sie, das ist ja gar kein Knochen mehr zur Kieferhöhle, da werden wir einen Sinuslift machen müssen, ob das allerdings aufgrund der chronischen Sinusitis so glatt geht, na ja… Zusammenhang zwischen dem Zahn und Ihrer Kieferhöhle? Jetzt nicht mehr… ob wir das DVT früher hätten machen sollen? Nee, man hat ja alles deutlich auf den normalen Bildern gesehen ”

      Ich hätte in diesem Fall ebenfalls eine DVT angefertigt.
      Weiterhin hoffe ich doch sehr, dass Sie die “wirtschaftlichen Zwänge” und die Qualität der Bekundung nicht auf den Kollegen Wecker beziehen ;-)
      Da mir eine DVT keine Bakterien zeigt, sehr wohl aber eine Reaktion des Körpers im Sinne einer Aufhellung, würde ich eine Infektion ebenso wenig im Befundbericht erwähnen, weil ich die radiologisch gar nicht zeigen kann.
      Aus dieser Perspektive relativiert sich Ihre Aussage in meinen Augen schon in wenig.

      VG

      • Hallo VG,
        ein wenig polemisch, aber grundsätzlich stimme ich Ihnen natürlich zu und nein, zwangsläufig würde ich den Zahn sicherlich nicht behandeln. Ich will auch keinen Kreuzzug gegen die Volumentomographie beginnen.
        Davon abgesehen treffe ich die Entscheidung welche TH erfolgen soll schon aus Prinzip nicht bzw. nur nach eingehender Abwägung der Vor- und Nachteile mit dem Patienten zusammen (so wie die Kollegen sicherlich auch).
        Resizierte (auch mehrfach) Zähne habe ich durchaus schon einige revidiert und soweit beurteilbar z.Tl. auch erfolgreich.
        Auch die Einbeziehung anderer Spezialisten halte ich für richtig und erforderlich (auch wenn die Aussagen aus der Richtung HNO häufig genug nicht sehr konkret sind).
        Aber, einen Behandlungserfolg wünschen in jedem Fall, erwarten halte ich für – man möge mir verzeihen – vermessen; und zwar aus den von mir angeführten Gründen einer nicht Beurteilbarkeit des Infektes und verbliebener Gewebsreste bzw. einer nicht vollständigen Entfernbarkeit selbiger.
        Und daran ändert auch eine Volumentomografie nichts.
        Ich stelle (allgemein) fest, wenn ein Volumentomograph im Hause ist muss er bedient werden, damit sich die erheblichen Kosten amortisieren. Dabei wird die Indikationsstellung immer weiter gefasst, u.a. eben auch um das Gerät auszulasten.
        Die Befundung des Kollegen und auch inwieweit er sich wirtschaftlichen Zwängen beugen muss (müssen wir das nicht alle?) kann und will ich nicht beurteilen. Auch eine persönliche Diskreditierung des Kollegen liegt mir vollkommen fern!
        Ich tue mich lediglich mit dem “Brustton” der Überzeugung hinsichtlich des Behandlungserfolges etwas schwer. Schliesslich vertrauen unsere Patienten auf unsere Einschätzung und im speziellen Fall hat der Patient möglicherweise die zweidimensionale Röntgenaufnahme als unauffällig verkauft bekommen (was sie sicherlich nicht ist, pal WF möglicherweise zu kurz, wie der Kollege bereits angesprochen hat wahrscheinl. mbII insbesondere in Anbetracht einer nicht näher bekannten klinischen Symptomatik).

        MfG

        Marcus Pittrof

        • Danke für Ihre Worte. Bei allem “informend consent” den wir fahren, sind es immer noch Sie, die die Entscheidung pro oder contra treffen. Da hilft auch kein rumdefinieren oder umbenennen, es ist einfach so. Sie entscheiden aufgrund Ihrer Erfahrung, Ausbildung und Vorlieben. Und vielleicht auch der monetären Zwänge. Von wem auch immer. ;-) Auf jeden Fall bringen Sie den Patienten, ob bewusst oder unbewusst, dahin, wo Sie ihn sehen.

          Den “Brustton” der Überzeugung vermisse ich übrigens in diesem Beitrag. Ganz im Gegenteil:

          “Die periapikalen Strukturen erscheinen apikal der Resektionsflächen völlig unauffällig. Ob die Beschwerden alleine durch eine endodontische Revisionsbehandlung beseitigt werden können erscheint daher fraglich. Ein HNO-Konsil ist zu empfehlen.”

          Und: es ist keine Einschätzung des Behandlungserfolges gegeben worden in diesem Beitrag…

          In diesem Sinne

          VG

        • Auch da haben Sie natürlich recht, dass ich die Entscheidung des Patienten beinflusse, bewusst oder unbewusst, nichtsdestotrotz trägt die Verantwortung für die Entscheidung der Patient und schon von daher sollte er selbige treffen.
          Und mit Brustton meinte ich “. . . den Patienten im Vorfeld der Behandlung ohne invasive Therapie bestmöglichst über die Prognose, den zu erwartenden Behandlungserfolg . . . zu informieren”.

          Aber ich will hier beileibe keine Erbsenzählerei veranstalten wer was wie in welchem Brustton der Überzeugung sagt oder nicht sagt. Meine grundsätzlichen Zweifel bzgl. endodontischer Behandlungen beziehen sich auch nicht auf meine Behandlung an sich sondern auf deren Prognostizierbarkeit.
          Ich denke/hoffe, dass auf dem Niveau, auf dem wir hier diskutieren, die Grundrichtung im Wesentlichen zur Deckung zu bringen ist, sodass wir hier offensichtlich über Details diskutieren.
          Im Übrigen will ich den Nutzen der DVT nicht grundsätzlich in Frage stellen. Aber irgendwer muss die ja auch alle bezahlen, oder??

          MfG

    • Was raten Sie einer solchen Patientin? Nach Anhören der Anamnese (2x resiziert) Extraktion und dann? Uuups, großes Loch im Sinus? Obturator? Das DVT führt, zumindest in unserer Praxis, genau wie jede andere Art von Diagnostik nicht immer zu einer endodontischen Therapie. Insofern kann ich den von Ihnen erwähnten Selbstzweck nicht erkennen. Helfen Sie mir,bitte.

      wäre zu Beginn dieser endodontischen Odyssee eine solide Diagnose durchgeführt worden und der Zahn adäquat behandelt worden, wäre der chirurgisch bedingte Schaden nicht eingetreten.

      Sinnvoll ist das DVT um der Patientin unnötiges Therapieren zu ersparen und sie an die richtigen Behandler zu verweisen.

      • Hallo,
        ich würde weder zu der Extraktion raten, noch zwingend zu einem Erhaltungsversuch, und das auch nach zweimaliger Resektion. Obturator? Das war eher als Scherz gemeint, oder?
        Ich bin in der glücklichen Lage an einen kompetenten Implantologen im Hause verweisen zu können, der sicherlich ein DVT gemacht hätte auch vor der TH-Wahl Extraktion um beide Optionen erörtert zu haben. Der Knochendefekt wäre für den Kollegen aus meiner Erfahrung kontrollierbar.

        Möglicherweise hätte ich mit der Patientin einen TH-Versuch (auch ohne DVT) geplant (Darstellung des Kanalsystems, Entfernung WF-Material, Reinigung und dichter Verschluss) um mir klinisch Überblick über die Situation zu verschaffen und nach einer Evaluationsphase ggf die weitere endodontische TH im Sinne des Zahnerhaltes weiterzuführen. Evtl. könnte man dann im Falle des Zahnerhaltes das DVT weglassen.
        Hiermit ziehe ich den Selbstzweck zurück (“Euer Ehren”)

        MfG

Kommentar verfassen