Maillefer Wave One – der Reziprok- Feingeist

von Hans – Willi Herrmann

Ich arbeite schon sehr lange mit den „Reciproc“ – Feilen von VDW, sie gehören  zu meinen Standardwerkzeugen bei der Wurzelkanalbehandlung und ich habe mich gut drauf „eingeschossen“.

Die Maillefer „Wave One“ habe ich nur in einigen präfinalen Entwicklungsstufen testen können, mit dem endgültigen Feilen jedoch bislang (von ein paar extrahierten Zähnen abgesehen)  nicht arbeiten können.

Was vorrangig an mir lag.
Die Wave One sind ja nun schon seit der IDS dieses Jahre offiziell auf dem Markt, aber angesichts meiner guten Erfahrungen mit den VDW Reciproc hatte ich wenig Intention, die Wave One auszuprobieren.

Kürzlich sind mir ein paar Blisterpackungen in die Hände gefallen und ich nahm dies zum Anlass, die „Wave One“ zu testen.

Mein erster Eindruck: Sehr angenehm.

Im Gegensatz zu den VDW Reciproc, denen man das Voranschreiten im Wurzelkanal anmerkt, scheinen die „Wave One“ im Kanal kaum spürbar zu arbeiten, was bitte nicht mit ineffizient verwechselt werden darf, denn sie kommen sehr wohl gut voran, nur eben, wie soll ich sagen, „harmonischer, glatter“ als die VDW Reciproc.

Ich habe es schon früher geschrieben, aber wiederhole mich gerne: Es ist erstaunlich, dass die beiden Firmen, Maillefer und VDW, es geschafft haben (im Hinblick auf eine eigentlich nivillierende Aufbereitungsbewegung) zwei so grundsätzlich verschieden agierende Instrumente zu entwickeln.

Welches System ist besser ?
Das kann ich nicht sagen, dafür habe ich zu lange mit dem einen und zu wenig mit dem anderen gearbeitet. Aber sehr gefallen hat mir die 20er, die gelbe Wave One, die in Kanälen, in denen die VDW Reciproc 25 nur langsam ihren Weg findet, eine sich problemloser ihren Weg bahnende Alternative sein können.

Andererseits gibt es Kanäle, in denen die Wave One- Instrumente weniger effizient zu sein scheinen. Und an der VDW Reciproc mag ich ihre Fähigkeit, sich automatisch den Weg nach apikal zu bahnen. Solange das Instrument sich (drucklos) weiter nach apikal bewegt, ist alles gut und narrensicher problemlos. In dem Moment, in dem dies nicht mehr passiert, weiss, ich was zu tun ist, stattdessen:  Instrument rausnehmen, anschauen, reinigen, Kanal spülen. Und wenn dann, beim nächsten Durchgang,  es wieder nicht weitergeht, raus aus dem Kanal und Plan B oder C anwenden.

Was hier so unscheinbar niedergeschrieben wird, ist eine wesentliche Sicherheits- Eigenschaft der VDW „Reciproc“ die das Arbeiten einfacher,  weil fehlerunanfälliger macht. Im Zweifelsfall wäre nämlich ein konventinell rotierendes NiTi – Instrument an gleicher Stelle längst abgebrochen oder hätte eine kapitale Stufe produziert.

Ob es eine ähnliche Rückmeldung auch bei Wave One gibt, kann ich nicht sagen, weil, siehe oben, ich zu wenig Erfahrung damit habe. Meine Blister sind leer, was bleibt ?  Das Gefühl, dass die Wave One- Instrumente ihre Anhänger finden werden und dass ich vermutlich auch dazu gehören würde, wäre da nicht der real existierende Vorsprung an Erfahrung in meinen Händen mit den  VDW „Reciproc“, der – „no need to change a running system“ – weitere Experimente zunächst vermutlich auf Eis legt.
Sollte sich an dieser Situation was ändern, werde ich an dieser Stelle berichten.

Versprochen.

10 Gedanken zu „Maillefer Wave One – der Reziprok- Feingeist

  1. Ich habe wegen ähnlicher Erfahrungen mittlerweile, zusätzlich zu den Reciproc Feilen, die 20er Wave One fest ins Inventar aufgenommen. Wenn Kanäle besonders eng oder stärker gekrümmt erscheinen haben sie sich bis jetzt sehr gut bewährt.

  2. Danke für diese Information, hätte nicht gedacht das es einen Unterschied gibt, aber selbst was Reciproc angeht hatte ich auch immer angenommen: ist umgedrehte Mtwo 25er, und bei Wave -One umgedrehte F2. Am Wochenende habe ich mal versucht den ATR Tecnika für Reciproc (linksdrehend) zu programmieren, und scheinbar klappt es. Übungsblöcke mit F2 und Mtwo 25er + „altem Rezipok“ bearbeitet, und irgendwann ging es nicht weiter. Ein bisschen forciert um z.B. Stufe zu bilden (was in den Übungsblöcken BEDEUTEND schlechter geht als in echten Zähnen), aber Fehlanzeige. Dann Reciproc Feile rein, Linkslauf an – und die Feile marschierte ohne Mucken durch. War für mich ein Augenöffner…weil ich nicht gedacht hätte das man den Unterschied wirklich so merkt. Wave One Instrumente hätte ich auch gerne mal probiert, aber die hab ich noch nicht ergattern können…Bei den Ergebnissen finde ich es faszinierend was Ghassan Yared für Erfolge mit Protaper F2, F4 oder F5 errreicht hat, ich finde die immer sehr steif und Stufen gab es damit bei mir auch schon, trotz aller Vorsicht.
    Insgesamt muß ich mir aber die Motorenfrage durch den Kopf gehen lassen, der ATR Tecnika wird immer sehr warm bei dieser Aufbereitungsart. Welchen Antrieb haben Sie benutzt, Schlumbohm Endo-Pilot oder doch VDW Silver Reciproc? Die Reciproc Programmierung wirkte beim Endo-Pilot-probelaufen auf der IDS etwas „ruppiger“ oder mit längeren Pausen, aber ich hatte leider nicht genug Zeit mich genauer damit zu beschäftigen, das war 10min vor IDS Ende…

    Danke und Gruß,

    PS: Wie würde Plan B oder C normalerweise bei Ihnen aussehen?

    PS 1: Bei Youtube gibt es ein „nettes“ Video von einer „15min Molar Endo“ – von Anästhesie bis WF Kontrollaufnahme: Sicher sehr effizient von der Arbeitszeit/weise her, aber was sagen die europäischen Kollegen dazu? So ein ähnliches Vorgehen habe ich jetzt schon mehrfach gehört bei den Amerikanern, aber bei mir selbst möchte ich das definitiv nicht haben…

  3. Ich nutze seit kurz vor der IDS 2011 Reciproc mit dem VDW Silver Motor (das Einführungsset), weil erste Berichte hier im Blog so positiv aussahen (insbesondere keine Frakturen). Davor 17 Jahre Handaufbereitung (VDW Hedström) mit nur kurzen, frustranen Ausflügen in die maschinelle Endodontie (Gates Glidden gehört/e allerdings immer dazu). Ich möchte Reciproc nicht mehr missen. Ist meine fast ausschließliche Aufbereitung geworden. Ich gehe bei jedem Kanal alle Größen durch (25, 40, 50) und fülle dann mit einer 50iger oder 55iger 0,2° Guttaperchaspitze (Dentsply), die sehr gut passen, so daß die laterale Kondensation sehr kurz ausfällt (AH26). Herr Herrmann, schönen Dank für die weiteren Eindrücke! Ich mache ja nicht ausschließlich Endodontie, aber auch mein Eindruck ist, daß, wenn die Reciproc die Wurzelspitze nicht erreicht, die Anatomie merkwürdig ist. Heute z. B. eine abgeknickte Wurzelspitze an einem 14.

    • Bei jedem Kanal ALLE Größen? Hui, da hätte ich ja Angst auf Öl zu stossen wenn man soweit aufzieht… Aber dafür kommt die Spülkanüle wenigstens def. bis zum apikalen Stopp. AH 26 sieht meistens nicht sehr vertrauenserweckend aus wenn man das nach Jahren im Kanal rausholt, aber wenn dieses Gesamtvorgehen die gewünschten Erfolge bringt, dann nur in regelmäßigen Abständen kritisch/objektiv bewerten, und gut ist…

      • Die apikalen Kanalanteile weit aufzubereiten, ist keine Idee von mir, sondern von Tronstad. Müßte diese Arbeit sein:
        Kerekes K, Tronstad L. Long-term results of endodontic treatment performed with a standardized technique. J Endod. 1979;5(3):83-90. Available at: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/296248. Zugegriffen August 24, 2011.

        Beim ersten unteren Frontzahn hatte ich auch etwas Bedenken mit der Sequenz Reciproc 25, 40, 50. Aber das Ergebnis sah so gut aus, daß ich dabei geblieben bin. Bislang gab`s keine Probleme in anderen, grazilen Wurzeln, also Perforationen bzw. Blutungen.

        Es gibt bis heute aber m. W. keine Studie, die die Überlegenheit einer bestimmten Aufbereitungsform nachgewiesen hätte. Ich finde an der Reciproc schön, daß sie apikal weit aufmachen kann, dabei aber koronal recht eng bleibt (das paßt gut zu meinen Para Post). Biologisch scheint mir das sinnvoll – auch angesichts des Drecks, den ich apikal mit der Reciproc heraushole.

        AH26 dürfte der am besten nachuntersuchte Sealer in der zahnmedinischen Weltliteratur sein und schneidet regelmäßig in vitro sehr gut ab. Langzeituntersuchungen gibt`s kaum, aber da versagen wohl vor allem CaOH2-haltige Präparate und andere Innovationen, nicht bewährte Sealer wie AH26. Insofern finde ich ein Statement wie folgendes etwas schwach ohne weitere Belege bzw. Details:“AH 26 sieht meistens nicht sehr vertrauenserweckend aus wenn man das nach Jahren im Kanal rausholt“. Ich könnte mir vorstellen, daß damit die Schwarzfärbung gemeint ist. Die ist zum einen für die Salze aus Epoxiden normal, zum anderen könnte auch das Silber mit Chlorid (aus dem Speichel) zu schwarzem Silberchlorid reagiert haben – unschön, aber harmlos.

        • Ja, ich meinte die Schwarzfärbung. Ich denke ein Sealer der „langzeitstabil“ sein soll, darf solche Veränderungen nicht aufweisen, oder warum wird hier eine chemische Reaktion toleriert, die chemische Reaktion eines Silberstiftes bei einer WF aber nicht? Außerdem soll AH 26 Formaldehyd freisetzen, wenn auch nur in geringen Mengen, es ist kein „Red Russian“ aber immerhin (es wird ja überall ständig darüber diskutiert ob ein Sealer „toxisch“ sein darf oder nicht). Zur Aufbereitungsgröße: Fransic W. Allen hat unter „Taperdontics does it work: In vivo study of apical cleaning“ etwas interessantes geschrieben (und erwähnt Kuttler von 1955). Sozusagen die Quintessenz: Das apikale Foramen hat in Durchschnitt einen Größe von ISO 60, die Konstriktion die ISO 30…Rein theoretisch müßte somit eigentlich die Reciproc Feile mit ISO 25 im Kanal im apikalen Bereich „Spiel“ haben, und sogar durch passen. Somit dürfte Ihr Ansatz mit der Aufbereitung bis ISO 50 bei allen Kanälen diesen Umstand mit abdecken, wobei dann nicht mehr viel „Futter“ im Falle einer Revision da ist :D…

  4. Vielen Dank in den interssanten Einblick in den Dentisten Alltag. ich habe mich eben gefragt, nachdem meine Zahnschmerzen zusehends schlimmer wurden, ob auch der Patient befragt wurde, denn wenn der Zahnarzt angenhem arbeitet, dann muss es für den Patienten längst noch nicht angehm sein.

  5. Lieber Herr Kollege Hermann,

    ich nehme an, Sie haben die wave one dann ebenfalls im VDW-Motor verwendet?

    Welche Einstellung haben Sie dann gewählt?
    Vermutlich die gleich wie die für die Feilen von VDW, oder?

    Viele Grüße,

    Ihr Louis.

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