Herausgeschält …

von Ronald Wecker

Gegossene Stiftaufbauten haben einen eigenen Charme. Insbesondere bei ihrer Entfernung. Dabei erscheint es mir oftmals so, dass die auf den ersten Blick als schwierig eingeschätzten, weil z.B. sehr langen zylindrische Wurzelstifte, leichter zu entfernen sind als die sogenannten “No-Brainer”.

In vorliegendem Fall traten mehr als 20 Jahre nach der Stiftinsertion zunehmend stärker werdende periapikale Druckdolenzen auf. Das präoperative Bild ließ einige Schwachstellen vermuten, die die Entfernung begünstigen sollten. So war sowohl mesial als auch distal eine deutliche Zementfuge zu erkennen, nach deren Entfernung der Stift “aufgeben” sollte. Leider hat die Wirklichkeit noch eine dritte Dimension auf Lager. In der vestibulo-lingualen Ausdehnung hatte der Stift eine feine Presspassung. Eine zünftige Kastenpräparation mit sehr kleinem Zementspalt sorgte dafür, dass ich mich nach Abnehmen der Vollkeramikkrone mit deutlich gebremstem Optimismus an die Stiftentfernung machte.

Um das Frakturrisiko zu minimieren habe ich zunächst einen ringförmigen Schlitz innerhalb des angegossenen Metallanteils präpariert. Die weiter vestibulär befindlichen Stiftanteile konnten so ohne Gefahr für die Hartsubstanz entnommen werden. Nachdem die Zementfuge mittels Ultraschall freigelegt war bedurfte es erst noch weitere 30 Minuten um nach “Abschälen” der angegossenen Stiftanteile den Stift entfernen zu können.

Um bei zweizeitigen Vorgehen eine zufriedenstellende provisorische Versorgung zu ermöglichen wurde nach Einbringen von CaOH2 dieses zunächst mit einem Schaumstoffpellet und Cavit abgedeckt. Darüber wurde in der oberen Wurzelhälfte ein Quarzfaserstift adhäsiv befestigt und der Zahn nach Erstellung eines Kompositaufbaus nach Präparation mit einer laborgefertigten Krone versorgt.

In der zweiten Sitzung erfolgte nach Trockenlegung der erneute Zugang durch den im Kanal befindlichen Glasfaserstift. Um eine Irritation der Gingiva durch die Kofferdamklammer zu verhindern wurde aus einem lichthärtenden Flowkomposit eine individuelle Kofferdamklammer hergestellt. Nach dem Aushärten verankert sich diese an den Unterschnitten der Nachbarzähne und verhindert wirkungsvoll ein Hochrutschen des Kofferdamgummis über den präparierten Zahn. Ein Vorgehen, das ich von Olaf Löffler übernommen habe.

Nach Entfernen der medikamentösen Einlage erfolgte die Obturation mit MTA. Abschliessend wurde ein adäquater Quarzfaserstift adhäsiv befestigt und  das Provisorium rezementiert.

Das hier beschriebene Vorgehen ermöglicht es  sowohl die Bedürfnisse der Patienten nach einer sicheren und ästhetisch ansprechenden temporären Versorgung als auch den Wunsch des Behandlers nach einem speicheldichten und mechanisch belastbaren temporären Verschluss zu befriedigen.

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