von Jörg Schröder
Manche Ereignisse gewinnen erst mit etwas Abstand an Bedeutung. Der Vortrag von Prof. Kenneth Hargreaves (San Antonio, Texas) gehört in diese Kategorie. Für mich persönlich war es rückblickend das absolute Fortbildungsglanzlicht der letzten Jahre. Das Wort Paradigmenwechsel wurde auf dieser Jahrestagung häufig verwendet. Verdient hat es in meinen Augen das von Professor Hargreaves in einem sehr gut gegliederten Vortrag vorgestellte Regenerationsverfahren.
Seit dem späten 18. Jahrhundert verwendet man das Wort “Paradigma”, um damit eine bestimmte wissenschaftliche Denkweise oder eine bestimmte Art der Weltanschauung zu bezeichnen. Ein Paradigmenwechsel wäre also gleichbedeutend mit einem Wechsel der Weltanschauung.
Statt Aufbereiten und Obturieren erscheint es nun möglich, wenn auch vorerst nur in Zähnen mit nicht abgeschlossenem Wurzelwachstum, vitales Gewebe im zuvor desinfizierten Kanalhohlraum entstehen zu lassen und somit ein Fortschreiten des Wurzeldicken- und -längenwachstums zu ermöglichen. Darüber hinaus zeigen viele der so “regenerierten” Zähne nach 2-3 Jahren wieder eine positive Reaktion auf einen elektrischen Reiz (EPT).
Stammzellen, Wachstumsfaktoren, Zelldifferenzierung, Tissue Engeneering heissen die Schlagworte die unter Umständen in der Lage sind die Zukunft solcher Zähne rosig erscheinen zu lassen.
Hi Jörg, hast Du den ersten Fall, der reanimiert ist und weiter wächst??? Wahnsinnig gespannt, Gruß Stefan
Noch nicht, aber hoffentlich bald. ;))
Hallo Jörg,
da kommt noch mehr!
Prof. Raab (Dssd) berichtete, dass er die Idee habe, aus den pulpalen Stammzellen ganze Organe zu züchten und die Transplantationsmedizin zu revolutionieren. Bis dahin ist es sicher noch ein weiter Weg, würde mich aber nicht wundern, wenn wir das noch miterleben werden.
Gedanklich ist man also schon weit über die Zähne hinaus!
Bezügl. der WKB ist ein ganz anderer Weg denkbar:
(Gentechnisch) Gesteuerte Obliteration des Foramen apikale.
Spritze mit mod. Stammzellen in den WK, die differenzieren sich zu Dentin/Zement, aus die Maus – biologische perfekte “Obduration” – Endo für ungeschickte!
Viele Grüße nach Berlin
Kevin
Hallo Dr. Schröder,
das war auch der für mich interessanteste Vortrag und insbesondere die tolle Vortragsweise – das lernt man als Ami ja schon in der Grundschule. Wenn sie mit TAP experimentieren hören wir hier hoffentlich mehr?
Viele Grüße vom Alex.
P. Hartung
Der Begriff des „Paradigmenwechsels“ geht zurück auf den amerikanischen Wissenschaftstheoretiker und -historiker Thomas Samuel Kuhn, der zu den bedeutendsten Wissenschaftsphilosophen des 20. Jahrhunderts gehörte.
Fortschritt in der Wissenschaft – das ist vereinfacht seine These – vollzieht sich nicht durch kontinuierliche Veränderung, sondern durch revolutionäre Prozesse. Dabei beschreibt der Begriff der wissenschaftlichen Revolution den Vorgang, bei dem bestehende Erklärungsmodelle, an denen und mit denen die wissenschaftliche Welt bis dahin gearbeitet hat, abgelöst und durch andere ersetzt werden: es findet ein Paradigmenwechsel statt.
Das Paradigma bezeichnet also nach Kuhn die Auffassungen oder Erklärungsmodelle, die eine Wissenschaft in einer bestimmten Periode prägen. Paradigmen sind quasi „konkrete Problemlösungen, die die Fachwelt akzeptiert hat“.
Kuhn unterscheidet zwischen normalwissenschaftlichen Perioden, in denen Forscher einem Paradigma verpflichtet und bestrebt sind, innerhalb dieses vorgegebenen Rahmens Probleme zu lösen, und außerordentlicher Forschung, durch die ein neues Paradigma geschaffen wird. Nach Kuhn geschieht dies in Krisen, in denen unerklärbare Phänomene (Anomalien) auftreten, was zu einer Verunsicherung der Forschergemeinschaft führt. Ein neues Paradigma setzt sich – nach Kuhn – nicht per rationaler Überzeugung, sondern per Überredung und Propaganda durch.
Interessant sind, finde ich, vor allem die Fragen nach der Krise der Endodontie und den diese verursachenden unerklärbaren Phänomenen, die diesen “Paradigmenwechsel” (-wenn er nun denn wirklich einer wäre-) einläuteten…
Danke, Jörg, für diesen spannenden Ausblick.
Grüße vom Lande, Thomas
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