von Stefan Verch
Schon in den 1920ern waren erstaunliche Grundlagen zur Parodontitis bekannt. Da muß man nur mal die alten Schinken wälzen… War alles schon mal da?
Naja, ich bin auch retro.
Zumindestens , was das Zementieren von Vollkeramiken angeht.
Was habe ich nicht alles genommen: Rely X, Multilink und ach ja – unbedingt Panavia!
Ich habe bei allen diesen Systemen ein riesiges Problem: Wie kontrolliere ich die Überschüsse? Wie nehme ich sie weg? Anhärten, brechen? Aushärten, brechen? Wegwischen – verwischen…
Ich durfte an der FU Berlin Prof Roulet kennenlernen, damals , in den Steinzeit 80ern. Roulet war sicher einer der Adhäsivpäpste, mein heutiges Wissen basiert auf der guten Ausbildung durch Roulets Abteilung.
Roulet propagierte damals – vielleicht erinnert sich noch einer: die Vollkeramiken hießen DICOR und waren aus Glas… – eine neue Art des Zementierens. Ob er es erfunden hat? Weiß ich so nicht mehr. Aber er propagierte es. Statt irgendwelcher flüssigen dualhärtenden Zemente auf Kompositbasis, nahm er auf einmal ein hochvisköses Paste-Paste Kompositgemisch, das als Zement ohne Hilfsmittel nicht anwendbar war. Er wollte so für die Fuge einen hochgefüllten Kompositzement, der sich nicht so leicht auswusch. Mittels einer gummierten Ultraschallspitze , die er auf das zu zementierende Keramikteil setzte, rüttelte er den Zement ein. Dies ging erstaunlich gut. Problem war für mich, dass die Ultraschallaktivierung die oftmals retentionsarmen Teilkronen irgendwohin schwimmen ließ oder der Zement gar durch Wärme, die eigentlich gar nicht von der Gummispitze entstehen konnte (….) vorzeitig erstarrte. Auch die Anmischung der zwei pastösen Komponenten war nicht einfach…
Alles in allem – nach der ein oder anderen Bisserhöhung durch eingefrorenen Zement oder ungenauen Sitz der Teilkrone – wechselte ich wieder zu den niedrigviskösen Zementen.
Anfang dieses Jahres hatte ich das Zemententfernen satt: unter der Lupe oder dem Mikroskop konnte einem nur schlecht werden, was Überschüsse anging, die zahnsubstanzschädigend entfernt werden mussten – mit viel Zeit! Irgendwie kam mir der Fortschritt irrwitzig vor: das Zementieren dauerte länger, die Überschussentfernung war ein Graus und die Frage, ob es denn das bessere Zementieren wäre, konnte ich auch nicht beantworten. Harvard Zement hielt ja auch jahrzehntelang und ist erstklassig und substanzschonend zu entfernen!
Da stieß ich auf mein Uraltwissen: warum nicht ein hochvisköses Komposit nehmen? Paste-Paste? Nein, das nun nicht wieder… aber warum nicht ein Hybridkomposit wie Micerium Enamel HFO?
Micerium Enamel HFO ist selbstglättend ( dafür schätze ich es als Dentinkern, der sich anschmiegt) und ist fast flüssig, wenn ich es auf meine Spezialwärmeplatte bei 55 ° Grad lege. Andere Komposite sind ungeeigneter. Dieses hier jedoch fließt unter Druck hervorragend.
Gedacht, gemacht: eine 2-3 mm dicke grobe Schicht ins Lumen ( die silanisierte Keramikkrone oder Teilkrone benetze ich vorher noch mit Optibond FL Bondig hauchdünn) und dann mit gleichmäßigem Fingerdruck das Zementieren beginnen. Schon fließt unter dem alleinigen Fingerdruck eine schöne Fahne aus der Fuge. Die kann man sehr kontrolliert mit der Sonde oder einer Endonadel wegpuhlen – ohne Reste!!!
Zum Anfang hatte ich auch noch die gummierte Zementierhilfe fürs Sonicsys System benutzt. Aber der alleinige Fingerdruck reicht aus, um die Krone richtig in situ zu bringen. Nach dem finalen letzten Überschussentfernen – ich drücke immer noch einmal nach – bleibt der Finger auf dem Werkstück, bis die Lampe die erste Härtung gemacht hat. So kann nichts mehr verrutschen, denn beim Überschussentfernen zwischendurch kann es durchaus zu einem kleinen „Verschwimmen“ des Werkstückes kommen.
Angst , dass die reine Lichthärtung nicht ausreicht? Nein!
Erstens habe ich zwei Valo LED Lampen… und zweitens leiten die EMAX Keramiken das LED Licht bis in die Tiefe, auf jeden Fall… ich glaube man könnte noch palatinal Härtung erzielen, wenn man bukkal an der EMAX Keramik die Valo ansetzt…
Der Zahn wird übrigens so konditioniert, wie ich es hier im Blog schon mal beschrieben habe: mit Syntac classic und ausgehärtet- sage einer, Retro sei nicht angesagt!!!!
Beste Möglichkeit Überschüsse irgendeiner Art zu entfernen oder bei zu arbeiten (z.B. alio loco verklebte Sulci von Kalsse V-Kavitäten), ist der 61 LRG (bzw. 61 LR) Winkelstückkopf von KaVo.
“Grünes” Winkelstück mit 2,7:1 Untersetzung und 40000U/min Antriebsdrehzahl in Verbindung mit einer groben und später einer feinen Blattfeile (Intensiv o. Komet) wirken Wunder. Wem der 61 LRG (0,8 mm Hub) zu teuer ist, kann mit dem extrem preiswert zu bekommenden (~200€ inkl. MwSt.) 61 LR (0,4 mm Hub) experimentieren (dauert nur unwesentlich länger, wischende Arbeitsbewegung ist sehr zu empfehlen). Danach Politur mit Kelchen o. Spitzen und alles wird gut :-) .
Kleine Einschränkung: bei “Filtek supreme” dauert und dauert es, bis man ein Ergebnis sieht (da besser “blaues” Winkelstück und 20000 U/min).
(Wobei vorbeugen natürlich immer besser ist, als auf die Schuhe zu …)
VG, Kevin Wieland
Irgendwie verstehe ich “retro”nicht ganz.Was ist z.B.schlecht an Füllungskompositen zum adhäsiven Einsetzen ?Überschußentfernung ist sicher ein Thema,aber mittels verkeilter Matritzen ,Ultraschall-Vibration sogar approximal immer lösbar.Das Bildbeispiel zeigt die wohl die zum Säubern leichteste Stelle ,die denkbar ist.Ein Muß und sehr effektiv ist die EVA-Feile!Syntac-System ist immer noch der Goldstandard-hat nichts mit Retro zu tun.Sage ich nach 3000 Cerecs..
Grüße FJ