Fall 2 aus den vorgestellten Beispielen.
Die Patientin, selbst Zahnärztin, wurde uns von einem Kollegen überwiesen.
Folgenden Bericht habe ich erhalten:
Sehr geehrter Dr. XXXX,
anbei sende ich Ihnen Röntgenaufnahmen der oberen Schneidezähne einer an Sie überwiesenen Patientin, angefertigt am 3.8. & am 24.11.2020. Bei der Patientin wurde im vergangenen Jahr eine Parodontitisbehandlung durchgeführt. Am 3.8. stellte sie sich mit einem vestibulären submukösen Abszess regio 11/21 in der Praxis vor. Ich bin von einer parodontalen Genese ausgegangen. Es wurde inzidiert und die Abszesshöhle über die Inzisionswunde auskürettiert. Zum Sulkus bestand nur eine sehr schmale Verbindung, in diesem Bereich erfolgte ein Scaling der Wurzeloberfläche. Es kam zum vollständigen Abklingen der Symptome. Am 24.11. erschien die Patientin erneut, diesmal mit einem Abszess palatinal. Die röntgenologische interradikuläre Aufhellung erscheint inzwischen aber verkleinert & schärfer begrenzt. Eine mögliche endodontische Beteiligung ist schwer einzuschätzen, der Kältetest ergibt an allen Frontzähne keine Reaktion. Ich habe gehofft, dass eine DVT mehr Klarheit und eine bessere Prognosestellung hinsichtlich der Erhaltungsfähigkeit der Zähne 11 & 21, aber auch des von einem tiefen Knocheneinbruch betroffenen 22 bringen kann. Deshalb bitte ich Sie um die Anfertigung eines DVT + eine Einschätzung, ob eine Weiterbehandlung Ihrerseits aus Ihrer Sicht empfehlenswert erscheint.
Klinisch konnten wir keine Anzeichen für eine Schwellung oder Fistelung erkennen. Die Patientin, 84 Jahre, erwähnte eine geschlossene PA Behandlung vor einigen Wochen.
Die Lockerungsgrade lagen bei allen 4 Frontzähnen bei I-II. Die Sondierungstiefen lagen über 8mm 22m und zwischen 6-8mm an den anderen 6 Messpunkten je Zahn.
Wir haben die Diagnostik erweitert und die Sensibilität elektronisch geprüft.
Folgende Werte wurden damit auf einer Skala von 1-65 gemessen. Wir messen dies in unklaren Fällen von labial und von palatinal. Wenn es labial eindeutig ist, messen wir pal. nicht. Zur Messung benetzen Wir die Elektrodenspitze mit CHX Gel. Folgende Werte wurden gemessen:
12 kalt: ?, Elektr.: lab. 34, pal. –
11 kalt: ?, Elektr.: lab. 64, pal. 25
21 kalt: ?, Elektr.: lab. 65, pal. 24
22 kalt: ?, Elektr.: lab. 64, pal. 63
Im Anschluß haben wir ein DVT angefertigt.
Unsere Diagnose: P. marginalis mit vertikalen Knocheneinbrüchen, Regio 11, 21 Verdachtsdiagnose infizierte Zyste des Ductus nasopalatinus.
In diesem Fall ist die Möglichkeit gegeben, daß eine nichtodontogene Zyste durch den partodontalen Zugang infiziert wurde.
Wikipedia meint zur nasopalatinalen Zyste:
Die nasopalatinale Zyste ist auch unter der Bezeichnung „Zyste des ductus nasopalatinus“ bekannt. Sie entsteht aus Epithelresten des Ganges, der zur Embryonalzeit die Mund- mit der Nasenhöhle verbunden hat. Dieser Gang besteht nach der Geburt nur noch aus einem Knochenkanal (Canalis incisivus), durch den die gleichnamigen Gefäße und Nerven verlaufen. In seltenen Fällen kann sich in diesem Gang eine Zyste bilden, die aufgrund ihrer Ursache streng median (in der Mitte) lokalisiert ist. Im Röntgenbild ist eine solche Zyste (herz- oder birnenförmig) evtl. von einer an den Wurzelspitzen der mittleren oberen Schneidezähnen gelegenen radikulären Zyste nur schwer zu unterscheiden. Eine Sensibilitätsprüfung kann hier Gewissheit geben.
Therapieempfehlung: Ggf. chirurgische Therapie, Vorstellung der Patientin in einer parodontologisch spezialisierten Praxis.
Senisbilitätskontrolle 22 in 3 Monats abständen, 12-21 halbjährlich.
Literatur:
Schöner Fall, danke fürs Einstellen!
LG BB