Nochmals Gedanken zur neuen GOZ

von Christian Danzl

Sie wird uns wohl treffen, die neue GOZ.

Was sie uns bringt, sind vorerst Kosten.

Kosten, die erst mal wieder hereingeholt werden müssen.

  • Fortbildungskosten: Bis die Helferinnen einigermassen fit in der neuen GOZ sind, wird wohl eignes Geld in Abrechnungskurse fliessen. Es wird darauf hinauslaufen, dass jede Helferin in der Praxis, die etwas mit Abrechnung zu tun hat, in nächsten Jahr irgendwo einen Kurs für die neue GOZ besuchen wird, einen Abendkurs, welcher im Obmannskreis günstig veranstaltet wird, bis hin zu einem Intensiv-Seminar für die Praxismanagerin.
  • Softwarekosten: Komischerweise wurde nicht festgesetzt, dass die Softwarehersteller die Updates für die Abrechnungsprogramme gratis liefern müssen.
  • Zeit: Etliche Kosten, die indirekt anfallen über Mehrarbeit. Mehrarbeit beim Rechnungen schreiben, beim Begründungen schreiben für die Versicherungen und beim Aufklären der Patienten.
  • Und letztendlich Kosten, die anfallen, wenn es um Rechtsstreitigkeiten mit den Versicherern geht, die vor Gericht ausgetragen werden müssen.

Was wird sich noch ändern?

Was tun mit den neuen Preisen?
Einfach hinnehmen?
Oder darauf reagieren?

Die alten Preise übernehmen und die Patienten müssen für abgewertete Behandlung selber zuzahlen, wenn über die Steigerungsgrenze bei der alten GOZ schon erreicht war?

Das wird den klassischen “2,3-Abrechner” nicht treffen. Aber einige Kollegen bieten Behandlungen an, die weit jenseits des Durchschnitts liegen, qualitativ hochwertiger, viel zeitaufwändiger, die werden sehr schnell die Grenzen überschreiten.

Oder die Behandlungsqualität anpassen?

Eine dentinädhäsive Füllung muss nicht in Inkrementttechnik ausgeführt werden. Weder Farbschichtung, selektives Ätzen, 3-Flaschen-Bondingsystemesystem, noch eine sauteueres Komposit der letzte Generation mit anschliessender Höchstglanzpolitur müssen Anwendung finden, wenn eine Kunststofffüllung gemacht wird.
Aus reduzierter Bezahlung wird bei vielen Kollegen schlicht, aber ergreifend, nur reduzierte Qualität resultieren.
Da sind wir wieder bei der deutschen Gleichschalterei und Mittelmässigkeit. Durch mittelmässige bis schlechte Bezahlung wird nur eine adäquate Behandlung induziert

Die Kronen und die Inlay-Positionen sind erhöht worden. Die Zahntechniker werden sich freuen. Wahrscheinlich sind für diese auch die Positionen erhöht worden. Wenn über die Füllung kein Geld mehr zu verdienen ist, wird eben schneller eine Krone oder Teilkrone gemacht.
(Ich gehe selbstverständlich davon aus, dass hier keine Lobbyisten am Werk waren, die Schleifmaschinen uns Scanner unters Volk bringen wollen. Das kann ich mir nicht vorstellen. Das würde ja nicht der Sache denen, und dem Patienten auch nicht. Denn zu dessen Wohl wurde die GOZ ja wohl doch erneuert.)

Aber habe ich den Verdacht, dass der eine oder andere Kollege, sein Behandeln mehr dem Überleben der Praxis anpassen werden muss, als der optimalen Versorgung der Patienten.

Aber so ist das im Deutschland nach der Wende. Wir in der Zahnmedizin haben das Beste aus beiden deutschen Staaten. Den Sozialismus und den Kapitalismus.

Den Sozialismus haben wir auf der Einnahmen-Seite, da regelt uns der Staat was genau für welche Behandlung eingenommen werden darf. Auf der Ausgaben-Seite haben wir den blanken Kapitalismus, da diktiert uns Industrie und Staat, wieviel Geld für was ausgegeben werden muss.

Ob uns die neue GOZ auch einen Nutzen bringt wird sich erst zeigen müssen. Wenn mit den erhöhten Positionen die abgesenkten Positionen inclusive der entstehen Kosten nicht aufgefangen werden können, war mal wieder alles umsonst (von der nicht ausgeglichenen Inflation will ich hier gar nicht).

Für die, die jeden Tag in der Praxis stehen und das Desaster der zahnbürsten-verachtenden Zunft ausbügeln müssen.
Und für die Helferinnen, für die die neue GOZ die nächste Nullrunde beim Einkommen einläuten wird.

Einige Praxen werden das wohl nicht lange überleben, wenn man mit den Privatpatienten die Verluste bei den Kassenpatienten noch schlechter abfedern kann.
Aber anscheinend ist es so gewollt. Kosten sparen im Gesundheitssystem durch Nichtbehandlung.
Das passt ins System.

Wo keine Praxis (Arzt, Zahnarzt, Masseur, Physiotherapeut….) ist, entstehen auch keine Kosten für das Gesundheitssystem (soviel ich weiss bleiben die KK-Beiträge für die Versicherten gleich hoch, auch wenn der letzte Arzt im Umkreis von 30 Kilometern aus finanziellen Gründen seine Praxis schliessen musste), weil niemand behandelt wird. Behandlungen aufschieben ist das Mittel der Wahl. Hinter uns die Sintflut.

Und da wundert sich noch einer über den Erfolg Piraten-Partei?

6 Gedanken zu „Nochmals Gedanken zur neuen GOZ

  1. Sehr geehrter Herr Danzl,

    ich habe schon dem ersten Beitrag zum Thema (Kostensteigerung ZE 2012) meine Gedanken gewidmet. Ihr Beitrag, verzeihen Sie mir meine eigene Meinung, bestätigt nur die Patienten in ihrer Auffassung, uns ginge es zu gut. Ihre Argumente gehen einfach am Kern des ganzen vorbei.

    Es pfeifen die Spatzen von den Dächern, dass die Einheitsversicherung das Ziel des politischen Handelns ist und die Vertretungen der Zahnärzte dabei nur Zaungäste sind. Nur jammern ist keine adäquate Reaktion. Denn darauf zog sich der Zahnarzt bisher zurück: aufs Reagieren statt aufs Agieren. Die Freiberuflichkeit exisitiert nur mehr auf dem Papier und es findet sich niemand, der juristisch dagegen vorgeht oder gar Ideen hat, diese Art der Berufsausübung zukunftsfähig zu gestalten.

    Zugrunde lag der neuen GOZ auch das Jahrbuch der KZBV und dies postuliert immer noch, dass die Durchschnittsfaktoren einzelner Leistungen um die 2,3 liegen, statt den Kostendruck und den qualitativen Anspruch des Handelns durch deutlich höhere Faktoren zu dokumentieren.
    Natürlich haben wir daran auch selbst Schuld, vielleicht auch deshalb, weil wir uns mit der eigenen Abrechnung nicht weit genug auseinandersetzten.

    Dabei ist ja nicht die Frage, ob uns die neue GOZ nützen wird, sondern die, ob wir damit ein Abbild hochqualitativer Arbeit an den Gesetzgeber vermitteln können oder uns weiter im Mitleid suhlen, welches wir (nicht) verdient haben.

    Zum polemischen Vergleich zum Besten aus zwei Welten verkneife ich mir einen Kommentar, denn die beschworenen Bilder bezeugen Schubladendenken: dieses Gesundheitssystem ist das Produkt einer populistisch geführten und lobbyistisch gestützten Politik- im Einklang mit zwar argumentierenden, aber handlungsunfähigen zahnärztlichen Interessenvertretern.

  2. Kann dem Kollegen KT nur auf ganzer Linie zustimmen und ihm für seine präzise Darstellung der Situation danken.
    Ziel weiterer Bemühungen sollte jetzt sein nicht zu jammern, sondern vielmehr soviele Kollegen wie möglich über einen vernünftigen Umgang mit zukünftigen “Veränderungen” zu informieren. Nicht zuletzt im Sinne grösserer Geschlossenheit und Solidarität mit den Kollegen, die zahnmedizinisch ihre Verantwortung kennen und akzeptieren und auch in Zukunft mit unserem schönen Beruf ein sorgenloses Auskommen verdient haben!

    Marcus Pittrof

  3. hier der Kommentar aus ZA-Forum zum Thema GOZ:
    ..eben-es sind die eigenen Kollegen,die uns in Kammern und KZVen als “Gutachter” und Gutmenschen in den Rücken fallen.Irgendein “loser” in seiner Praxis,der nix auf die Reihe bringt – also Typ Gutachter-wird sich gern zur Verfügung gestellt haben,für die neue GOZ “beratend ” tätig zu sein.Denn nur ein Zahnarzt konnte diese perfiden Winkelzüge(hier was weg,da was hin-seltene Positionen zu erhöhen,häufige zu erniedrigen) fachlich begleiten.Der Herr Staatssekretär hat keine Ahnung, wie man den Zahnarzt vor Ort am besten zur Weißglut treibt..alles in seiner Art als genial zu bezeichnen.Natürlich sind die politischen Vorgaben klar: Nullsummenspel-so wie immer, aber für die Öffentlichkeit als gigantischer Zuwachs (für die ZÄ) verkaufbar gestalten.Und hier kommt die Presse ins Spiel, die,wie wir im Panorama(?)-Video gesehen haben, die perfekten Handlanger der Demagogie abgeben.Also noch ein Gegner. Ich sehe zwar eine Tendenz zur “Solidarisierung”, aber die findet nur am Stammtisch statt.Bei Fluglotsen hat ein Streik schon Öffentlichkeitswirkung-der Malleflug ist in Gefahr!Streikende oder demonstrierende-auch verbal in der Presse,sofern das überhaupt veröffentlicht wird-werden von der Bevölkerung nur als Lachnummer der Gierbolzen wahrgenommen.In einer Focusausgabe war mal wieder neulich die berühmte “Gehaltstabelle” zu lesen,bei der Ärzte natürlich wieder die Decke durchbrachen.Keinem Redakteur kommt es in den Sinn, Brutto-Netto in einen vernünftigen Zusammenhang zu bringen,Zuschläge und Vergünstigungen bei Beamten und Angestellten zu erwähnen, die Kosten/Risikoseite,Investitionen,Kredite usw auch nur zu anzudenken.Auch das hat System-..die halbe Wahrheit ist aber auch gelogen!Nein, ich bin hier nicht sehr optimistisch,daß sich am Einzelkämpferdasein etws ändern wird-also kämpfe jeder für sich.Aber jammern ist jämmerlich! Wir sind Unternehmer-bitte unternehmt was(für Eure Praxis)–sonst hießen wir ja Unterlasser…
    Sorry-das war jetzt auch nicht wirklich konstruktiv im Sinne eines Rezeptes-aber nach 40 Berufsjahren habe ich gelernt,Klippen,für deren Errichtung ich nichts kann, zu umschiffen und nicht, sie anzuschreien.

    • “Klippen,für deren Errichtung ich nichts kann, zu umschiffen und nicht, sie anzuschreien” in diesem Gedanken steckt viel Wahrheit. Nur leider führt das Umschiffen nicht zu Verbesserungen. In unserem Nachbarland werden Leistungen zu einem festen Punktwert berechnet (der in jeder Praxis ausgewiesen sein muss) und dann mit der Punktanzahl je Leistung verrechnet … ein sehr transparentes Gebahren, an dem wir uns ein Beispiel nehmen sollten.

  4. Als mich letzte Woche im Rundschreiben der KZV-Berlin die Ermahnung erreichte, es dürfe nicht sein, dass GKV-Patienten zu wenige zuzahlungsfreie Füllungen mehr angeboten werden würden,
    ahnte ich plötzlich, wie die deutsche Standespolitik tickt.
    Sollte nicht die KZV mindestens am selben Tag den GKVen einen Brief schicken, in dem den GKVen vorgeschlagen wird, ihren Versicherten den Fortschritt der Zahnheilkunde zugänglich zu machen – sei es durch das Eingeständnis, dass dieser möglicherweise nicht auf Kosten der GKV erfolgen kann?! – Wäre es nicht ehrlich von den Versicherern – gleich ob privat oder gesetzlich – wenn sie eingestehen würden, dass sie Ihren Patienten nur noch – wenn überhaupt – eine zahnmedizinische Basisversorgung zugestehen wollen und im Gegenzug dafür die Versicherungstarife anpassen!? – Gut, eine Tarifanpassung wird sicherlich kommen… Kann eine solide Basisversorgung zum Punktwert 2.3 erfolgen?

    Als jüngst aus der Schweiz zugezogener junger Berufskollege muss ich mich an dieser Stelle fragen, ob ich mich bei der Standortwahl für mein berufliches Tun nicht doch leider in der Postleitzahl oder gar in der Himmelsrichtung geirrt habe.

    • Willkommen in Deutschland, kann ich da nur sagen ;)

      Da die Reformierung der GKV-Landschaft auch dazu führt, dass Krankenversicherungen aktiv um Mitglieder werben (gesund, jung, beitragsstark…), wird sicher keine GKV darauf abstellen, in ihrer Werbung die zahnmedizinische Versorgung als Basisversorgung zu bezeichnen (um mal die Bauernfängerei sinngemäß in ein Bild zu bringen: “Wir übernehmen die vollen Kosten der vertragszahnärztlichen Behandlung – jeder Versicherte erhält eine Behandlung nach den Regeln der ärztlichen Kunst”). Noch Fragen?
      Gleiches bei den privaten Versicherungen, aber hier wird wenigstens dem Versicherten erklärt (im Idealfall), was sein Tarif beinhaltet und welche Versorgungen abgedeckt sind. Und natürlich kann man auch zum 2,3fachen Satz eine Basisversorgung garantieren, aber darüber hinaus muss sich jeder Zahnarzt fragen, ob er diese Basisversorgung seinen Patienten wirklich antun möchte, denn dies heisst andererseits Verzicht zu üben auf zeitgemässe Zahnheilkunde.

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