Das SAF-System – ein kleiner Erfahrungsbericht Teil 2

von Oscar von Stetten

 

Hier mein Fazit

Es scheint manchmal, dass das ganze Produkt sehr schnell auf den Markt gebracht wurde. Vielleicht zu schnell. Einiges läuft noch nicht ganz rund und wird sicher noch seine Zeit brauchen.

Bisher hat die SAF keine einzige Feile aus meinem Aufbereitungsprotokoll eliminiert. Aber sie ist ein gutes Zusatzinstrument. Für die Spülung und um einfach die Fläche der mechanisch bearbeiteten Kanalwand zu erhöhen. Nach nun etwa 80 Kanälen mit der SAF kann ich die Feile deutlich besser einschätzen. Zwar immer noch skeptisch, aber Neues kennen zu lernen und Einzuführen dauert seine Zeit. Und ich habe sie umgetauft, von „self-adjusting-file“ in „super-additional-file“.

 

Verzichte ich auf die PUI? Nein, auf keinen Fall. Die Beobachtung war, dass auch nach 4 Minuten SAF und anschliessender PUI immer noch trübe Wolken aus dem Kanal kommen. Ob das eine Signifikanz besitzt, kann ich auch nicht sagen. Aber bis es endgültig geklärt ist, mache ich es noch.

Habe ich mehr Seitenkanäle gefüllt? Nein, auch das nicht.

Wie obturiert man mit SAF aufbereitete Kanäle? Laut Hersteller mit der Methode, die einem am meisten liegt. Bei uns ist es warme Guttapercha, ob als Squirt oder als modifizierte Schildertechnik. Es ist die philosophische Frage nach der besten Abfüllmethode und deren Einfluss auf den Outcome, die diesen kleinen Artikel bei weitem sprengen würde. Wer nun auf den Gedanken kommt, die Toronto-Study zu zitieren, dem sei eine kritischere Würdigung dieser Studie ans Herz gelegt  ;-)

Es soll eine grössere Feile mit 2,0 mm Durchmesser auf den Markt kommen. Von dieser verspreche ich mir weit mehr als von der 1,5 mm-Feile. Auch eine IntroFile, so habe ich von den Dächern pfeifen hören, soll erscheinen.

Wie viel schabt die Feile denn nun vom Kanal ab? Dr. Frank Paqué von der Uni Zürich war so freundlich, mir Bilder zur Verfügung zu stellen. Grün ist stets die Originalanatomie, rot das Überlagerungsbild nach Aufbereitung. Die Ortsauflösung beträgt 20 µm. Man sieht immer noch grün durchscheinen, was bedeutet, dass an dieser Stelle die Feile unter 20 µm abgeraspelt hat.

Es sind keine 100%. Das war aber auch nach der Studienlage nicht zu erwarten. Was man aber sehen kann, dass diese Feile ganz hervorragend in den ovalen Kanälen arbeitet (recessi, cul-de-sac´s). Das wird die Stärke der SAF sein. Das wird auch durch bakteriologische Studien bestätigt werden, da bin ich mir sicher. Interessant wird es werden, wenn die desinfizierende Leistung der SAF mal gegen die PUI verglichen wird.

Das Bild des Molaren mit C-förmigem Wurzelkanalquerschnitt habe ich von der Redent-Website. Nur exemplarisch, man kann sich die Kataloge als PDF downloaden. Wie man sieht, ist der c-shaped-Teil des Kanals nicht vollständig abgeraspelt worden. Und: die POE´s sind GAR NICHT bearbeitet. Also: Handfeilen oder rNITI zur Ausformung. Und mir kommen sofort die Bilder von Nair oder Ricucci in den Kopf, die eine Biofilmbesiedlung bis an die Wurzelspitze nachweisen. Dieser Teil wird von der SAF nicht touchiert. Diese Anteile müssen konventionell behandelt werden.

Es lohnt sich, die µCT-Bilder von der Website genau anzuschauen. Es wird auffallen, dass die Aussenkurvaturen stets mehr bearbeitet werden als die Innenkurvaturen. Wie sollte es auch anders sein……

Was das Instrument aber sehr gut kann, ist Isthmen zu spülen. Es wurde eine ProTaper-Aufbereitung gegen eine SAF-Aufbereitung gestellt. Es fällt auf, dass die Isthmen in der SAF-Gruppe nach Aufbereitung frei von opakem Material sind, während in der ProTaper-Gruppe sich immer noch röntgendichter Debris in den Isthmen befindet. Man sieht aber auch, dass die SAF den Isthmus zwar extrem „sauber“ hinterlassen, aber nicht aufbereitet hat (dafür kann es mehrere Gründe geben). Ob die ProTaper-Gruppe mit Einsatz der PUI ebenfalls dazu in der Lage gewesen wäre, kann zu diesem Zeitpunkt nicht bewertet werden. Am Rande sei erwähnt, diese Untersuchungen wurden an einem geschlossenen Modell vorgenommen.

All diese Fakten haben mich die SAF in mein Protokoll integrieren lassen. Aber nur als Supplement, nicht als Ersatz. Das Instrument macht einfach sauber. Diese Tatsache kann und sollte auch nicht geleugnet werden. Die Gretchenfrage wird sein: welchen Einfluss hat es auf die Prognose? Ich weiss es nicht, aber ich weiss, was raus ist, ist raus ;-)

In unserer Praxis stellt die Revisionsbehandlung ca. 80% der gesamten Endodontiebehandlungen. Dafür ist die SAF schlichtweg ungeeignet. Zumindest in meinen Händen (Handschuhgrösse 10). Es muss vor Einsatz der SAF die komplette konventionelle Revisionssequenz gefahren werden.

Spart mir also der Einsatz der SAF Zeit? Nein, eher im Gegenteil. Die Feile benötigt ihre Zeit, um effektiv zu sein. Mit schnell, schnell ist der Frust schon vorprogrammiert, da Brüche und/oder Einrisse der Feile vorkommen. Wenn man für einen Molaren 3 SAF-Feilen benötigt, lernt man schnell, ruhiger zu werden ;-) Auf zahnmed (einer Mailingliste) wurde der Preis von ca. 40-50€ für eine Feile genannt. Dann versteht man auch den Zusammenhang zwischen Feileneinsatz und innerer Ruhe…..

Die SAF überwindet weder verblockte Kanäle, noch findet sie übersehene Anatomie. Dazu die ungeklärte Frage nach der geeigneten Obturationstechnik. Ob ein Stift in Sosse (single-cone) der Anatomie gerecht wird? Sicher kann man über den Einfluss auf den Outcome diskutieren. Was man aber nicht diskutieren kann ist die Tatsache, dass eine erfolgreiche WKB multifaktoriell bedingt ist. Da gehört weit mehr dazu, als nur eine Feile irgendwo reinzuhalten und zu hoffen, jetzt wird alles gut. So wird die SAF aber positioniert. Es ist aber nicht die eierlegende Wollmilchsau.

Zu diesem Zeitpunkt zumindest nicht.

Die Umsetzung ist in meinen Augen nicht so perfekt gelungen. Das System sollte qualitativ noch deutlich zulegen. Die Preisgestaltung wird sicher nicht einfach. Der Preis wird den Erfolg dieses Systems jedoch stark beeinflussen, davon bin ich überzeugt. Und das System wird sich evolutionieren, weiterentwickeln, umso stärker, desto mehr es klinisch genutzt wird. Die ersten Schritte dahin sieht man in der Einführung der grösseren Feile, die einfach mehr Druck auf die Wände entwickeln kann. Viele mögliche Faktoren wie z.B. Ledgeformation, Transportation etc. sind (noch) nicht untersucht.

Dennoch sollte man dieses System im Auge zu behalten. Es hat grosses Potential. Den Marketingaussagen sollte jedoch mit einer gesunden Portion Skepsis und Menschenverstand begegnet werden, nicht zuletzt mit seinem Fachwissen.

Ach ja, falls die Frage nach Röntgenbildern im Raume steht, ich habe absichtlich keine in diesen Artikel eingefügt. Denn: welche Aussage könnte man wohl anhand der weissen Striche auf dem Rö über den Einsatz dieser Feile schon treffen……

Und noch ein kleiner Hinweis am Rande:

Bei der Jahrestagung der DGEndo in Berlin vom 04.11.2010-06.11.2010 wird ein SAF-Workshop angeboten und Prof. Metzger wird einen Vortrag über das System halten. Interessierten sei der Workshop ans Herz gelegt, um sich selber ein Bild machen zu können.

Mein abschliessender Dank gilt Dr. Frank Paqué von der Uni Zürich. Ohne seine exzellenten Bilder, seinen fachlich sehr fundierten Widerstand gegen meine empirischen Behauptungen und seine Ratschläge wäre dieser Blogeintrag nicht halb so interessant.

Diese Diashow benötigt JavaScript.

2 Gedanken zu „Das SAF-System – ein kleiner Erfahrungsbericht Teil 2

  1. Hallo Oscar,

    da wo man mit rNiTi zwei Kanäle aufbereitet, bereitet man mit der SAF nur einen Kanal auf und den sogar inklusive Isthmus…

    Im dargestellten ProTaper Fall würde man doch vermutlich sagen, dass man zwei Kanäle aufbereitet hat, die sich mehr oder weniger früh apikal vereinigt hätte, oder?

    Wenn ich mir die Überlagerungen der µ-CTs ansehe, bin ich mit dem Anteil der bearbeiteten Fläche sehr zufrieden. Ein vorhandener Biofilm sollte ausreichend mechanisch desintegriert sein, so dass eine desinfizierende Splg. ihre Wirkung entfaltet haben sollte.

    Das die drei winzigen, in den Bildern dargestellten Apices des c-shape Kanals von rNiti erreicht werden, ist doch auch eine Illusion (maximal einer könnte erreicht werden (der größte, in den die Feile automatisch herrein rutscht).

    Soweit ich das SAF Protokoll verstanden habe sollen doch die Kanäle vor Aufbereitung mit Handfeilen o.ä. bis ISO 20 vorsondiert werden, so dass man dem Apex somit doch erreicht. Wurde dies bei den vorliegenden µ-CTs auch so gemacht?

    Viele Grüße

    Kevin

    • Die SAF hat den Isthmus mechanisch nicht berührt. Was da mit dem Biofilm passiert, weiss ich nicht. Nimmt man aber andere Biofilmstudien zur Hand, kann man versuchen, sich das herzuleiten. Die rNITI-Aufbereitung schafft Platz für eine nachfolgende PUI, aber das ist alles hypothetisch. Genauso wie die Annahme, die SAF bewegte etwas im Biofilm. Oder ist Dir eine Studie dazu bekannt?

      Mein Vorschlag: warten wir ab, was die Studien dazu ergeben werden.

      Was den c-shaped angeht: ist es wirklich eine Illusion? Ich denke nicht. Aber das kann jemand ohne Mikroskoperfahrung sicher nicht nachvollziehen und ich kann es nicht adäquat vermitteln. Welches Protokoll zur Aufbereitung der Zähne in den Redent-eigenen Aufnahmen zum Zuge kam, weiss ich ebenfalls nicht. Vergiss zudem nicht, das sind in-vitro-Zähne. Optimale Bedingungen des Handlings. Keine Klinik.

      Reicht ISO 20 aus, um einen POE adäquat zu shapen? Ist ein Gauging erfolgreich, wenn nicht ausreichend Pre-Flaring betrieben wurde? Deiner Argumentationskette kann ich leider nicht folgen.

      Du siehst, es ist, wie ich geschrieben habe. Eine erfolgreiche WKB ist von vielen Faktoren abhängig, nicht nur von einem Instrument ;-)

      Aber darum geht es auch überhaupt nicht. Es geht nur darum zu zeigen, dass die SAF meiner Meinung nach NICHTS ersetzt, sondern nur ein gutes Supplement ist. Auch wenn es komisch klingt, die PUI ist ebenfalls kein Allheilmittel, genauso wenig wie es die SAF alleine ist. Beides zusammen ist vielleicht das beste.

      Grüssle

Kommentar verfassen