von Donald Becker
Ein Patient hat uns eine gute Flasche Wein mitgebracht.
Überhaupt sind die Patienten durch die Bank heute besonders höflich. Es gibt kein Klagen angesichts der teilweise stundenlangen Wartezeit.
Ausnahmen gibt es natürlich immer, wie die Dame, die sich über ihren Eigenanteil von knapp 9 Euro für das Wiedereingliedern einer Frontzahnkrone beklagt.
Klassiker im Notdienst, neben der Patientin, die nun schon zum 3. Mal an 3 aufeinanderfolgenden Notdiensten bei uns erscheint, sind auch dieses Mal wieder Patienten, die zwar mit einer drastisch geschilderten Beschwerdeproblematik in der Praxis erscheinen, dann jedoch, wenn es darum geht, eine Therapie gleichwelcher Art durchführen zu lassen, doch nichts gemacht haben wollen.
Bei den beiden Patienten, die mit neuen Teleskopversorgungen (verankert an 2 Eckzähnen und einem Molaren) vorbeigekommen sind, ist dies nicht der Fall.
Sie wollen Hilfe.
Der eine hat einen Abszess am Teleskopzahn 37. Die Prothese ist 6 Wochen alt und der Zahn ist wurzelkanalbehandelt. Eine Revision macht keinen Sinn mehr. Der Zahn ist austherapiert. Wir inzidieren, decken antibiotisch ab und weisen angesichts des Röntgenbildes den Patienten darauf hin , dass der Zahn 37 entfernt werden muss, sobald die Entzündung rückläufig ist. Die Prothese ist handwerklich gut gemacht und wird sicherlich auch ohne den dritten Ankerzahn einen ausreichenden Halt haben.
Für den anderen Patienten sieht es nicht so gut aus.
Die Teleskopprothese ist 9 Monate alt, sieht aber so aus, als hätte sie deutlich mehr auf dem Buckel. Hier stimmt nur wenig. Die NEM – Primärteleskope sind vom Randschluss her mäßig bis unzureichend, der Sitz der Sekundärkonstruktion ist mangelhaft. Die Prothese hat einen Riss im Bereich des Teleskops 24 und nun ist der Zahn 13 abgebrochen.
Er ist wurzelkanalbehandelt, Schmerzen sind nicht zu erwarten. Eine Präparationsgrenze ist nur andeutungsweise zu erkennen und sie ist nicht deckungsgleich mit dem Kronenrand.
Wollte man das Teleskop auch nur mittelfristig stablisieren, so müsste der Zahn mit einem Wurzelstift + Aufbau versehen werden und darüber das Teleskop passgenau wieder integriert werden. Entsprechende Präzision in der Systematik und in der Vorgehensweise vorausgesetzt,wäre dies möglich. Würde der Zahn extrahiert, würde der Halt der Versorgung deutlich leiden.
Ich stelle die provisorische Eingliederung der Teleskopkrone einer definitiven Eingliederung gegenüber und plädiere für ersteres.
“Wie lange wird das halten ?, fragt der Patient.
“Nicht lange”, antworte ich offen.
“Schaffe ich es über die Feiertage bis ins neue Jahr ?
“Wenn sie Pech haben, stehen Sie morgen wieder hier, es ist zuviel von ihrem Zahn abgebrochen”.
Der Patient wünscht die definitive Eingliederung.
Eine Patientin erscheint.
Eine fünfgliedrige Brücke im Oberkiefer, vom Frontzahnbereich in den Seitenzahnbereich sich erstreckend. Die Patientin wünscht, nein, sie verlangt die Wiedereingliederung der, wie sie sagt 2 Jahre alten Brücke. Sie ist routiniert, es ist offensichtlich ein immer wiederkehrendes Ereignis. 3 der 4 Pfeilerzähne sind bis fast auf Gingivaniveau weggefault, nur der Zahn 23 ist noch etwas substanzreicher, wenngleich ebenfalls stark kariös angegriffen.
Keine Schmerzen.
“Ich kann Ihnen die Brücke nicht mehr eingliedern, sie hat keinen Halt mehr.”
“Mein Hauszahnarzt hat die Brücke doch auch immer wieder eingesetzt, warum soll das jetzt nicht mehr gehen ???”
“Weil es nicht lange halten kann”.
“Und was kommt dann ????”, fragt die Patientin . “Was kosten denn Implantate ???”
“Da ist ihr Hauszahnarzt der geeignete Ansprechpartner, ich bin es nicht”, antworte ich.
“Jetzt sagen sie doch mal !!!!”, wiederholt die Patientin ihre Forderung. Der Ton wird schärfer. “Wieso wollen Sie mir denn nichts sagen ???? Jetzt sagen sie doch mal !!!!”
Ich wiederhole meinen Satz von oben und gliedere ein.
Mittenmang, sagt der Berliner, jenau mittenmang.