von Olaf Löffler
Auf der 2. Gemeinschaftstagung der DGZ und der DGET stellte Prof. Dr. Gabriel Krastl/Würzburg in einem sehr eindrucksvollen Vortrag “Diagnostik und Therapie infektionsbedingter Resorptionen” eine echte Ledermix Alternative aus Australien vor.
Ein Danke an dieser Stelle nach Würzburg.
Für mich einer der wichtigen klinischen Hinweise dieser Tagung.
Odontopaste heißt die Alternative. Es wird statt Tetracyclin, Glindamycin verwendet und Triamcinolonacetonid – einen entzündungshemmenden Wirkstoff auf Steroid-Basis. Es ist wasserlöslich und daher wahrscheinlich einfach zu entfernen.
Odontopaste ist bei Henry Schein zu bestellen.
Der Kollege Krastl hat sich gefreut wie ein Schneekönig als ich ihm bei einem Curricullumsabschnitt mitgeteilt hatte, das er Odontopaste nicht mehr im Flieger ” Schmuggeln” brauche weil es jetzt von Henry Schein in Deutschland vertrieben wird. Für alle die noch nicht die Chance hatten seinen Vorträgen zu lauschen: infektionesbedingte Resorptionen werden am Besten NICHT initial mit Calciumhydroxid behandelt, sondern mit einem Präparat wie Ledermix, somit kann eine Progression der externen Resorption unterbunden oder deutlich reduziert werden. Problem an Ledermix – und weil Resorptionen meistens an Frontzähnen nach Unfällen auftreten – ist die auftretende Verfärbung der Zähne nach Lichtexposition. Odontopaste ist hat dieses Problem nicht und ist zudem sehr sehr einfach wieder zu entfernen, es wird deutlich einfacher deutlich sauberer als bei Ledermix, was der späteren Wurzelfüllung entgegen kommen sollte ( Calciumhydoxid kriegen wir ja nie mehr richtig raus aus dem Zahn). Ledermix wurde bei mir komplett durch Odontopaste ersetzt, ohne klinische Auswirkungen. Auch ist es sehr gut das der Hersteller von Odontopaste explizit angibt das dieses nur Bakteriostatisch ist, manche Kollegen verbinden mit dem Wort “Antibiotika” bei Ledermix die totale chemische Keule und denken das nach Ledermix alles tot ist ( was es definitiv nicht ist!!).
Es gibt auch noch ein Präparat mit dem Namen Odontocid ( Calciumhydroxid mit Ibuprofen), wobei ich hier aber keine Erfahrungen vorweisen kann, aber vielleicht jemand anderes der hier mitliest?
Gruß Gregor S.
Hallo Gregor,
das Hauptproblem von Ledermix ist das Tetracyclin.
Verfärbung und die relativ hohe Bakterielle Resistenz sind da zu nennen.
Wer es genauer wissen will: https://de.wikipedia.org/wiki/Tetracyclin
Herzliche Grüße
Olaf
“somit kann eine Progression der externen Resorption unterbunden oder deutlich reduziert werden.”
Welche Studien führt Herr Krastl an dafür?
Danke für die Info, habe ich gleich mal bestellt und werde es ausprobieren.
VG
Guten Abend,
bevor hier nun munter bestellt und ausprobiert wird: Die Literaturlage zu Odontopaste ist mehr als dünn. Von Evidenz auf der Grundlage gut gestalteter klinischer Forschung kann derzeit keine Rede sein. Die Löslichkeit und Entfernbarkeit von Odontopaste ist unter unterschiedlichen Spülprotokollen nicht besser und nicht schlechter, als die von Ledermix. Die Verfärbung von Zahnkronen und Zahnwurzeln unterscheidet sich ebenfalls nicht signifikant. Odontopaste enthält Calciumhydroxid. Zu der angesprochenen Indikation sei angemerkt, dass Clindamycin zwar eine überlegene antibakterielle Wirkung gegenüber dem Tetracyclin aufweist, jedoch über keine antiresorptiven Eigenschaften verfügt. Insbesondere letztere Tatsache sollte hier von besonderer Bedeutung sein.
LGM
Hauptbestandteil von Odontopaste ist Zinkoxid, und Calciumhydroxid ist nur zu 0,5% enthalten. Ist die antiresorptive Wirkung nicht dem Steroid zu zu ordnen? Ein paar Studien sprachen meiner Erinnerung nach von einer reduzierten Verfärbungstendenz mit Odontopaste, aber erst in ein paar Jahren werden wir wirklich schlauer sein 😀
Das stimmt, Gregor. Die Verfärbungen von Zahnwurzeln sind nach Applikation von Ledermix stärker ausgeprägt, gleichwohl die Studienergebnisse etwas inkonsistent sind. Andererseits stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Versuchsaufbauten: ich kann z.B. nicht erkennen warum man Zahnwurzeln künstlichem Sonnenlicht aussetzt. Hinsichtlich der Verfärbung von Zahnkronen besteht ein Unterschied in der Farbe (gelblich zu gräulich oder weisslich) und eben dem Einfluss von Sonnenlicht im Fall von Ledermix und nur dann, wenn das Medikament über mehrere Wöchnerin der Pulpakammer verbleibt. Wenig untersucht ist die hier Remission, die scheinbar eintritt und langfristig zu weniger signifikanten ästhetischen Beeinträchtigungen und Unterschieden zwischen Ledermix und Odontopaste führen soll.
LGM
Hallo Marc,
bisher habe ich die Studie von Trope et al so verstanden, dass die (mögliche) antiresorptive Eigenschaft von Ledermix _nicht_ dem Tetracyclin zugeschrieben wird:
Dent Traumatol. 2008 Feb;24(1):74-8. doi: 10.1111/j.1600-9657.2006.00483.x.
The effect of intracanal anti-inflammatory medicaments on external root resorption of replanted dog teeth after extended extra-oral dry time.
Chen H1, Teixeira FB, Ritter AL, Levin L, Trope M.
Oder?
vg c
Das ist so nicht richtig und wird auch von Trope, den Du hier zitierst, an anderen Stellen nicht behauptet. Hier noch ein paar citations, die belegen, dass auch Tetracyclin einen anti-resorptiven Effekt hat:
Chang KM, Ramamurthy NS, McNamara TF, Evans RT, Klausen B, Murray PA, et al. Tetracyclines inhibit Porphyromonas gingivalis-induced alveolar bone loss in rats by a non-antimicrobial mechanism. Journal of periodontal research. 1994;29(4):242-9.
Keller DC, Carano A. Tetracycline effect on osteoclastic and osteoblastic activity. Gen Dent. 1995;43(1):60-3.
Sae-Lim V, Wang CY, Trope M. Effect of systemic tetracycline and amoxicillin on inflammatory root resorption of replanted dogs’ teeth. Endodontics & dental traumatology. 1998;14(5):216-20.
Bryson EC, Levin L, Banchs F, Abbott PV, Trope M.. Effect of immediate intracanal placement of Ledermix
paste on healing of replanted dog teeth after extended dried times. Dent Traumatol. 2002;18:316-321.
Trope M. Root Resorption due to Dental Trauma. Endodontic Topics. 2002;1(1):79-100.
Turkistani J, Hanno A. Recent trends in the management of dentoalveolar traumatic injuries to primary and young permanent teeth. Dental traumatology : official publication of International Association for Dental Traumatology. 2011;27(1):46-54.
LGM
Literaturtips.
1. Plutzer B. Comparative efficacy of endodontic medicaments against Enterococcus faecalis biofilms [Thesis]. Adelaide: University of Adelaide; 2009.
2. Athanassiadis M, Jacobsen N, Parashos P. The effect of calcium hydroxide on the steroid component of Ledermix and Odontopaste. International endodontic journal. 2011;44(12):1162-9.
3. Bolla N, Kavuri SR, Tanniru HI, Vemuri S, Shenoy A. Comparative evaluation of antimicrobial efficacy of odontopaste, chlorhexidine and propolis as root canal medicaments against enterococcus faecalis and candida albicans. J Int Dent Med Res. 2012;5(1):14-25.
4. Chen BK, George R, Walsh LJ. Root discolouration following short-term application of steroid medicaments containing clindamycin, doxycycline or demeclocycline. Australian endodontic journal : the journal of the Australian Society of Endodontology Inc. 2012;38(3):124-8.
5. Athanassiadis M, Jacobsen N, Nassery K, Parashos P. The effect of calcium hydroxide on the antibiotic component of Odontopaste and Ledermix paste. International endodontic journal. 2013;46(6):530-7.
6. Eftekhar B, Moghimipour E, Pourakbar Jahandideh P, Jalali S, Mahmoudian M. Analgesic effect of odontopaste and a compound intracanal medicament between root canal therapy appointments. Jundishapur journal of natural pharmaceutical products. 2013;8(4):169-74.
7. Krastl G, Allgayer N, Lenherr P, Filippi A, Taneja P, Weiger R. Tooth discoloration induced by endodontic materials: a literature review. Dental traumatology : official publication of International Association for Dental Traumatology. 2013;29(1):2-7.
8. Lal R, Devi A, Abbott PV. A Comparison of Tooth Discoloration When Using Ledermix Paste and Odontopaste as Medicaments. American International Journal of Contemporary Research. 2013;3(9):64-7.
9. Chen BK, George R, Walsh LJ. Discoloration of roots caused by residual endodontic intracanal medicaments. TheScientificWorldJournal. 2014;2014:404676.
10. Chou K, George R, Walsh LJ. Effectiveness of different intracanal irrigation techniques in removing intracanal paste medicaments. Australian endodontic journal : the journal of the Australian Society of Endodontology Inc. 2014;40(1):21-5.
11. Nahmias Y, Glassman G. Intra Canal Treatments for Clinical Success and Patient Comfort. Oral Health. 2014(May):71-5.
Vielen Dank, Marc, für diese wichtigen Hinweise.
Andererseits ist die Datenlage zur erfolgreichen Wirkung von intrakanalär applizierten antiresorptiven Medikamenten auch recht mau (Die Publikationen von Trope sind m.E. eine Katastrophe). Diese Medikamente können auch erst dann wirken, wenn es bereits zu Resorptionen gekommen ist, Zahnzement ist unpassierbar. Sinnvoller wäre die topische Applikation vor Replantation. Die Anwendung birgt zudem die Risiken einer WKB, die früh nach Trauma einsetzt (Austritt von Spülflüssigkeiten, die wegen des zu diesem Zeitpunkt noch nicht wieder hergestellten Parodonts sich quasi uneingeschränkt verteilen und größere Bereiche der Wurzeloberfläche erreichen können, mit – je nach Substanz mehr oder weniger – zerstörerischer Wirkung auf die Gewebe).
@Herrn Löffler
Ich nehme einmal an, dass Herr Krastl nichts zur Prophylaxe dieser infektionsbedingten Resorptionen gesagt hat (sofortige WKB eingedenk des endodontologischen Grundsatzes, dass die Vermeidung einer Infektion besser ist als deren Therapie/Vitalexstirpation erbringt bessere Ergebnisse)?
Hallo Herr Pohl,
die zeitnahe endodontische Behandlung bei der Intrusion oder Avulsion von bleibenden Zähnen wurde vorgestellt.
Was genau meinen Sie?
Herzliche Grüße
Olaf Löffler
Guten Abend, Herr Löffler,
zeitnahe endodontische Behandlung: dann war das die WKB etwa 1 bis 2 bis ?? Tage nach Replantation. Würde mich sehr interessieren, welche Aussagen dazu gemacht wurden. Empfehlung oder nicht? Studienergebnisse? Methode?
Bei der Intrusion zusätzlich: Technik: Gingivaexzision oder chirurgische Extrusion?
Genauso interessant: WKB vor Replantation, also extraoral.
Ich weiß, dass das recht viel verlangt ist, meist kann man ja kaum dem Vortrag folgen, geschweige denn alles mitschreiben…
Vielen Dank und beste Grüße
Yango Pohl
Hallo Herr Pohl,
zeitnah heißt entweder extern oder sobald geschient dannach.
Die Intrusion wurde nicht als Verletzung und deren Therapie behandelt. Es handelt sich um einen 45 Minuten Vortrag.
http://www.dget.de/downloads/programmheft_dgz_dget_2015_1.pdf
Übrigens: Ich halte eine externe endodontische Behandlung für unmöglich in dem Zeitfenster, welches meistens besteht.
Herzliche Grüße
Olaf Löffler
“Übrigens: Ich halte eine externe endodontische Behandlung für unmöglich in dem Zeitfenster, welches meistens besteht.”
Was meinen Sie damit? Herr Trope meint ja auch, das in 5 Minuten zu schaffen. Zur Not bin ich schneller, aber ich lasse meist 20-30 Fotos dabei schießen – dann dauert es schon länger. Ist aber egal, der Zahn wird halt mit Nährmedium (=Zahnrettungsbox) feucht gehalten. Dann können Sie sich Zeit nehmen.
Außerdem: eine Zwischenlagerung nach (begrenzter) Schädigung (unphysiologische Lagerung für begrenzte Zeit, zB 20 min. trocken) für etwa 30 min selbst im unteroptimalem Medium Kochsalzlösung bringt bessere Ergebnisse nach Replantation als das sofortige Replantieren nach gleichlanger unphysiologischer Lagerung. Das wäre doch lange genug, solange Sie den Zahn feucht halten. Ich empfehle allerdings eine spezielle Methodik, da ich schon ein wenig Angst hätte um das PDL, wenn das völlig ungeschützt so Substanzen wie H2O2, ChX oder NaOCl ausgesetzt ist…
Was hat Krastl denn empfohlen, soll nun zeitnah gearbeitet werden?
Hallo Herr Pohl,
siehe hier: “zeitnah heißt entweder extern oder sobald geschient dannach”. D. h. SOFORT.
Welche Literatur, bzw. Studienlage haben Sie für Ihre “Rapidendo” parat?
Ich versuche mich seit als 25 Jahren in endodontischen Therapienen. 5 Minuten sind für mich unerreichbar.
Herzliche Grüße
Olaf Löffler
Hallo, Herr Löffler
naja, ich habe diese Frage natürlich provoziert… Dass das nicht möglich ist (mit konventioneller Endo), das ist mir so klar wie Ihnen. Und wenn man so etwas durchzieht, dann muss die Qualität so ziemlich darunter leiden. Ich denke, da sind wir uns einig.
Das bringt mich zur Qualität der Studien des von mir weiter oben kritisierten Martin Trope: Mit einer solchen 5-Minuten-Endo hat er nämlich seine Kontrollgruppen “versorgt” (Kirakozova, A. et al. (2009), J Endod 35:663-667) – sofern er denn solche und andere wesentliche Angaben überhaupt macht. Das führt dann dazu, dass seine Kontrollgruppen so exorbitant schlechtere Ergebnisse erbringen als alle anderen Studien, in denen ebenfalls extraorale Endos erfolgten – im Tierversuch ist das (oder die WKB vor Extraktion und Replantation) Standard, zumindest, wenn heilungunterstützende Medikation getestet werden soll: in Anwesenheit von Infektion tut sich da sonst gar nichts.
Über diese problematische Qualität seiner Kontrollgruppen hinaus bestehen noch weitere Ungereimtheiten, die nicht nur einen Statistiker, sondern auch bereits logisch Denkende schier verzweifeln lassen (man schaue sich nur mal die unterschiedliche Verlustrate in den Kontroll- und Versuchsgruppen an). Und wenn die Zähne dann eine solche Therapie überlebt haben, dann ist immer noch zu konstatieren, dass kein einziger Zahn es “geschafft” hätte: Was hilft denn “favorable healing”, wenn diese Heiluing auch mit dem Einsatz dieser Medikamente noch rund 50% der Wurzeloberfläche mit Heilungskomplikation zurücklässt? Also bitte keine Wunder erwarten.
Soll auch heißen: die adäquate Rettung der avulsierten Zähne kann nicht durch Therapie ersetzt werden.
Oh, beinahe übersehen: in 5 Minuten (naja, Anfänger brauchen vllt. 10) zur perfekten Wurzelkanalfüllung beim reifen und unreifen avulsierten OK-Frontzahn. Ohne Notwendigkeit einer Längenbestimmung, ohne Röntgennotwendigkeit. Ohne Compliance des Patienten durchführbar. Ohne toxische Spülflüssigkeiten. Ohne coronal leakage-Gefahr. Ohne Schwächung der Zahnkrone, ohne Wurzelfrakturgefahr. Ohne Risiko einer Füllungsrandkaries. Ohne apical puff im heilenden Gewebe. Bei Ankylose / Resorption einfach zu entfernen aus dem Knochen, keine intraossären WF-Residuen. Minimale Lernkurve für Studierende (einmalige Demo reicht i.d.R.), für Zahnärzte sofort umsetzbar, auch für Grobmotoriker wie Oralchirurgen ;-) geeignet. Systematik folgt den Bedingungen der Heilung, entsprechend sind die Ergebnisse besser. Günstiger als konventionelle Endo, dabei ungleich effizienter. Und, und, und…
Sorry, wenn das jetzt arg werbemäßig klingt, ich kann zu jedem dieser Faktoren Stellung nehmen und ihn begründen.
https://www.researchgate.net/publication/250885231_Avulsion_Retten_und_replantieren?ev=prf_pub
https://www.researchgate.net/publication/7960856_Results_after_replantation_of_avulsed_teeth._I._Endodontic_considerations
sowie weitere Beiträge unter
https://www.researchgate.net/profile/Yango_Pohl/contributions
Viel Spaß beim Lesen.