von Bonald Decker
Im Rahmen der Blogreihe “horizontale Wurzelfraktur” möchte ich heute den klinischen Fall einer jungen Patientin vorstellen.
Diese 15-Jährige hatte am Tag zuvor ein Frontzahntrauma erlitten. Sie war auf einem Hindernisparcour von ihrem Pferd abgeworfen worden und anschliessend frontal mit dem Gesicht gegen eine Hindernisstange geschlagen.
Bei der am Unfalltag alio loco durchgeführten Notfallbehandlung wurden zunächst die stark nach palatinal dislozierten Zähne 12-21 reponiert und mittels Titan-Trauma-Splint (TTS) geschient. Anschliessend erfolgte die Versorgung der Risswunden mittels Einzelknopfnähte. Da für den Ausschluss möglicher (Mittelgesichts-) Frakturen eine CT-Aufnahme geplant war, wurde bei der Behandlung auf die Anfertigung dentaler Röntgenaufnahmen verzichtet.
Abb.1/2.: Intra- und extraorale Situation ein Tag nach Erstversorgung alio loco
Abb.3/4.: Einzelzahnaufnahmen Regio 13-22 ein Tag nach Erstversorgung alio loco
Bei Betrachtung der von uns angefertigten Einzelzahn-Aufnahmen imponiert neben dem radiologischen Verdacht einer horizontalen Wurzelfraktur an den Zähnen 12-21 eine röntgenopake Substanz im Wurzelkanallumen des Zahnes 11 bei fehlender palatinaler Zugangskavität…
Die Erklärung hierfür lieferte die Auskunft des Erstbehandlers, der angab bei der Erstversorgung den stark dislozierten und extrem gelockerten Zahn 11 komplett aus der Alveole entnommen zu haben, um so extraoral eine Wurzelkanalbehandlung initiieren zu können. Nach Inspektion des Zahnes fiel dann allerdings auf, dass eine horizontale Wurzelfraktur vorlag…im Anschluss wurde daraufhin das pulpale Gewebe “retrograd” extipiert, das Wurzelkanallumen gespült und dieses schliesslich mit einer medikamentösen Einlage (CA(OH)2) versorgt. Anschliessend wurde der Zahn reponiert und geschient.
Die bestehenden Befunde und Diagnosen sowie die bereits durchgeführten Behandlungen veranlassten uns zu folgendem weiteren Vorgehen:
- Reevaluation nach 7 Tagen
- Belassung der Schienung des Zahnes 11 für insgesamt 2 Wochen
- Anschliessend orthograd durchzuführende Wurzelkanalbehandlung des Zahnes 11 mit MTA-Verschluss der Apikalregion
- “Herausnahme” des Zahnes 11 aus dem Schienungsverbundes bei Belassung der Schienung
- Entfernung der TTS nach 4 Wochen
- Regelmässige Reevaluation der Zähne 12 und 21 hinsichtlich Sensibilität und klinischer Symptome…
Abb.5/6.: Intra- und extraoral Situation 7 Tage nach Erstversorgung
Abb. 7-9.: Zahn 11: Blick in Wurzelkanallumen nach Trepanation und anschliessendem Verschluss des Neoapex mit MTA
Abb.10/11.: Einzelzahnaufnahmen der Regio 11 intraoperativ (nach medikamentöser Einlage) bzw. postoperativ nach Verschluss des Kanallumens an Zahn 11 mittels MTA, Guttapercha/Sealer sowie adhäsivem Verschluss der Zugangskavität.
Die retrospektive Analyse dieses Falles fällt prinzipiell sehr vielschichtig und umfassend aus, welche den Umfang des heutigen Beitrages ggf. sprengen würde.
Eine Nachbetrachtung ist daher für einen späteren Zeitpunkt geplant… über Kommentare und Anmerkungen zu diesem Fall würde ich mich freuen…
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