von Hans – Willi Herrmann
Die Patientin kommt zur Erstuntersuchung.
Eher beiläufig, im Nebensatz mache ich die Bemerkung, dass die Brücke im Unterkiefer schon etwas älter ist.
“Wieso ?” fragt die Patientin, leicht gedehnt.
Ich merke sofort, es wäre besser gewesen, nichts zu sagen.
Autsch, Fettnäpfchen.
“Die ist vom Januar”, sagt die Patientin mit irritierter Stimme.
Wir haben September. Die Brücke von 35 auf 37 also gerade mal 9 Monate alt.
Aussehen tut sie, als ob sie in den 70er Jahren gemacht worden wäre, die Ästhetik ist grottenschlecht. Okklusal und an den Kronenrändern schimmert der Opaker durch. Dicke Kronenränder, überstehend.
In Malaysia wurde sie angefertigt. Der Patientin war dies offensichtlich egal, vermutlich weil der Zahnersatz günstiger angeboten werden konnte.
Jetzt ist die Patientin wieder da. Von der Brücke ist an 37 okklusal die Verblendung weitestgehend abgeplatzt.
Die Patientin möchte eine neue Brücke.
Gerade mal 3 Jahre hat diese Brücke gehalten.
Hat es sich gelohnt, auf Auslandszahnersatz zu setzen ? Sicherlich nicht.
Das wir uns nicht mißverstehen: Mit Sicherheit gibt es auch deutschen Zahnersatz, der so aussieht.
Aber in diesem Fall bin ich sicher, dass der Behandler (im Kollegenkreis bekannt für sein markiges Auftreten) seinem deutschen Labor so einen Murks nicht durchgehen lassen würde. Im Gegenteil, er hätte die Brücke dem Zahntechniker um die Ohren gehauen.
Und das ist die Crux an der Sache.
Machen wir uns nichts vor. Wenn mein Labor 8000 Km weit weg ist – werde ich dann die Zahnersatzarbeit wegen irgendeiner Kleinigkeit noch einmal zurückschicken zur Abänderung ?
Oder werde ich diese Arbeit einsetzen nach dem Motto, die nächste Arbeit wird besser, Augen zu und durch.
Das wird natürlich keiner zugeben. Aber gemacht werden wird es so in Deutschland.
Fakt ist: Es wird Qualität auf der Strecke bleiben, wie bei allen Einsparmaßnahmen.
Pekuniäre Vorteile werden mit Abstrichen in anderen Bereichen erkauft werden.
Das ist genauwie mit dem Toxavit, über das gestern berichtet wurde. Die Indikation, es zu benutzen, besteht – wenn überhaupt – nur in ganz ganz wenigen Ausnahmesituationen.
Aber in Wirklichkeit wird Toxavit in Deutschland jedes Jahr viele 100.000 mal angewendet.
Und in 5 Jahren soll Schätzungen zufolge 30% des Zahnersatzes aus Kostengründen im Ausland hergestellt werden. Wieviel Tausende von Zahnersatzarbeiten werden dann eingesetzt werden, in einer Qualität, die nicht dem Optimum entspricht ?
Das möglich wäre, wenn eine direkte Zusammenarbeit zwischen Zahnarzt und Zahntechniker vor Ort dies zuließe ?
Auslandszahnersatz – zum Nutzen des Patienten ?