20 Jahre war ich allgemeinzahnmedizinisch tätig, bis ich 2013 meine Tätigkeit auf die Endodontie limitierte. Auch davor war die Endodontie der Praxisschwerpunkt mit zuletzt etwa 90 Prozent reiner Wurzelkanalbehandlung, aber das Jahr 2013 stellte insofern eine Zäsur da, dass von nun an auch unsere Stammpatienten von mir ausschließlich endodontisch behandelt wurden. Bis 2017 fand eine nicht endodontische Behandlung noch in unserer Praxis durch eine Kollegin statt. Seit 2018 ist auch das Historie.
Ab und an fragen dennoch unsere Patienten von früher an, in der Regel mit dem Satz: Ich weiss, dass sie nur noch Wurzelkanalbehandlungen machen, aber könnten sie sich vielleicht meine Situation einmal anschauen und mir einen Rat geben.
So auch in dem nachfolgenden Fall: Die bukkale Wand des Zahnes 36 war auf Gingivaniveau abgebrochen. “Der Zahn muss raus!”, diagnostizierte der gegenwärtige Behandler, als er die Situation in Augenschein nahm.
Zahn 36, mit dunkler gefärbte Restzahnsubstanz, die eine Devitalität/Wurzelkanalbehandlung vermuten lässt, trägt eine grosse Composite-Füllung.
Wir machten ein Röntgenbild.
Die Knochensituation an Zahn 36 bei der 60 jährigen Patientin ist überdurchschnittlich, auf jeden Fall besser als am Zahn 37. Auch die WF sieht gut aus. Im Computer finden sich keine Röntgenbilder. Wurde die Endo überhaupt von mir gemacht ? Vermutlich. Dann muss diese 2008 oder früher gemacht worden sein, bis dahin hatten wir analog geröntgt.
Ein Blick in die noch vorhandene Papierakte offenbart. Die Behandlung hatte am 18.11.1998 stattgefunden. Das präoperative Zahnfilm zeigt eine apikale Aufhellung. “4 Kanäle !” war in der Karte vermerkt. Die Kanäle waren stark obliteriert. Die Aufbereitung erfolgte bis zum einem apikalen Durchmesser von 0.35 mm bzw. 0.4 mm. Als medikamentöse Einlage kam selbst angemischtes Calciumhydroxid zum Einsatz. In zweiter Sitzung wurde der Zahn am 03.12.1998 wurzelgefüllt.
25 Jahre danach ist er Zahn unverändert in situ.
Ein Viertel Jahrhundert.
Nicht schlecht dafür, dass er bereits vor 25 Jahren “Der Zahn ist obliteriert, der muss raus!” hätte gezogen werden sollen. Die Recall-Röntgenbilder, in entsprechenden Abständen erfolgt, hatten eine knöcherne Konsolidierung gezeigt und dabei ist es bis heute geblieben.
Ich mache ja nun keinen Zahnersatz mehr. Aber für mich sieht der Zahn 36 so aus, dass er mit einer Krone noch viele weitere Jahre im Mund bleiben kann.

Und dann bat gestern eine Überweisungspatientin um Rat.
Wir hatten im letzten Jahr ihren Zahn 18 wurzelkanalbehandelt.
Ihre starken Schmerzen, die rechte Gesichtshälfte betreffend, die sie in den Unterkieferseitenzahnbereich interpretiert hatte, waren darauf hin schlagartig verschwunden und sind bis heute nicht mehr aufgetaucht.
Der Unterkiefer lässt sie dennoch nicht in Ruhe.
Zwischenzeitlich ist der Zahn 46 extrahiert, aber immer noch tauchen von Zeit zu Zeit merkwürdige Beschwerden auf. Deshalb soll nun auch der Zahn 44 extrahiert werden, wegen der tiefen Tasche und der Zahnfleischproblematik, die zwischen 44 und 45 beheimatet ist. “Der Zahn muss raus, da ist nichts mehr zu machen.” So zitiert wortwörtlich die Patientin den Behandler.

Die Patientin ist 67 Jahre alt.
Eine Taschenmessung an Zahn 44 (Lockerungsgrad 0) ergab an den 6 Messpunkten Taschentiefen von 2 Millimetern. Die Gingiva ist fest und blutet nicht, auch nicht bei stärkerer Sondierung.
Ich habe der Patientin geraten, den Zahn 44 auf gar keinen Fall extrahieren zu lassen.
Wer macht denn nun die Krone an diesem Zahn 36?
Der HZA scheint ja dafür nicht qualifiziert zu sein.
Was war bei der letzten Patientin die Schmerzursache?
VG,
Markus
Ich weiss nicht, wer die Krone machen wird. Ich vermute, es wird nicht der Zahnarzt sein, der die Diagnose “Raus mit dem Zahn” gestellt hat. Was den Fall 2 angeht, so vermute ich den Zahn 44 als mögliche endodontisch bedingte Schmerzursache. Der Zahn 45 ist im DVT unauffällig, es besteht hier kein endodontischer Behandlungsbedarf.