Ich bin zurück aus Budapest.
Und für alle Daheimgebliebenen, in diesem Jahr deutlich mehr als sonst, möchte ich die im Raum stehende Frage beantworten: „Wie war ´s?“
Nun, es gab gute Vorträge von unbekannten Rednern und schlechte Vorträge von bekannten Rednern, exzellente Vorträge von exzellenten Rednern, aber leider gab es aber auch unterirdisch schlechte Vorträge von sehr bekannten Rednern, was einen immer sehr nachdenklich werden lässt.
Mein Highlight?
Was werde ich mitnehmen für mein zukünftiges Arbeiten? Ab jetzt anders machen ?
Von Marco Versiani (wie immer wunderbare MicroCT s) habe ich mitgenommen, zur Schonung von Wurzeldentin bei der Präparation von Kanälen 3wurzliger Prämolaren gering getaperte bzw. in ihrem koronalen Schneidenanteil durchmesserreduzierte Instrumente zum Einsatz zu bringen. Dies gilt vor allem auch für middle medial Kanäle von Unterkiefermolaren. Manchmal wird es dort an dieser Stelle wirklich extrem schmal, da kann man nicht mehr viel wegnehmen. Wie gut, das die neuen ProTaper Ultimate in dieser Hinsicht gegenüber den reziproken WaveOne Gold eine Verbesserung darstellen. Adieu Reciproc R25 ? Man wird sehen…
Noch etwas Nachdenkliches aus dem Vortrag: Marco Versiani sprach von „Iatrogener Pandemie“. Was ist das????
Als Antwort zeigte er eine Folie, auf der rund 20 furchtbare endodontischen Behandlungen zu sehen waren.

„Jede Kollegin, jeder Kollege hat heute durch das Internet, durch YouTube alle Möglichkeiten der KOSTENLOSEN Weiterbildung auf HÖCHSTEM Niveau. Es ist eine Schande für unsere Profession, wenn heute noch solche Behandlungsergebnisse produziert werden!!!“
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Was hat mich erstaunt?
Das 12 Jahre nach Markteinführung die Diskussion um die reziproke Aufbereitung immer noch sehr emotional geführt wird. Man fühlt sich an alte Zeiten erinnert, als bis aufs Messer der Kampf um warme oder kalte Fülltechniken oder die Frage des Endpunktes der Aufbereitung (apikal barbarian vs. pulp lovers) geführt wurde.
ESE ist immer wie ein Klassentreffen und es ist schön, wenn man sich mit Bekannten und Freunden austauschen kann. Hier wird kein virtuelles Treffen jemals die Intensität des persönlichen Gesprächs erreichen können.
Was war auffällig?
Der Ukrainekrieg ist kein lokales, auf Europa begrenztes Phänomen.
Das der Kollege aus Portugal mit großer Sorge auf den kommenden Winter schaut, ist nachvollziehbar, aber wenn ein Kollege aus Guatemala, den ich seit vielen Jahren kenne, berichtet, dass sich viele Bewohner seines Landes das Gas schon jetzt nicht mehr leisten können, dann verwundert das doch sehr. „Aber ihr bekommt eurer Gas doch aus Venezuela“, frage ich, “das ist doch mit das billigste Gas in der Welt für Euch!“ Das stimmt, aber Venezuela verkauft nun für teuer Geld sein Gas nach Europa und das macht es dann für uns unerschwinglich.“
Auch der Mitarbeitermangel und die geänderte Einstellung der jungen Generation zum Beruf und seiner Ausübung, sprich die Arbeitsmoral, ist in Europa ein großes Problem, nicht nur wir in Deutschland sind davon betroffen. Die einhellige Meinung aller Befragten – das ist bereits jetzt sehr problematisch und wird nicht besser werden …
Und – am schlimmsten – so viele in der EU tätige KollegInnen, die ich getroffen habe (in meinem Alter oder auch schon einige (etliche???) Jahre jünger), haben keine Lust mehr und würden lieber heute als morgen aufhören. Es ist nie die Zahnmedizin. Die macht jedem der auf hohem Niveau arbeitenden Endodontisten Spaß, es sind immer die Begleitumstände. Regularien und Vorschriften, Stress mit Patienten, Mitarbeitern und Versicherungen, sowie die mangelnde Anerkennung, finanziell wie ideell, lassen Viele den Ruhestand herbeisehnen. In dieser Zahl und Vehemenz habe ich diese Frustration noch nie erlebt, zumal die Gruppe der ESE- Dentisten eine dem Metier mit Leidenschaft verbundene, per se daher besonders resiliente dentale Teilgruppe darstellt.
Eigentlich habe ich das so noch nie erlebt.
Irgendwas muss gekippt sein in den letzten Jahren. Und machen wir uns nichts vor, COVID war nur der Brandbeschleuniger, der akzelerierende Faktor, die Glut schwelte ganz offensichtlich schon länger.
Noch eine Anmerkung in merkwürdigen Zeiten: Da bereits die bloße Nennung eines Produktes auf einer Homepage als Werbung interpretiert werden kann, benennen wir diesen Blogbeitrag (wie auch jeden bereits geschriebenen sowie alle zukünftigen Beiträge, in denen Produkte benannt werden) als unbezahlte Werbung. Sollten wir (jemals) finanzielle Zuwendungen von Firmen erhalten, die Erwähnung bestimmter Produkte betreffend, werden wir die entsprechenden Blogbeiträge als „bezahlte Werbung“ ausweisen.
Wir sind wahrscheinlich schon so lange dabei, dass wir zwar mit großen Erwartungen an einem solchen Kongress teilnehmen, aber sich eben nicht alle 2 Jahre Bahnbrechendes ereignet. Ich selbst war auch nicht dabei und bedauere dies nach den ersten Berichten ehrlich gesagt auch keine Sekunde. LGJ
Hawi, Danke für diesen Bericht. Gerne lese ich davon, jedoch macht mir das Reisen gar keine Freude mehr. Das ist sicher auch ein Grund für das Ausbleiben vieler Besucher.
Herzliche Grüße
O.
Ich kann auch mit aktuellem Safari 16.0 nicht mehr liken. Bei gefällt mir erscheint: wird geladen.
Die Folie ist ja zum gruseln.
So schlimme Fälle habe ich seit Jahren nicht gesehen.