Freitagvormittag. Fast geschafft die Woche. Da kommt der Anruf einer entfernten Bekannten.
Ein Frontzahn ist auf Gingivaniveau abgebrochen. Die endodontische Behandlung dieses 12 liegt laut Patientin mehr als 14 Jahre zurück.
Zum Glück hat sie das Fragment aufgehoben und – Dr. Google sei Dank – in Wasser gelagert.
Die Ursprungsidee der Anfertigung einer provisorischen Krone nach Befestigung eines Glasfaserstiftes und Etablierung eines adhäsiven Aufbaus habe ich spontan verworfen, als ich beim Einprobieren des Zahnfragmentes vor Abformnahme sah, wie gut sich das Fragment reponieren ließ.
Also Plan B.
Retraktion der Gingiva. Reduktion des Thermafill-Carriers. Abstrahlen des Fragmentes mit Al2O3 und Präparation eines zylindrischen Raumes zur Aufnahme eines Glasfaserstiftes. Einprobe der Kombination Glasfaserstift/Zahnfragment und Kontrolle des spaltfreien Sitzes. Konditionieren der Zahnhartsubstanz unter relativer Trockenlegung. Konditionieren des Fragmentes. Adhäsives Reattachment.
Für den weiteren Verlauf habe ich der Patientin empfohlen zunächst die Möglichkeit der Extrusion der Zahnwurzel nach Neumeyer klären zu lassen und bis dahin die momentane Lösung als semipermanente Versorgung zu betrachten.
Hallo Jörg,
Dein Vorgehen ist natürlich nach Aufwand und Ergebnis die beste Wahl und wirklich gut gelungen. Ein Glück, dass Du auch klinische Bilder der Situation gemacht hast. Denn allein aus dem Röntgenbild würde man ja etwa 5 mm Extrusion (3mm bis Schleimhautniveau und 2 mm zur Fassung) für notwendig erachten. Und das wäre sicher machbar, aber Grenzwerten.
Nach den Erfahrungen meiner bisher deutlich mehr als 50 Extrusionen vermute ich, dass die Patientin bis zur nächsten Fraktur wartet. Dann muss sich erweisen, welche zusätzlichen Schäden am Stumpf aufgetreten sind und ob die Situation dann die recht aufwendige und ästhetisch kompromittierende Extrusion zulädst.
Ich bin gespannt, wie dieser Fall weiter läuft.
Stephan
Hallo Stephan, ich gebe Dir vollkommen Recht. Das ist nicht das Ende der Geschichte. Und die Extrusion kommt dann ins Spiel, wenn das Fragment verlorengegangene ist. Meine Parodontologen haben ebenfalls viel Erfahrungen mit der Extrusionstechnik und die Ergebnisse sind wirklich beeindruckend. Ich war selbst mit einer kleinen Berliner Gruppe 2 Tage bei Stefan Neumeyer und erstaunt, was alles möglich ist. Selbst habe ich jedoch wenig Interesse es selbst durchzuführen, weil ich das restaurative Gesamtkonzept nicht anbiete. LGJ
Zeigt einmal mehr, dass Thermafil entgegen seines schlechten Rufes als Warme Guttapercha – Füllung 2. Klasse seiner Rolle hervorragend gerecht werden kann.