Nein. Kein Schreibfehler.
Und wir sind auch nicht beim Glücksrad.
Niemand muss ein “S” kaufen.
Also wirklich Elektionsvorteil.
Denn der Patient, der zu uns kommt, ganz gleich, ob auf eigene Veranlassung oder durch Überweisung, tut dies freiwillig.
Erwartet, wünscht einen Behandlungsoption.
Eine Alternative.
Die wir ihm anbieten.
Und dabei – und das ist jetzt ein ganz wichtiger Punkt – unser freundliches Angebot präsentieren, die Behandlung betreffend.
Welches wir, unserem Aufwand gemäß – im Rahmen der juristischen Vorgaben der Gebührenordnung – frei kalkulieren.
Und damit losgelöst von den Sachzwängen, die uns im Sinne unserer Verpflichtung als Kassenzahnarzt auferlegt wurden.
Kennen wir doch alle – Die Behandlung muss ausreichend, zweckmäßig, wirtschaftlich sein.
Wobei das Wirtschaftlichkeitsgebot nur für den finanziellen Rahmen gilt, den die Krankenkassen vorgeben. Nicht für den wie auch immer gearteten Aufwand, den wir betreiben müssen, um ein medizinisch adäquates, auf der Höhe der Zeit sich befindliches Ergebnis zu zielen.
“Wir zahlen Alles”, diesen Satz der Krankenkassen haben wir doch allzuoft gehört, ebenso wie die unverhohlen entgegengeschleuderte Drohung, diesmal von Krankenkasse und Zahnärztekammer unisono: “Als Kassenzahnarzt sind sie verpflichtet, dem Patienten eine kostenlose Kassen-Endo anzubieten.
2024 werde ich 34 Jahre nun schon als Zahnarzt behandelnd tätig sein.
Eine für mich surreale Situation.
Ich kann nicht glauben, dass dem so sein soll. Ich bin nun schon länger fertiger Zahnarzt als mein gesamtes Leben zuvor.
Und viele viele Jahre lang, mindestens 23 Jahre, genau genommen sogar 27 Jahre lang, habe ich mit dieser Last des “Machen Müssen”, des “Die Rahmenbedingungen fremdbestimmt vorgegeben Bekommen” gelebt.
Gelitten.
All diese Einschränkungen.
Diese abstrusen Winkelzüge, die unternommen wurden, um ein krankes, längst bis in die kleinsten Bereiche hinein korruptes, pervertiertes System am Leben zu halten. Ihm nach aussen hin den Anschein des Korrekten, Bestmöglichen und Einwandfrei Funktionierenden zu geben. Gemäß der alten Maxime Christian Morgensterns “Nicht sein kann, was nicht sein darf”
Kleiner Exkurs ins Lterarische, soviel Zeit muss sein
Die unmögliche Tatsache
Palmström, etwas schon an Jahren,
wird an einer Straßenbeuge
und von einem Kraftfahrzeuge
überfahren.»Wie war« (spricht er, sich erhebend
und entschlossen weiterlebend)
»möglich, wie dies Unglück, ja –:
daß es überhaupt geschah?Ist die Staatskunst anzuklagen
in bezug auf Kraftfahrwagen?
Gab die Polizeivorschrift
hier dem Fahrer freie Trift?Oder war vielmehr verboten,
hier Lebendige zu Toten
umzuwandeln, – kurz und schlicht:
Durfte hier der Kutscher nicht –?«Eingehüllt in feuchte Tücher,
prüft er die Gesetzesbücher
und ist alsobald im klaren:
Wagen durften dort nicht fahren!Und er kommt zu dem Ergebnis:
»Nur ein Traum war das Erlebnis.
Weil«, so schließt er messerscharf,
»nicht sein kann, was nicht sein darf.«
So werden Tag für Tag neue Winkel- und Klimmzüge unternommen, oder sagen wir besser, uns verordnet, die in vielen Fällen dem ärztlichen Denken und Handeln vollkommen konträr gegenüberstehen. Nur ein Beispiel von vielen, wir könnten stundenlang ähnliche Situationen aneinanderreihen: Der im 3. Quadrant alleinig fehlende Zahn 35 bedingt, dass für eine notwendige Wurzelkanalbehandlung des Zahnes 36 der gesetzlich versicherte Patient keine Kostenerstattung der enddontischen Kassenleistungen erfährt. Kassenleistung sei, so heißt es, die Extraktion des Zahnes. Aus medizinischer Sicht ist der Zahn 36 unbedingt erhaltungswürdig, er ist auch ohne Zweifel sogar unproblematisch erhaltungsfähig, dennoch verweigert die gesetzliche Krankenversicherung die Kostenübernahme. Der Kollege, der die Behandlung dennoch durchführt, wird in Regress genommen, ungeachtet des positiven Behandlungserfolges im Übrigen ( und zukünftig Dank der hochgelobten aber bislang katastrophal gescjheiterten TI, vollautomatisch und zeitnah, man erinnere sich zu gegebener Zeit an meine Worte).
Zurück zum Thema.
In früheren Jahren kam es immer wieder vor, das die von mir vorgesehene Behandlung grundsätzlich in Frage gestellt und die Rechtmäßigkeit der Behandlung an sich und/oder damit verbundener Kosten (ob richtig oder nicht) negiert wurde.
“Der darf das nicht”.
Sagen KZV und Krankenkassen.
UND GENAU DAS geht nicht mehr.
Habe ich nicht mehr.
Der Patient kommt.
Ich untersuche.
Nenne die durchzuführende Behandlung.
Und die damit in Zusammenhang stehenden Kosten.
Aufwandgerecht kalkuliert.
Und dann warte ich.
Auf die Antwort des Patienten.
Der – so ist das richtige Leben – sich gegen unseren Therapieplan entscheidet.
Oder seine Zustimmung gibt.
Dann jedoch zu genau den Rahmenbedingungen, die ICH vorgebe.
Und nicht die Krankenkassen oder die KZV.
Heißt – ich behandle, was ich behandeln möchte, zu den Konditionen, die ich frei bestimme.
Und es geht mir gut dabei.
Das wir uns richtig verstehen. Gut hat mit Geld nix zu tun. Gut heisst “gutes Gefühl”. Freude. Spass. Uneingeschränkt. jeden Tag erneut.
Wann hatten sie dies das letze Mal ? Hinter der Tür von Behandlungszimmer 1 ?
Ehrlich jetzt. Nur Mut. Trauen Sie sich. Ab in die Kommentare mit ihrem Frust.
Immer dran denken. Mir ging´s 27 Jahre doch genauso.
Also mit Sicherheit viel viel länger als Ihnen.
Darum schreib ich hier.
Machen sie nicht den gleichen Fehler, den ich viel zu lang gemacht habe.
In dem Zusammenhang – Was antworten Sie eigentlich auf die alles entscheidende Frage?
Die Frage nach der kostenlosen Kassenendo ?
Über die klassischen Fehler, die in diesem Zusammenhang gemacht werden und die bestmögliche Antwort spreche ich in der nächsten Episode unter dem Titel “CATCH 22”.
Seit wann gibt es eigentlich die ausreichende, wirtschaftliche und zweckmäßige, das Maß des notwendigen nicht überschreitende BEMA? – Seit zwei Generationen? Mit subinflationärer Punktwertentwicklung, gewachsenen Anforderungen [steigender ästhetischer/ Qualitätsbedarf, Amalgamabscheider, Bonusheft, RKI, QM, Patientenrechtegesetz, FoBi-/ RA-Kosten, …] sowie einer sich rasant entwickelnder lege-aris-Behandlung finanziell weit hinterherhinkend!
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Sehr geehrter [Patient], Ihre kranke(n)Kasse verspricht Ihnen AUSREICHENDE Leistungen, die dank gestiegener Ansprüche sich MANGELHAFT anfühlen und ob sinkender real-Honorare sich UNGENÜGEND entwickeln, obwohl ich Sie GUT behandeln möchte. – Auch Qualitätsmanagement ist Ihnen sicher wichtig: zahlen Sie für einen UP! erhalten Sie nie ein Golf! – Soll ich also wirklich GUTE Leistungen anstreben oder lediglich eine gute 5? — Gute Zahnmedizin kostet Ihr Geld – Kassenleistungen kosten Ihre Gesundheit!
Hallo HaWi,
du weißt, für mich als Österreicher ist das deutsche Kassensystem ein Mysterium, weshalb ich da nicht allzu viel dazu sagen kann.
Wenn ich deinen Text so lese, habe ich das Gefühl, dass du dich von etwas befreit hättest. Kann man das so verstehen, dass du deinen „Kassenvertrag“ (so heißt das bei uns) zurückgegeben hast?
Lg Tomas
Lieber Ha-Wi,
danke Dir für das Teilen Deiner Erfahrung!
Es hilft mir sehr, meine Erfahrungen im Behandlungszimmer besser zu verarbeiten. Es wäre ohne Wurzelspitze und Beiträge wie Deine kaum zu ertragen…
Zu Deiner Frage: „ Die Frage nach der kostenlosen Kassenendo ?“
Wenn ein Patient diese nach meinem Aufklärungsgespräch wirklich will, dann versuche ich folgende Punkte zu erreichen:
-Pat. nochmal klar machen, dass ich wesentlich schlechter arbeiten muss, als ich es kann.
-reduzierung der Behandlungszeit auf ein Nullsummenspiel: bedeutet bei mir 45 Min für nen OK 6er
-selbes Set-up wie bei GOZ Endo: Mikroskop, ELM, PUI, etc.
-tief einatmen und: mb2 ausblenden
-bei Präparation der Wks KEINE Stufe und KEIN Fragment hinterlassen. Revision nicht unnötig erschweren.
-Möglichst ins apikale 1/3 mit der WF kommen, damit ich bei ner Prüfung die lausigen 250€ nicht wieder abgezogen bekomme.
Bei mir sind es ca. 5-10%, die die WKB „auf Kasse“ wollen. Ziel: 0%. (heißt leider nicht, dass 90% der Aufklärungsgespräche zu ner Endo führen).
Wie?
so viele Überweiser zu bekommen, die „vorselektieren“, da sie die Preise für ne gute Endo kennen und vorab beim Patienten ansprechen.
Arbeite in ner Praxisgemeinschaft, die alles anbietet. Keine guten Voraussetzungen um Überweiser zu bekommen.
Es wurden die letzten 3 Jahre dennoch stetig mehr. Wenns doch abnehmen sollte oder nicht weitergeht, muss ich mir was überlegen…
Die beste berufliche Entscheidung, neben der Entscheidung mir ein Mikroskop zu kaufen und Endodontologie zu betreiben, war es, im Jahr 2012 die Kassenzulassung zurückzugeben. Bereut habe ich nur eines: Es nicht früher gemacht zu haben. Ansonsten ist es, wie HaWI schreibt: sehr entspannt im Patientengespräch. Und unsere Patienten merken, dass wir nichts verkaufen möchten, sondern wir ihnen ein Behandlungsangebot machen, welches sie annehmen können oder eben auch nicht. LGJ
Auf Anraten von Ha-Wi und Jörg habe ich meine Neugründung ohne Kassenzulassungen gestartet. Das war sicher sehr gut. Die Diskussionen mit den Privatpat und auch Beihilfebetechtigten warum ggf nicht alles übernommen wird und warum ggf auch über 3,5x hat man aber trotzdem …